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Höhepunkte der deutschen Studentengeschichte

n

Landsmann - Bruder - Kämpfer"

Von Reichsamtsleiter Dr. habil. Brügmann

ten, jungen Studenten hilfreich zur Seite stan-
den und trotz aller Entartungen hier und da
als überaus positive Institutionen des Univer-
sitätslebens angesprochen werden müssen.
Ihre dominierende Stellung jedoch ist an der
Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert dahin.
Damals beginnen zwei besondere Typen im
deutschen Studententum eine Rolle zu spielen.
Der Leipziger Stutzer und der Jenaer Reno-
mist. Allein, da sie individuellen Ursprungs
sind, vermögen sie keine typenbildende Fern-
wirkung hervorzurufen. Es fehlt der tragende
Untergrund einer genossenschaftlichen Mann-
schaft. Die Landsmannschaften jener Zeit aber
sind nach dem Zeugnis Lauckhards lediglich
lose Gebilde. Um die Mitte des 18. Jahrhun-
derts beginnen sie vollends zu verschwinden,
können jedoch in Jena und in einigen ande-
ren Städten Keime ihres früheren Daseins der
neuen Generation übermitteln.

In den Jahrzehnten nach 1750 bilden sich die
ersten Ansätze greifbaren freimaurerischen
Ordensstudententurns. Die bürgerlichen aka-
demischen Logen bilden den geistigen Nähr-
boden, aus denen der studentische Ordensge-
danke erwächst. Und da ist es nun wiederum
bezeichnend, mit welcher Hingebung Studen-
ten sich dieser, wenn auch zersetzenden
Weltanschauung verschreiben. Das Ordens-
studententum ist insoferne von überragender
Bedeutung, als von hier aus das korporative
Farben- und Waffenstudententum des 19. Jahr-

Clausewitz war zu sehr Soldat und Real-
politiker, als daß er die Macht des Fürsten-
tums unterschätzt hätte. Er notierte in nüch-
terner Betrachtung den geradezu prophetischen
Satz: Deutschland kann nur auf eine Weise
geeint werden, nämlich durch das deutsche
Schwert. Solchen politischen Einsichten frei-
lich stand die damalige akademische Jugend
fremd gegenüber. , ,

Was sie besonders auszeichnete, war die
große Leidenschaft, der hoffnungsvolle Ruf
nach dem neuen Reich und der bedingungslose
■ Einsatz für ihre neue Idee. Die Studenten-
schaft hat in jener Zeit erstmalig einen klaren
politischen Gedanken gewonnen, diesen kämp-
ferisch vertreten und ihn der Nachwelt als
Verpflichtung aufgegeben. In Karlsbad besie-
gelten dynastische Politiker diesen hoffnungs-
vollen Ansatz.

Die Aufgabe im 19. Jahrhundert

Vom Politischen her hatte die Urburschen-
schaft den jungen Menschen erziehen wollen.
Vom Grunde einer politisdhen Überzeugung her
griffen Burschenschafter zu den Waffen, um
den damaligen Staat aus den Angeln zu heben.
Der Erfolg ist bekannt. Auch der große Ein-
satz des Jahres 1848 vermochte hierin keinen
endlichen -Erfolg ZU' bringen. Nicht ohne histo-
rische Größe ist der Kampf der Wiener Legion
gewesen, die für ein halbes Jahr nahezu die

Einen Höhepunkt der studentischen Geschichte bildeten alljährlich die Feierstunden am
Vorabend des Tages der nationalen Erhebung. Blick in den Berliner Spoitpalast während

der Feier am 29. Januar 1934 Aufn.: Weltbild

Unbeschadet der Tatsache, daß die deutsche
Studentengeschichte in ihrem Verlauf, in ihren
Höhen und Tiefen von der deutschen Volks-
geschichte nicht zu trennen ist, hat sie doch
in vielfacher Hinsicht ein eigenes Gesicht ge-
tragen. Deutsche Studenten haben durch die
Jahrhunderte ..hindurch im ganzen Abendland
gleichsam historische Besonderheiten um ihr
Dasein gewoben. Diese Tatsache gilt von den
ersten Natipnes in Padua und Bologna bis
herauf zu den nationalsozialistischen Kamerad-
schaften der Gegenwart. Stets ist der deutsche
Student ein Kind seiner Zeit gewesen; stets
ist er aber auch dieser Zeit auf weltanschaulich-
politischem Gebiete vorangeeilt und hat mutig
die Fahne einer neuen, wenn auch nicht immer
fruchtbaren Idee vorangetragen. Dieses zeich-
net ihn aus vor Studenten anderer Nationen.
Darüber hinaus ist jedoch vor allem d i e Tat-
sache bedeutsam, daß deutsche Studenten durch
die Jarhunderte eigene Erziehungsgrundsätze
gelebt und gestaltet haben.

