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befand sich thatsächlich damals in Metz. Auf das dringliche
Ersuchen des Herzogs von Gruse, des Kommandanten der
Festung, hatte König Heinrich II. den Meister der Heilkunde
schleunigst dorthin gesandt, bevor die Einschließung der Stadt
durch die Belagerungsarmee gänzlich erfolgt war. Das wußte
man auch im kaiserlichen Lager.
Der berühmte Name verfehlte nicht, den wirkungsvollsten


Beim Haspeln.


Transport der Spinnen in Körben.

die

Es




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wurde beschlossen, das Mittel solle versucht werden. Dar-
nach brachte man Pierre Bouchain einstweilen wieder in Hast.
Einige unglückliche Katzen trieb man bald auf; man tötete
sie und zog ihnen die Felle ab, in welche dann, nach ihrer
sauberen Zurichtung, die Füße des Kaisers sorgsam gehüllt
wurden, nachdem man die Flanellhüllen davon entfernt
hatte.
Pierre Bouchain hatte Glück. Sein Mittel half wirklich
— für einige Tage wenigstens. Vielleicht lag es an der
besser gewordenen Witterung. Uebrigens kommt es bei Poda-
gristen auch oft vor, daß ohne eigentlich erklärliche Ursache

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wenn dein Mittel hilft. Andernfalls aber wirst du nach Ver-
dienst gehängt. So sprich nun!"
Jetzt mußte also Pierre Bouchain herausrücken mit dem
Hausmittel seines Großvaters, welches seitdem auch von
manchen alten ehrlichen Dorfbadern bestens empfohlen
worden ist.
„Katzenfelle sind das beste Mittel, kaiserliche Majestät,"
sagte er zuversichtlich. „Man umhüllt damit die bloßen Füße
und rasch erfolgt Linderung der Schinerzen, bald gute Besse-
rung und endlich gänzliche Heilung des Nebels."
„Flanell ist entschiede!: besser," sprach der anwesende kaiser-
liche Leibarzt, indem er miß-
billigend den Kopf schüttelte.
„Warum gerade Katzenfelle?
Jedes anders Tierfell würde
schließlich ebensogut sein."
Ein von Schmerzen gepei-
nigter Kranker aber klammert
sich ja gern an jede Hoffnung,
die ihm Linderung und Genesung
verspricht. So auch Karl V.

Eindruck zu machen, und man meldete dem Kaiser sofort
Angelegenheit, welche ja für ihn großes Interesse haben
mußte.
Unverzüglich wurde auf seinen Befehl Bouchain zu ihm
gebracht.
Karl V. sah sehr elend aus infolge der Schmerzen, die ihn
peinigten. Er lag auf einem bequemen Ruhebette, und seine
Füße, dick mit Flanell umwickelt, schmerzten ihn ungemein,
besonders die großen Zehen.
„Du weißt angeblich ein Heil- oder Linderungsmittel
für Podagraleidende?" fragte er, mit durchdringendem Blick
den Spion anschauend.
„Ja wohl, kaiserliche Majestät," versetzte dieser dreist.
„Nenne dein Mittel."
„Das will ich, sofern mir dann Leben und Freiheit geschenkt
wird."
„So sei es, und hundert Dukaten erhältst du noch dazu,


Befestigung der Spinnen in kleinen Zellen zur Gewinnung der Seide.

Der Spinnpark.

Die Seiden spinne von Madagaskar. (C. 19)
 
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