Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Bewegung: Zeitung d. dt. Studenten — 12.1944

DOI issue:
Nr. 9 (September 1944)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6620#0099
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ERKENNTNIS UND FORSCHUNG

Von Dr. Ludwig Kuhle, Universität Berlin

Seitdem Goethe mit gelner Farbenlehre und
seinen Gedanken über Urphänomene das Mo-
dell für eine auf Beobachtung und intuitiver
Schau begründete Naturwissenschaft geliefert
hat, Ist es Mode geworden, den „Einfall", das
Schöpferische, den „göttlichen Funken", als
•Ine gelegentliche Leihgabe an die Forschung
zu betrachten, gleich als ob er dieser an sich
wesensfremd sei; ein schöner, bunter, fremder
Vogel aus der Welt des Genies, der sich in
das nüchterne Reich der strengen Logik ver-
flogen hatte. Nicht daß man dem Forscher die
Fähigkeit zum phantasievollen Kombinieren ge-
radezu abspräche, aber sie scheint ihm auch
nicht eigentlich zuzukommen.

Das Systematisieren wird ihm als Aufgabe
zugewiesen, er hat die Erscheinungen sachlich
zu ordnen, seine Methode ist die des exakten
Poigerns nach den Gesetzen der Erkenntnis-
lehre. Diejenigen, die in der Strenge des Den-
ken» Ziel und Wesen der Wissenschaft be-
schlossen sehen, fordern mehr davon. Die
anderen aber, die den genialen Einfall über
alles stellen, glauben der Wissenschaft etwas
vom Glanz einer anderen, besseren Welt zu
verleihen, wenn sie wenigstens ihren besten
Vertretern als Anstoß- zu entscheidenden Fort-
schritten jene Fähigkeit zu „Schauen" zubilli-
gen, mit der Goethes Forscherarbeit gekenn-
zeichnet scheint.

So allein Ist es zn erklären, daß sich um
fast alle großen wissenschaftlichen Entdeckun-
gen Legenden gebildet haben, daß eine schwin-
gende Lampe im Dom zu Pisa Galilei zu seinen
Pendelgesetzen, ein fallender Apfel im Garten
Newton zur Erkenntnis der Schwerkraft ver-
holten haben soll. Vor der kritischen Sichtung
der Wissenschaftsgeschichte lassen sich solche
Legenden meist nicht halten.

Da aber Immer nur wenigen ein tieferer Ein-
Mick in die Arbeitsweise des Forschers mög-
lich ist und da die Legende fast stets die sinn-
fälligere und einfachere Erklärung zu bieten
scheint, so gelingt die „Entzauberung" nicht
Immer.

Bahnen des Entdeckens

Eines der seltenen und dafür um so kost-
bareren Selbstzeugnisse über den Hergang
einer Entdeckung hat der Biologe Hans Spe-
mann gegeben. Als er sich mit dem Problem
der Entwicklung des Wirbeltierauges beschäf-
tigte, stieß er auf die Frage, ob die Augenlinse
dadurch entsteht, daß die von unten her sich
unter die Haut schiebende Augenblase die
Hautzellen zur Umbildung in Linsenzellen an-
regt, oder ob die Linse ohne den Einfluß der
Augenblase gebildet wird. Als er nun einen
Froschembryo unter der Lupe betrachtete, da
glaubte er an der sich eben entwickelnden
Medullarplatte, aus der das Zentralnerven-
system entsteht, zwei flache Erhöhungen zu
entdecken, welche er für die erste Anlage der
Augenblase hielt. Sogleich schoß ihm der Ge-
danke durch den Kopf, diese Augenblase zu
zerstöreh, worauf sich ja dann herausstellen
müßte, ob die Linsenbildung von ihr abhängt
oder nicht. Wenn nämlich auch nach Zerstö-
rung der Augenanlage an der für sie vor-
gesehenen Stelle eine Augenlinse ausgebildet
wird, dann könnte diese nicht von der Bildung
der Augenblase abhängen. Schon am nächsten
Tag erkannte Spemann, daß er sich geirrt
hatte, als er die flachen Erhöhungen für die
Augenanlagen hielt. Die experimentelle Idee
aber, zu der ihn der Irrtum angeregt hatte,
war richtig und wurde durchgeführt. Es stellte
sich heraus, daß tatsächlich die Linsenbildung
durch die Augenblase beeinflußt wird.

