Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
crocgung

Geltung X>t$ öeutfehm 6tufcimtimtum8-0rgan ücv Reichöfrufcmtenführung

Studentische Selbsterziehung:

„Die neue Kameradschaftsordnung"

Von ff - Obersturmführer Leonhard Jäger, gf. Amtsleiter Politische Erziehung der Reichsstudentenführung

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Uber-
schrift dieses Aufsatzes kann irreführen, dann
nämlich, wenn man annimmt, daß die neu-,
gefaßten „Grundsätze der Kamerad-
schaf t s a r b ei t des NSD.-Studen-
tenbundes" etwas völlig Neues oder gar
eine Abkehr von der bisherigen Richtung dar-
stellen. Der Ausdruck „neue Kamerad-
schaftsordnung" ist vielmehr ein Ar-
beitsbegriff aus der inneren Arbeit der
Reichsstudentenführung, der dank den guten
und vertrauensvollen Wechselbeziehungen
zwischen Führung und Gefolgschaft im deut-
schen Studententum und infolge des lebhaften
Meinungsaustausches mit allen Beteiligten
weithin als Bezeichnung der jetzt fertig-
gestellten „Grundsätze" bekanntgeworden ist.

In Wirklichkeit aber enthalten die „Grund-
sätze" in folgerichtiger Weiterentwicklung die
wesentlichsten Gedankengänge der bisherigen
„Richtlinien für die Kamerad-
schaftserziehung" ebenso, wie sie aus
den Erfahrungen früherer Generationen all das
zusammenfassen, was als allgemein gültig und
von dauerndem Wert angesehen werden kann.

Die „Richtliryen" von 1937, die wir haupt-
sächlich unserem unvergessenen, im Westfeld-
zug gefallenen Kameraden Heinz Reich ver-
dankten, entsprangen dem Bemühen, die seit
1935/36 bestehenden Kameradschaften in eine
gemeinsame Richtung zu bringen und ihnen
eine gleichartige Entwicklung zu ermöglichen.
Sie waren in ihrer Art revolutionär und muß-
ten viele Einzelheiten der Zukunft überlassen.
Auf dieser Grundlage arbeiteten und wuchsen
unsere Kameradschaften in stetiger Folge zu
wirklichen Erziehungs- und Lebensgemein-
schaften, tatkräftig unterstützt durch die
Reichsstudentenführung und nachhaltig geför-
dert durch zahlreiche Laqcr, Tagungen und
andere Möglichkeiten des Erfahrungsaustau-
sches. An diesem Aufstieg nahm zu'
unserer Freude und Genugtuung
das deutsche Altherrentum in
stets wachsendem Umfange teil.

Vom Ernteeinsatz zur Trappe

Der Ausbruch des uns aufgezwungenen Krie-
ges ließ im Herbst 1939 eine jähe Unterbre-
chung eintreten. Stand schon der Würzburger
Studententag 1939 im Zeichen der schwebenden
Krise, als der Reichsstudentenführer die war-
nenden Worte von der „vierten Teilung Po-
lens" sprach, so fand der Krieg selbst das
deutsche Studententum mitten im
Einsatz zur Erntehilfe in den be-
drohten Ostgebieten, über 46 000
deutsche Studenten standen in diesem Vor-
kriegseinsatz, ;die meisten eilten unmittelbar
von dort zu ihrer Truppe. Mit ihnen rückten
fast alle studentischen Amtsträqer aus den ört-
lichen Studentenführungen, Gaustudentenfüh-
rungen und der Reichsstudentenführung zum
Wehrdienst ein. Die Männer, die am stärksten
auch die Entwicklung in den Kameradschaften
getragen Ratten, fielen für die nächsten Seme-
ster aus, ohne sofort ersetzt werden zu können.
Die zeitweilige Schließung vieler Hochschulen
und auch einiger Fachschulen, die vorüber-
gehende Einrichtung von Trimestern und man-
cherlei andere Erscheinungen der Lehr- und
Studienarbeit wirkte» sich auch auf die stu-
dentische Arbeit aus.

Es ist ein wunderbares Zeichen für die Rich-
tigkeit des vom Reichsstudentenführer seit
seinem Amtsantritt im Jahre 1936 eingeschla-
genen Weges und unwiderleglicher Beweis für
die Brauchbarkeit der angewandten Mittel,
daß, im ganzen gesehen, unsere Kame-
radschaften sich als arbeitsfähig
und lebenskräftig erwiesen haben.

