Das norwegische Theater
Von Pinn Halvorsen, Staatlicher Theaterdirektor
Das Staatliche Theaterdirektorat begann seine
Tätigkeit am 1. Juli 1941, Seine erste und giößte
Aufgabe lag darin, das norwegische Theater-
leben „in Übereinstimmung mit 'den norwegi-
schen Theatertraditionen und mit den Forde-
rungen der nationalen Neuordnung" zu organi-
sieren, so wie es die Verordnung über Theater-
vorstellungen usw. vom 30. Mai 1941 gebietet.
Zunächst; mußte sich das Theaterdirektorat
einen Überblick über sämtliche Theaterunter-
nehmen Norwegens verschaffen. Bisher konnte
nämlich jede beliebige Person, ohne Rücksicht
auf Sachkenntnis, Rassenzugehörigkeit und aus-
reichende Geldmittel ein Theater irgendwelcher
Art errichten. Und e's stellte sich heraus, daß
es an Theaterunternehmen schlechtester Art
förmlich wimmelte. Ja, streng genommen ver-
dienten diese Unternehmen nicht einmal die Be-
zeichnung Theater. Es wären Artisten- und
Schauspielertruppen, die mit Zirkusnummern,
Revuen oder sogenannten Volkskomödien um-
herzogen und teilweise schlechteste Dilettanten
zu ihren Mitgliedern zählten Diese Kunst-
schmarotzer zogen als eine große Getahi rituell
Stadt und Land, überall war man unzufrieden
mit ihnen. Aber wie sollte man sie loswerden?
Wohl hatte die Polizei das Recht ihr Auttieten
verbieten, aber das Volk wollte Unteilial-
ng, und da sich ihnen in den meisten Fälleri
nichts Besseres bot. nahmen sie damil türheb.
Es gab indessen auch eine bessere Art der
Unterhaltung — nämlich durch die wirklich,
guten Theatergastspielreisen. Sie hatten nur
den Fehler, daß sie nicht zahlreich waren und
daß so wenig Menschen ihre Autführungen be-
suchten. Denn im allgemeinen richteten die*
schlechten Tournees es so ein, daß sie kurz
vor einer guten Truppe in einem Ort rfiif traten,
so daß diese vor leerem Haus spielen und die
Aufführungen bald einstellen mußte.
Es war eine große und wichtige Aufgabe tür
das Theaterdireklorat, mit all diesem Dilettan-
tismus und dieser Verantwortungslosigkeit ter-
"tig zu werden und dem guten Theater den Weg
zu bahnen. Aber jetzt, nach dem Abschluß der Früh-
jahrssaison 1942, kann man sagen, daß dies, im
großen gesehen, gelungen ist. Das endgültige
Ziel, in möglichst vielen Orten möglichst beste
Kunst zu bieten, liegt noch ein gutes Stück vor
,uns, aber mit jedem Tag rücken .wir diesem
5/iel näher. Ganz wird man es erst erreichen
"körinen, wenn die Plane7'des Theaterdirekto-
rates "übär ein ämbufarites Rikstheater nach
Beendigung des Krieges verwirklicht werden
können.
Feste Theater hat Norwegen heute nur in
3 Städten. Oslo hat 7, Bergen 2 und Drontheim
ein Theater. Auch diese Theater mußten natür-
lich in die Neuordnung einbezogen werden. Zu
allererst mußten die inneren Zustände der Thea-
ter geregelt werden. Früher hatte der Vorstand
eines jeden Theaters die Macht mit dem Chef
des Theaters geteilt. In der Praxis bedeutete
dies häufig, daß nicht der Chef, sondern der
Vorstand die oberste administrative Gewalt
ausübte. Die Verordnung über Theatervorstel-
lungen usw. gab nun dem Chef die volle Ver-
antwortung ohne Rücksicht auf den recht-
lichen Charakter des Theaterunternehmens.
Das bewirkte sogleich, daß die . Theater von
strengeren künstlerischen Prinzipien aus ge-
leitet werden konnten als früher. Ein Theater-
vorstand besteht bekanntlich im allgemeinen
nicht aus Theatersachverständigen, sontlern
aus Geschäftsleuten. Es versteht sich daher
von selbst, daß diese mehr an die Kasse als
an die Kunst dachten. Der Chef, der selbst
Künstler ist, wird dagegen in den meisten
Fällen daran interessiert sein, so gute Vor-
stellungen wie nur möglich zu bieten. . >
Lenkung des Nachwuchses
Auch ein anderes Problem wurde jetzt end-
gültig gelöst. Früher konnte jeder, der sich
dazu berufen fühlte, von der Straße direkt auf
die Bühne spazieren, ohne daß man wußte)
woher er kam oder was er konnte. Heute darf
niemand ohne eine Genehmigung des Depaite-
ments für Kultur- und Volksaufklärung in
einem Theater auftreten. Der Theaterchef, der
selbst vom Theaterdirektorat anerkannt sein
muß, ist gezwungen, für jeden einzelnen seiner
Schauspieler eine Genehmigung zu beantragen.
