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Bernoulli, Johann Jacob
Die erhaltenen Darstellungen Alexanders des Grossen: ein Nachtrag zur griechischen Ikonographie — München, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.1010#0124
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DER SARKOPHAG VON SIDON 121

Th. Reinach, Studniczka u. A. erkennen ferner Alexander in
dem einen barhäuptigen Reiter der Löwenjagd auf der anderen Seite
des Sarkophags (abg. Jahrb. a. a. O. p. 20, No. 14); das Diadem und
die Übereinstimmung seiner Züge mit denen des angeblichen Issos-
kämpfers Hessen darüber keinen Zweifel.1 Und ebenso, meint Stud-
niczka, sei der Genosse desselben hinter dem Löwen identisch mit
dem angeblichen Hephaestion des Schlachtbildes (Jahrb. IX. p.243).
Nun ist aber die dünne, schleifenlose Schnur des vermeintlichen
Alexander zum Voraus ein sehr fragliches Diadem und wäre event.
passender dem Besieger des Dareios auf der anderen Seite als dem
Löwenjäger gegeben worden. Und was die Gesichtszüge betrifft,
so geben die genannten Erklärer selber zu, dass denselben kein
eigentlich ikonographischer Wert beizumessen sei. Ich begreife
daher nicht, wie man sich überhaupt noch auf sie berufen kann, und
bin übrigens der Ansicht, dass, wenn man denn nach dem Kopf-
typus urteilen wollte, die zwei barhäuptigen Reiter der Löwenjagd
(sog. Alexander und Hephaestion), die jedenfalls verschiedene Per-
sonen darstellen, sich gegenseitig viel ähnlicher sind als den mit
ihnen identifieierten Personen der Vorderseite des Sarkophags.

Dass in einer Darstellung der'Schlacht bei Issos Alexander
nicht fehlen durfte, liegt auf der Hand. Er durfte aber nicht nur
nicht fehlen, sondern musste als der eigentliche Sieger, als die
Hauptperson dargestellt sein. Man erwartet, dass er entweder die
Mitte des Bildes einnehme, oder dass er, wie auf dem Mosaik von
Pompeji, durch die Situation deutlich als Protagonist charakterisiert
sei. Auf einer friesartigen Composition war dies mit Schwierigkeiten
verbunden und bis zu einem gewissen Grad stilwidrig. Aber einem
Künstler, wie dem unseres Sarkophags, wäre es gewiss möglich ge-
wesen, durch eine praegnante Mittelgruppe (ähnlich der auf der
Löwenjagd) auf ein bestimmtes Vorkommnis in der Schlacht, resp.
auf eine Tat Alexanders hinzuweisen, ohne die Gleichmässigkeit
der Raumfüllung wesentlich zu beeinträchtigen. Wenn er dies nicht
tat, sondern drei offenbar gleichwertige Hauptpersonen bildete,
so scheint er eben eine Darstellung des betreffenden Ereignisses gar
nicht beabsichtigt zu haben. Es war ihm bloss um eine möglichst
schöne und prachtvolle Ausschmückung des Sarkophags mit einem
Schlachtbild zu tun,2 und als Medien des Kampfes wählte er unter

1 Verli. der Philologenversammt. zu Wien 1893. p. 89.

a Dekorierender, nicht erzählender Stil. Vgl. Jahrb. d. Inst. XIII. Anz. p. 177.
 
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