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61

Korrespondenz unseres nrztl. MUarbcitcrs.

Heft 2

Das Bach für Alle.

Briefkasten. Erste Abteilung.

' Zur Notiz. Wir beuachrichtisan hiermit
unsere geehrten Abonnenten, daß nur solche.
Anfragen auf Antwort im Briefkasten rechnen
können, welche ausdrücklich an die „Redaktion
ves Buches für Alle" in Stuttgart
adressiert sind. Wir machen ferner wiederholt
darauf aufmerksam, das; wir unter keinen
Umständen in direkte Korrespondenz
mit den Fragestellern zu treten vermögen, sowie
auch, dass auf Antwort nicht immer schon im
nächsten Heft gerechnet werden kann.
* Frau H. v P. in Mannheim. — Zu den
besten Anstalten, die für Ihren Sohn in Frage
Technikum Mittweida, ein unter Staatsaufsicht
stehendes höheres technisches Institut zur Aus-
bildung von Elektro- und Maschineningenieuren,
Technikern und Werkmeistern. Der Unterricht
in der Elektrotechnik wird durch die reichhaltigen
Sammlungen, Laboratorien, Werkstätten nnd
Maschincnanlagen rc. sehr wirksam unterstützt.
Das Wintersemester beginnt am lk. Oktober,

los vom Sekretariat des Technikum Mittweida
(Königreich Sachsen) abgegeben. Das Technikuni
Mittweida erhielt anläßlich der Sachs.-Thür.
Ausstellung zu Leipzig die höchste Auszeichnung,
die König!. Sächsische Staatsmcdaille „für her-
vorragende Leistungen im technischen Untcrrichts-
' I, Z. inR. — 1. Derartige Schriften sind
im Verlag von O. Spanier in Leipzig und
A. Hartlcbcn in Wien, Maximilianstratzc, er-
schienen und durch jede Sortinientsbuchhandlung
treffende Blatt einige Minuten auf den Leiin-
knchcn gelegt und dann die Abzüge durch Auf-
drücken Les-Papiers auf die Urschrift (das Nega-
tiv) hergestellt. S. Das fragliche Instrument
heißt Hokzharmonika oder Xylophon und ist in
allen größeren Spiclwarcnhandlungcn zu be-

durch die meisten größeren Spiclwarenhandlungen
O^io ^>e ^wüiischeu^



Photogruphischrs.
(Mit Abbildung.)
Zslre heutige Momentaufnahme (Nr. 6 der an dieser
Stelle erscheinenden Serie) ist als ganz besonders
gelungen zu bezeichnen. Dieselbe wurde mit einem
G o e rz - D o p p e l - A n a sti g m a t gemacht bei einer
Belichtung von nur Hiooo Sekunde. Wir haben
früher den Verschluß zu erklären versucht, welcher
derart rasche Augenblicksbilder zu machen gestaltet
und wollen heute einige Worte über die Objektive
sagen, mit denen Momentbilder dieser Art ausgenom-
men werden können.
Man teilt die photographischen Objektive in fol-
gende Hauptgruppen ein: Landschaftslinsen', Petzval-
Objektive, Aplanate und Anastigmate. Von diesen
sind die erstgenannten die unvollkommensten und die
Anastig in ate die vollkommensten photographischen
Objektive oder mit anderen Worten: die Landschafts-
linsen sind nur beschränkter, die Anastigmats dagegen
ganz allgemeiner Anwendung fähig.


Die D o p p e l - A n ast igm a t e der optischen
Anstalt C. P. Goerz in Berlin-Friedenau 5
sind beispielsweise ebenso für Porträts, wie für
Gruppen, Landschaften, Momentaufnahmen jeder Art
(die hier erscheinenden Bilder wurden sämtlich mit
G o erz - D o p p e l - A n afti g m a te n ausgenommen),
Reproduktionen, Vergrößerungen, Interieurs u. s. w.
gleichgut geeignet, sind also Universalobjektive im
wahrsten Sinne des Wortes. Die Fabriken photo-
graphischer Apparate rüsten aus diesem Grunde mit
besonderer Vorliebe ihre Hand-Cameras mit diesen
Objektiven aus; sie sind in der That als Universal-
objektive bisher nicht übertroffen worden.
Wir empfehlen allen Liebhabern der Photographie,
sich eine genaue Beschreibung dieser Linsen durch die
optische Anstalt C. P. Goerz in Berlin-
Friedenau 5 kostenfrei zusenden zu lassen. Die
Objektive selbst find durch jede Handlung photogra-
phischer Artikel zu beziehen.
—*—

