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überfalle
europäischer Aufgaben

Von Reichsstudentenführer Dr. Gustav Adolf Scheel
Gauleiter und Reichsstatthalter

Die Dresdner Tage fanden ihren Abschluß
auf einer machtvollen politischen Kund-
gebung im Hygiene-Museum, auf der Reichs-
studentenfiihrer Dr. Scheel die großen Li-
nien des gemeinsamen Kampfes um die Er-
ringung der Freiheit und der neuen geistigen
Einheit aufzeichnete.

Zum erstenmal ist das Studentum des euro-
päischen Kontinents zu einer gemeinsamen
Kundgebung zusammengetreten. Drei Tage lang
stand " den im Zeichen dieser Heerschau
der akademischen Jugend der europäischen
Völker. Eindringlich wurde uns allen bewußt,
welch eine tiefe und einschneidende Umfor-
mung das politische Leben erfahren hat. Wir
sind Zeugen eines wahrhaft unermeßlichen
.Wandels in den Beziehungen der Völker, ja,
wir haben das Glück und das Recht, zu wissen,
daß die Arbeit unserer eigenen Hände und vor
allem der Glaube unserer Herzen mitgeholfen
hat, dieses gewaltige Geschehen zu erzwingen.
So erlebten wir gerade in Dresden unmittelbar
eine der wesentlichsten politischen Wahrheiten
der Gegenwart: Nämlich, daß die Zeit des euro-
päischen Bürgerkrieges ihr Ende gefunden hat
und die Völker unseres Kontinents ihre uralte •
Verwandtschaft nun endlich zu sichtbarer ge-
meinsamer Gestalt emporführen und sich zum
erstenmal in ihrer Geschichte als Mitglieder
einer großen Familie fühlen. Der akademische
Nachwuchs hat in tiefster Eindringlichkeit die
geschichtliche Tatsache der europäischen Eini-
gung bestätigt: Ein neues, einiges
Europa ist im Entstehen!

Um den vollen Sinn dieser Tagung vn ver-
stehen, muß man sich zunächst Klarheit ver-
schaffen über die Bedeutung der akademischen
-'JwgeffiJ*^-''V<Hfccrtcljeri'. •ufr.iac diese Troge in.
der Vergangenheit leider oft nur nach dem Ge-
sichtspunkt der Rechte beurteilt, so sehen wir 1
sie heute unter dem Blickwinkel der
Pflichten. Wir sehen vor allem die unge-
heure Verantwortung, die diese Jugend der-
einst zu tragen hat, wenn sie aus den Händen
der vorangegangenen Generation die Führung
in nationalpolitisch wichtigen Berufen über-
nimmt. Die Studenten von heute sind schon mor-
gen die Gestalter des geistigen Gesichtes der
Nationen. Sie fühlen sich, soweit sie sich zum
Gedankengut der neuen Welt bekennen, nicht
mehr als Besitzer von Privilegien, sondern
als Träger nationaler Aufträge
von wahrhaft einmaligem Rang.

In der faschistischen Revolution Italiens, in
der nationalsozialistiischen Neugeburt des
Deutschen Reiches hat das europäische Stu-
dententum sich vor seiner Berufung als Weg-
bereiter und Bannerträger der großen Entschei-
dungen der Geschichte in Ehren bewährt. Für
die Entwicklung der europäischen Einigung
soll und wird man dereinst die gleiche Fest-
stellung treffen können. Auch im Ringen um
die Herstellung einer echten Gemeinschaft der
europäischen Völker in allen Fragen, die ihr
gemeinsames Schicksal betreffen, wird das
Studententum in vorderster Linie zu finden sein.

Echtes Studententum kann heute
in seinem innersten Wesen nur sol-
datisch sein.

Die Beurteilung des Wertes der akademischen
Jugend kann nur .nach dem- Maßstab erfolg-
gen, wie sie sich im Denken und Handeln in
diesem Kampf um Sein oder Nichtsein bewährt.

Englands und Amerikas Jugend dem
bolschewistischen Wahnsinn verfallen

Während der Bolschewismus von den Hoch-
schulen und Studenten Großbritanniens und
der Vereinigten Staaten Besitz ergreift, mel-
det sich das europäische Studententum mehr
und mehr in tatenfroher Entschlossenheit nicht
nur auf den militärischen, sondern auch auf
den kulturellen Bauplätzen der
Erneuerung Europas. Mehr als manche
andere Kreise besitzt es noch die notwendige
geistige Beweglichkeit, um den Umbruch der
Zeiten zu erkennen, sich von erstarrten Tra-
ditionen einer überlebten Vergangenheit zu
lösen und die Befehle einer zukunftsentschei-
denden Gegenwart zu erfüllen. .