Der von Semester zu Semester ergehende
Aufruf an die jeweils jüngsten Studenten zur
Einordnung und Mitarbeit hatte Erfolg. Das
Beispiel der Front wirkte hier wie überall im
Leben der Heimat. Die Verbindung mit den
Kameraden draußen riß in den meisten Fäl-.
len niemals ab, ja, gerade jetzt wurde das Zu-
sammengehörigkeitsgefühl in vielen erst neu
aufgestellten Kameradschaften eigentlich ge-
boren. Die erstmalig im Wintersemester 1941/42
auf Anregung der Reichsstudentenführung
durchgeführte Beurlaubung zum Studium für
langbewährte Frontsoldaten förderte diese Ver-
bundenheit in ganz besonderem Maße, nach-
dem diese Frontstudenten überall in die Kame-
radschaften gegangen waren, ihnen damit ihr
eigenes Gepräge gegeben und ihren Geist ver-
mittelt hatten.

Warum, so wird man fragen, wurde dann
eine neue Fassung der geltenden „Richtlinien"
erforderlich?

Ein immer gültiger und stets zu beachtender
Wesenszug aller studentischen Arbeit ist der
ständige und verhältnismäßig kurzfristige
Wechsel der Semestergänge. Was in allen an-
deren Gliederungen der Bewegung und in den
»onstigen Einrichtungen unseres völkischen

Lebens in gewisser Stetigkeit wachsen kann,
muß in unserer Arbeit schnell und vielfach aus
der Eingebung des Augenblicks heraus ange-
faßt und gestaltet werden. Die kurzen Monate
eines Semesters sind allzu schnell vergangen,
das nächste schon bringt neue Aufgaben und
neue Menschen, die in die Arbeit eintreten
und mitwirken müssen. Ohne diese tätige Mit-
wirkung jedes einzelnen ist aber unsere Arbeit
nicht zu leisten, wenn wir nicht unsere studen-
tischen Führer zu beamteten „Sekretären"
wie in anderen Ländern, unsere Studenten aber
zu Schülern höherer Art werden lassen wol-
len, denen mit guten Gründen das Recht zur
S e 1 b s t e r z i e h u n g und die Pflicht
zur Selbstverantwortung versagt
bleiben.

Im Kriege verstärkten sich die hemmenden
Auswirkungen dieser Sachlage, ohne daß die
fördernden ebenso wie bisher gegeben waren,
geschweige denn im gleichen Maße wuchsen.
Kein Wunder also, daß die gesamte Arbeit des

Wohl waren iäie nach den „Richtlinien" von
1937 und seitdem gewonnenen Erfahrungen an
sich gegeben. Den Kameradschaften aber
waren sie meist nicht mehr zugänglich, weil
sie noch keinen festen Niederschlag in Bestim-
mungen oder Vorschriften gefunden hatten,
ihre Träger und Gestalter aber an der Front
standen. Der allgemeine Mangel an studen-
tischen Führern an höheren Stellen verhinderte
zugleich eine starke Betreuung seitens der
Gaustudentenführungen und der Reichsstuden-
tenführung. So mußte es dazu kommen, daß
zunächst auf der vorhandenen Grundlage wei-
tergearbeitet, dann neue Erfahrungen gemacht,
ausgewertet und auf eigene Faust gemeistert
wurden. Uberall waren Fortschritte über den
Stand von 1939 hinaus zu verzeichnen, hier
und da nur zeigten sich auch Fehlentwicklun-
gen.

Bei aller Zielsicherheit in der Gesamtarbeit
und aller Aufopferung der einzelnen Mit-
arbeiter in den vielfältigen und weit ver-

Die Straßen Würzburgs, der traditionsreichen Studentenstadt, werden auch heute noch
belebt von den Fahnen und Uniformen des NSD.-Studentenbundes (Aufn.: Archiv rsf.)

Deutschen Studententums durch immer neue
Kräfte, auch in der Führung, geleistet werden
mußte. Die stolzen Erfolge, der Ernteein-
satz 1940, der Rüstungseinsatz
1941 und 194 2, der Kriegsleistungs-
kampf mit dem Kriegspropaganda-
einsatz, der trotz der Kriegsschwierigkeiten
stetige Ausbau des Langemarck-
studiumsmitderjüngstenAusdeh-
nung auf Flamen, Holländer und
anderegermanische Brudervölker,
die großen Leistungen des Reichs-
student e n w e r k e s , das studen-
tische Frontkämpfertreffen in
Dresden mit den Vertretern aller Nationen,
die mit uns in gemeinsamer Front stehen, und
etwa, auch die Studentischen Tage
deutscher Kunst in Salzburg, sind unter
diesen Umständen erzielt worden.

