'258 Joseph Aschbaeh, Beiträge zur Geschichte der römischen Legio X Gemina.
nähme von dem Alter und der Echtheit des Schwertes und der darauf befindlichen Inschrift jede eigent-
liche Begründung und allen Werth.
Ohne allen Zweifel verhält es sich mit der Sache folgendermassen. Ein Epigraphiker solcher Art,
wie der italienische Inschriftenfälscher Ligorio einer war, der von einem Municipium Vindobona und
einer Cohors Fabiana aus den Lazischen Inschriften Kenntniss hatte, der auch wusste, dass die Leg. X
Gemina Pia Fidelis in Vindobona ihr Standquartier gehabt und dass der Kaiser Marcus Aurelius daselbst
bald nach einem über die Germanen mit Hülfe der Donnerlegion erfochtenem Siege sein Leben geendigt
hatte, — suchte die Alterthumsforscher zu mystificiren und das gelang ihm vollständig bei denen, die
nur oberflächliche Kenntniss von den römischen Alterthtimern besassen, wie dieses auch bei Hormayr
der Fall war. Er legte seinen Betrug so plump an, dass er nicht einmal ein altes römisches Schwert,
sondern eines aus dem Mittelalter nahm, auf dem er seine Mystification ausführte. Es sollte überliefert
werden: die zu der leg. X Gemina Pia Fidelis Marei gehörige Cohors Fabiana des Municipium Vindobona
habe dem Kaiser Marcus Aurelius, als er mit Hilfe des Jupiter Pluvius die Feinde überwunden, und
dafür die zehnte Imperatoren-Begrüssung erhalten hatte, das Schwert gewidmet.
Der Fälscher besass so geringe epigraphische und antiquarische Kenntnisse, dass sein Mach-
werk überall sichtlich den Betrug verräth. Die zehnte doppelte Legion führte nie den Beinamen
Marei (oder Marciana), oder irgend ein Prädicat mit dem Buchstaben M an der Spitze, wie Martia,
Macedonica etc. Wenn ein Cohors Fabiana wirklich im Standlager zu Vindobona ihr Quartier gehabt,
so gehörte sie nicht der bürgerlichen Communität, dem Municipium an, wie etwa eine Magistratur, son-
dern der zu Vindobona liegenden grösseren Heeresabtheilung. Sie konnte dann nur ein Theil der leg.
X Gemina sein; die Legioriscohorten aber wurden nur durch Zahlen, nicht durch besondere Namen wie
die Auxiliarcohorten unterschieden. Eine Auxiliarcohorte aber lag nicht im Legionslager. — Die an der
Spitze stehenden Buchstaben MA. V. D und die zum Schluss folgenden IMP. X., womit der Fälscher offen-
bar ausdrücken wollte: Marco AVrelio Dedicavit — IMPeratori X sind gegen allen epigraphischen Ge-
brauch hinsichtlich der Abkürzung, der Punctirung, der Kaiserbezeichnung, der Wortstellung. Wenn
die zehnte Imperatoren-Begrtissung angegeben wurde, so durfte die Zahl der Erneuerung der Tribunitia
Potestas und des Consulats nicht fehlen. Das eine Medaillon mit dem Kaiserkopf und den Buchstaben
AI sollte auf M. Aurelius, das andere mit der den Blitz schleudernden Figur und den Buchstaben IOI
(i. e. PO'M Jovi Optimo Maximo) auf den donnernden Jupiter Pluvius gehen, mit dessen Hilfe die
legio fulminatrix ’), wofür die zehnte doppelte Legion fälschlich gehalten wurde, dem Kaiser den Sieg
erkämpfte und in die Flucht schlug.
Indem somit der Betrug unzweifelhaft feststcht 1 2), so verdient dieses Schwert mit seiner Inschrift
keine weitere Berücksichtigung in der Geschichte der Legio X Gemina: dasselbe spricht auch weder
jür die Existenz der Cohors Fabiana, noch lässt sich dadurch ein Beweis für die Behauptung beibrin-
gen, dass Vindobona ein Municipium gewesen sei.
1) Die zwölfte Legion, welche ihr Standlager in Cappadocia hatte, führte den Beinamen Fulminatrix. Vgl-DioCass.
LV, 23 und LXXI 8.
