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Die sozialpolitische Erziehung
der japanischen Universitätsjugend

Von Dr. Saburoj Shimjzu

Im Jahre 1890 gab Kaiser M e i j i sein Dekret
über die Erziehung heraus, womit die sittlichen
Grundlagen bestimmt wurden, auf denen sich
die ganze Nationaltätigkeit gründen mußte.

Nach diesem Dekret müssen sich die Stu-
denten vor allen Dingen der Förderung
der eigenen intellektuellen Fähig-
keiten sowie der Charakter- und
Persönlichkeitsformung widmen. Der
erste Artikel der Universitätsvorschriften lautet:
„Die Universität lehrt jene Wissenschaften, die
dem Staate wahrhaft nötig sind. Ziel dieses
Unterrichtes ist, die Studenten zu einem inten-
siven Lernen zu bewegen, damit sie sich das#
Verständnis der staatlichen Prinzipien erwer-
ben und die Formung ihrer Persönlichkeit er-
reichen." Aus dem Ganzen geht hervor, daß
die erste Studentenpflich't das
Lernen ist. Trotzdem fühlen diese Jungen
das natürliche Bedürfnis, neben ihren wissen-
schaftlichen Studien an den Problemen der
sozialpolitischen Welt teilzunehmen, in der sie
als Glieder der Gesellschaft leben und in der
sie sich nicht fremd fühlen mögen.

Die geistige Haltung
der studierenden Jugend

Die Jungen, die die zukünftigen Führer des
Nationallebens sein werden, sind zum Idealis-
mus geneigt, zugleich aber körperlich beweg-
lich. Das zwingt sie zu der unmittelbaren Ver-
wirklichung dessen, was Frucht ihrer Gedan-
ken ist, indem sie eine logische Auslegung aller
Sozialfragen und verschiedenartigen politischen
Phänomene mit einer ausgesprochenen Tendenz
zum Rationalismus und zur Transzendenz ge-
ben; zu einer gewissen Zeit fühlten die Stu-
denten während des Zeitraumes von zehn Jah-
ren und mehr die Notwendigkeit einer Er-
ziehung zur Wertung der ' Intelligenz derart,
daß sie sich nach einem übertriebenen Ratio-
nalismus wendeten, der zu einer materialisti-
schen Weltauffassung führte. Dieser Geistes-
aufbau hatte eine Verwirklichung nötig, daher
warfen sie sich in das praktische Leben, um
diese Verwirklichung erreichen zu können.

Nun erst mäßigte die Regierung die Stu-
dententätigkeit durch rechtzeitige Normen und
zwang sie zum Nachweis, welcher Unterschied
zwischen ihren Prinzipien und der umliegen-
den Welt der Wirklichkeit war; es gelang
der Regierung tatsächlich, sie wieder auf den
rechten Weg zu bringen, indem sie Nach-
forschungen anstellte und Schwierigkeiten be-
seitigte.

Nach dem Ausbruch des japanisch-chinesi-
schen Kampfes des Jahres 1930 hat unsere
innere und äußere Lage eine tiefe Um-
wandlung erfahren, die vor allem die
Jugend und insbesondere die Stu-
denten wahrgenommen haben.

Verschiedene Bewegungen entstanden, um
die Nation wieder aufzurichten und die Lan-
dessicherheit zu verstärken. Die neue Total-
partei „T a i s e i Ye.kuse Kai" hatte schon
angefangen, sich zu organisieren, indem sie
eine neue politische Atmosphäre um sich bildete,
da brach gerade zu dieser Zeit der japanisch-
amerikanische Krieg aus.

Die in ihrer neuen Organisation noch
schwankende Lage der Gemeinschaft bot den
Studenten so fragwürdige und tiefe Themen
der Besinnung,, die sie bis ins Innerste er-
schütterten.

