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maßt, der ist — ich kann mir nicht helfen, mein Kind --
ein Schwindler."
Das lebhafte Ange des Alten ruhte trinmphirend
auf dem Gesicht seiner Tochter, deren Lippen noch immer
ein leichtes Lächeln umschwebte, während sie rnhigen
Tones entgegnete: „Das ist ja möglich, Papa, ich glaube
Ihren genealogischen Tabellen und wurmstichigen Do-
kumenten auch mehr, als den Aufschneidereien dieses
fragwürdigen Grafen. Saeconc ist durchaus kein an-
genehmer Verkehr für mich, ich brauchte den Manu
einige Male, weil er mir bei meiner hiesigen Einrich-
tung helfen sollte, ich werde mich aber hüten, ihn
näher an mich heranznziehen. Solche Subjekte benutzt
man und - wirft sie fort."
„Ganz recht, mein Kind, ganz recht, Deine Ver-
sicherung beruhigt mich sehr." Der alte Herr zupfte

PrinnUltt Clementine von Kobnrg, Mutter des Fürsten Ferdinand von Bulgarien.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S. MI)

au seiner tadellos geknoteten Kravatte und schaute auf
seine sauber polirtcn Fingernägel, „lind dann noch
Eines," fuhr er in leichter Verlegenheit fort, „ein Wort
bezüglich dieses sogenannten ,Starosten' Laczarowski,
den Dn mir kürzlich in der Oper vorstelltest. Mit
dem polnischen Adel hat das so seine Bedenken. Ich
weiß nicht, ob Dir bekannt ist, daß bis zur Aufhebung
der Leibeigenschaft jeder freie Pole das Recht hatte,
oder sich dasselbe wenigstens anmaßte, die Adelspartikel
vor seinem Namen zu führen. Ganz Polen war zur
Zeit seines Königthnms ein Reich von Edclleuten, nur
die leibeigenen Bauern bildeten den Bürgerstand. Das
hörte auf, als die russische Regierung nach der Thei-
lung Polens auch von dem niederen Adel, den so-
genannten Schlachzitzen, den verbrieften Nachweis des
Adels verlangte, der in den meisten Fällen natürlich
nicht geführt werden konnte. Durch
Zufall bin ich in den Besitz eines alten
Werkes gelangt, in dem die polnischen
Starosten, das heißt die echten Adeligen,
die Landeswürdcnträger und Lehnsherren
der Krone, bis zu Stanislaus Leszczynski
namhaft gemacht werden. Ein Lacza-
rowski wird nicht unter der Reihe der
Starostcn genannt: er gehört also der
Schlachta an, dem Adel ohne verbrieftes
Recht. Auch Herr Laczarowski würde
demgemäß seinen Titel fälschlich führen,
oder aber, er müßte irgendwo im rus-
sischen Reiche einmal Dorfschulze gewesen
sein: als solcher dürfte er sich aller-
dings ,Starost' nennen."
Elelia lachte heiter auf und sagte:
„Ich danke Ihnen, Papa, aber ich habe
mir bereits auch diesen Menschen, vor
dem Ihre Sorgfalt mich warnen will,
abgeschüttclt, Sie werden ihn und seinen
Freund Saccone nicht mehr in unserem
Hause sehen."
Der Alte nickte befriedigt, schlang
seinen Arm nm die Taille seiner Tochtetz
und schritt so mit ihr auf und ab.
„Gut, gut," meinte er, „ich weiß
ja, auch Dn bist hellsichtig, hast in der
Schule des Lebens gelernt, das Schlechte
vom Guten zu sondern und auf einen
wohlgemeinten Rathschlag zu Horen.
Doch sag' mir um aller Heiligen willen,
Kind, wo bist Dn nur mit diesen Leuten
zum ersten Male in Berührung gekom-
men, wie ist es möglich, daß sich Men-
schen, denen die Lasterhaftigkeit ans dem
Ange spricht, Dir in so vertraulicher
Weise aufdrüngen konnten?"
Elelia schlug ihre dunklen Augen
mit unbeschreiblichem Ausdruck zu dem
Marquis empor und gleichzeitig erfaßte
sie seine Hand, nm sie an ihre Lippen
zu ziehen.
„Ja, wie ist es möglich," sagte sie
leise, die Frage des Alten wiederholend.

Ehre und Knmen.
Roman
van
F. v. Zvbclkil!.
(Fortsehmm.)
(Nachdruck verboten.)
ie besuchen mich auch einmal, Papa?" sagte
Elelia freundlich zu dem Marquis, „das
ist eine Ehre, die mir nicht oft widerfährt.
Ich empfinde cs zuweilen recht schmerzlich,
daß Ihre Bücher und Chroniken und die
Wappentafeln in Ihrer Bibliothek Sie mir so viel ent-
ziehen; ich bin eifersüchtig auf Ihre stnnimcn Pergamen-
tenen Lieblinge."
Der Greis strich mit der Rechten
über ihr glänzendes Haar und ließ sich
dann neben ihr auf dem Svpha nieder.
„Du hast keinen Grund, auf diese
meine einzigen Freunde, ans die letzten,
die mir treu geblieben sind, eifersüchtig
zu sein," entgegnete er; „hab' ich Dich
auch nicht stündlich nm mich, mein Kind,
so denk' ich Deiner doch immer in zärt-
lichster und heißester Liebe. Und gerade
Deinetwegen, nur um Dich vor schlechter
Gesellschaft und den Dir durch diese
drohenden Gefahren zu schützen, habe
ich in letzter Zeit meine stummen Freunde
besonders zu Rathc gezogen und mich
mehr als sonst mit ihnen beschäftigt;
sie haben mir überraschende Dinge er-
zählt."
Elelia lächelte, sic kannte das Stecken-
pferd des alten Herrn.
„Hast Dn wieder entdeckt," fragte
sie, „daß Einer von Denen, die in un-
serem Hause verkehren, nicht würdig des
Umgangs mit den Bentiventis ist?"
Der Marquis nickte lebhaft. „Leider,
leider, mein Liebling," erwiederte er.
„In Bezug auf den sogenannten Eonte
Saccone glaube ich nunmehr meiner
Sache ganz sicher zu sein. Es gibt keine
Grafen dieses Namens, verlaß' Dich
darauf. Roiuuoldi führt zwar in seinen
Geschlechtstafeln eine gräfliche Familie
Zacconi an, und der Name Zacconi hätte
sich im Laufe der Jahrhunderte leicht in
Saccone ummodeln können; doch die Zac-
cvnis sind schon zu Beginn des sieben-
zehnten Säkülums ausgestorben, und
zwar mit Panguelfo Amadeo Zacconi,
dem Abte der Eertosa von Florenz. Dein
Eonte Emilio Saccone - der Vorname
Emilio ist übrigens nie in alten Ritter-
geschlechtern gebräuchlich gewesen —
führt also seinen Titel mit Unrecht, liebste
Elelia, und wer sich falsche Titel an-
 
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