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Bernoulli, Johann Jacob
Die erhaltenen Darstellungen Alexanders des Grossen: ein Nachtrag zur griechischen Ikonographie — München, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.1010#0103
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100 ALEXANDER IN GANZER FIGUR

und das Motiv auf diesen Denkmälern verschieden. Das eine
mal (Mosaik) der König an der Spitze seiner Genossen im Sieges-
lauf vorstürmend, das andere mal (Medaillon) Alexander auf der
Löwenjagd, während in der Bronzestatuette der Reiter gegen
einen einzelnen niedriger stehenden Feind gewandt ist und sich
dessen mit dem Schwert zu erwehren sucht. Vollends scheint es
gewagt, den helmlosen Kopf mit der bekannten Episode in der
Schlacht am Granikos in Verbindung zu bringen,' erstens weil wir
dieselbe Helmlosigkeit auch in der Schlacht bei Issos (pompejan.
Mosaik) und in der Reiterstatue zu Alexandrien (bei Libanios) treffen;
und dann des Diadems wegen, das doch nicht unter und mit dem
Helm getragen zu werden pflegt. Auch hätte der Künstler den vom
Haupte gefallenen Helm ohne Zweifel am Boden liegend dargestellt.
Wenn aber keine bestimmte Hinweisung auf die Schlacht am Gra-
nikos, so ist auch weiter kein Anlass an die zur Erinnerung an die-
selbe verfertigte Gruppe des Lysippos zu denken,- zumal, da man
nach den Schriftstellern bei der Alexanderfigur der Gruppe ein
anderes in sich geschlosseneres Motiv {nicht die kämpfende Stellung)
voraussetzen muss. Und aus dem Stil auf Lysippos zu schliessen,
dazu ist man schwerlich berechtigt. Erfindung und Kunstwert
scheinen nicht auf der Höhe dieses Meisters zu stehen. Man achte
auf den unschön gebildeten Nacken des Pferdes und auf die Art,
wie der Reiter sich wendet und die Beine spreizt.:t Overbeck1 denkt
statt dessen an das „Reitertreffen" des Euthykrates, des Sohnes des
Lysipp, für welche Beziehung freilich kein Hindernis existiert, weil
wir gar nichts Näheres über das Kunstwerk wissen; aber ebenso-
wenig ist ein irgendwie empfehlender Grund zu dieser Annahme
vorhanden. Also im Motiv liegt weiter nichts, was für Alexander
spricht, ausser dass die gepanzerte helmiose Reitergestalt auch sonst
etwa für seine Darstellung verwendet wurde. Der fliegende Locken-
kranz und das angebliche Diadem müssen sozusagen allein für die
Deutung aufkommen; denn die Gesichtszüge sind im besten Fall
neutral. Dazu ist das Haar über der Stirn nicht eigentlich aufstrebend,
sondern in kurzen Büscheln nach links geweht. Die Binde aber, so-
fern sie als Königsdiadem gefasst werden darf, kommt ebensogut
jedem Diadochen zu. Endlich ist die Statuette, wenn die. hercula-

' Kopp p. 16; Emerson Americ. Journ. MI. p. 253; Waldliauer p. 86.

'! Wie u. And. Wheeler meint, dem Ujfalvy p. 119 zuslimmt.

:' Vgl. Wulff AI. m. d- Lanze p. 50 unten. * Gr. Plast. II'. p. 170.
 
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