Engagiert er Schüler, so müssen diese sich
verpflichten, an dem Unterricht an der Nor-
wegischen Theaterschule teilzunehmen, oder
der Theaterchef muß auf andere Weise für ihre
weitere Ausbildung sorgen.
So schützt das Theaterdirektorat den Schau-
spielerberuf als solchen, und so kann es dazu
beitragen, ihn zu dem zu machen, was er sein
soll: zu einem der höchststehenden und wich-
tigsten Berufe des Landes. Das Direktorat hat
außerdem die höchsten Staatsbehörden veran-
laßt, die festen Zuschüsse für die vom Staat
unterstützten Bühnen zu erhöhen, und der
Hungerlohn, unter dem die Schauspieler an
drei von diesen Theatern Jahre hindurch ge-
litten haben, ist zu einer ausreichenden Ent-
lohnung geworden. Alle diese Dinge müssen
auch den Schauspielern eine höhere Achtung
vor ihrem Beruf und ihrer Kunst geben. Gleich-
zeitig gelangen sie dadurch zu der Uberzeu-
gung, daß sie in keiner Weise außerhalb der
Gesellschaft stehen, wie es in den Tagen des
Liberalismus so oft hieß, und erkennen, daß
Seite 8 / Die Bewegung / Folge 17
sie ihrem Volk gegenüber die größten und
heiligsten Pflichten zu erfüllen haben.
Das norwegische Theater kann gegenwärtig
stolz sein auf seinen Schauspielerstand. Das
konnte es auch früher sein, aber damals kam
es vor, daß die Schauspieler ihie beste" Kunst
in den Dienst cinei jüdischen oder marxisti-
schen Dramatik die die guten Kräfte des Vol-
kes untergrub, stellen mußten Auch diesen
Dingen ist durch das Theaterdirektorat Ein-
während der Hochkonjunktur in und nach dem
vorigen Weltkrieg — haben sie vor so vollen
Häusern gespielt. Aber auch nie zuvor hat
die norwegische Dramatik so hoch im Kurs
gestanden wie heute. Von den 53 Stücken
(Revuen eingerechnet), die im ganzen auf un-
seren 10 festen Bühnen aufgeführt wurden,
waren nicht weniger als 37 norwegische. Und
gerade an diesen norwegischen Stücken haben
die Theater das meiste Geld verdient. Junge
DAS NORWEGISCHE NATIONALTHEATER IN OSLO
halt geboten worden. Die Theaterchefs müssen
mit dem Direktorat beraten, bevor sie ihr Re-
pertoir aufstellen, und nur Stücke, die einen
positiven, aufbauenden Wert haben, werden
genehmigt.
Ein Beweis dafür, daß die Theater durch die
Neuordnung nicht das geringste eingebüßt
haben, ist der ' rekordaitige Erfolg unserer
Theater während der letzten Saison. Die Kritik
hat das Repertoir mit einstimmiger Anerken-
nung begrünt, und nie zuvor — nicht einmal
norwegische Dramatiker haben einen Auftrieb
erhalten wie nie zuvor. Den Rekord schlug
Victor B o r"g mit seinem leichten, aber unter-
lialtsänieiT'Lüstspiel über Ärzte und 'Patienten,
„Jeg drepte", das im Osloer Centraitheater,
wo es auch uraufgeführt wurde, nicht weniger
als 171mal lief.
Den Schwerpunkt des Rep.ertoirs bildeten
jedoch die norwegischen Klassiker. Die vier
vom Staat unterstützten Bühnen, das Natiffnal-
theater und das Norwegische Theater in Oslo,
die Nationale Szene in Bergen und das Trön-
delag Theater in Drontheim standen an der
Spitze. Am klarsten läßt sich die klassische
nationale Linie am Nationaltheater, der Bühne
Ibsens und Björnsons, verfolgen. Es wurden
zwei I b s e n - Vorstellungen, „Lille Eyolf" und
„Brand", und zwei B j örns on-Vorstellungen,
„Geografi og Kjärlighet" und „Det nye System"
gegeben. Den Höhepunkt der Osloer Theater-
saison bildete Ibsens „Brand", in dem seine
mächtige. Forderung an sein Volk, sich ganz
für die Ideale einzusetzen, mit der eigenen
Sprache unserer Zeit lebendig übereinstimmt.
Die Hauptgestalt in „Brand", der fanatische
Priester und Verkündiger, wurde von August
Oddvar mit genialer Kraft gespielt. Aber ein4
noch reicheres Erlebnis für das ergriffene Pu-
blikum war es, die größte Begabung des nor-
wegischen Theaters, Frau Johanne Dy'bwad,
die bald 75 Jahre alt wird, die Mutter des Prie-
sters spielen zu sehen. Sie führte ihre Zuschauer
mit sich hinauf zu den heiligsten Höhen der
Kunst.
