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STUDENT und STUDENTIN

Von Dr. Anna Dammer, Reichs-ANSt.-Referentin

Dieses Thema hätte — vor zehn Jahren auf-
gegeben — nur zur Glosse gereizt, wobei ganz
ohne Zweifel die Lacher auf Seiten des Stu-
denten gewesen wären. Nicht, daß sich etwa
vor zehn Jahren die Studentin noch nicht
durchgesetzt gehabt hätte, denn auch damals
schon war sie — 25 Jahre nach ihrer Einfüh-
rung an den deutschen Hochschulen — ein Be-
griff, mit dem man gewohnheitsmäßig rech-
nete als mit etwas Feststehendem. Darin lag

Oberleutnant Gerhard Etzold, Angehöriger des
Siammhauses Jena, starb an den Folgen seiner im
Westfeldzug erlittenen schweren Verwundung

jedoch nur ein Zugeständnis ihrer Existenz,
nicht auch die innere Anerkennung, die erst
die moralische Berechtigung ausspricht. Das
Urteil der Öffentlichkeit über die Studentin
war unsicher und schwankend, neigte aber
vom Ganzen her gesehen zur Ablehnung. Sie
wurde als Sondererscheinung empfunden, die
in der Öffentlichkeit nicht ansprach, ganz
gleich, wie sich in den Köpfen der verschie-
denen Beurteiler das Bild der Studentin aus-
nahm: ob als Blaustrumpf oder extravagante
Intellektuelle, ob als leichtfertige Modestuden-
tin oder selbst als ruhige und gesittete Semi-
narbesucherin.

Am . schärfsten war die Ablehnung beim
männlichen Studententum. Sicherlich: es gab
in dieser Zeit auch Freundschaften zwischen
Student und Studentin, die sich auch nach
dem Studium oft genug bewährten. Es wurden
auch Ehen zwischen ihnen geschlossen. Aber
das waren Einzelerscheinungen, die als solche
gewertet wurden. Im übrigen hatte das
männliche Studententum seine
eigene Welt, in die — bewußt oder
unbewußt, jedoch mit Konsequenz
— die Studentin weder als Kame-
radin noch als Frau einbezogen
wurde. Dieser Tatsache stand die Studentin
immer wieder als einem Phänomen gegenüber.
Sie war ohne Zweifel für die Studentin krän-
kend, aber' sie schien unabänderlich zu sein.
Sie war ja — zeitgeschichtlich gesehen —
nicht allein eine Erscheinung der bürgerlichen

Oberleutnant Hans Stepp, Angehöriger einer
Kameradschaft des NSDStB., ist heute ein erfolg-
reicher, draufgängerischer Stukaflieger

Welt vor dem Weltkrieg, deren angestammter
Konservatismus sie nicht entschuldigte, aber
verständlich machte, sondern sie war auch
eine Erscheinung der Nachkriegszeit, die sich
gern ihrer demokratischen Fortschrittlichkeit
rühmte. Vom männlichen Studententum her
gesehen blifb die Studentin Eindringling in
einer Sphäre, die ihr micht zukam. Man konnte
sie nicht hindern, aber man strafte sie, indem
man sie als Kameradin und Frau ignorierte.

So stellte sich die Lage noch bei der Macht-
übernahme dar. Mit der Herrschaft des Natio-
nalsozialismus wurden auch die Fragen des
Studententums einer Bereinigung und Klärung
unterzogen. Es ist selbstverständlich, daß da-
bei auch die Stellung der Studentin in den Kreis
der Erörterung mit einbezogen wurde. Dies
nicht nur von der Öffentlichkeit her, welche
die Frage der Berechtigung und Notwendigkeit
des Frauenstudiums aufgriff, sondern auch von
Seiten des männlichen Studententums her, das
jetzt oft genug Gelegenheit nahm, seine Stel-
lung zur-, Studentin der Öffentlichkeit kund-
zugeben. Die Erörterungen waren Mabei zum
Teil sehr heftig und richteten sich mit voller
Schärfe gegen die Studentin. Die Frage, ob die
Studentin als Gast oder Kameradin zu werten
sei, wurde nicht mehr allein im privaten Ge-
spräch besprochen und entschieden, sondern
in voller Öffentlichkeit behandelt.