Studium für die Nation

Sie kamen zu der Uberzeugung, daß das
Studium keinen Zweck in sich und für sich
haben konnte, sondern als Mittel dienen
mußte, um irgendeine nutzbrin-
gende Bewegung zugunsten der
Nation entstehen zu lassen. Um
dieser erschütterten Lage eine Lösung zu
geben, sollten sie die Grundsätze suchen, die
für die Entwicklung des japanischen Staates
notwendig sein mußten. Und sie fanden sie
in der Geschichte Japans, die das wichtigste
Gebiet ihrer Forschungen wurde. Das Wich-
tigste, was sie darin erkannten, war die
Nationalmystik, die sich 2600 Jahre
lang mit der Dynastie des Teno unveränder-
lich in den großen Geschehnissen von Jahr-
hunderten bewahrt hatte.

Nachdem sie die Quelle ihrer Treue zu dem
Großen Vater wiedergefunden hatten, erkann-
ten die Studenten die Notwendigkeit einer

Tota1organisation , nicht nur in
dem Schul-, sondern vor allem auch
in dem nationalen Leben.

Das in Japan für die Studenten geltende Ver-
bot, irgendeine politische Tätigkeit auzuüben,
erklärt man sich durch die zwei folgenden
Gründe:

1. Die Studenten sollen sich ausschließlich
ihrer Pflicht widmen, d. h. darnach trachten,
wissenschaftliche Kenntnisse zu erwerben.

2. Da sie sich für die in der Zukunft zu er-
füllenden Aufgaben vorbereiten müssen, sollen
sie an dem politischen Leben kei-
nen Anteil nehmen.

In der Tat,, nehmen sie an der politischen
Tätigkeit durch Vereinigungen, Parteien usw.
teil, so vernachlässigen sie, von Erörterungen
und Polemiken hingerissen, ihre wissenschaft-
lichen Studien. Und das ist kaum der beste
Weg für ihre geistige und sittliche Vorberei-
tung.

Es soll noch einmal betont werden, die Stu-
denten sind dem politischen Phänomen und vor
allem seiner -praktischen Realität gegenüber
sehr empfindsam. Sie wünschen zu handeln, in-
dem sie auch diesem Gebiet ihre intellektuelle
und sentimentale Mitwirkung angedeihen las-
sen. Nun aber werden sie statt zu der.Tat, was
gefährlich wäre, dazu angespornt und geführt,
die Bedeutung des heutigen Krieges um das
große Ostasien und die leitende Aufgabe zu
studieren, die auf diesem Gebiet Japan zu-
fällt. Mit diesen Problemen setzen die Studen-
ten auch in der Zukunft das notwendige wis-
senschaftliche Studiurn fort, und s;e wissen
wohl wie unerläßlich es ist, auf einem
wissenschaftlichen System die
Grundlagen des praktischen Le-
bens zu gründen. Die japanischen Studen-
ten bemühen sich, was die Politik betrifft, heute
hauptsächlich darum eine genaue Kenntnis
der Gebiete zu gewinnen, wo wir mit unseren
materiellen und geistigen Hilfsquellen um die
Errichtung der neuen Weltordnung kämpfen.
Unser Befehlswort lautet: Wir müssen un-
bedingt siegenl Die Studenten verstehen

Im Rahmen der Arbeitstagung In Venedig sprach der Führer der japanischen Delegation
Exz. Dr. Shunichi K a s e. Von links: Der Führer der deutschen Delegation Dr. Hanns
S t r e i t, der Präsident der Tagung, Unterstaatssekretär P o 1 v e r e 11 i, und der Federale

von Venedig, Piva Aufn.:G.u.F.

wohl, daß sie nicht mit den Waffen, sondern
mit dem Geiste an diesem ungeheuren Kampf
teilnehmen müssen, indem sie ihre Stellung in
der „Burg" der Wissenschaft verstärken. Durch
ihr Studium helfen sie mit an der Entwicklung
Japans, und es ist ihre vornehmste Pflicht,
ihr geistiges Wissen jederzeit in
den Dienst des Staates zu stellen.

Von diesem Standpunkt aus gestaltet sich
das heutige Universitätsstudium tiefer und
fruchtbarer als das der Liberalperiode. Damals
studierte man, um den eigenen Willen zu be-
friedigen; heute studiert man, um alle sich er-
gebenden Forderungen des Staates auszufüh-
ren und zu erfüllen. Mit dem vollen Bewußt-
sein, daß sie eine der lebendigsten
Kraftreserven der Nation bilden, die
man in der Aufgabe der Errichtung des größe-
ren Ostasiens einsetzen wird, widmen sich die
Studenten von heute mit vollem Verantwort-
lichkeitsgefühl ihren. Studien, im Vertrauen
darauf, daß sie es in der nächsten Zukunft
würdig werden auswerten können.