Von wesentlicher Bedeutung für die Zukunft
des norwegischen Theaters ist es, daß endlich
eine teste Theaterschule errichtet wurde. ^Die
norwegische Theaterschule,'die dem Staat ge-
hört,. und vom . Chef des Nationaltheaters ge-
leitet wird, winde am 1 Oktober 1941 eröff-
net. Die Schule ist in drei Klassen. eingeteilt,
eine ;für Schauspiel-, eine für Opern- und eine"
für Ballettschulei. Norwegen besitzt noch keine
Opern- oder Ballettbühne. Aber eine feste
Oper in Oslo gehört auch zu den Plänen, die
d'as Theaterdirektorat nach Beendigung des
Krieges zu verwirklichen hofft. Die an der
Theaterschule bereits gemachten Erfahrungen
beweisen, daß das erforderliche Menschen-
material für eine norwegische Oper und ein
norwegisches Ballett vorhanden sind.
Das Theaterdirektorat hat die norwegischen
Dramatiker zu einem Wettbewerb aufgefordert.
Es handelt sich darum, das beste Schauspiel
über das Norwegen von heute zu schreiben.
Das Schauspiel muß den Kampf zwischen der
alten und der neuen Zeit, zwischen der mate-
rialistischen Anschauung und der idealistischen
Neuorientierung zeigen und einen klaren
nationalen Charakter tragen. Durch diesen
Wettbewerb versucht das Direktorat die neue
norwegische Dramatik in eine positive Rich-
tung "zu lenken, die auf einer Ebene liegt mit
den großen politischen, sozialen und kultürel-
leri Begebenheiten unserer Zeit.
Das norwegische Theater hat im ganzen ge-
sehen, all^n Grund, der Zukunft zuversichtlich
entgega*#4£<th'en.. Die' erste Saison nach dfs
Neuordnung spricht von einem wachsenden
Interesse und von einer neuen Ära der Schau-
spielkunst und des Dramas. Die Zusammen-
arbeit zwischen dem Theaterdirektorat, den
Schauspielern und den Theatern war ebenfalls
ausgezeichnet.
(Aus den „Deutschen Monatsheften in Norwegen''.)
Student und Theater
/ Von Oberspielleiter W. M. Mund, Gießen
Städte, denen der Vorzug, eine Universität
und gleichzeitig ein Theater zu besitzein, eignet,
werden oft verspüren, wie diese beiden Haupt-
momente ihres Lebens zueinander hins'treben.
überall, wo eine solche Wechselwirkung zwi-
schen der Bühne einer Universitätsstadt und
ihrer Hochschule nicht zu finden ist, ist das
geistige Antlitz dieser Stadt unvollkommen
und ihre innere Struktur unfertig. So wie der
künstlerisch schaffende Mensch1 und das von
ihm beeinflußte Publikum die Universität als
den einen geistigen Brennpunkt des mit einer
Ellipse^, vergleichbaren Lebens einer solchen
Stadt empfindet und deutet, so soll für den
studentischen, akademischen Menschen das
Theater der ' andere gesellschaftliche, gemeia-
schaftsbildende und kunstschaffende Brenn»
punkt sein. In beiden Brennpunkten ist dann
wie im Chor des Dionysos die Botschaft des
einen wie des anderen mit Sicherheit abzu-
hören. Wenn Theater und Universität in einer
sinnvollen Ergänzung ihrer lebenspendenden
Arbeitsvorgänge das in ihnen latent vorhan-
dene Zueinander finden und wirksam werden
zu lassen vermögen, so ergeben sich hier
fruchtbare Auswirkungen nicht nur für das
Leben der Hochschulstadt, sondern für jeden
einzelnen studentischen Menschen, damit für
die akademische Gemeinschaft wie für die in-
nere und äußere Haltung der Bühne. Und
diese können'von Lebensdauer sein!
Das Theater braucht in unserer Zeit wie zu
keiner 'anderen den musischen Menschen. Und
der deutsche Student, der zu seiner For-
schungsarbeit die soldatische Erziehung in
größtem Maße genießt, verlangt nicht weniger
nach der musischen Ergänzung. Es ist ebenso
seltsam wie beglückend, in jeder Universi-
tätsstadt neu zu erleben, wie gerade in den
äußerlich scheinbar weit von der Kunst ent-
fernten Fakultäten — beim Arzt, Juristen wie
akademischen Techniker — ^in starker musi-
scher Drang wirksam ist, der zu genießender
wie schöpferischer Betätigung in der Kunst
drängt. (Für den Philologen eine Selbstver-
ständlichkeit!) Hier sind junge Menschen voll
feinem Verständnis, großer Aufnahmebereit-
schaft und ehrfurchtsvoller Offenheit für die
Dinge der Musik, der Dichtung und des lebens-
vollen dichterischen Theaters zu finden. Wenn
das Theater der Sammelort der geistig Wachen
der Nation ist,» so legen diese jungen Männer
und Frauen dafür an jedem Theaterabend; der
in seiner Gefühlsmacht von ihrem Dabeisein
mitbestimmt wird, beredtes Zeugnis ab. Es
gibt gottlob auch heute noch unter der Studen-
tenschaft so etwas wie eine Theaterbesessen-
heit. Wenn ihre Träger auch seltener wurden,
sie sind doch da und das innere Lehen wird
durch ihr Beispiel oft mehr und bedeutsamer
bestimmt als von jenen, die das laute Wort
wie eine Fanfare im Munde führen und deren
Beispielhaftigkeit in Taten auf sich warten läßt.