,,Salvo iure teutonicorum": Dieser stolze
Satz findet sich sehr oft in Erlassen, die das
in- und ausländische Stu'dentenleben der ober-
italienischen Universitätsstädte betrafen. Die
Obrigkeit erließ Gesetze, erließ Vorschriften,
aber sie- anerkannte dabei den Vorbehalt des
deutschen Rechts. Wir erkennen aus der
schlichten Formel „Salvo iure teutonicorum",
welche überragende Bedeutung diese germa-
nisch-genossenschaftlichem Geiste entsprun-
genen Körperschaften der auslandsdeutschen
Studenten in den oberitalienischen Städten be-
saßen. Sie waren freie Gebilde, die vorerst
und vor allem nur dem deutschen Kaiser ver-
antwortlich waren. In ihrem Studium bildeten
sie jene Männer heran, die Barbarossa bei der
Wiedergewinnung der Reichslehen behilflich
sein sollten. Von diesen deutschen Nationen
in Frankreich und Oberitalien ist uns oft be-
richtet, daß sie allein das Recht hatten,
Waffen zu tragen. Ohne daß sie sich im ein-
zelnen ein spezielles politisches Ziel gesetzt
hätten, war ihre Existenz schon ein politisches
Faktum allerersten Ranges. Es ist auch be-
zeichnend, daß mit dem Fortbleiben deutscher
Studenten diese Genossenschaften im alten
Sinn keine Fortsetzung gefunden haben.

Die Zucht der alten Landsmannschaften

Es ist bekannt, wie im Zeitalter des Huma-
nismus und der Reformation die alten Bursen
ihrem Ende entgegengegangen sind. Das Stu-
dium der Scholastik verblaßte gegenüber den
neuen Ideen reiner Latinität, antipriesterlicher
Haltung und germanischer Wiedergeburt. Gute
und schlechte, arme und reiche. Burse<ä hatte es
gegebe." Zu einem Teil waren sie durchaus
landsmünnschaftlich gegliedert gewesen; dies
alles hielt nicht stand gegenüber der Revolu-
tion zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Aus in-
nerem Zwang warf der Bursenstudent das
geistliche Habit von sich und stürzte sich
hinein in die drängenden Probleme der Ge-
genwart. Ein Name spricht für viele: Ulrich
von Hutten.

Die Religionskriege der nachfolgenden Ze.it
beeinflussen auch zwangsläufig das akade-
mische Leben. In der Deposition schleichen
sich mehr und mehr Mißbräuche ein. Penna-
lismus und Nationalismus formen hinfort das
deutsche Studentenleben. Der Student wird zu
Beginn des 17. Jahrhunderts mehr und mehr
dem Söldner verwandt. Er ist waffengeübt, er-
fahren in den Kriegslisten seiner Zeit, nicht
unbekannt mit den Gewohnheiten vagierenden
Söldnertums, — er ist gleichsam selbst ein
Landsknecht geworden. Die Duellunsitte sowie
die freie Auffassung von Zucht und Ordnung
lassen die landsmannschaftlichen Formen ent-
arten und verwildern. Dabei braucht man nicht
einmal alle Moralpauken von Professoren und
Senatoren zu Beginn des 17. Jahrhunderts als
bare Münze zu nehmen, allein, es bleibt den-
noch die Tatsache bestehen, daß rauhe und
nicht eben immer vorbildliche Sitten den Stu-
dierenden jener Zeit ausgezeichnet haben.
Kein Wunder, daß die hohe Obrigkeit den
Landsmannschäften auf sozialem Gebiete ihre
Anerkennung versagten. Schon 1607 schreibt
ein Jenaer Theologe mit spitzer Feder über
das damalige Studententum:

„Schauest Du hin und her, Du wirst sehen
an der Wand abhangen etliche Dolche,
etliche Sticher, darunter ein Teil nicht um
3 Heller zu lösen sein, damit, wenn es not
tut, er solche den Rektoren einhändigen
könne. Du wirst sehen Panzer oder eiserne
Handschuhen, damit der Riese nicht unge-
wappnet auf dem Kampfplatz erscheine.
Auch Wämbser, die inwendig mit Baum-
wollen, Werg, Haar oder Fischbein dick
ausgefüllt und wohl vermachet sein, damit
wenn es zur Faust geraten, solche den Stich
dulden können."

