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Bernoulli, Johann Jacob
Die erhaltenen Darstellungen Alexanders des Grossen: ein Nachtrag zur griechischen Ikonographie — München, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.1010#0143
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140 BEZIEHUNGEN AUF ÜBERLIEFERTE DENKMÄLER

müsse Alexander bekleidet gewesen sein, das passe vorzüglich zum
Alexander von Magnesia. Ich denke, Hauser wollte mit seiner Be-
merkung sagen, dass man es in der Chryselephantinplastik im All-
gemeinen vermied, nackte Körper darzustellen. Inwiefern soll da die
Magnesiastatue mit ihrem nackten Oberleib besonders passen?
Allerdings, und darin hat Waldhauer ganz recht, wirkt das den Unter-
körper verhüllende Gewand bei einem Porträt des 4. Jahrhunderts,
zumal wenn es der 19jährige Alexander sein sollte, sehr befremdend.
Es nimmt ihm die Jugendlichkeit, giebt ihm etwas Männliches, fast
Ehrwürdiges. Aber das ist nicht dadurch zu erklären, dass der Gold-
elfenbein-Künstler auf diese Weise um die nackten Beine herum
kommen wollte, sondern einfach dadurch, dass hier gar nicht die
Statue des Leochares gemeint ist: der jugendliche Sieger von Chaero-
nea wird vielmehr im Panzer dargestellt gewesen sein.

Wenn also diese Hypothese kaum einen Fortschritt bezeichnet,
so lässt sich nicht iäugnen, dass auch die Rückführung des Erbacher
Typus auf den Alexander des Philippeion äusserst schwach und
eigentlich nur negativ begründet ist, insofern er nichts aufweist, was
direkt dagegen spricht. Nach einer positiven Handhabe suchen wir
überall vergebens; über das Motiv wissen wir gar nichts und über
den Stil des Leochares haben wir bloss Vermutungen.

Dazu kommt endlich noch eines, was bei dieser Frage zu be-
achten ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass von Goldelfenbein-
statuen keine unmittelbaren Nachbildungen gemacht werden konnten,
sondern dass man zu diesem Zweck auf das tönerne (?) Original-
modell zurückgreifen musste. Der Wunsch oder das Bedürmissnach
Wiederholungen des Alexanderbildnisses im Philippeion ist aber
wahrscheinlich erst geraume Zeit nach der Aufstellung entstanden,
und es ist sehr wohl möglich, dass dann die Modelle dazu gar nicht
mehr vorhanden waren. Jedenfalls weist weder der athenische Kopf
noch, soviel wir urteilen können, irgend ein anderes Alexander-
bildnis auf die präsumtive Technik der Goldelfenbein-Kunst hin.
Es fragt sich daher, ob es nicht eine ganz überflüssige Mühe, nach
monumentalen Spuren der Philippeiongruppe zu forschen.1

1 Vgl. Schreiber Stud. p. 62. Anm. 9.
 
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