Die Studentin verlor in diesen Wochen und
Monaten ihren letzten bescheidenen Anteil
eines Hausrechts an der Hochschule. Es schien,
als sollte sie zukünftig nur noch als Gast auf
Widerruf zugelassen sein.

Die Situation war damals für jede einzelne
Studentin an der' Hochschule schwierig. Und
doch war sie der Anfang einer neuen Ordnung,
die sich aus dem Nichts, vor dem sie. zu stehen
schien, allmählich emporhob. Wenn es in der
bürgerlich konservativen und der bürgerlich
demokratischen Welt möglich gewesen war,
das Frauenstudium zuzulassen und dennoch die
Studentin aus dem Kreise der studentischen
Kameradschaft und Gemeinschaft auszuschal-
ten, so drängte der Nationalsozialismus auf eine
klare und kompromißlose Regelung. Er stand
deshalb vor der Frage, entweder das Studium
als eine rein männliche Institution zu betrach-
ten und die Frau deshalb vom Studium auszu-
schalten, oder aber das- Frauenstudium anzu-
erkennen und damit zugleich die Studentin als
voll berechtigtes Mitglied in die studentische
Gemeinschaft aufzunehmen.

Es ist selbstverständlich, daß darüber nicht
durch eine Abstimmung oder durch eine Ver-
fügung entschieden wurde, sondern durch den
Gang der "Ereignisse im Hochschulleben, an dem
Student und Studentin Anteil hatten.

Die Studentin behielt ihr volles Studienrecht,
weil sie sich als Nationalsozialistin bewährte.
Wir haben es schon oft ausgesprochen, daß sie
dies nicht theoretisch, sondern ganz konkret
tat: Durch ihren Einsatz im Fabrik-und im Land-
dienst, in der sozialen Hilfsarbedt und auch in
ihrem Studium, dem sie trotz aller Anfechtun-
gen die Treue hielt. Sie ordnete sich damit aber
auch selbstverständlich in die Gemeinschaft
des nationalsozialistischen Studententums ein:
Sie, wurde die Mithelferin und
Kameradin im Kampf um die Durch-
setzung der nationalsozialisti-
schen Weltanschauung an der
Hochschule, sie wurde damit aber
auch die Kameradin im Studiu m>
Denn auch das Studium trug nun ein anderes
Gesicht. Es durfte nicht mehr als eine Einrich-

Elisabeth Sch. studiert Erdkunde, Geschichte und
Deutsch. I hre freien Stunden widmet sie dem orga-
nisatorischen und kulturellen Aufbau der ANSt.

lung angesehen werden, die dem einzelnen
Studenten zu seiner ausschließlichen Belehrung
und seinem persönlichen Fortschritt zur Ver-
fügung stand und damit möglicherweise als eine«
Sphäre ausschließlich männlicher Einwirkung
und Handlung angesehen werden konnte, son-
dern es wurde von nun an angesehen als Ein-
richtung des deutschen Volkes für das Volk.
Wer als Lehrender oder Lernender daran teil-
haben darf, richtet sich nicht nach Geschlecht
oder Ansehen und Geld, sondern nach dem Maß
seiner Begabung, seines Charakters und seiner
Weltanschauung.

Diese Wertung des Studiums schob sich im-
mer stärker in den Vordergrund. Das hatte zur
Folge, daß sich für die Studentin auf dem Ge-
biete des Studiums eine neue Situation ergab:
sie wurde dem Studenten gleichwertig, weil sie
wie er Empfänger geistiger Volksgüter ist, die
sie mit der Verpflichtung gegenüber der Volks-
gemeinschaft zu verwalten hat.

Es ist in den ersten Monaten und Jahren
nach der Machtübernahme viel darüber geredet
worden, daß die Studentin nur weiblichen aka-

demischen Berufsaufgaben zugeführt werden
soll und entsprechend ihr Studium einzurichten
habe.