Indessen lesen wir in den Gesetzen der
Brandenburger Landsmannschaft in Ro-
stock u. a.:

„Wer Geld aus der Kasse entleiht, muß
durch Pfand oder Handschrift die Rückzah-
lung gewährleisten. Wenn ein Armer Geld
ohne die Verpflichtung der Rückzahlung
empfängt, soll er eine Quittung ausstellen,
damit das Beispiel der /Freigebigkeit ver-
ewigt werde und der Kassenführer sich aus-
weisen kann.

Alle Landsleute, sollen die Tugenden, die
einem Studenten, besonders aber einem
Landsmann zukommen, üben: Ehrbereit, Be-
scheidenheit, Ruhe. Die Freundschaft wird
dadurch desto inniger und schiefe Urteile
Fremder werden verhütet. Wer dawider-
handelt, wird vom ganzen Collegium arbitrea
angemessen bestraft.",

So wird man alles in. allem noch feststellen
können, daß die Landsmannschaften vielfach
getreulich ihre Überlieferungen bewahrt hat«

hunderts wesentliches Brauchtum übernommen
hat. Der landsmannschaftliche Genossenschafts-
gedanke wird abgelöst durch den freimaureri-
schen Brudergedanken.

„Gestehe bei einer Untersuchung niemals,
daß Du Bruder bist, aber bleibe es, wenn auch
der Neid durch einen Eid dich darunter zu
bannen sucht" — dieser Passus aus den Sat-
zungen des Amicistenordens ist eindeutig frei-
maurerisch. Dementsprechend ist nun auch das
ganze Brauchtum freimaurerisch. Andererseits
bemühen sich die Ordensstudenten aus ihrer
studentischen Tradition heraus nicht minder
wie die neu entstandenen Kränzchen und Lands-
mannschaften, Komment und Zucht zu bewah-
ren. Von innen her, von den landsmannschaft-
lichen Korps, von Kränzchen und anderen stu-
dentischen Organisationen wird die Ordens-
form zerbrochen. Um, 1810 ist vom Ordens-
studententum wenig rriehr auf deutschen Uni-
versitäten zu spüren.

Formung des politischen Kämpfers

Machtvoll angeregt und angestachelt durch
die Wirkungen pr.eußisch-napoleonischen Kamp-
fes, gefördert durch spezifisch studentische Re-
formideen vollzieht sich die Umwandlung vom
Ordensbruder zum politischen Kämpfer der Ur-
burschenschaft. Nach jahrhundertelanger Unter-
brechung wird das deutsche Studententum zum
erstenmal wiederum Träger einer radikalen
politischen Erneuerung. Zucht und Ordnung,
Ehr- und Wehrhaftigkeit, Volk und Staat sind
die Attribute einer vom Nationalpolitischen
her geformten Willensbildung. Komment und
studentische Zucht werden umgegossen in die
Formen revolutionären politischen Kampfes.
Riemann-und Rödiger künden auf dem War-
tenberg von der Idee des Deutschen Reiches.
1818 heißt es in der Verfassungsurkunde der
Allgemeinen Deutschen Burschenschaft:

„Die allgemeine teutsche Burschenschaft
ist die freie und natürliche Vereinigung der
gesamten auf den Hochschulen wissen-
schaftlich sich bil^snden teutschen Jugend
zu einem Ganzen, gegründet ' auf das Ver-
hältnis der teutschen Jugend zur werdenden
Einheit des teutschen Volkes."
Das Ende der damaligen politischen Bewe-
gung ist bekannt. Ein großer. Deutscher, Poli-
tiker und Philosoph nicht minder als Soldat,
hatte es vorausgesehen: Carl von Clause-
witz. Er hatte das deutsche Studententum ge-
warnt vor uferloser Liberalisierung, hatte ge-
warnt vor. umstürzleriscb, westlichen Ideen»

Politik eines ganzen Kaiserreiches maßgeblich
beeinflußt hat. Geradezu Richtungweisend je-
doch enthüllt sich nach Inhalt und Form die
Adresse der Wiener Arbeiter an die Stu-
dentenschaft. Dieses Bündnis von Stirn und
Faust, von Aula und Vorstadt war dem Bür-
gertum jener Zeit besonders unangenehm. Man
begrüßte daher die Auflösung der akademi-
schen Legion durch Windischgrätz und atmete
auf, als die Einheit von Arbeiter und Stu-
denten im Chaos internationaler Phrasen, jüdi-
schen Intellektualismus' und artfremder Hetze
in ihren gesunden Wurzeln zerstört wurde.