2) Vgl. übrigens bezüglich auf die Unechtheit dieses s. g. Römer-Schwertes auch Berichte und Mittheilungen des
Alterthuins-Vereines in Wien I. S. 57. Not. 5.
nähme von dem Alter und der Echtheit des Schwertes und der darauf befindlichen Inschrift jede eigent-
liche Begründung und allen Werth.
Ohne allen Zweifel verhält es sich mit der Sache folgendermassen. Ein Epigraphiker solcher Art,
wie der italienische Inschriftenfälscher Ligorio einer war, der von einem Municipium Vindobona und
einer Cohors Fabiana aus den Lazischen Inschriften Kenntniss hatte, der auch wusste, dass die Leg. X
Gemina Pia Fidelis in Vindobona ihr Standquartier gehabt und dass der Kaiser Marcus Aurelius daselbst
bald nach einem über die Germanen mit Hülfe der Donnerlegion erfochtenem Siege sein Leben geendigt
hatte, — suchte die Alterthumsforscher zu mystificiren und das gelang ihm vollständig bei denen, die
nur oberflächliche Kenntniss von den römischen Alterthtimern besassen, wie dieses auch bei Hormayr
der Fall war. Er legte seinen Betrug so plump an, dass er nicht einmal ein altes römisches Schwert,
sondern eines aus dem Mittelalter nahm, auf dem er seine Mystification ausführte. Es sollte überliefert
werden: die zu der leg. X Gemina Pia Fidelis Marei gehörige Cohors Fabiana des Municipium Vindobona
habe dem Kaiser Marcus Aurelius, als er mit Hilfe des Jupiter Pluvius die Feinde überwunden, und
dafür die zehnte Imperatoren-Begrüssung erhalten hatte, das Schwert gewidmet.
Der Fälscher besass so geringe epigraphische und antiquarische Kenntnisse, dass sein Mach-
werk überall sichtlich den Betrug verräth. Die zehnte doppelte Legion führte nie den Beinamen
Marei (oder Marciana), oder irgend ein Prädicat mit dem Buchstaben M an der Spitze, wie Martia,
Macedonica etc. Wenn ein Cohors Fabiana wirklich im Standlager zu Vindobona ihr Quartier gehabt,
so gehörte sie nicht der bürgerlichen Communität, dem Municipium an, wie etwa eine Magistratur, son-
dern der zu Vindobona liegenden grösseren Heeresabtheilung. Sie konnte dann nur ein Theil der leg.
X Gemina sein; die Legioriscohorten aber wurden nur durch Zahlen, nicht durch besondere Namen wie
die Auxiliarcohorten unterschieden. Eine Auxiliarcohorte aber lag nicht im Legionslager. — Die an der
Spitze stehenden Buchstaben MA. V. D und die zum Schluss folgenden IMP. X., womit der Fälscher offen-
bar ausdrücken wollte: Marco AVrelio Dedicavit — IMPeratori X sind gegen allen epigraphischen Ge-
brauch hinsichtlich der Abkürzung, der Punctirung, der Kaiserbezeichnung, der Wortstellung. Wenn
die zehnte Imperatoren-Begrtissung angegeben wurde, so durfte die Zahl der Erneuerung der Tribunitia
Potestas und des Consulats nicht fehlen. Das eine Medaillon mit dem Kaiserkopf und den Buchstaben
AI sollte auf M. Aurelius, das andere mit der den Blitz schleudernden Figur und den Buchstaben IOI
(i. e. PO'M Jovi Optimo Maximo) auf den donnernden Jupiter Pluvius gehen, mit dessen Hilfe die
legio fulminatrix ’), wofür die zehnte doppelte Legion fälschlich gehalten wurde, dem Kaiser den Sieg
erkämpfte und in die Flucht schlug.
Indem somit der Betrug unzweifelhaft feststcht 1 2), so verdient dieses Schwert mit seiner Inschrift
keine weitere Berücksichtigung in der Geschichte der Legio X Gemina: dasselbe spricht auch weder
jür die Existenz der Cohors Fabiana, noch lässt sich dadurch ein Beweis für die Behauptung beibrin-
gen, dass Vindobona ein Municipium gewesen sei.
1) Die zwölfte Legion, welche ihr Standlager in Cappadocia hatte, führte den Beinamen Fulminatrix. Vgl-DioCass.
LV, 23 und LXXI 8.
2) Vgl. übrigens bezüglich auf die Unechtheit dieses s. g. Römer-Schwertes auch Berichte und Mittheilungen des
Alterthuins-Vereines in Wien I. S. 57. Not. 5.