kiinciergebrecken unci ikre Heilung.
Eiu Work an die Mäkler. Volk Theodor Benns.

ein Geringerer als Henrik Ibsen, dessen meisterhafte
Charakterzeichnungen auch von seinen Gegnern voll ge-
würdigt werden, hat es unternommen, den Seelen-
zußand eines Kindes zu schildern, das durch einen unglück-
lichen Fall zum Krüppel geworden ist. „Klein Eyolf", der
neunjährige Knabe, der ohne Krücke nicht mehr fort kann,
fühlt den naiven Drang in sich, es den gesunden Kindern
gleich zu thun im Laufen und Springen; eine schwärmerische
Freude überkommt ihn bei dem Gedanken, demnächst schwim-
men zu lernen; die Sehnsucht lebt in ihm, mit dem Vater
auf den Bergen herumzuklettern; als höchster Wunsch für die
Zukunft gilt es ihm, Soldat zu werden!
Wie scharfe Messer dringen die kindlichen Aeußerungen
in das Herz des gepeinigten Vaters, und mit Ingrimm er-
füllt es seine sensible Seele, als ihm sein Kind erzählt, daß
die Jungen unten am Strande ihn
wegen dieses Zukunftstraumes ver-
spottet haben!
Eine ewig drückende Atmo-
sphäre durchzieht das Haus Alfred
Allmers', und wie ein stetiger Vor-
wurf humpelt der kleine Unglück-
liche durch die Räume und entfrem-
det die Herzen der Eltern einander ...
Ach, leider giebt es Hunderte
solcher Häuser, in denen durch die
Unachtsamkeit eines Dienstboten,
einen unglücklichen Zufall, eine zu
spät erkannte falsche Ernährung diese
unfrohe Stimmung Platz gegriffen
hat! Es ist daher kein Wunder,
daß sich die Heilkunde mit immer
neuen: Eifer solcher Fälle annimmt
und unbekümmert um die Mißerfolge
früherer Jahrzehnte auf allen mög-
lichen Wegen danach trachtet, auch
diesen Aermslen Rettung zu bringen!
Noch weniger kann es'befremden, in
diesem löblichen Bestreben so man-
chen tüchtigen Mann auf Irrwegen
wandeln zu sehen. Sind doch die
zu bekämpfenden Uebel oft kompli-
ziertester Natur. Da ist es schwer,
den Hebel am richtigen Punkte anzusetzen; noch schwerer fast,
die nötige Ausdauer und Geduld zu beobachten, die auch bei
glücklichen Kuren nötig ist. Denn die Rückbildung der er-
krankten oder verkümmerten Glieder kann nur ganz allmählich
geschehen; nichts ist verkehrter, als auf diesem Gebiete der
Heilkunde schnelle Erfolge zu erwarten.
Wenn die Aerzte früherer Zeit die Korrekturen der anor-
malen Körperteile auf operativem Wege in Verbindung mit
Gips- und Streckverbänden zu erreichen trachteten, welche
Methode auch in jüngster Zeit noch ein französischer Arzt,
Or. Callot, zu vertreten vergeblich bemüht ist, so hat sich die
große Mehrzahl der heutigen Kliniker mehr und mehr mit der
Apparatotherapie befreundet, die durch unsere moderne Ortho-
pädie auf eine ungeahnte Höhe gebracht worden ist und Er-
folge erzielt, die man vor wenigen Jahrzehnten noch für ganz
unmöglich hielt. Man heilt jetzt Verkrümmungen der Wirbel-
säule, seitliche, wie solche nach rückwärts (Skoliose und Kyphose),
Schiefhals, Hilft- und Rückenmarksleiden, Gelenkentzündungen,
Arm- und Beinbrüche, Kinderlähmungen rc., alles auf ortho-


