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Die Bewegung: Zeitung d. dt. Studenten — 12.1944

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Nr. 1 (Ende Januar 1944)
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SOLDAT UND STUDIUM

Von Dr. Fritz Kubach

Der deutsche Student von heute ist Soldat.
Diese Feststellung gilt fast unumschränkt. Die
Entwicklung dazu begann schon Jahre vor dem
Kriege mit der freiwilligen Wehrdienstleistung
einer großen Zahl deutscher Studenten. Mit
Kriegsbeginn siieg die Kurve des Anteils der
im Soldatendienst stehenden Studenten aus
ganz natürlichen Gründen steil an mit dem
Ergebnis, daß das deutsche Studententum mit
dem Prozentsatz seiner im Wehrdienst stehen-
den Kameraden heute wohl unübertroffen ist.

Im Einsatz ha b'e n sich die deut-
schen Studenten, von denen eine
große Zahl dem Vaterlande ihr
Leben geopfert haben, zahlreiche
versehrt wurden und viele hohe
und höchste K r i e g s a u s z e i c h n u n -
gen tragen, als Soldaten und Offi-
ziere der kämpferischen Tradi-
tion des deutschen Studententums
würdig erwiesen.

Mit den Jahren, die der Krieg dauerte,
während derer auch der Nachwuchs an Abi-
turienten nicht mehr zur Hochschule kam,
sondern gleich Soldat wurde, wurde die Frage
der Weiterführung angefangener Studien durch
die Frontstudenten und der Studienaufnahme
durch studienwillige Abiturienten ein staats-
politisch wichtiges Problem.

Da die f r o n t b e1 w ä h r t e n Soldaten
und Offiziere mit ihren vielfach
zahlreichen Dienst jähren den
besten Teil dieses Nachwuchses
ausmachen, mußten gerade für
sie Wege ' n d Maßnahmen zur
Sicherung ihrer Verbundenheit
mit dem beabsichtigten oder
schon begonnenen Studium und
zur Ermöglichung der Studien-
aufnahme oder Studienweiter-
führung gefunden werden.

Studentenbund: Studentenschaft und Stu-
dentenwerk übernahmen die Verwirklichung
dieser Zielsetzung als wichtigste und verpflich-
tendste Aufgabe.

Die Maßnahmen:

I. Allgemeine Maßnahmen.
II. Maßnahmen bei der Truppe.
III. Maßnahmen an den Hoch- und
Fachschulen.

I. Bei den allgemeinen Maßnahmen handelt
es sich zunächst um solche, die der Förde-
rung der Verbindung des studienwilligen Abi-
turienten bzw. der Studenten im grauen Rock
mit Studium, Hoch- oder Fachschule und künf-
tigen Beruf dienen. Zu diesen Maßnahmen ge-
hören:

1. Der Feldpostbrief des Reichs-
studentenführers an alle im Wehrdienst
stehenden Abiturienten und Studenten, der
laufend, Aufschluß gibt über alle Fragen des
Studiums, der Hoch- und Fachschule und der
zugehörigen Berufe.

2. Die Feldpostbriefe der Gau-
student e n f ü h r u n g e n , Hochschu-
len, Fachschulen und 'deren Unterglie-
derungen wie der Fakultäten, Fachgruppen
und Kameradschaften. In diesen Feldpostbrie-
fen werden spezielle Fragen vom Standort des
einzelnen Gaues, der einzelnen Hochschule
oder des besonderen Fachgebietes aus behan-
delt und darauf bezügliche Anfragen beant-
wortet.

3. Ferner gehören hierher die besonderen
Feldpostschriften, die von der Reichs-
studentenführung, den Gaustudentenführungen,
den Studentenführungen und den Hochschulen
geschaffen worden sind, besonders die Feld-
postbücherei des Reichsstudentenführers.

4. Die Einbeziehung aller studienwilligen
Abiturienten in diese wie in alle folgenden
Maßnahmen wurde ermöglicht durch den An-
fang 1943 durch den Reichsministef für Wis-
senschaft, Erziehung und Volksbildung einge-
führten Weg der Ferneinschreibung,
der es jedem im Wehrdienst stehenden stu-
dienwilligen Abiturienten ermöglicht, sich an
einer Hochschule einschreiben zu lassen, sich
als Student bezeichnen zu dürfen und \ in den
Genuß aller für Wehrmachtsstudenten geschaf-
fenen Vergünstigungs- und Betreuungsmaßnah-
men zu kommen. Im folgenden sind da-
her unter dem Begriff „Student"
die s t u d i e n w i 11 i g e n Abiturienten
als F e r n i m m a t r i k u 1 i e r t e stets mit
verstanden.