Spemann stellte zu diesem interessanten
Vorgang die Frage: „Warum war ich nie auf
den naheliegenden Gedanken gekommen, die
Augenanlage zu zerstören, solange ich sie nicht
sah, und tauchte er sofort auf, als ich sie zu
sehen glaubte? Ich habe oft bei mir die Beob-
achtung gemacht, daß ich wie festgebannt bin
In dem Umkreis der geläufigen Gedanken, bis
Irgendeine Vorstellung ein sonst nicht gewohn-
tes Maß von Lebendigkeit gewinnt. Bei vor-
wiegend begrifflich arbeitenden Forschern tritt
diese zu einer neuen Gedankenverbindung
nötige Lebendigkeit häufig bei der sprachlichen
Formung ein, etwa bei einem Gespräch, in der
Vorlesung, beim Schreiben. Bei vorwiegend an-
schaulich denkenden Menschen ist es wohl
eher ein sinnlicher Eindruck. Wenn ich mir
ein neues Instrument machen will, suche ich
auf dem Tisch herum oder stehe vor Schau-
fenstern, bis mir etwas ins Auge fällt, was sich
als Mittel zur Erreichung des mir vorschwe-
benden Zweckes anbietet."

Spemann läßt uns hier einen tiefen Einblick
in das Wesen der wissenschaftlichen Arbeit tun.
Gegeben war die Grundfrage: „Wie, nach wel-
chen Gesetzen und unter welchen Einflüssen
entwickelt sich aus dem befruchteten Keim das
Lebewesen?" Daraus hatte sich als Teilfrage
ergeben: „Wie entsteht das Auge?" Experimente
hatten gezeigt, daß an einer bestimmten Stelle
die Augenblase sich unter die Haut schiebt und
daß diese Haut, die zunächst undurchsichtig ist,
sich über der Augenblase zur durchsichtigen
Linse umformt. Nun mußte der richtige Einfall
zu neüer Fragestellung und damit zu neuen
Experimenten führen.

Dieser Einfall wurde durch die Betrachtung
eines Versuchsobjektes ausgelöst. Das, was der
Forscher aber zu sehen glaubte, war in Wahr-
heit gar nicht vorhanden. Dennoch wurde er
durch einen Irrtum zu der richtigen Methode
angeregt und löste das Problem einwandfrei.
Es zeigt sich hier, daß sogar eine falsche Beob-
achtung zu richtigen Ergebnissen führen kann,
wenn durch sie der förderliche Einfall aus-
gelöst wird.

Ein berühmter Mathematiker sagte einmal
•einer Arbeitsweise; „Das Resultat kenne

ich meist selion-im voraus, nur weiß ich dann
noch nicht, wie ich zu ihm gelangen werde."

Ein solcher genialer Einfall, der das Ergeb-
nis einer langwierigen, exakten Sucharbeit vor-
wegnimmt und bei dem der Beweis auf das zu
Beweisende erst folgt, setzt nämlich immer
schon die richtige Fragestellung, also ein auf
das Ergebnis weisendes Problem voraus.

Es kann natürlich eine solche Fragestellung
zu einer neuen und gänzlich andersartigen an-
regen.

So hatte Behring beim Studium der Infek-
tionskrankheiten zunächst den Gedanken, es
müsse möglich sein, den menschlichen Körper
„gleich dem Schinken beim Räuchern" durch
desinfizierende Mittel gegen Krankheitskeime
unempfindlich zu machen.

Bei seinen Tierversuchen stieß er dann auf
die Tatsache, daß Meerschweinchen, die er zu-
nächst mit Diphtheriebazillen krank gemacht

neuer Begriffe, dem der „Masse" und dem der
„Beschleunigung", beide wurden im Gesetz
über die Massenanziehung verwendet.