Straffe Organisation aller studentischen Kräfte

Da das Interesse, das für das große politische
Problem der neuen von Japan unternommenen
Ordnung gezeigt wurde, außerordentlich leb-
haft war, beschäftigten sich die Leiter des na-
tionalen Lebens damit, die Studenten-
kräfte zu organisieren. So entstanden
Gruppen, von denen dieselben dem Schulleben
zugewendeten Grundsätze gefordert werden:
„Mens sana in corpore sano" (Gesunder
Geistin gesundemKörper). So wurde
der Jiu Jitschu gefördert, Lager nach
militärischem Muster organisiert, um
schon in der Jugend das Gefühl der Verant-
wortung zu entwickeln und die praktische
Arbeit wurde eingeführt, um unmittelbar in
der nationalen Produktion mitzuarbeiten. Mit
großer Freude ist die Jugend zu dieser regel-
mäßigen Arbeit geströmt, stolz und begeistert,
so tätig und unmittelbar an dem Produktions-
leben der Nation teilzunehmen.

Während der Sommerferien be-
gibt sich ein Teil der Studenten
aufs Land, um den Bauern bei ihrer
schweren Arbeit zu helfen; der andereTeil
bleibt in der Stadt und arbeitet in den Fa-
briken. Wieder sndere sind hinter
der kämpfenden Front eingesetzt,
um vor allem auf dem Gebiete der Medizin ihr
ganzes Können in den Dienst der Nation zu
stellen. Zu all diesen Einsätzen werden die
Studenten von dem höchsten Prinzip ange-
spornt: das völlige Verständnis für die Na-
tionalpblitik, die den heutigen Krieg um das
Leben unseres Landes notwendig macht.

Das Verhältnis zwischen Professoren und
Schülern in den Universitäten ist äußerst freund-
schaftlich, und die Dozenten erfüllen ihre er-
zieherische Aufgabe wie eine wahre Mission;
Väter, die in herzlicher Weise für die For-
mung und intellektuelle und sittliche Entwick-
lung dieser Jungen sorgen, die ihrerseits sich
den älteren gegenüber ein wenig als Söhne
fühlen.

Seitdem Japan den Staat auf totalitärer
Grundlage organisiert hat, ist die Aufgabe des
Thronbeistandes das itete und

höchste m o r a 1 p o 1 i t i s c h e Natio-
nalgesetz gewesen. Unser politischer Glaube
lautet: die Regierung gehört dem
Tenno, und ihm beizustehen ist
Aufgabe der Untertanen. Erst dann
wachsen die Kinder rüstig auf, wenn sie Rat-
schlägen und Ermahnungen des Vaters folgen.
Daher soll alles zum Wohl der Ge-
meinschaft geopfert werden.

Dieser Glaube verpflichtet: Politische Men-
schen, ihre eigenen Interessen aufzugeben, um
für die des öffentlichen Lebens zu wirken; Sol-
daten, mit ihrer ganzen Begeisterung an den
verschiedenen Fronten zu kämpfen, Kapitalisten
und Kaufleute, in erster Linie den Nutzen für
die Allgemeinheit in Betracht zu ziehen und
die Produktion und Verteilung vor allem in der
Weise zu fördern, wie es Staat und Nation not-
wendig machen.

Und auch die Studenten, die ganz diesem
Grundsatz dienen, widmen sich mit Eifer der
Erlernung dessen, was dazu dient, ihren Geist
zu fördern und ihre Moral zu stärken.

Die japanische Nation achtet

die heilige Majestät des Tenn6 als
ihren Vater, und dies ist die Bestätigung
für die Tiefgründigkeit unseres politischen
Glaubens. Somit ist die Aufgabe des Beistan-
des an der Front eft.^ natürliche Tat, reine
Äußerung des zur Grundlage der japanischen
nationalen Konstruktion erhobenen Prinzips.

