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Altertumsverein zu Wien [Hrsg.]
Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien — 5.1861

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Perger, Anton von: Über den Alraun
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https://doi.org/10.11588/diglit.68343#0294
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A. R. v. Perger.

Von diesen Frauen wurde später der Name auf die Wurzeln gewisser Kräuter übertragen, denen
man geheime Kräfte zuschrieb. DerUrsprung eines solchen Glaubens an zauberische Kräfte einer Wurzel
ist hier aber nicht bei den Deutschen, sondern bei den Griechen zu suchen. Diese hatten nämlich, vielleicht
von den Aegyptern, vielleicht von einem morgenländischen Volk eine Wurzel kennen gelernt, welche
einige Ähnlichkeit mit der Gestalt des Menschen besass und von ihnen gewöhnlich Mandragora genannt
wurde. Sie hiess aber auch wie Dioskorides angibt Antimelon, Dirkaian, Kirkaian, Antimenion und
Bombochylon, bei den Aegyptern: Apemoun, bei Pythagoras: Antropomorphon, sonst auch Aldergin,
Thridakian und Kammaron, bei Zoroaster: Diamon, bei den Römern: mala canina oder mala terrestria,
bei Columclla 1 2 3) aber: Semihominem. Sic hatte einst eine grosse medizinische Anwendung, Dioskorides
schrieb ein besonderes Capitel darüber ■’) und Plinius verfasste eine eigene Abhandlung 4), welche von
allen späteren Autoren treulich nachgeschrieben wurde, doch erwähnt Dioskorides noch nichts von ihren
Zauberkräften und noch weniger von abenteuerlichen Ceremonien bei dem Ausgraben, deren übrigens
schon Theophrastus Eresius einigermassen gedachte, indem er sagt 5), man müsse die Wurzel dreimal
mit einem Schwert in der Hand umschreiten und beim Graben das Antlitz gegen Sonnenuntergang
wenden, wobei zugleich ein Gehtilfe im Kreise umherspringen und viel von Liebeswerken sprechen soll.
Dioskorides scheint zu verständig gewesen zu sein, um diesen Angaben Theophrast’s Glauben zu
schenken. Seine Nachfolger flochten aber die Sage von der Mandragora sogleich wieder ein. So finden
wir in der berühmten griechischen Handschrift der k. k. Hofbibliothek (Cod. mcdicus gracc. Nr. 5), welche
die Pflanzen des Dioskorides in alphabetischer Ordnung und mit Abbildungen bringt, auf dem vierten
Blatt Dioskorides sitzend dargestellt, dem die Evresis gegenüber steht, welche die Mandragora in der
Hand hält, unter der sich ein sterbender Hund zeigt 6). Auf dem folgenden Blatt ist wieder die Evresis
vorgestellt, welche die Mandragora in der Hand hält. Rechts sitzt ein Maler und zeichnet die Mandra-
gora ab, ihm gegenüber sitzt Dioskorides, der über die Wurzel zu schreiben scheint. Am meisten
kam die Mandragora aber durch Josephus Flavius in Ruf, der folgendes von ihr sagt:
„— Vallis autem, qua civitas (Machaeruns) a parte septendrionali cingitur, quidem locus Barras
appellatur, ubi radix eodem nomine gignitur: quae flammae quidem assimilis est colore, circa vesperam
vero veluti jubare fulgurans, accedentibus eamque evcllere cupientibus facilis non est; sed tarn diu
refugit, nec prius manet, quam si quis urinam muliebrem, vel menstruum sanguinem super eam fuderit.
Quin etiam tune, si quis eam tetigerit, mors certa est, nisi forte illam ipsam radicem ferat de manu
pendentem. Capitur autem alio quoque modo, qui talis est; totam enim circumfodiunt, ita ut minimum
ex radice terra sit conditum, deinde ab ea religant canem: illoque sequi eum a quo relegatus est cupiente,
radix quidem facile evellitur: canis vero continuo moritur: tanquam ejus vice, a quo herba tollenda erat,
traditus. Nullus enim postea accipientibus metus est. Tantis autem periculis propter unam vim capi eam
operare precium est. Nam quae vocantur daemonia, pessimoruin hominura Spiritus, vivis immersa, eosque
necantia quibus subventum non fuerit, h'aec cito, etiam si tantummodo admoveatur aegrotantibus abigit.“
Wir finden hier also den in der oben angeführten Handschrift gemalten, sterbenden Hund, der
dazu benützt wurde, die tödtliclie Wurzel aus dem Boden zu ziehen. Die gelehrten Rabbiner des
1) Lib. IV. Cap. 76.
2) De re rüst. X. 19.
3) a. a. 0.
4) L. 25. C. 13.
5) L. IX. C. 8.
6) Abgebildet in Nessels Catalog. Cod. manuscr. Bibi. Caesar. Vindob. P.III.p.8, Lat. E.F.undbei Lambec. Comment.
de Bibi. Caes. Lib. II. p. 211, 215. /
 
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