An der Theaterschöpfung unseres Volkes hat
der . deutsche Student einen bedeutsamen An-
teil genommen. Die Schöpfer des dramatischen
Geistesgutes sind durch seine Reihen gegangen,
wie. die heutige Offiziersschicht der deutschen
Bühne — die Regisseure, Dramaturgen, Diri-
genten — nicht ohne die fruchtbaren Lernjahre
der Universität auf ihren führenden Posten ge-
langt. Der Student hat einen wichtigen Anteil
zur Publikumsbildung des Volkes beigetragen.
Als Goethe sein mustergültiges Kammerspiel-
haus in Bad Lauchstädt bei Halle baute, da
wanderten die Hallenser Studenten des Sonn-
tags in hellen Scharen in das kleine Bad hin-
über, um hier zur Vorlesung die Vorstellung
zu finden. War ihr Verhalten auch manches
Mal tadelnswert, wenn sie mit Kirschkernen
nach den Darstellern schössen und wenn dann
Magnifizenz mit heftigen Strafen einschreiten
mußte, sie waren aber da, und dieses Dasein
war für sie und das Theater entscheidend; Dies
gilt auch in heutiger Zeit. Die Arbeitsüber-
lastung des Studenten mit wehr- und politi-
schen Aufgaben zu den Belangen seines Stu-
diums ist groß und notwendig, das Theater
schenkt ihm aber dazu den geistigen, entspan-
nenden und zugleich anregenden Ausgleich.
Von wirksamer Beispielhaftigkeit ist dabei
für die innere positive, sich in häufigem
Theaterbesuch erweisende Einstellung des Stu-
denten zur Bühne die Verbindung des Hoch-
schullehrers zum Theater. Welch fruchtbarer
Zusammenklang zwischen der Literatur-, Musik-
und Kunstwissenschaft und der theatralischen
Kunst sich hier ergeben kann, liegt auf der
Hand. Wenn im Seminar Kleist behandelt wird,
gibt dann nicht eine würdige Kleistaufführung
.auf der Bühne die beste Gelegenheit diskus-
sionsfördernden Anschauungsunterrichts! Viele
solcher Zusammenklänge ergeben sich ohntt
Schwierigkeit, wenn die Verantwortlichen nur
zeitig und weitblickend an die Planung gehen.
Denn nichts ist für das geistige Leben einer
Stadt — gipfelnd in Universität und Theater —
förderlicher, als rechtzeitige auf das Ganze'
blickende, an- und ausgleichende Gestaltung
eines gemeinsamen Kulturprogramms. Der
Theaterbesuch des Universitätsprofessors ist
ein werbender Dienst an der hohen Kunst.
Die Verbindung des Studenten zur Bühne
hat in vielen Städten in den Arbeitsgemein-
schaften „Universität und Theater" eine auch
äußere und organisatorische Form gefunden..
(Gießen, Göttingen, Greifswald.). In gemein-
samen „Leseabenden" oder „öffentlichen Musik-
abenden" der musikhistorischen Seminare wer-
den m zwangloser wissenschaftlich fundierter,
dabei volkstümlich eingängiger Weise unter
der Mitwirkung von Sängern oder Sprechern
vertiefende und erläuternde Einführungen zu
den zur Aufführung gelangenden Werken gebo-
ten. Die Kunstgeschichte trägt mit Vorträgen
und Ausstellungen neue Züge zur Gestaltung
der Zusammenarbeit. In Morgenfeiern, die von
der Studentenschaft gestaltet werden^ oder
solchen, in denen ein Hochschullehrer zu einem
Thema der Dichtung oder Lebensführung
spricht und in den Laienspielgemeinschaften
tritt der akademische Mensch selbst mitwir-
kend ins Scheinwerferlicht. Zu Seminarübungen
mit^ ausgesprochen dichterischen Gehalten wird
der Schauspieler als berufener Vortragender
und Vorleser eingesetzt. Sehr fruchtbar könnte
sich auch eine engere Zusammenarbeit zwi-
schen der Bühne und den Seminarien für
Sprecherziehung auswirken, von der man bis-
lang noch nichts vernahm. Auch dem Besuch
des Theaters wird eine gesellschaftliche Pflege
im Rahmen eines eigenen Studentenrechts zu-
teil, das sich insbesondere den anspruchsvollen
Werken des Spielplans erschließt und im
übrigen dem Studenten die Möglichkeit zu
verbilligtem Besuch aller anderen Auffuhrun-
gen seines Theaters bietet. Das akademische
Leben ist so reich und die Möglichkeiten der
Bühne, jes noch weiter zu bereichern, sind so
groß, daß auf dem Boden der Arbeitsgemein-
schaften „Universität und Theater" noch man-
ches Neuland entdeckt werden kann zum
Besten der deutschen Kunst und des Lebens
der heranwachsenden jungen geistigen Führer-
schicht der Nation.
t
Von Pinn Halvorsen, Staatlicher Theaterdirektor
Das Staatliche Theaterdirektorat begann seine
Tätigkeit am 1. Juli 1941, Seine erste und giößte
Aufgabe lag darin, das norwegische Theater-
leben „in Übereinstimmung mit 'den norwegi-
schen Theatertraditionen und mit den Forde-
rungen der nationalen Neuordnung" zu organi-
sieren, so wie es die Verordnung über Theater-
vorstellungen usw. vom 30. Mai 1941 gebietet.