Im Juni 1848 hatten die- Wiener Arbeiter
über die Studenten geschrieben:

„Sie gaben uns als höchste Gabe Freiheit
und Arbeit. Zwei gesuchte Stücke unserer
Zeit. Wir werden sie nie verlassen und mit
ihnen zu leben und zu sterben wissen, uns
als. echt deutsche redliche Menschen vor
jene hinstellen, die ihre Ehre bemäkeln, ver-
leumden und die Wahrheit hinters Licht
setzen wollen."

Diese Worte waren gemünzt auf das poli-
tische Bürgertum jener Zeit.

Aber selbst dieser kraftvolle Einsatz in den
Revolutionswirren von 1848 ließ die studenti-
schen Wünsche unerfüllt. Clausewitz hatte
recht gehabt. Die Einheit wurde von einem
Mann durch das Schwert verwirklicht. Bis-
marck gründete in Versailles das Deutsche
Reich.

Das Bismarckreich mußte der damaligen
Generation nur als Aufgabe, nicht als Er-
füllung erscheinen. Am meisten hätte dies
gelten sollen für das deutsche Studententum.
Nicht als ob wir damit in rückschauender Be-
trachtung etwas feststellen würden, was von
der damaligen Gegenwart überhaupt noch nicht
geahnt werden konnte. Die Vielzahl der da-
maligen Studenten hat — unbekümmert um die
großen politischen Aufgaben der Gegenwart —
ein nach innen gekehrtes individuelles oder
korporatives Leben geführt. Eine Minderheit
jedoch hat auch in den Wirrungen und
Irrungen des vergangenen Jahrhunderts mutig
die Fahne des verpflichtenden politischen
Kampfes erhoben. Die Burschenschaften rangen,
wenn auch vergeblich, als Epigonen um das
Vermächtnis der Urburschenschaft. Ihre Zeit
im Altreich war dahin. Die Korps und Lands-
mannschaften bewährten sich als treue Hüter
von Zucht und studentischem Ehrgefühl, hielten
sich in der Regel von politischen Einflüsterun-
gen fein und trugen in ihrer Weise dazu bei,

einen sauberen, anständigen und geraden Typ
zu formen. Freilich, ein politischer Kämpfer
war dieser Typ nicht. Auf der andern Seite
wurde im konfessionellen Studententum, nach
der evangelischen wie auch de* katholischen
Seite hin, die Zersplitterung an den Hoch-
schulen bis zur letzten Möglichkeit fortgeführt.

Lediglich in der deutschen Ostmark, in den
Alpenländern, haben deutsche Studenten die
politische*Tradition der Urburschenschaft sinn-
gemäß weitergeführt, den Kampf gegen das
Judentum sehr bald aufgenommen, die \ Pro-
bleme des Vielvölkerstaates erkannt und "un-
bekümmert aller Anfeindungen den deutsch-
völkischen Gedanken kämpferisch vertreten.
Männer wie Schönerer haben sich damals von
Wiener Verbindungen in ihrer politischen An-
schauung maßgeblich beeinflußen lassen.
Wenn einmal die Geschichte des Antisemitis-
mus im 19. Jahrhundert geschrieben wird,
kann dies nicht geschehen ohne des ostmärki-
schen Studententums zu gedenken. Um 1880
nun setzte sich auch im Altreich jene Erneue-
rungsbewegung ein, die wir unter dem Na-
men Kyffhäuser-Bewegung zusammenfassen.
In dem studentischen Annex zur Judenpetition
hieß es 1880 in geradezu richtunggebender
Klarheit:

„Der deutschen Nation aber zumuten, die
Juden für ihre Volksgenossen zu halten,
hieße, ihr Bewußtsein der Nationalität ver-'
. nichten, hieße ihr die auf dem Gefühl der;
Verwandtschaft und der gegenseitigen Soli-
darität begründete Vaterlandsliebe rauben.";

„Das deutsche Volk muß sich der Schmach
dieses Zustandes bewußt werden. Es muß
das Gefühl seiner Nationalität wiederfinden
und in diesem Gefühl Stellung nehmen ge-
gen die ihm drohende Verjudung. Es muß
das Lügengespinst, mit dem die jüdische i
Presse die Begriffe Nationalität und Rass«
zu umgeben sucht, zerreißen, und um- sich
selbst und-die Herrschaft einer edler ge-
arteten Menschheit auf der Erde zu erhal-
ten, soll es auf die Fahne, um welche es ,
sich zur Gegenwehr gegen die Verjudung
zu scharen hat, die Worte des Juden Dis-
raeli schreiben: ,Die Rasse ist alles'.''
Ausführungen von solcher Klarheit .wird
man, -von Bismarck abgesehen, in den Parla-
mentsreden des ganzen 19. Jahrhunderts nicht
wieder finden.' Diese Tatsache wird vollauf
bestätigt durch die Programmatik und die po-
litischen Kämpfe des ostmärkischen Studenten- •
tums, angefangen von den Mitgliedern der
Burschenschaft „Libertas" und „Silesia" über
die Schönerianer, die Mitglieder der deutschen
Lesevereine bis herauf zu den Anhängern dea
Waidhofener Verbandes.