Solche Erörterungen waren stets nur von ge-
ringem Wert. Die Wissenschaft selbst läßt sich
nicht nach Geschlechtern auffeilen. Wer sich
ihr mit dem Studium verschreibt, Student oder
Studentin, hat den gleichen strengen Dienst zu
tun. Die Berufsausübung selbst wird — von
Ausnahmen abgesehen — von dem Großteil der
Studentinnen auf solchen Arbeitsgebieten ge-
wählt werden, die der Frau anlagemäßig liegen.
Diese Kenntnis ist jetzt auch im Studententum
allgemein. Das erleichtert die Stellung von Stu-
dent und Studentin gegenseitig erheblich.

Hauptmann Wilhelm Walther, einer der ersten
studentischen Ritterkreuzträger, nimmt als Alter
Herr besonderen Anteil am Leben der Kamerad-
schaft

Vor allem aber hat jene Erkennt-
nis Platz gewonnen, daß die Stu-
dentin nicht allein Kameradin,
sondern auch Frau ist. Ohne Zweifel
wirkt hier die Tatsache mit, daß sich das
Idealbild der Frau schlechthin langsam nach
den Forderungen unserer Zeit ausrichtet. Wer
beobachtet, kann feststellen, daß das ■ falsch
verstandene Gretchen-Ideal oder ein Kätchen-
von-Heilbronn-Ideal verblaßt gegenüber einem
Frauenbild, das gesünder und tatkräftiger, aber
nicht weniger innig wirkt. Die germanische
deutsche Vergangenheit in uns verlangt nach
einem Frauenbild, das dem strengen und for-
dernden Leben, in dem wir heute stehen, ge-
recht wird; Frauen, die wohl zu hüten ver-
stehen, aber auch fähig sind, dem Mann im
Lebenskampf Gefährtin zu sein. Da es heute
aber Regel ist, daß jede Frau einen Beruf er-
lernt, weil es unsere Pflicht gegenüber der
Volksgemeinschaft verlangt, so kann es gar
nicht anders sein, als daß auch die Studentin
als Vollstreckerin dieser der Frau im allgemein
nen aufgegebenen Pflicht verstanden wird.

Damit ist aber erst der entscheidende Schritt
zur Eingliederung in die studentische Gemein-
schaft getan und es kann jene Wertachtung
entstehen, die zwischen Mann und Frau uner-
läßlich ist, wenn beide auf gleichem Boden und-
in einem gleichen Lebenskieis jtehen sollen.

Diese Wertachtung vom Mann zur Frau ur\d_
timgekehrt umschließt aber immer die ganze
Person mit ihrem Charakter, ihrer Haltung und
ihrer Leistung. So ist es, wenn die Frau den
Mann beurteilt — anders darf es auch nicht
sein, wenn der Mann die Frau beurteilt. Eine
Frau, die ein hübsches Gesicht hat, aber im
Leben zu nichts taugt als zum Genuß, mag zur
leichtsinnigen Liebesstunde verlocken; sie kann
aber nicht als Frau und zukünftige Mutter und
Gefährtin überzeugen. Zu ihr gehört.auch die
Leistung als-Ausdruck ihres Verantwortungs-
bewußtseins gegenüber der Volksgemeinschaft
und als Ausdruck ihrer rassischen Qualität. Die
Meinung aber, daß die Leistung, die außerhalb
des Hauses von der Frau vollbracht wird, diese
zur Unfraulichkeit verführe, ist längst durch
die Millionen Frauen widerlegt worden, die seit
Jahrzehnten in ungezählten — oft „unweib-
lichen" Berufen — tätig sind. Wenn sich diese
Meinung jedoch hartnäckig im Hinblick auf die
Studentin behauptet hat, so. liegt darin ein Rest
jener bürgerlichen Voreingenommenheit gegen
die geistige Aufklärung der Frau, den wir end-
lich überwinden müssen. Tausende von Stu-
dentinnen haben es bewiesen und beweisen es
immer wieder neu, daß sie vorbildliche Frauen
und vorbildliche Mütter werden. Sie sind so
schön und so häßlich wie die übrigen Frauen
in der Welt und zeichnen sich sehr oft durch
ihre geistige Beweglichkeit, ihre menschliche
Reife und ihr großes Verständnis aus.