Zunächst; mußte sich das Theaterdirektorat
einen Überblick über sämtliche Theaterunter-
nehmen Norwegens verschaffen. Bisher konnte
nämlich jede beliebige Person, ohne Rücksicht
auf Sachkenntnis, Rassenzugehörigkeit und aus-
reichende Geldmittel ein Theater irgendwelcher
Art errichten. Und e's stellte sich heraus, daß
es an Theaterunternehmen schlechtester Art
förmlich wimmelte. Ja, streng genommen ver-
dienten diese Unternehmen nicht einmal die Be-
zeichnung Theater. Es wären Artisten- und
Schauspielertruppen, die mit Zirkusnummern,
Revuen oder sogenannten Volkskomödien um-
herzogen und teilweise schlechteste Dilettanten
zu ihren Mitgliedern zählten Diese Kunst-
schmarotzer zogen als eine große Getahi rituell
Stadt und Land, überall war man unzufrieden
mit ihnen. Aber wie sollte man sie loswerden?
Wohl hatte die Polizei das Recht ihr Auttieten
verbieten, aber das Volk wollte Unteilial-
ng, und da sich ihnen in den meisten Fälleri
nichts Besseres bot. nahmen sie damil türheb.
Es gab indessen auch eine bessere Art der
Unterhaltung — nämlich durch die wirklich,
guten Theatergastspielreisen. Sie hatten nur
den Fehler, daß sie nicht zahlreich waren und
daß so wenig Menschen ihre Autführungen be-
suchten. Denn im allgemeinen richteten die*
schlechten Tournees es so ein, daß sie kurz
vor einer guten Truppe in einem Ort rfiif traten,
so daß diese vor leerem Haus spielen und die
Aufführungen bald einstellen mußte.
Es war eine große und wichtige Aufgabe tür
das Theaterdireklorat, mit all diesem Dilettan-
tismus und dieser Verantwortungslosigkeit ter-
"tig zu werden und dem guten Theater den Weg
zu bahnen. Aber jetzt, nach dem Abschluß der Früh-
jahrssaison 1942, kann man sagen, daß dies, im
großen gesehen, gelungen ist. Das endgültige
Ziel, in möglichst vielen Orten möglichst beste
Kunst zu bieten, liegt noch ein gutes Stück vor
,uns, aber mit jedem Tag rücken .wir diesem
5/iel näher. Ganz wird man es erst erreichen
"körinen, wenn die Plane7'des Theaterdirekto-
rates "übär ein ämbufarites Rikstheater nach
Beendigung des Krieges verwirklicht werden
können.
Feste Theater hat Norwegen heute nur in
3 Städten. Oslo hat 7, Bergen 2 und Drontheim
ein Theater. Auch diese Theater mußten natür-
lich in die Neuordnung einbezogen werden. Zu
allererst mußten die inneren Zustände der Thea-
ter geregelt werden. Früher hatte der Vorstand
eines jeden Theaters die Macht mit dem Chef
des Theaters geteilt. In der Praxis bedeutete
dies häufig, daß nicht der Chef, sondern der
Vorstand die oberste administrative Gewalt
ausübte. Die Verordnung über Theatervorstel-
lungen usw. gab nun dem Chef die volle Ver-
antwortung ohne Rücksicht auf den recht-
lichen Charakter des Theaterunternehmens.
Das bewirkte sogleich, daß die . Theater von
strengeren künstlerischen Prinzipien aus ge-
leitet werden konnten als früher. Ein Theater-
vorstand besteht bekanntlich im allgemeinen
nicht aus Theatersachverständigen, sontlern
aus Geschäftsleuten. Es versteht sich daher
von selbst, daß diese mehr an die Kasse als
an die Kunst dachten. Der Chef, der selbst
Künstler ist, wird dagegen in den meisten
Fällen daran interessiert sein, so gute Vor-
stellungen wie nur möglich zu bieten. . >
Lenkung des Nachwuchses
Auch ein anderes Problem wurde jetzt end-
gültig gelöst. Früher konnte jeder, der sich
dazu berufen fühlte, von der Straße direkt auf
die Bühne spazieren, ohne daß man wußte)
woher er kam oder was er konnte. Heute darf
niemand ohne eine Genehmigung des Depaite-
ments für Kultur- und Volksaufklärung in
einem Theater auftreten. Der Theaterchef, der
selbst vom Theaterdirektorat anerkannt sein
muß, ist gezwungen, für jeden einzelnen seiner
Schauspieler eine Genehmigung zu beantragen.
