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Studicilkepf. Nach cincr Photogvaphic aus dcm Vcrlagc von FcU; Leydc L Eouip.,
Hosvhotographen in Bcilvi. (S. c>OSj

kennen schienen, als sich ihn: von ihrer liebenswürdig-
sten Seite zn zeigen. Er plauderte mit der Mntter,
unterhielt sich nut denn Vater, scherzte mit der Tochter;
man speiste, trank, rauchte; es wurde Promenirt, Klavier
gespielt und spazieren gefahren; kurz, es war ein Tag
des Entzückens, und er gerade verging viel rascher,
als jeder andere. Es gab tausend Gelegenheiten an
diesem Tage, wo Heinrich das volle Herz auf die Zunge
zu treten drohte, und tausend Blicke, die ihn in lie-
bender Sehnsucht dazu aufzufordern schienen.
Aber die Gefühle, welche sein Inneres durchtobten,
jetzt durch

so froh, als habe er alle Sorgen des Lebens von sich
abgestreift, als seien ihm Flügel gewachsen, und er
könne mit ungeschwächter Kraft hinanfstrcbcn in den
blauen Aether. Und als er, umwogt von diesem Zauber-
kreise seiner Gefühle, draußen ankam in Kapitän Allings'
Villa, und die holde Gestalt des Mädchens lebendig
sich wieder vor feine Augen stellte, da kam cs ihm
manchmal so vor, als sei ein solches Glück zn groß,
zu süß, um ausgekostet werden zu dürfen.
Der glücklichste Tag ist cs, der an, schnellsten ver-
rauscht. Das empfand Heinrich mit Lebhaftigkeit im
Kreise dieser Menschen, die kein anderes Verlangen zu

zu verleben.
des Hausherrn, oder die Liebenswürdigkeit
seiner Gattin, was ihn zn diesem Versprechen
getrieben hatte? Beides war möglich, und
Tappmann fühlte sich von dein allgemeinen
Entgegenkommen auf das Angenehmste be-
rührt, aber wenn er sich diese Frage zur
Beantwortung vorlegte, so lautete die Ant-
wort doch ganz, ganz anders; ein Bild
stellte sich vor sein Ange, das Bild eines
jungen, reizenden, lieblichen Wesens, das er
liebte, das er anbetete, das er vergötterte.
Und das war die Antwort, die ihm sein
Herz gab.
Er war sich bewußt, daß er verliebt sei
wie ein Thor, wie ein Wahnsinniger; aber
er war doch noch immer Mann genug, nm
sich vorzustcllen, daß diese Verrücktheit, dieser
wahnsinnige Zauber mit morgen Abend sein
Ende nehmen müsse, und daß er dann wieder
sein werde, was er immer gewesen: der Kom-
missär des Hamburger Polizeigerichtes, Hein-
rich Tappmann.
Ob er geschlafen habe oder nicht, darüber
wußte er sich am nachfolgenden Morgen
keine bestimmte Rechenschaft abzulegen, da-
gegen Ivar es ihm vollkommen klar, daß er
ganz absonderlich viel geträumt haben müsse,
und daß der Hauptgegenstand dieser seiner
Träume ein Paar herrliche, dunkle, feurige
Angen gewesen seien, von denen sich seine
entzückten Blicke gar nicht wieder hatten
treimen können. Und jetzt nm Morgen gab
cs Stunden, wo sogar die Erinnerung an
seinen Berns und an den Rainen Wilhelm
Arend von ihm gewichen war, wenigstens
in ber Zeit, Ivo er von einem Glück träumte,
das für ihn da draußen in Kapitän AllingS'
Villa aufgebläht sei. Und mit diesem Traum
im Herzen schritt er am späten Vormittag
denselben Weg hinaus, den er die Nacht
heimwärts gemacht hatte. In seinem Herzen
war eitel Lust und Sonnenschein; er hätte
die ganze Welt umarmen und an seine Brust
drücken können. Er fühlte sich so leicht und

ein Geständnis; zu offenbaren, hätte er nie-
mals gewagt. Die Hochachtung und Ver-
ehrung für das Wesen, das er liebte, stand
mit der Kürze der Zeit, während welcher
er sie und sie ihn kannte, nach seinem Dafür-
halten in allzu schreiendem Widerspruche.
Herzen bedürfen der Zeit, nm errungen zu
werden, nm sich zu ergeben, das war sein
erster Gedanke, und der zweite der, was er
Alles zu gestehen habe, bevor er von seiner
Liebe sprechen dürfe. Das war es, was
ihn ungeachtet alles Drängens seines Herzens
zur Zurückhaltung zwang.
Rascher als Heinrich gedacht, kam der
Abend, und mit ihm der Abschied.
Draußen ans dem Vorplatze vor der Villa
scharrte das Roß im Sande vor dcm an-
gespannten Wagen.
Der Hausherr wartete bereits auf seinen
Gast, der sich eben bei Frau Allings empfahl.
Und nunmehr kam Feddy an die Reihe.
Sie streckte ihm die Hand entgegen und
ihm schien es, als glänze eine Thrüne in
ihrem Ange.
„Leben Sie wohl, Mister Tappmann,"
sagte sic in ihrer herzlichen Weise. „Und
darf ich sagen: Ans Wiedersehen?"
„Sic dürfen es, Miß," crwiederte er
erregt. „Ehe ich diesen Erdtheil verlasse,
werde ich noch einmal zu Ihnen kommen,
und dann —"
Ein Druck seiner Hand vollendete seine
Rede. Er wäre auch vollkommen außer
Stande gewesen, in geordneten Worten weiter
zu sprechen. Die Wehmnth des Scheidens
übermannte ihn.
Ilnd wenige Minuten später saß er in
dem Wagen neben dcm Kapitän und fnhr
nach der Stadt zurück. Man hielt einen
Augenblick vor dem Washington-Hotel und
nahm sein Gepäck ans. Und dann fuhren
sie die gerade Straße hinaus nach dem
Bahnhöfe.
Es dunkelte bereits, als sie dort nnkamcn.
Der Zug wurde schon erwartet und bald
sauste er heran.
„Sie werden in unserem Heim für Alle
jederzeit ein lieber und verehrter Gast stein,
Mister Tappmann, vergessen Sie das niemals,
wenn Sie noch einmal diese Gegend berühren,"

Aeber's Meer.
Roman
von
P. C. v. Nreg.
(Fortsctzmig.)
IM (Nachdem! Mrlwtcn.)
appmann Verweilte am ersten Tage bis
nähe an Mitternacht im Hause seines
Gastfreundes, und mußte vor
seinem Scheiden noch das feste
Versprechen abgeben, auch den
anderen Tag mit der Familie
War es die Zuvorkommenheit
 
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