pädischem Wege, d. h. ohne operative Eingriffe, ohne unver-
dauliche Medizinen, ohne langwieriges Krankenlager!
Das klingt für manches Laienohr so rätselhaft, daß ich
es für geboten erachte, dem Leser ein Bild dieses Verfahrens
durch eine Besichtigung einer modernen orthopädischen Heil-
anstalt zu geben. Der bedeutendste Vertreter der modernen
orthopädischen Ideen in Nord- und Mitteldeutschland, Richard
Paschen, hat sein von Angehörigen aller Nationen besuchtes
und gerühmtes Institut in Dessau. Eine stattliche Anzahl
großer schöner Gebäude, in einem parkartigen Garten gelegen,
jind auf das bequemste für die Aufnahme von Patienten her-
gerichtet; denn die Anftaltsbehandlung ist für die meisten
Kranken unerläßlich. Gänge und Treppen sind überall mit
Griffen und Hnltvorrichtungen versehen, um den noch Unsicheren
Anhalt zu gewähren. Centralheizung erwärmt alle Räume.
Im Arbeitszimmer des Direktors fällt uns zunächst der fast
täglich gebrauchte Röntgenappnrat auf, durch dessen Hilfe der
Sitz und die Art des Leidens aufs glücklichste festgestellt wird.
Wir erblicken Werkzeuge und Einrichtungen, die bei der Mo-
dellierung der kranken Glieder ihre Rolle spielen; wir sehen
feingearbeitets Lederhülsen, saubere Stahlgelenke, wunderbar
konstruierte Schienen rc. Die erste Sorge des Orthopäden
nach der Erkennung des Leidens ist es nämlich, die erkrankten
Gelenke durch einen für jeden einzelnen Fall neu zu konstruie-
renden Apparat, der dem Patienten schon nach wenigen
Tagen angelegt wird, absolut sicher zu fixieren und dadurch
auf Rechnung des nächsten gesunden Gelenkes zu entlasten.
Nur so ist es möglich, einen wirklichen Heilprozeß herbeizu-
führen, der natürlich aus die verschiedenste Weise unterstützt
wird, wie man späterhin noch erkennen wird. Diese Apparate
werden in der Anstalt selbst und zwar nach den Entwürfen
und unter der Aufsicht des Direktors gefertigt; denn an ihrer
Genauigkeit und Wirkungssicherheit hängt das Wohl und Wehe
des Patienten. Sie befähigen den Kranken, sogleich das Bett
verlassen zu können, und sind dabei völlig unsichtbar unter
der Kleidung zu tragen.
Ein Apparat für elektrische Massage leitet uns zu den
verschiedenen Hilfsfaktoren der orthopädischen Methode. Wir
treffen bei dein Nundgang durch die Gebäude überall Vor-
richtungen für die verschiedensten Bäder und Douchen, sowie
schwedische Massage; wir betreten einen großen Turnsaal mit
allen möglichen Geräten zur Uebung und Gewöhnung gelähmt
gewesener Glieder, vr. Zander-Apparaten, Dreirädern auf der
Stelle zu treten u. s. zv- und erkennen allmählich, daß die An-
wendung des modernen Naturheilverfahrens — natürlich auch
wieder individualisiert und in vernünftiger Weise —> bei dieser
Methode die wesentlichsten Dienste leistet. Ein Blick in die
große Centrnlküche giebt uns auch Aufschlüsse über die Diät,
die für regen Stoffwechsel und verstärkte Knochenbildung sorgt
und dadurch den Heilprozeß auf das glücklichste fördert. Ganz
besondere Pflege wird dem Garten zu teil, dessen Wege mit
Platten belegt sind, um bequemes und trockenes Gehen zu er-
möglichen. Denn der Aufenthalt in frischer gesunder Luft be-
einflußt den Zustand der Patienten in überaus günstiger Weise.
Deshalb hat Paschen auch in jüngster Zeit ein neues Gebäude,
ein Sonnenkurhaus, erstehen lassen, das seinen Kranken bei
ungünstigem Wetter und zur Winterszeit den Garten voll-
ständig zu ersetzen bestimmt ist. Es ist dies ein architektonisch
höchst angenehm wirkender, geräumiger Glasbau, mit den
präch'.igen Kindern der südlichen Flora ausgestattet und mit
allem Komfort auch für die anspruchsvollsten Patienten ver-
sehen.