Es wird stets * im Buch der deutschen Ge-1
schichte ehrenvoll verzeichnet Wörden, daß in:
dem von gewaltigen Spannungen erfüllten
19. Jahrhundert das deutsche Studententum in
seinen besten Vertretern die Rassenf rage als
d i e Kardinalfrage erkannt hat. Denn auch die
sonst unpolitischen Verbindungen, beispiels-
weise Korps, Landsmannschaften und Burschen-
schaften, haben dennoch sehr bald keine Juden
in ihre Reihen aufgenommen. Die politischen,
sozial- und nationalrevolutionären Stoßtrupps
der Stude'üsn "jcS *~ >starideil**'0°-'i,:iäV' y^^»
Wien, in Graz, Stande'» 6 den Reihen des Waid-
hofener Verbandes, der ostmärkischen Bur-
schenschaften und zur Zeit Bismarcks im Ver-
ein deutscher Studenten.

Festlegung der Erziehungsaufgaben

Als im Jahre 1905 der Wiener Studen'tentag
stattfand, wurden in einer Reihe programmati-
scher Reden und Verlautbarungen die studen-
tischen Erziehungsaufgaben festgelegt. Es wurde
damals auch eine klare Grenze gezogen zum
Judentum, zum politischen Katholizismus, zu
den Fragen des Vielvölkerstaates Österreich-
Ungarn. Mit allen Mitteln ist man bestrebt, der
Studentenschaft den Gedanken verpflichtenden,
kontinuierlichen politischen Kampfes aufzu-
zwingen. In einer Rede heißt es u. a.:

„Der Jude wird zwar, manchmal für das
Deutschtum ein kleines Opfer bringen, er
wird aus seiner gespickten Brieftasche ein
Zettelchen herausnehmen, aber er wird es
ebenso für das Tschechentum tun, wenn es
sein Vorteil erheischt. Wenn der Jude die
deutsche Sprache spricht, spricht er sie nicht
weil .-er sich als Deutscher fühlt, sondern,
weil er sie im Geschäfte braucht. Wir stehen
auf dem Standpunkt, dem Deutschen kann
nur durch Deutsche geholfen werden."
Kein Geringerer als Bismarck hat damals im
deutschen Studententum jene Kraft erblickt,
d,ie ihn hoffnungsvoll in die Zukunft schauen
ließ und es ist eine große Lüge der philose-
mitischen und jüdischen Presse gewesen, wenn
sie den damaligen deutschen Waffenstudenten
als eine Spottgeburt aus Alkohol, Dummheit
und Arroganz dem de\itschen Volke gezeigt
hat. Es ist ja auch kein Zufall — um dies hier
nachzutragen — daß der Jude zuerst die wich-
tigsten Berufe und tragenden Säulen eines
Staates angriff: Dies waren im Bismarckreich
Wehrmacht, Offizierskorps und höheres Be-
amtentum. Die beiden letzten Institutionen aber
fanden ihren wesentlichsten Nachwuchs in der
akademischen Jugend. Es war nur folgerichtig,
wenn das Judentum daher deutsche Waffen-
studenten in den Kot zog.

So ist schon in jenen Jahrzehnten eines
kämpfenden deutschen Studententums eine
Entwicklung angebahnt, um deren letzte Er-
füllung wir heute bemüht sind: die Um-
formung des unpolitischen Bru-
ders, Landsmannes und Freundes,
zum politischen Kämpfer. Fanati-
ker und Aktivisten. Unserer Zeit ist
es aufgegeben, die letzten Reste unpolitischen
Denkens, unpolitischen Fühlens abzustreifen,
um innerlich für die Aufgaben der Zeit ge-
rüstet zu sein. Bedenken wir dabei, daß gerade
das viel kritisierte deutsche Studententum des
19. Jahrhunderts vorbildliche Arbeit auf die-
sem Gebiet geleistet hat.

Als im Jahre 1914 die große Zeitenwende
beginnt, in der wir heute noch drinstehen,
trägt sich das deutsche Studententum mit
ehernen Lettern in das Buch der deutschen
Geschichte ein. Das schlichte Wort lautet:
L a n g e m a r c k. Es ist Tradition und Ver-
pflichtung zugleich.

Folge 25/26 / Die Bewegung / Seite 5
 
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