Die geschichtlichen Forderungen der Gegen-
wart werden weder durch Betrachtungen noch
durch geistige Leistungen entschieden, sondern
ausschließlich durch die Tat. Das heißt: durch
das Ergebnis der abgelaufenen und der kom-'
menden Waffenhandlungen der Front. Wenn
wir trotzdem den geistigen Vorgängen eine so
außerordentliche Bedeutung zumessen, so be-
wegen uns dabei vor allem zwei Gedanken-
gänge:

Erstens: Waffentaten von geschicht-
lichem Rang hängen in Geburt und

Durchführung entscheidend von
dem Geiste ihrer Träger ab.

Zweitens: Wir führen diesen Krieg bis zur
letzten Konsequenz des Opfers der eigenen
Kameraden und der vernichtenden Zerstörung
des Feindes deshalb, weil wir Handlungs-
freiheit gewinnen wollen und gewinnen
müssen für den Aufbau einer besse-
ren Welt, der nicht nur den besten Kräften
Europas, sondern genau so den Männern des
verbündeten Japans vor Augen schwebt. Wir
streiten in diesem uns aufgezwungenen Kriege
nicht allein um die Niederkämpfung der Feinde,
sondern um Ziele gigantischer Neu-
schöpfungen, die nach dem Kriege als
Werke des Friedens kraft unseres Willens Ge-
stalt gewinnen werden. Zum Verständnis der
Gegenwart ist dies eine ganz wesentliche Tat-
sache, auf die nicht eindringlich genug hin-
gewiesen werden kann.

In seinem unvergeßlichen Brief an Adolf
Hitler hat einst Housten Stuart Chamberlain
den Führer 1922 an jene Unterscheidung zwi-
schen Gewalt und Gewalt erinnert, die
Goethe gesehen und getroffen hat., Es gibt, so
lehrte der Genius von Weimar, eine nega-
tive Gewalt, die dem Chaos entstammt
und im Chaos endigt. Ihr entgegengesetzt wirkt
die positive Gewalt, die zum Kosmos
einer klaren Ordnung auf Erden und im Welt-
all führt. Die in Europa und in Großasien um
ihre Freiheit ringenden Völker sind, das ist
unsere heilige Überzeugung, aus dem Geiste
positiver Gewalt geboren und streben
nach gerechter Ordnung der Verhältnisse.

Es scheint uns als den heutigen und kom-
menden. Trägern des akademischen Lebens
diese.- .Völker x$v. höchster Bedei—ung, daß
d 5 e <3 e i s 11 j G r u ii a s t e i u i <= y u ii tj u iv
nach dem Krieg einsetzt, sondern gerade jetzt
inmitten des kriegerischen Geschehens in An-
griff genommen wird. Der Krieg ist in der Ent-
faltung seiner Erscheinungen so ungeheuer hart
und eindeutig, daß auch das geistige Leben in
seinen Bezirken mehr als im Frieden das
Wesentliche vom Unwesentlichen und das
Echte vom Unechten zu scheiden vermag. Was
die Männer des Weltkrieges einst Empfanden,
das wurde uns in diesen Jahren der Fortsetzung
dieses Weltenkampfes ebenfalls voll be-

Reichsstudenienführer Dt. Scheel bei seiner richtungweisenden Rede vor dem
Europäischen Studenten-und Frontkämpfertrefien Aufn.: Henkel.

wüßt: Der Krieg, ist nicht nur der härteste Ge-
richtsherr, sondern auch der beste Führer
zu klaren Erkenntnissen. Er ist ein
unbestechlicher Befreier von Schein und Illu-
sion, sein Angesicht redet die Sprache letzter
Wahrheit. Vor dem heldenhaften Sterben Hun-
derttausender brechen flie Kartenhäuser grund-
loser Ideologien in ein Nichts zusammen. Es
bewährt sich nur, was wirklich stärker ist als
der Tod, nämlich die bleibenden Ge-
setze der ewigen Natur. Sie sind in
den Stürmen des Krieges sichtbarer als sonst
und als einzig tragfeste Funda-
mente der suchenden Erkenntnis des Men-
schen mehr geöffnet als im Frieden. Die großen
gesellschaftlichen Umwälzungen der Mens s-
:- J" '•".••"ACir,s7tK"tiaii!^"J6^ ", - • Al-
gerischen Erscheinungen. Die Rcvuluti £ Ves
20. Jahrhunderts hat diese Einsicht erneut be-
stätigt. Wir sind daher der Überzeugung, daß
trotz des absoluten Primats der Waffenhand-
lung die geistige Beschäftigung
mit dem gegenwärtigen Geschehen nicht ein
unwesentlicher Zusatz, sondern ein sehr
wesentlicher Teil des unmittel-
baren Kampfes darstellt.