Wie die Entdeckung eines Naturgesetzes
durchaus nicht die Folge eines glücklichen
Einfalls sein muß, sondern ebenso auch das
Ergebnis mühseliger Sucharbeit sein kann,
dafür bildet die Geschichte des ersten Kepler-
schen Gesetzes ein klassisches Beispiel. Sein
Lehrer Tycho Brahe hatte dem jungen Kepler
das hervorragende Material seiner sorgfältigen
Marsbeobachtungen übergeben, und dieser ver-
suchte nun die Messungen Tychos und die
Annahme des Kopernikus, daß die Planeten
sich in Kreisen um die Sonne bewegen, in
Ubereinstimmung zu bringen. Er sah sehr bald,
daß das nicht möglich war. Uberzeugt von
der Richtigkeit der kopernikanischen Grund-
vorstellung der Bewegung der Planeten um
die Sonne, sah er sich gezwungen, die Kreis-
bewegung zu verwerfen. Er stellte nun aufs

Außergewöhnliche Leistungen deutscher Studenten:

mm

Johannes Sleinhoff

Zu den Studenten der Jenaer Kameradschaft des NSD.-Studentenbundes „Rudolf
Eck" gehört Johannes Steinhoff, dem der Führer jetzt die Schwerter zum
Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen hat. Zur politischen Erziehung sich
als Kameradschaftsstudent bewußt bekennend, hat er zugleich als Soldat sich auf
das höchste bewährt. Philologe in seiner beruflichen Laufbahn, steht er heute als
Kommandeur an der Spitze eines Jagdgeschwaders und blieb sowohl als Jagd-
flieger als auch als Verbandsführer In zahlreichen Luftschlachten Sieger Uber den
Feind.

Diesem Kameraden aus den Bethen der politischen Mannschaft des Studenten-
tums gelang es, mit besonderer Willenskraft, Entschlossenheit und Härte Stufe
um Stufe seinen Weg zu gehen. Weit über die Kameradschaft hinaus, der er In
Jena angehört, ist das gesamte deutsche Studententum stolz auf Ihn und sieht In
seinem Weg das Vorbild des eigenen Weges vorgezeichnet: die Synthese von
politischem Bekenntnis, soldatischer Tat und echter Bildung, die sich im Handeln
als lebendige Kraft bewährt

und dann durch die Behandlung mit chemi-
schen Mitteln geheilt hatte, gegen neue An-
steckungen unempfindlich wurden. So regte ihn
die Suche nach chemischen Desinfektionsmit-
teln zur Begründung der Blutserumtherapie an.

Es muß natürlich nicht immer eine Beob-
achtung sein: auch die Lektüre einer wissen-
schaftlichen Arbeit, ein Erlebnis, eine Unter-
haltung können in gleicherweise den zünden-
den Funken überspringen lassen. Als Newton
das Gesetz der Massenanziehung aufstellte, da
bedurfte es keines fallenden Apfels, um ihn
auf das Vorhandensein der Schwerkraft hin-
zuweisen. Lange vor ihm schon hatten sich
Forscher mit den Erscheinungen der Schwere
beschäftigt. Kepler hatte in einem Brief an
Galilei geschrieben: „Der Stein zieht die Erde
ebenso an wie die Erde den Stein"; aber zu
einem mathematisch formulierten Gesetz, ähn-
lich seinen Gesetzen über die Bewegungen
der Himmelskörper, fehlte ihm die Methode.
Kepler wußte das Ergebnis, aber er Jtonnte
den Weg zu ihm nicht finden. So ist es nicht
Newtons Verdienst, die Schwerkraft gefunden
zu haben, sondern ihre Wirkungen in ein
Gesetz gefaßt und diesem Gesetz eine mathe-
matische Form gegeben zu haben.