Die Arbeit in den Kameradschaften

Ungleich schwieriger war die Arbeit in
den Kameradschaften. Sie ist weni-
ger sichtbar für die Öffentlichkeit. Sie wird
hauptsächlich geleistet von Mensch zu Mensch
in einer in sich geschlossenen Gemeinschaft.
Sie wurzelt in Vertrauen und persönlicher
Verbundenheit und kann sich nicht auf fest
umrissene Aktionen oder zeitlich begrenzte
Vorhaben erstrecken. Zwar sind alle Ka-
meradschaften untereinander un-
löslich verbundene Einheiten des
NSD. - Studentenbundes, der Gliede-
rung der NSDAP, an den Hoch- und Fach-
schulen, sie beruhen aber noch mehr als die
Stürme und Gefolgschaften anderer Gliederun-
gen auf der Persönlichkeit ihres jeweiligen
Führers und sind in ihren Erfolgen abhängiger
noch als jene von der Zusammensetzung und
Brauchbarkeit ihrer Mannschaft. Unter diesen
Voraussetzungen bedürfen sie einer dauernden
Lenkung nach allgemeingültigen, aus höherer
Schau gewonnenen Gesichtspunkten.

zweigten Arbeitsgebieten des deutschen Stu-
dententums barg diese Lage in den Kamerad-
schaften die große Gefahr, daß die deutschen
Studenten zwar in ihrer Gesamtheit ihren Bei-
trag zu den Kriegsleistungen des deutschen
Volkes vollauf erbrachten, im einzelnen aber
in die Lage kamen, unrichtige oder gar falsche
Wege zu gehen.

In klarer Erkenntnis dieser Sachlage gab
der Reichsstudentenführer den Befehl zur
Neufassung aller Bestimmungen
über Leben und Arbeit der Kame-
radschaften unter Auswertung der
inzwischen, besonders jetzt im
Kriege, gemachten Erfahrungen.

Hierzu bedurfte ' es einer sorgsamen und
umfangreichen Kleinarbeit. Die verschieden-
artigen örtlichen Versuche und die dabei
erzielten Ergebnisse wurden durch Umfragen
und Meinungsaustausch festgestellt. Mit den
vielen Kameraden an der Front wurde dabei
besonders Fühlung genommen. Die gewon-
nenen Unterlagen wurden gesichtet, geordnet
und fanden dann ihren Niederschlag in den
jetzt vorliegenden „Grundsätzen der
K a m e r a d s c h a f t s a r b e i t des Natio-
nalsozialistischen Deutschen
Studentenbunde s". Der Reichsstudenten-
führer nahm~ selbst an diesen Arbeiten aller-
stärksten persönlichen Anteil und gab ihnen
damit ihre wesentliche Ausrichtung.

Die , „Grundsätze" sind in acht Abschnitte
gegliedert. Der erste enthält die im Jahre 1937
vom Reichsstudentenführer verkündeten „G e -
setze des deutschen Studente n".
Der zweite Abschnitt umreißt in zwölf Arti-
keln „W esen, Aufgaben und Ziele
der Kameradschaf t". Das Wesen der
Kameradschaft liegt in der Tatsache, daß sie
die Erziehungs- und Lebensgemeinschaft des
deutschen Studenten und zugleich eine Ein-
heit des NSDStB. ist, der ajs Gliederung der
NSDAP, den politischen Erziehungsauftrag des
Führers an den deutschen Hoch- und Fach-

schulen durchführt Das Prinzip der Freiwil-
ligkeit, der Zugehörigkeit für das ganze Le-
ben, der ständigen Selbsterziehung in der Ge-
meinschaft und der Auftrag zur Entwicklung
der Persönlichkeit durch die Arbeit der Ge-
meinschaft geben dabei die sinnvolle Er-
gänzung.

Die Kameradschaft erzieht ihre Männer zu
unbeirrbaren Vorkämpfern der nationalsozia-
listischen Weltanschauung. Sie wahrt die Über-
lieferung der nationalsozialstischen Kampfzeit
und formt in ihrer Arbeit den Typ des poli-
tischen Studenten, der sein Studium als Auf-
trag der Volksgemeinschaft ansieht und er-
füllt.

Im dritten Abschnitt werden „die Stel-
lung der Kameradschaft und ihr
äußerer Aufbau" behandelt, während im
vierten „innerer Aufbau der Kame-
radschaft und Mitgliedschaft" ge-
ordnet werden. Darin sind klare Bestimmun-
gen für den Jungburschen, Burschen und Alt-
burschen und ihre Aufgaben und Pflichten ge-
geben.