Es ist denn auch nicht zu übersehen, daß die
Stellung von Student und Studentin unter dem
Einfluß der nationalsozialistischen, studenti-
schen Selbsterziehung immer mehr in jene
natürliche Ordnurig hineinwächst, in die sie
hineingehört. Gewiß, es mag noch Studenten
geben, die sich darin gefallen, den Studentin-
nen und der Mitwelt zu zeigen, daß sie von
der Studentin nichts halten, weil sie die nach
ihrer Vorstellung ,,echte" Frau suchen. Solche
Bekenntnisse entspringen entweder einer ju-
gendlichen Unreife, einer romantischen Ver-
irrung der Vorstellung oder einer persönlichen

Anneliese R., eine junge Volkswirtin, die sich
selbstlos der studentischen Arbeit zur Verfügung
stellt und heute einen verantwortungsvollen
Posten bekleidet

Enttäuschung. Wie es denn ja auch Studenten
gibt, die umgekehrt wenig überzeugend auf die
Studentin wirken. Solche Erscheinungen kön-
nen wir heute als Einzelerscheinungen werten.
Im großen und ganzen gesehen dürfen wir ein
ehrliches Suchen und Ringen nach einer ech-
ten Kameradschaft zwischen Student und Stu-
dentin feststellen, wo jeder Teil den anderen
wegen der ihm besonders eigenen Werte
schätzt. Wenn aus solcher Kameradschaft häu-
tig Verbindungen für ein ganzes Leben hervor-
gehen, so beweist das die Sauberkeit der Hal-
tung gegeneinander, beweist, daß sich^auch in
dieser Sphäre die Elemente nun in einer natür-
lichen Ordnung bewegen und nicht von ge-
danklichen Konstruktionen verbogen werden.
Sicher aber auch ist, daß sich in dieser ge-
sunden Ordnung auf natürliche und zwanglose
Weise jene Grenzscheidung zwischen der
Sphäre des Mannes und der Sphäre der Frau
vollzieht, welche die Natur gesetzt hat und
die auch im geistigen Bereich beachtet werden
will. Die Studentin, nun nicht mehr durch die
verständnislose Haltung von Studenten in
Opposition gesetzt, hat keinen Anlaß, Rechte
zu verteidigen, die keiner Verteidigung be-
dürfen. Der Student seinerseits weiß, daß eine
natürliche Ritterlichkeit gegenüber der Stu-
dentin mehr von seiner Reife und Männlichkeit
zeugt als überhebliche Redensarten.

über alle möglichen Rückfälle im einzelnen
hinweg ist aber entscheidend, daß unsere Zeit
dem deutschen Menschen mit bestimmendem
Ernst eine so große Verpflichtung auferlegt und
ihm eine derartige Fülle von Aufgaben zu-
weist, daß auch das Studententum davon nicht
unberührt bleiben kann. Früher mag neben dem
Ernst zum Studium Zeit gewesen sein, sich ge-

Ursula B., Studentin der Musikhochschule Leip-
zig, durch deren tatkräftige Mitarbeit schon
manche Feierstunde zum Erfolg geführt wurde

(Aufn.: 3 Purper, 1 Scherl, 1 Weiler, 1 Schöllgen)

genseitig in Erörterungen über die persönliche
Stellungnahme zueinander und in Auseinander-
setzungen darüber zu ergehen. Heute steht
auch die Studienzeit unter der Verpflichtung,
das Letzte einzusetzen, um zu helfen, den Kampf
zu gewinnen. Auch die Jugend kämpft auf ihre
Weise mit — nicht ausgenommen das Studen-
tentum. Der Ernst dieses Kampfes um höhere
Ziele aber prägt auch die studentische Ge-
meinschaft, in der Student neben Studentin
steht, Kameraden im Studium, darüber hinaus
Freunde oder Gefährten im Leben.

Neben diesem Grundsatz unserer studenti-
schen Gemeinschaft aber verblaßt, was wir
heute noch als unvollkommen erkennen.

Folge 25/26 / Die Bewegung / Seit« 13
 
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