Engagiert er Schüler, so müssen diese sich
verpflichten, an dem Unterricht an der Nor-
wegischen Theaterschule teilzunehmen, oder
der Theaterchef muß auf andere Weise für ihre
weitere Ausbildung sorgen.
So schützt das Theaterdirektorat den Schau-
spielerberuf als solchen, und so kann es dazu
beitragen, ihn zu dem zu machen, was er sein
soll: zu einem der höchststehenden und wich-
tigsten Berufe des Landes. Das Direktorat hat
außerdem die höchsten Staatsbehörden veran-
laßt, die festen Zuschüsse für die vom Staat
unterstützten Bühnen zu erhöhen, und der
Hungerlohn, unter dem die Schauspieler an
drei von diesen Theatern Jahre hindurch ge-
litten haben, ist zu einer ausreichenden Ent-
lohnung geworden. Alle diese Dinge müssen
auch den Schauspielern eine höhere Achtung
vor ihrem Beruf und ihrer Kunst geben. Gleich-
zeitig gelangen sie dadurch zu der Uberzeu-
gung, daß sie in keiner Weise außerhalb der
Gesellschaft stehen, wie es in den Tagen des
Liberalismus so oft hieß, und erkennen, daß
Seite 8 / Die Bewegung / Folge 17
sie ihrem Volk gegenüber die größten und
heiligsten Pflichten zu erfüllen haben.
Das norwegische Theater kann gegenwärtig
stolz sein auf seinen Schauspielerstand. Das
konnte es auch früher sein, aber damals kam
es vor, daß die Schauspieler ihie beste" Kunst
in den Dienst cinei jüdischen oder marxisti-
schen Dramatik die die guten Kräfte des Vol-
kes untergrub, stellen mußten Auch diesen
Dingen ist durch das Theaterdirektorat Ein-
während der Hochkonjunktur in und nach dem
vorigen Weltkrieg — haben sie vor so vollen
Häusern gespielt. Aber auch nie zuvor hat
die norwegische Dramatik so hoch im Kurs
gestanden wie heute. Von den 53 Stücken
(Revuen eingerechnet), die im ganzen auf un-
seren 10 festen Bühnen aufgeführt wurden,
waren nicht weniger als 37 norwegische. Und
gerade an diesen norwegischen Stücken haben
die Theater das meiste Geld verdient. Junge
DAS NORWEGISCHE NATIONALTHEATER IN OSLO
halt geboten worden. Die Theaterchefs müssen
mit dem Direktorat beraten, bevor sie ihr Re-
pertoir aufstellen, und nur Stücke, die einen
positiven, aufbauenden Wert haben, werden
genehmigt.
Ein Beweis dafür, daß die Theater durch die
Neuordnung nicht das geringste eingebüßt
haben, ist der ' rekordaitige Erfolg unserer
Theater während der letzten Saison. Die Kritik
hat das Repertoir mit einstimmiger Anerken-
nung begrünt, und nie zuvor — nicht einmal
norwegische Dramatiker haben einen Auftrieb
erhalten wie nie zuvor. Den Rekord schlug
Victor B o r"g mit seinem leichten, aber unter-
lialtsänieiT'Lüstspiel über Ärzte und 'Patienten,
„Jeg drepte", das im Osloer Centraitheater,
wo es auch uraufgeführt wurde, nicht weniger
als 171mal lief.
Den Schwerpunkt des Rep.ertoirs bildeten
jedoch die norwegischen Klassiker. Die vier
vom Staat unterstützten Bühnen, das Natiffnal-
theater und das Norwegische Theater in Oslo,
die Nationale Szene in Bergen und das Trön-
delag Theater in Drontheim standen an der
Spitze. Am klarsten läßt sich die klassische
nationale Linie am Nationaltheater, der Bühne
Ibsens und Björnsons, verfolgen. Es wurden
zwei I b s e n - Vorstellungen, „Lille Eyolf" und
„Brand", und zwei B j örns on-Vorstellungen,
„Geografi og Kjärlighet" und „Det nye System"
gegeben. Den Höhepunkt der Osloer Theater-
saison bildete Ibsens „Brand", in dem seine
mächtige. Forderung an sein Volk, sich ganz
für die Ideale einzusetzen, mit der eigenen
Sprache unserer Zeit lebendig übereinstimmt.
Die Hauptgestalt in „Brand", der fanatische
Priester und Verkündiger, wurde von August
Oddvar mit genialer Kraft gespielt. Aber ein4
noch reicheres Erlebnis für das ergriffene Pu-
blikum war es, die größte Begabung des nor-
wegischen Theaters, Frau Johanne Dy'bwad,
die bald 75 Jahre alt wird, die Mutter des Prie-
sters spielen zu sehen. Sie führte ihre Zuschauer
mit sich hinauf zu den heiligsten Höhen der
Kunst.