Der fünfte Abschnitt umfaßt die Vorschriften
über „die Führung der Kamerad-
schaf t". Die Kameradschaft steht als Einheit
einer Gliederung der NSDAP, unter dem
Führerprinzip. Aufgaben und Vollmachten des
Kameradschaftsführers und der von ihm einge-
setzten Warte sind in allen Einzelheiten fest-
gelegt.

Die wichtigen und für die künftige Arbeit
entscheidenden Grundsätze über „Einrich-
tungen und Formen des Kamerad-
schaftslebens" bringt der sechste Ab-
schnitt. Der Politische Abend hat die
Aufgabe, die Grundlagen der nationalsozia-
listischen Weltanschauung und die großen Le-
bensfragen der Nation zu erschließen und das
Verständnis dafür zu vertiefen. Er soll den
politischen Instinkt wecken und Gelegenheit zu
fruchtbringender Erörterung politischer Zusam-
menhänge geben. Die Gemeinschafts-
stunde ist die kulturelle Veranstaltung der
Kameradschaft. Sie soll das Kultur- und Gei-
stesgut des deutschen Volkes am Beispiel sei-
ner großen Männer und ihrer Werke vermitteln
und damit die wesentliche Ergänzung für die
politische Erziehung geben. Der Kamerad-
schaftsring soll die Anteilnahme des ein-
zelnen an der gesamten Arbeit der Kamerad-
schaft fördern. Er verlangt persönliche Stel-
lungnahme, Selbstbewußtsein und Verantwor-
tungsgefühl.

Die großen fachlichen und wissenschaft-
lichen Aufgaben des deutschen Studententums
finden ihren Niederschlag und zugleich ihre
feste Verankerung in der Kameradschaft durch
die Bestimmungen über die Berufs- und
Fachstunde, den W i s s e n schafts-
und Facheinsatz und den Reichs-
berufswettkampf der deutschen Stu-
denten, die jetzt zu wesentlichen Bestand-
teilen der Kameradschaftsarbeit erklärt werden.

Alle übrigen Einrichtungen und Formen des
Kameradschaftslebens werden im einzelnen ab-
gegrenzt und aufeinander abgestimmt.

Der siebente und achte Abschnitt handeln
von der „A 11 h e r r e n s c h a f t" und dem
„Haus der Kameradschaft".

Die „Grundsätze" werden ergänzt durch ein-
gehende Ausführungsbestimmungen, die vor
allem die Erfahrungen aus der örtlichen Arbeit
auswerten und für die Gesamtrichtung ver-
bindlich machen.

Die „Grundsätze" werden,vom Winterseme-
ster 1942/43 an Arbeit und Leben unserer Ka-
meradschaften bestimmen. Sie sollen besonders
den jungen, erst seit kurzem in der Arbeit
stehenden Kameradschaftsführern eine feste
Grundlage geben. Sie sollen auch den Män-
nern des Altherrentums das Verständnis für
„die neuen Wege" ermöglichen und ihnen da-
mit die ' immer wieder bereitwillig gewährte
Mitarbeit erleichtern.

Kein immer gültiges Dogma

Es ist klar und selbstverständlich, daß auch
mit diesen „Grundsätzen" kein für alle Zeiten
gültiges Dogma aufgestellt werden soll, das
Gefahr liefe, durch die Entwicklung überholt
zu werden. Es sind auch jetzt wiederum nur
Richtungspunkte festgelegt worden, nach de-
nen sich die Gesamtarbe.it immer wieder aus-
richten soll. Der persönlichen Verantwor-
tungsfreude und dem Willen zur Selbstgestal-
tung ist Raum in jedem möglichen Umfange
gewährt.

Damit ist aber vor allem die Gefahr ausge-
schaltet, daß etwa die Männer des deutschen
Studententums, die jetzt an der Front stehen,
nach dem Siege vor Tatsachen gestellt werden,
die ihnen fremd und unverständlich sind —
und über die sie einfach hinweggehen müßten.
Ganz im Gegenteil werden es gerade diese
Frontstudenten sein, die allein die
weitere Entwicklung auf der
Grundlage dieser „Grundsätze" be-
stimmen und unsere Arbeit mit
ihrem Leben erfüllen.

Unabdingbar bleibt der Auftrag des Führers
an den Nationalsozialistischen DeirtMien Stu-
dentenbund für den Bereich der Hoch- und
Fachschulen: diepolitischeErziehung
der künftigen Träger der geistig
schaffenden und fachlich führen-
den Berufe unseres Volkes, die Er-
ziehung des deutschen Studenten
zum politischen Menschen.

Folge 20 / Die Bewegung / Seite 3
 
Annotationen