Auch Kepler kannte die Schwerkraftswir-
kungen schon, aber es fehlte ihm das mathe-
matische Handwerkszeug, um sie zu berech-
nen; er wußte das „Ergebnis", aber er konnte
den Weg nicht finden, der ihn zu diesem hin-
führte. Der „Einfall", der Newton auf den rich-
tigen Weg brachte, bestand in der Schaffung

neue die Frage nach der „wahren" Bahnform.
In langwierigen Rechnungen probierte er dann
alle Kurven aus, welche sich den von Tycho
beobachteten Standorten des Mars besser an-
paßten als die Kreisbewegung. So gelangte
Kepler über „eiförmige" und „pausbäckige"
Bahnformen schließlich zu der Erkenntnis, daß
sich die Marsbahn am vollkommensten in
einer Ellipse darstellen ließ. Dann erst tat er
den weitergehenden Schritt und erklärte alle
Planetenbahnen für Ellipsen. Es kann kein
Zweifel darüber herrschen, daß es die schritt-
weise Anpassung seiner Versuchskurven an
die Ellipsenform war, die Kepler schließlich
den Gedanken eingab, es nun auch mit der
Ellipse selbst zu versuchen.

So sehen wir die Wissenschaft In Ihrem
Fortschritt gefördert von dem Zusammenspiel
von Beobachtung, theoretischer Fragestellung,
Einfall, Deutung der Beobachtung, Bestätigung
der Deutung und neuer Fragestellung. Oft bil-
det die theoretische Fragestellung das breite
Fundament wie bei Newton, oft ist der Ein-
fall bei schmaler theoretischer Grundlegung
das tragende Element wie bei der Entdeckung
des Energiegesetzes durch Robert Mayer. Bald
entsteht aus einem glücklichen Gedanken, ver-
bunden mit scharfsinniger Beobachtungsgabe
in einem Aufriß ein umfassender neuer Bau;
bald gelingt aber dem Entdecker auch nur
die Errichtung von Grundmauern, über denen
seine Nachfolger dann — oft Fortführung
seiner Ideen, oft aber auch weit über ihn
hinausgreifend — dai Werk vollenden.

Das, was der Künstler schöpferische Phan-
tasie, der Wissenschafter aber im allgemeinen
Kombinationsgabe nennt, ist eine Eigenschaft,
die zu anderen wesentlichen Elementen
des wissenschaftlichen Fortschritts hinzutreten
muß. Sie wird ergänzt durch die Fähigkeit
zur Kritik. Während die letztere sich mit zu-
nehmendem Alter stärker auszubilden pflegt,
ist die Kombinationsgabe ein besonderes Vor-
recht der Jungen. Viele, ja die überwiegende
Zahl der großen naturwissenschaftlichen Ent-
deckungen sind von Männern zwischen 20 und
40 Jahren gemacht worden.

So war Kepler kaum dreißigjährig, als er das
erste der nach ihm benannten Gesetze fand.
Newton baute mit 26 Jahren nach neuen Ideen
ein Spiegelteleskop, mit 30 Jahren veröffent-
lichte er die erste grundlegende Arbeit über
das Licht, und als 45jähriger hatte er die von
ihm begründete mathematische Physik in allen
wesentlichen Teilen bereits vollendet. Julius
Robert Mayer machte seine entscheidende
Entdeckung mit 26 Jahren. Kaum älter war
Fraunhofer, als er die nach ihm benannten
dunklen Linien im Spektrum fand.

Es mag fast so scheinen, wenn man überall
in der Wissenschaftsgeschichte auf großartige
Leistungen junger Menschen trifft, als ob die
Erfahrung und das kritische Vermögen des
Alters dem Wagnis entgegensteht, das nun
einmal mit dem Beschreiten neuer Wege ver-
bunden ist. Auch darin unterscheidet sich
die wissenschaftliche Leistung von der künst-
lerischen, die vom Lebensalter nahezu unab-
hängig ist. Es wird aber gleichzeitig auch klar,
weshalb mehr als für alle anderen Zweige des
kulturellen Lebens für den Fortschritt der
Wissenschaft der ständige Zustrom begabter
und begeisterter junger Menschen die ent-
scheidende Voraussetzung bedeutet.

Auf Widerruf?

Wer in diesen Wochen offenen Auges die
Entwicklung der Dinge innerhalb und außer-
halb unserer Verteidigungslinien beobachtet,
der sieht manche Erscheinung, die bisher ver-
borgen blieb, unter der Belastung des geball-
ten Feinddruckes zutage treten. Er sieht, wie
unter diesem Druck die deutsche Verteidigung
sich wie eine Stahlfeder verhält.