II. Die Maßnahmen bei der Truppe erfüllen
zunächst denselben Zweck wie die allgemei-
nen. Sie dienen darüber hinaus jedoch auch
der konkreten fachlichen Weiterbildung der
Studenten bei der Truppe. Zu diesen Maßnah-
men gehören:

1. Die S t u d i e n b e t r e u u n g durch
die Studentenführungen und durch
die Hoch - und Fachschulen. Im Rah-
men der Studienbetreuung erhalten alle Stu-
denten besonders von ihnen gewünschtes Stu-
dienmaterial in Form von Lehrbüchern, Leit-
fäden, Vorlesungsskripten usf. sowie indivi-
duelle Beratung und Betreuung durch Beant-
wortung von Fragen, Korrektur eingereichter
Arbeiten usf.

2. Die Schaffung und Verteilung
der ,.Soldatenbriefe für Studen-
t e n". Diese auf Vorschlag der Reichsstuden-
tenführung als eigene Abteilung der „Soldaten-
briefe zur Berufsförderung" erscheinenden
Bände haben das Ziel, Grundrisse für die wich-
tigsten Studiengebiete abzugeben, welche in
Form und Darstellung des konkreten Wissens-
stoffes auf die besonderen Bedürfnisse des
Studenten bei der Truppe Rücksicht nehmen.

Die Verteilung der Bände wird so erfolgen,
daß jeder der wehrmachtsangenörigen Studen-

ten die von ihm zu bestellenden Bände einzeln

an seine Anschrift erhält.

3. Die Veranstaltung von Wehr-
machtskursen für Studenten in den
besetzten Gebieten. Diese Kurse, von
denen in den Sommerferien 1943 erstmals eine
größere Anzahl im Osten und im Westen zur
Durchführung gelangten, werden von der
Wehrmacht unter Mitwirkung der Hoch- und
Fachschulen und der Studentenführungen ver-
anstaltet und 6ind für Studenten bestimmt,
die dazu für ein bis zwei Wochen von ihren
Truppenteilen abkommandiert werden.

4. Die Einrichtung von Kurzlehr-

gängen für Studenten an den Hoch-
schulen der Heimat. Die Kurzlehrgänge
dauern nur ein paar Tage und haben vor allem
die Aufgabe, die. studienwilligen Abiturienten
in Verbindung mit Hochschule und Studium
zu bringen.

5. Wenn es auch das Ziel ist, das aus den
Soldatenbriefen .und durch die Wehrmachts-
kurse gewonnene Wissen später in geeigneter
Form zur Anrechnung zu bringen, z. B. durch
Ermöglichung des Ablegens von Prüfungen
über einzelne Teilgebiete des Studiums, wobei
bisher bestehende foimale Schwierigkeiten be-
seitigt, die Leistungsforderung aber unter allen

Die Plastik „WERNER" ist eines der schönsten Kunstwerke von Ritterkreuzträger Unteroffizier
R olser, Abteilungsleiter der Reichsstudentenführung, der hervorragende politische, soldatische
und künstlerische Leistungen vollbracht hat und im Osten im Kampf gegen den Bolschewismus

den Heldentod fand.

„Soldatendienst des Reichsstudentenführers"

In Zusammenfassung der verschiedenen, seit
Kriegsbeginn aufgebauten Einrichtungen des
Reichsstudentenführers, der Reichsstudenten-
führung und des Reichsstudentenwerkes zur
Betreuung der Studenten im Felde hat der
Reichsstudentenführer Gauleiter Dr. G. A.
Scheel jetzt den „Soldatendienst des
Reichsstudentenführers" geschaffen.
Der dazu ergangene Befehl des Reichsstudenten-
führers lautet:

In Anerkennung der immer größer werdenden
Bedeutung und des immer mehr wachsenden
Umfanges der Betreuung und Förderung aller
Front- und Wehrmachtsstudenten sowie der
Versehrten und kriegsgefangenen Studenten er-
richte ich mit Wirkung vom 1. 1. 1944 den
„Soldatendienst des Reichsstudentenführers". In
ihm werden alle vom Amt Wissenschaft und
Facherziehung, vom Sozialpolitischen Amt und
vom Amt Presse und Propaganda der Reichs-
studentenführung sowie vom Reichsstudenten-
werk im Rahmen des bisherigen Soldaten-
dienstes der Reichsstudentenführung durch-
geführten Aufgaben zusammengefaßt und er-
weitert.