Von wesentlicher Bedeutung für die Zukunft
des norwegischen Theaters ist es, daß endlich
eine teste Theaterschule errichtet wurde. ^Die
norwegische Theaterschule,'die dem Staat ge-
hört,. und vom . Chef des Nationaltheaters ge-
leitet wird, winde am 1 Oktober 1941 eröff-
net. Die Schule ist in drei Klassen. eingeteilt,
eine ;für Schauspiel-, eine für Opern- und eine"
für Ballettschulei. Norwegen besitzt noch keine
Opern- oder Ballettbühne. Aber eine feste
Oper in Oslo gehört auch zu den Plänen, die
d'as Theaterdirektorat nach Beendigung des
Krieges zu verwirklichen hofft. Die an der
Theaterschule bereits gemachten Erfahrungen
beweisen, daß das erforderliche Menschen-
material für eine norwegische Oper und ein
norwegisches Ballett vorhanden sind.
Das Theaterdirektorat hat die norwegischen
Dramatiker zu einem Wettbewerb aufgefordert.
Es handelt sich darum, das beste Schauspiel
über das Norwegen von heute zu schreiben.
Das Schauspiel muß den Kampf zwischen der
alten und der neuen Zeit, zwischen der mate-
rialistischen Anschauung und der idealistischen
Neuorientierung zeigen und einen klaren
nationalen Charakter tragen. Durch diesen
Wettbewerb versucht das Direktorat die neue
norwegische Dramatik in eine positive Rich-
tung "zu lenken, die auf einer Ebene liegt mit
den großen politischen, sozialen und kultürel-
leri Begebenheiten unserer Zeit.
Das norwegische Theater hat im ganzen ge-
sehen, all^n Grund, der Zukunft zuversichtlich
entgega*#4£<th'en.. Die' erste Saison nach dfs
Neuordnung spricht von einem wachsenden
Interesse und von einer neuen Ära der Schau-
spielkunst und des Dramas. Die Zusammen-
arbeit zwischen dem Theaterdirektorat, den
Schauspielern und den Theatern war ebenfalls
ausgezeichnet.
(Aus den „Deutschen Monatsheften in Norwegen''.)
Student und Theater
/ Von Oberspielleiter W. M. Mund, Gießen
Städte, denen der Vorzug, eine Universität
und gleichzeitig ein Theater zu besitzein, eignet,
werden oft verspüren, wie diese beiden Haupt-
momente ihres Lebens zueinander hins'treben.
überall, wo eine solche Wechselwirkung zwi-
schen der Bühne einer Universitätsstadt und
ihrer Hochschule nicht zu finden ist, ist das
geistige Antlitz dieser Stadt unvollkommen
und ihre innere Struktur unfertig. So wie der
künstlerisch schaffende Mensch1 und das von
ihm beeinflußte Publikum die Universität als
den einen geistigen Brennpunkt des mit einer
Ellipse^, vergleichbaren Lebens einer solchen
Stadt empfindet und deutet, so soll für den
studentischen, akademischen Menschen das
Theater der ' andere gesellschaftliche, gemeia-
schaftsbildende und kunstschaffende Brenn»
punkt sein. In beiden Brennpunkten ist dann
wie im Chor des Dionysos die Botschaft des
einen wie des anderen mit Sicherheit abzu-
hören. Wenn Theater und Universität in einer
sinnvollen Ergänzung ihrer lebenspendenden
Arbeitsvorgänge das in ihnen latent vorhan-
dene Zueinander finden und wirksam werden
zu lassen vermögen, so ergeben sich hier
fruchtbare Auswirkungen nicht nur für das
Leben der Hochschulstadt, sondern für jeden
einzelnen studentischen Menschen, damit für
die akademische Gemeinschaft wie für die in-
nere und äußere Haltung der Bühne. Und
diese können'von Lebensdauer sein!
Das Theater braucht in unserer Zeit wie zu
keiner 'anderen den musischen Menschen. Und
der deutsche Student, der zu seiner For-
schungsarbeit die soldatische Erziehung in
größtem Maße genießt, verlangt nicht weniger
nach der musischen Ergänzung. Es ist ebenso
seltsam wie beglückend, in jeder Universi-
tätsstadt neu zu erleben, wie gerade in den
äußerlich scheinbar weit von der Kunst ent-
fernten Fakultäten — beim Arzt, Juristen wie
akademischen Techniker — ^in starker musi-
scher Drang wirksam ist, der zu genießender
wie schöpferischer Betätigung in der Kunst
drängt. (Für den Philologen eine Selbstver-
ständlichkeit!) Hier sind junge Menschen voll
feinem Verständnis, großer Aufnahmebereit-
schaft und ehrfurchtsvoller Offenheit für die
Dinge der Musik, der Dichtung und des lebens-
vollen dichterischen Theaters zu finden. Wenn
das Theater der Sammelort der geistig Wachen
der Nation ist,» so legen diese jungen Männer
und Frauen dafür an jedem Theaterabend; der
in seiner Gefühlsmacht von ihrem Dabeisein
mitbestimmt wird, beredtes Zeugnis ab. Es
gibt gottlob auch heute noch unter der Studen-
tenschaft so etwas wie eine Theaterbesessen-
heit. Wenn ihre Träger auch seltener wurden,
sie sind doch da und das innere Lehen wird
durch ihr Beispiel oft mehr und bedeutsamer
bestimmt als von jenen, die das laute Wort
wie eine Fanfare im Munde führen und deren
Beispielhaftigkeit in Taten auf sich warten läßt.