Sie gibt vermöge ihrer Elastizität nach, so lange
sie sich im Zustand der Ausdehnung befindet.
Nähert sie sich jedoch den Grenzen ihres eigent-
lichen Umfanges, wird sie zäher und widerspen-
stiger, bis sie einen gewissen Punkt erreicht,
von dem ab sie jeder weiteren Einengung und
Belastung trotzt und durch nichts in der Welt
sich weiter zusammenpressen läßt. Die Hand,
welche den Druck ausübt, muß schon über
eine mehr als durchschnittliche Kraft verfügen,
will sie eine gute Feder lange Zeit in die-
sem Zustand völliger Einengung halten. Jedes
Nachgeben hat unweigerlich zur Folge, daß
der Stahl mit aller Macht seine zusammenge-
ballte Energie entlädt, mit einem Schlag all
seine Position der größeren Ausdehnung zu-
rücksprengt und somit alle Anstrengungen des
Bedrängers zunichte macht.

Mit diesem Bild läßt sich unsere derzeitige
Situation trefflich wiedergeben. Der gegnerische
Druck kann in unserem Innern nur eine An-
reicherung von Energie und Widerstandswillen
hervorrufen, solange unsere innere Stabilität
sich als solide und fehlerlos erweist. Denn da
liegt die Gefahr: Jeder Herd der Schwäche und
der Bereitschaft zur Selbstaufgabe ist ein Schritt
zum sicheren Untergang. Daher kann es nur
eine Parole geben: Jedem Schwächling,
der jetzt von Niederlage und Ka-
pitulation spricht, das Rückgrat
zu brechen!

Gottlob sind die Jämmerlinge in unserem
Volk nicht dicht gesät. Doch treten sie in
einer Spielart auf, die uns besonders inter-
essiert. Es sind diejenigen, die sich als
getreue Anhänger unseres jungen Staates aus-
gaben, sobald er handfeste Verdienstmög-
lichkeiten und Bequemlichkeiten die Menge
bot und solange er militärische Überlegen-
heit in deutlich erkennbarem Ausmaß aufwies.
Mit solchen charakterlosen Kreaturen muß man
immer und überall rechnen. Jede gesunde Le-
bensgemeinschaft, in diesem Falle das deutsche
Volk, ist bestrebt, sie auszumerzen. Auch wir
bemühten und bemühen uns ständig, unsere
Reihen sauber zu halten. Allein, jene Gesin-
nungslumpen haben ein ausgeprägtes Talent:
Sie vermögen sich als Ehrenmänner zu tarnen,
und es bedarf schon einer Situation wie der
augenblicklichen, um sie zu entlarven. Das ist
es, was wir an diesen Wochen der Entschei-
dung loben: Sie zeigen uns, wer zu gegebener
Zeit nach dem Brotkorb des Gegners schielt,
wer es versteht, den Beweis für seine „neu-
trale" Gesinnung zu erbringen.

Wir kennen nunmehr die Sippschaft, die mit
Lämmerblick den Hut zum Gruß zieht, um
schüchtern und unschuldsvoll ihr „Guten Tag"
zu hauchen. Wir wissen auch, daß sie wieder
mit hocherhobener Hand grüßen, sobald unsere
Wehrmacht, mit neuen Waffen gerüstet, die
entscheidenden Schläge tun wird; aber sie wer-
den beileibe erst dann wieder zu „Bekennern",
wenn auch der Dümmste sieht, daß sich das
Waffenglück und damit der Endsieg endgültig
unseren Fahnen zuwendet. Dann wird diesen
„Typen" über der Abrechnung, die sie treffen
muß, ihr „Heil Hitler" im Halse steckenblei-
ben; denn das deutsche Volk wird sich frei-
machen von Schmarotzern, die ein heimlicher,
zehrender Schaden an unserer Kraft sind. Noch
sind wir stark genug, um sie abzutun, und wir
werden es mit letzter Rücksichtslosigkeit und
Gründlichkeit tun. Das Stündlein der „Nazis
auf Widerruf" hat geschlagen.

Schneider, Universität Bonn

September 1944 / Die Bewegung / Seite 5
 
Annotationen