Seiner zentralen Bedeutung wegen übernehme
ich die Leitung des Soldatendienstes selbst.

Für alle allgemeinen und sämtliche fachlichen
Betreuungsmaßnahmen werde ich vom Leiter
des Amtes Wissenschaft und Facherziehung der
Reichsstudentenführung, Reichsamtsleiter Pg.
Dr. K u b a c h vertreten. Zu seinem Aufgaben-
bereich gehören insbesondere die Maßnahmen
der Studienbetreuung für die Front- und Wehr-
machtsstudenten bei der Truppe und der Stu-
dienführung der Wehrmachtsstudenten und
Kriegsteilnehmer an den Hoch- und Fachschulen
selbst, die Betreuungsmaßnahmen für Studenten
in den Lazaretten, die Wehrmachtskurse für
Studenten in den besetzten Gebieten, die Kurz-

lehrgänge für Wehrmachtsstudenten an den
Hochschulen der Heimat, die Soldatenbriefe für
Studenten sowie alle Fragen des Studien-
urlaubers und des dienstlichen Studiums.

Für die sozialen und wirtschaftlichen Maß-
nahmen werde ich vom K, Leiter des Rekhs-
studentenwerkes und gf. Leiter des Sozialpoli-
tischen Amtes der Reichsstudentenführung,
Parteigenossen Dr. Reise, vertreten. Zu sei-
nem Aufgabenbereich gehören insbesondere
alle wirtschaftlichen und gesundheitlichen För-
derungsmaßnahmen, die Studienberatung aller
studienwilligen Abiturienten im Wehrdienst
allgemein und während der Wehrmachtskurse
in den Lazaretten im besonderen, die Beratung
und Betreuung umgeschulter Versehrter, die
Einrichtung von Versehrtenheimen, die Wohn-
raumbeschaffung für Studienurlauber und die
Betreuung studierender Kriegsblinder und
Kriegsgefangener Studenten. Die Bearbeitung
des Feldpostbriefes des Reichsstudentenführers,
der Feldpostbücherei des Reichstudentenführers
und der „Universitas" (Studienblätter für deut-
sche Kriegsgefangene) obliegt dem Amtsleiter
der Reichsstudentenführung, Parteigenossen Dr.
B ä h r , der mir ebenfalls direkt untersteht.

Die Gau- und örtlichen Studentenführer be-
auftragen mit der Leitung des Soldatendienstes
des Reichsstudentenführers ihrer Gaustudenten-
führung bzw. Studentenführung einen der Amts-
leiter oder einen besonderen Mitarbeiter. Ihm
obliegt unmittelbar der Feldpostbriefversand
und die Verteilung der eingehenden Feldpost-
anfragen. Die Durchführung der sonstigen Maß-
nahmen erfolgt wie bei der Reichsstudenten-
führung, soweit möglich, über das Amt Wissen-
schaft und Facherziehung bzw. über das Stu-
dentenwerk und die Bezirksstellen des Be-
ratungsdienstes.

(gez.:) Dr. Scheel, Relchsstudentenftthrer.

Salzburg, am 30. Dezember 1943.

Umständen aufrechterhalten werden soll, so
kann selbstverständlich ein Studium nur auf
diesen Wegen in keinem Falle durchgeführt
werden.

Als Wege hierfür wurden der Studien-
urlaub und das dienstliche Stu-
dium durch. Kommandierung ge-
schaffen.

Im Zusammenhang mit Studienurlaub und
Stüdienkommandierung kommen wir zu

III. Maßnahmen an den Hoch- und Fach-
schulen welche den Zweck haben, die best-
möglichen Voraussetzungen zur er-
folgreichen S t u d i e n d u r c h f ü h r u n g
für die Studenten im grauen Rock zu schaffen
und die Bereitstellung der Mittel zu
sichern, die zum Lebensunterhalt und zur Be-
streitung der Studienkosten notwendig sind.
Die in diesem Rahmen nachstehend genannten
Maßnahmen beziehen sich über den Kreis der
Studienurlauber und zum Studium Kommandier-
ten hinaus auch auf die entlassenen Versehrten
und alle studierenden Kriegsteilnehmer über-
haupt. Im einzelnen handelt es sich um:

Betreuung und Förderung

1. Die besondere menschliche, fach-
licheundkulturelleBetreuungund
Förderung. Durch Studentenführung, Stu-
dentenwerk sowie Hoch- und Fachschule wer-
den Beratungsstunden abgehalten, besondere
Einführung- und WiederholungsVorlesungen ge-
lesen, eigene studentische Arbeitsgemeinschaf-
ten, Wiederholungs- und Examenskurse ein-
gerichtet sowie besondere Vortrags-, Konzert-
und Theaterveranstaltungen durchgeführt.