An der Theaterschöpfung unseres Volkes hat
der . deutsche Student einen bedeutsamen An-
teil genommen. Die Schöpfer des dramatischen
Geistesgutes sind durch seine Reihen gegangen,
wie. die heutige Offiziersschicht der deutschen
Bühne — die Regisseure, Dramaturgen, Diri-
genten — nicht ohne die fruchtbaren Lernjahre
der Universität auf ihren führenden Posten ge-
langt. Der Student hat einen wichtigen Anteil
zur Publikumsbildung des Volkes beigetragen.
Als Goethe sein mustergültiges Kammerspiel-
haus in Bad Lauchstädt bei Halle baute, da
wanderten die Hallenser Studenten des Sonn-
tags in hellen Scharen in das kleine Bad hin-
über, um hier zur Vorlesung die Vorstellung
zu finden. War ihr Verhalten auch manches
Mal tadelnswert, wenn sie mit Kirschkernen
nach den Darstellern schössen und wenn dann
Magnifizenz mit heftigen Strafen einschreiten
mußte, sie waren aber da, und dieses Dasein
war für sie und das Theater entscheidend; Dies
gilt auch in heutiger Zeit. Die Arbeitsüber-
lastung des Studenten mit wehr- und politi-
schen Aufgaben zu den Belangen seines Stu-
diums ist groß und notwendig, das Theater
schenkt ihm aber dazu den geistigen, entspan-
nenden und zugleich anregenden Ausgleich.
Von wirksamer Beispielhaftigkeit ist dabei
für die innere positive, sich in häufigem
Theaterbesuch erweisende Einstellung des Stu-
denten zur Bühne die Verbindung des Hoch-
schullehrers zum Theater. Welch fruchtbarer
Zusammenklang zwischen der Literatur-, Musik-
und Kunstwissenschaft und der theatralischen
Kunst sich hier ergeben kann, liegt auf der
Hand. Wenn im Seminar Kleist behandelt wird,
gibt dann nicht eine würdige Kleistaufführung
.auf der Bühne die beste Gelegenheit diskus-
sionsfördernden Anschauungsunterrichts! Viele
solcher Zusammenklänge ergeben sich ohntt
Schwierigkeit, wenn die Verantwortlichen nur
zeitig und weitblickend an die Planung gehen.
Denn nichts ist für das geistige Leben einer
Stadt — gipfelnd in Universität und Theater —
förderlicher, als rechtzeitige auf das Ganze'
blickende, an- und ausgleichende Gestaltung
eines gemeinsamen Kulturprogramms. Der
Theaterbesuch des Universitätsprofessors ist
ein werbender Dienst an der hohen Kunst.
Die Verbindung des Studenten zur Bühne
hat in vielen Städten in den Arbeitsgemein-
schaften „Universität und Theater" eine auch
äußere und organisatorische Form gefunden..
(Gießen, Göttingen, Greifswald.). In gemein-
samen „Leseabenden" oder „öffentlichen Musik-
abenden" der musikhistorischen Seminare wer-
den m zwangloser wissenschaftlich fundierter,
dabei volkstümlich eingängiger Weise unter
der Mitwirkung von Sängern oder Sprechern
vertiefende und erläuternde Einführungen zu
den zur Aufführung gelangenden Werken gebo-
ten. Die Kunstgeschichte trägt mit Vorträgen
und Ausstellungen neue Züge zur Gestaltung
der Zusammenarbeit. In Morgenfeiern, die von
der Studentenschaft gestaltet werden^ oder
solchen, in denen ein Hochschullehrer zu einem
Thema der Dichtung oder Lebensführung
spricht und in den Laienspielgemeinschaften
tritt der akademische Mensch selbst mitwir-
kend ins Scheinwerferlicht. Zu Seminarübungen
mit^ ausgesprochen dichterischen Gehalten wird
der Schauspieler als berufener Vortragender
und Vorleser eingesetzt. Sehr fruchtbar könnte
sich auch eine engere Zusammenarbeit zwi-
schen der Bühne und den Seminarien für
Sprecherziehung auswirken, von der man bis-
lang noch nichts vernahm. Auch dem Besuch
des Theaters wird eine gesellschaftliche Pflege
im Rahmen eines eigenen Studentenrechts zu-
teil, das sich insbesondere den anspruchsvollen
Werken des Spielplans erschließt und im
übrigen dem Studenten die Möglichkeit zu
verbilligtem Besuch aller anderen Auffuhrun-
gen seines Theaters bietet. Das akademische
Leben ist so reich und die Möglichkeiten der
Bühne, jes noch weiter zu bereichern, sind so
groß, daß auf dem Boden der Arbeitsgemein-
schaften „Universität und Theater" noch man-
ches Neuland entdeckt werden kann zum
Besten der deutschen Kunst und des Lebens
der heranwachsenden jungen geistigen Führer-
schicht der Nation.
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