Das europäische Studententum empfindet
klar, daß die Stunde dazu jetzt reif ist.

Viertens: Es ist der Wille der hier
versammelten Studenten aus ganz
Europa, mit aller Kraft beizutra-
gen zur Erneuerung der euro-
päischen Universität und zu einer
NeuschöpfungimSinneinerPflanz-
-Stätte der Größe des geistigen Le-
bens und einer Bildungsstätte für
höchstes Können in den Berufen
mit akademisch-wis s e nschaft-
licher Voraussetzung. Wir sind uns
dabei darüber klar, daß die nunmehr fast tau-
sendjährige Geschichte der neueren euro-
päischen Universität nicht nur zur Ehrfurcht
vor der Vergangenheit, sondern auch zu mu-
♦'qem Ausgriff ■ . aen Formen u*"? "?"en

<ful

uem eisernen Willen Ti;u

hji^hpr Arhf^it.

Das Leitgesetz der europäischen studentischen Zusammenarbeit

So soll dies der erste große Ent-
schluß sein, den wir hiermit zu einem Leit-
gesetz der europäischen studentischen Zusam-
menarbeit auch während des Krieges erheben:
Wir werden den Gedankenaus-
tausch der europäischen akademi-
schen Jugend in jeder Beziehung,
vor allem aber in" den Fragen der
europäischen Neuordnung auf
allen Gebieten des Lebens fördern
und entwickeln. Wir möchten diesen Ge-
dankenaustausch um so mehr steigern, als wir
selbst seit vielen Jahren erfahren haben, wie
die Lösung kultureller Fragen durch Aus-
tausch und gegenseitiges Sichkennenlernen be-
fruchtet werden kann. Es ist nicht Sache der
akademischen Jugend und auch nicht der Hoch-
schulen, bindende Richtlinien für das politi-
sche Leben zu erarbeiten. So erwartet keiner
von uns vom Gedankenaustausch der akademi-
schen Jugend über europäische Fragen ent-
scheidende politische Ergebnisse, sie können
ausschließlich aus der Hand der überragenden
Staatsmänner hervorgehen, die zu besitzen
unsere Gegenwart das Glück hat. Trotzdem gibt
es, wie jeder Kenner der europäischen Wirk-
lichkeit weiß, eineUberfüllevon'euro-
päischen Aufgaben, deren Lösung
durch geistiges Schaffen wesent-
lich vorwärtsgetrieben .werden kann.
Als akademische Jugend Europafe wollen wir
diese Tatsache als eine hohe Verpflichtung be-
greifen. Schon immer in der Geschichte sind
wir Studenten in unseren Völkern Pioniere ge-
wesen.

Der zweite Entschluß ist nicht weni-
ger bedeutsam. Er lautet: Der europä-
ische Akademiker soll allüberall,
wo ihn die Ausübung seines Beru-
fes als Lehrer, Arzt, Techniker,
Jurist oder anderen Berufsträger
mit seinen Volksgenossen in Be-
rührung bringt, höchste fachliche
Leistung mit klarem Charakter
verbinden, auf daß im Bewußtse i n
der Millionen unserer'Völker die
akademischen Berufe befreit wei-
den von aller Schmach, mit der
der liberale Intellektualismus sie
belastet hat. Mehr und mehr sollen die
europäischen- Völker die Träger ihrer aka-

demischen Berufe als wahrhaft vorbildliche Er-
füller der gemeinsamen Pflicht aller in jeder
Beziehung empfinden.

Wir sehen hier ein | allerdings sehr ernstes
Problem: Aus falschen/Voraussetzungen heraus
hat in den liberalistislchen Jahrhunderten die
Menschenschicht der sogenannten Gebildeten,
die äußerlich gesehen die Hochschulen und
Wissenschaften repräsentierten, den Anspruch
erhoben, der berufene Führer ihrer Völker zu
sein. Allein' es ist ein kardinaler Fehler, von
Bildung und Wissen an sich auf die Fähigkeit
politischer Führung zu schließen. Der Zusam-
menbruch dieser auf unechten Grundlagen be-
ruhenden äußeren Stellung der gebildeten
Schichten mußte zwangsläufig kommen. Wir
selbst sind als akademische Jugend aktivste
Kämpfer für die Herstellung einer echten
neuen Volksführung und die Vernichtung der
falschen Monopole der Vergangenheit gewesen.
Gerade deshalb wissen wir, daß auch das
geistige Leben der Universitäten und Hoch-
schulen heute, von alten Formen befreit, sich
in einem besonders tiefgehenden Zustand der
Umwälzungen und des Suchens nach neuen
Formen befindet.