Jemand könnte nun einwenden, daß eine
solche Staatsform einen primitiven Charakter
aufweist, zumal wenn eine solche Staatsver-
fassung schon im 7. Jahrhundert v, Chr. ge-
bildet wurde und loch -houte WVjf$ßßt&£ß» '
steht. Daß sie eine primitive ist, wird dadurch "
bewiesen, daß unser Volk noch heute eina
eiserne Festigkeit und große Fähigkeit an-
gesichts der ganzen Welt aufweist; und da-
durch wiederum wird bewiesen, wie eina
solche Verfassung noch heutzu-
tage, mitten im 2 0. Jahrhundert,
als Beispiel genommen werden
kann. Ich bin also der Anschauung, daß der
Grundzug der Staatsverfassung sein Wesen,
das seit 2600 Jahren felsenfest geblieben ist,
nicht ändert und nicht ändern wird, über die
Zeit hinausgeht und in der Ewigkeit weiter-
lebt.

Der Begriff des Thronbeistandes
wird in der Universitätssprache in eine ein-
fache und klare Formulierung übersetzt: Mit
Ernst die Studien fortzusetzen. Wenn aber ein
solcher Begriff vom Thronbeistand einer sozia-
len Bewegung den Ursprung verleiht, verwan-
delt er sich in den statischen Grundsatz: „Das
Studium ist die eigentliche Pflicht des Studen-
ten" und in den dynamischen Grundsatz: „Das
Schulleben muß dem Ziel, das es sich gesteckt
hat, zugeleitet werden."

Es ist also jene Bewegung der Nachforschun-
gen über das Wesen der Nation und über die
Bildung der Rasse aus physischer und Arbeits-
tätigkeit heraus entstanden; eine Bewegung,
von der wir schon gesprochen haben und
welche die Schaffung von zweckmäßigen Ver-
einigungen innerhalb jeder Uni«
v e r s i t ä t verlangt hat.

Die Partei für den Thronbei-
s t a n d hat diesen Unternehmungen an den
Universitätssitzen zweckgemäß Hilfe geleistet
und hat infolge einer neuen Organisierung der
Partei selbst alle bereits gegründeten Studen-
tenvereinigungen unter ihre Leitung genommen.

Der künftige wissenschaftliche und politische Student

Schon im Zeitalter Togugawas lieferten die
Universitäten den Studenten die ganze nötige
und zweckmäßige Kultur, damit sie sofort an
dem politischen Leben der feudalen Gemein-
schaften teilnehmen konnten. Von einer poli-
tischen Erziehung an den Universitäten im
Zeitalter Meijis konnte man auf Grund von
verschiedenen Motiven nicht sprechen. Und
das Teilnehmen der Studenten an dem politi-
schen Leben der Parteien brachte gefährliche
Ergebnisse.

Mit der plötzlichen Veränderung der Lage
des Jahres 1930 und mit dem jetzigen Krieg
ist das politische Interesse der
Studenten mit jedem Tage inten-
s i v e r geworden, besonders wenn man ihre
natürliche Begeisterung für die Gerechtigkeit
unserer Sache in Betracht zieht.

Und derStaaterhofftviel von der
Tätigkeit der Studenten, nicht nur
in der Gegenwart, sondern auch in der Zu-
kunftl Das ist ersichtlich aus seiner Anteil-
nahme an ihren'Organisationen, die der Partei
für den Thronbeistand angeschlossen sind.

Jetzt sind die Länder des Dreimächtepaktes,
Deutschland, Italien und Japan da-
bei, ihr Ziel zu erreichen, d. h, die Festlegung
eines ewigen Friedens in der Welt, eines Frie-
dens der Gerechtigkeit und die Erlangung der
allgemeinen Ideale.

Und wir Studenten, in der Erwartung, dort-
hin zu gehen, wo unsere Brüder sind, tun unsere
Pflicht für die innere Verteidigung des Landes;
auf diese Weise erfüllen wir die uns gestellte
Aufgabe der Verwirklichung des von unseren
Ländern verlangten Zieles.

Folge 21 / Die Bewegung / Seite 3
 
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