Man erkennt unschwer, daß sich diese Methode als eine
glückliche Kombination von Behandlungen erweist, die, einzeln
angewandt, nicht immer zum Ziele führen können, aber in
ihrer Gesamtwirkung ganz bestimmt Erfolge zu zeitigen ver-
mögen, wie sie Paschen schon seit einer ziemlichen Reihe von
Jahren aufweisen kann. Das Feld, das ihm am meisten
Freude zu bereiten scheint, dürfte wohl die Behandlung von
Kindern sein. Wenigstens sahen wir neben einer allerdings
nicht geringen Zahl Erwachsener ein ganzes Völkchen von
Kinder-Patienten, für die jetzt sogar ein eigenes kleines Schul-
haus auf dem Areal der Anstalt gebaut worden ist, merk-
würdigerweise nicht mürrisch und verdrossen, wie solche Kin-
der meist daheim zu sein pflegen, sondern überaus fröhlich
und guter Dinge. Auch erhielten wir Einsicht in eine große
Reihe von Abbildungen früher behandelter Fälle ähnlicher Art, an
denen die Paschenschen Erfolge, oft
bis zur vollständigen Rückbildung
zum Normalen überall deutlich er-
kennbar waren.
Von den uns freundlichst zur
Verfügung gestellten Abbildungen
zeigt Bild 1 einen zwölfjährigen
Knaben, welcher an einer rechts-
seitigen Hüftgelenk-Entzündung litt,
bei der man vor der Aufnahme in
die Anstalt durch eine Operation die
notwendige Eiterabführung ermög-
licht hatte. Bild 1 veranschaulicht
den Zustand des Knaben bei der
Aufnahme in Paschens Anstalt. Das
fortgesetzte Wachstum war nicht im
Stande gewesen, eine Besserung her-
beizuführen, wie die Aerzte anfäng-
lich gehofft hatten; der Körper hatte
sich mehr und mehr verkrümmt und
der Aermfte war schließlich nur noch
fähig gewesen, mit Hilfe einer Krücke
leidlich gut von der Stelle zu kommen.
Bild 2 zeigt den Kranken nach
mehrmonatiger Behandlung in dem
für ihn angefertigten Apparat. Die
Verkrümmung ist hier schon voll-
ständig beseitigt. Heute ist der
Knabe völlig gesundet, fährt flott Zweirad und braucht schon
seit Jahren keinen Apparat mehr zu tragen. Er liefert in
seiner Wiederherstellung den glänzendsten Beweis für die Vor-
züge orthopädischer Nachbehandlung derartiger, durch Opera-
tionen eingeleiteter Fälle, deren Resultate durch keine andere
Heilmethode auch nur annähernd erreicht werden können. Nur
handelt es sich, wie schließlich bei allen Erkrankungen, darum,
früh genug anzuklopfen.
Ungezählten Leidenden ist durch diese wunderbare Methode
schon geholfen worden und aus mancher Familie dadurch jene
düstere Stimmung dauernd verbannt, die im Hause des Jbsen-
schen Helden, Alfred Allmers, so deutlich zu Tage tritt. „Klein
Eyolf" ist nicht immer unheilbar, wie in jenem ergreifenden
Drama; im Gegenteil: wohl in den meisten Fällen ist eine
vollständige Wiederherstellung und wenn nicht das, so doch
eine wesentliche Korrektur des erkrankten Körperteiles mög-
lich; man muß nur zur rechten Zeit vor die rechte Schmiede
geben. Möge diese kleine Plauderei als ein Wegweiser dienen!
 
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