Es soll unsere große Pflicht sein, dafür zu
sorgen, daß sich aus der gerechten
Ablehnung der intellektuellen
Sterilität im erwachenden Europa
'nicht eine Feindschaft gegen den
Intellekt an sich entwickelt. Was
wir erstreben, ist vielmehr ein Europa, in dem
sich höchster Intellekt der berufenen Träger
des geistigen Lebens mit der gewaltigen Kraft
der gesunden Massen der Völker zu unlös-
licher Einheit findet.

Jede Entwicklung, die im umgekehrten Sinn
verläuft, wird bei uns auf fanatischen Wider-
stand stoßen. Wir empfinden es als
unsere Pflicht, eine fruchtbare
Einordnungder Universitäten, des
akademischen Nachwuchses und
des geistigen Lebens in den Neu'
bau Europas durch Leistung zu
erkämpfen. Es ist dies der dritte
Entschluß, zu dem sich das Europäische
Studenten- und Frontkämpfertreffen zu Dresden
hiermit bekennt.

Wir glauben, damit Europa in seiner Ge-
samtheit am besten zu nützen.

Ich komme zum i ü ul
k e n , zu dem wir uns hier vernichten wollen.

Die geistig-kulturelle Tätigkeit ist das höchste
Zeugnis für die Überlegenheit des Menschen
über die anderen Lebewesen. So sehr alle Er-
füllung der primitiven Lebensbedürfnisse der
Vergessenheit anheimfällt, so sicher bietet
sich der kulturellen Schöpfung die Möglichkeit
des Aufstieges zur Unvergänglichkeit. Ein ge-
sundes Europa wäre ohne Blüte des geistigen
Lebens nicht möglich. Die politischen Taten,
die militärischen Siege und die wirtschaft-
lichen Erfolge erfahren ihre letzte Sinnerfül-
lung erst durch den Aufstieg einer hohen
Kultur. ,

An den Werken der Kultur hat sich das
Gefühl der europäischen Gemeinschaft am
frühesten entwickelt und ausgebreitet. Sie,
s c w eit sie in Hochschule und
W'sse-nschaft beheimatet sind, in
Ehrfurcht zu pflegen und darüber
hinaus fortgesetzt in lebendiger
Verbindung zum Geschehen unse-
rer Gegenwart zu halten unflszu
segensreicher europäischer Aus-
strahlung unter unseren europä-
ischen Völkern zu bringen, ist
Wille und Auftrag des europä-
ischen Studententum s.

Die Erfüllung der nationalen Pflichten

Inmitten dieses Krieges rufe ich hiermit die
Akademiker Europas auf, durch eigenes
Handeln, durch höchste Steigerung
des beruflichen Könnens, beste
Ausbildung des Wissens und vor-
bildliche Erfüllung der- nationa-
len Pflichten tätigen und aktiven Anteil
am geschichtlichen Werden der Gegenwart und
an der Wegbereitung der neuen Ordnung Euro-
pas zu nehmen. Wir alle stehen vor gewaltigen
Aufgaben.

Mehr als von anderen siuß gerade vom Stu-
denten und vom Träger akademischen Wissens
verlangt werden, daß er die Unbesiegbarkeit
der Mächte begreift, die die stärksten Werte
der Menschheit beschirmen und verteidigen.
Er kennt den Lauf der Weltgeschichte und die
Gesetzmäßigkeiten-der Natur und muß sich da-
her besonders darüber im klaren sein, daß der
Sieg sich nur auf die Seite des auf-
steigenden Lebens neigen kann, wenn
die Weltgeschichte nicht ihren Sinn verlieren
soll.

Wo in diesen schicksalsschweren Stunden in
Europa im Schützengraben oder an den inneren
Fronten ein Student steht, da muß und wird er
Träger des fanatischen Glaubens an den Sieg
Europas sein. Das ist unser heiliger Glaube. In
ihm wissen wir uns eins mit der studentischen
Jugend Eüropas, die ihren Glauben in Dresden
feierlich bekundet hat. Dieser Glaube bleibt
uns über die Dresdener Tage hinaus erhalten
für alle Zeiten!

Folge 9/10 / Die Bewegung / Seite 3
 
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