2. Zur Auffrischung und Ergänzung der Grund-
kenntnisse für das Studium werden ab Herbst
1943 in Zusammenarbeit mit den Oberschulen
am Hochschulort für alle Kriegsteilnehmer
Sonderkurse für fachliche Grund-
ausbildung eingerichtet.

3. In Ergänzung der Maßnahmen 1. und 2.
gelangen zur Vertiefung der Ausbildung wäh-
rend der vorlesungsfreien Zeit besondere
Ferienkurse für Kriegsteilnehmer
zur Durchführung.

4. Die für Kriegsteilnehmer geschaffenen
Vergünstigungen hinsichtlich Studien-
dauer und Früfungsbestimmungen können in
diesem Zusammenhang nur erwähnt, nicht aber
in der Vielfalt ihrer Einzelbestimmungen für
die speziellen Studienrichtungen dargestellt
werden.

5. Eine über die vorstehend genannten Maß-
nahmen hinausgehende eigene und zusätzliche
Betreuung erfahren die Versehrten Stu-
denten. Ihre Unterbringung erfolgt zumeist
in besonders eingerichteten Versehrtenwohn-
heimen mit fürsorglicher Betreuung.

6. Die wirtschaftliche Sic n'e r ü n y
'er Studiendurchführung aller Kriegs-
teilnehmer, -"Versehrten und Studienurlauber er-
folgt, soweit nicht Wehrmachtsbezüge weiter-
laufen, durch die Sonderförderung für Kriegs-
teilnehmer der Hoch- und Fachschulen, zu
deren Grundbeträgen die Studentenwerke auf
Antrag weitere Zuschüsse, insbesondere bei
Verheirateten, gewähren.

7. Von besonderer Wichtigkeit ist die Be-
reitstellung der Studienmittel,
insbesondere der Lehrbücher. Für
letztere sind die erforderlichen Maßnahmen
zur Sicherung der wichtigsten und besten ge-
troffen. Die Reichsstudentenführung ging aber
in ihrem Bemühen noch weiter, indem sie die
Schaffung eines neuen Studienmitteis in die
Wege leitete, welches das schon im Frieden
vorliegende, jetzt im Kriege aber verstärkt in
Erscheinung tretende Bedürfnis erfüllt, das viel-
fach ohne Zusammenhang dargebotene Wissen
in einen größeren Zusammenhang einzuordnen.

Der „Studienführer"

Dieses neue, unter dem Titel
„Studienführer" mit den ersten
Bänden bereits vorliegende Stu-
dienmittel erfüllt s e i n e A u f g a b e ,
indem es weltanschaulich und gei-
stig klar ausgerichtete wissen-
schaftliche und methodische Ein-
führungen für das deutsche wis-
senschaftliche Studium allerFach-
gebiete zur Verfügung stellt.

Die derzeitige Planung der „Studienführer"
sieht insgesamt rund 250 Bände vor. Selbstver-
ständlich stehen die „Studienführer", die im
normalen Buchhandel und im Frontbuchhandel
erhältlich sind, auch den Studenten während
der Zeit ihres Truppendienstes zur Verfügung.
Dies ist besonders für all die Gebiete wichtig,
für die keine Soldatenbriefe für Studenten er-
scheinen werden.

Mit den Ausführungen über die „Studien-
führer" sind wir von den besonderen Maßnah-
men für die Front und Wehrmachtsstudenten
bereits mitten in andere grundsätzliche Maß-
nahmen zur Sicherstellung eines quantitativ
wie qualitativ ausreichenden Nachwuchses für
die geistig-schaffenden Berufe hineingekom-
men. Diese Tatsache kennzeichnet das In-
einandergreifen der verschiedenen Bemühun-
gen und erweist im besonderen die Bedeutung,
die heute der Soldatenbetreuung als Grundlage
aller Nachwuchsmaßnahmen zukommt.

Es ist ihr Ziel, den Studenten im
grauen Rock und den Versehrten
alle Wege zu ebnen, die zu einer
bestmöglichen Ausbildung führen
können und so dazu beizutragen,
daß der deutsche Student, der
heute als guter Soldat seinePflicht
erfüllt, morgen ebenso hervor-
ragend als Arzt, Richter, Lehrer,
Physiker, Ingenieur seinem Volke
dienen wird.

Ende Januar 1944 / Die Bewegung / Seite 5
 
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