Heft 5-
Das Buch für Alle.
129
von den ersten Tagesstunden bis um neun tthr^ vormittags
stets der Nordwind", der Vonto pmosu.no oder Sover, frisch
über den See fegt. Dann sctzt nach einer Pause von etwa
Mei Stunden um elf tlhr der Südwind, die Ora, ein und
bläst bis zum Abend. Nur bei schlechtem Wetter erfährt diese
Ordnung eine Störung, und in den eigentlichen Wintermonaten
Der F'akast des Schahs von Irrsten in Heheran.
bleibt die Ora fast gänzlich aus. Die kleinen Segelschiffe,
die neben den Dampfern noch immer den Frachtverkehr auf
dem See besorgen, und die der Oesterreicher nach ihrer Take-
lung „Trabakel" nennt, richten sich genau nach den herrschen-
den Winden und wissen sie zu allen Zeiten geschickt zu be-
nützen. Nur wenn der Nordwest sich meldet, stockt alle Schiss
fahrt, selbst die Dampfer laufen dann nicht aus, und der
See ist für einige Tage wie ausgestorben. Denn der Nord-
west, der Tramonte, von den Bewohnern Nivas Ballino ge-
nannt, ist ein ungefüger, gefährlicher Geselle. Als sogenannter
Fallwind stürzt er aus den umgebenden Hochthälern über die
steilen Felswände direkt auf den Gardasee herab, wühlt ihn
bis in seine Tiefen auf und tobt ost drei bis vier Tage lang
mit rasender Wut. Es bilden sich dann zuweilen auch Wasser-
hosen, die über den See hinschreiten und alles vernichten,
was ihnen in den Weg kommt. Unser Bild auf S. 126
zeigt den Untergang eines Segelschiffes auf dem Gardasee
durch eine solche Wasserhose. Der allzu kühne Schiffer lief,
obwohl sich bereits die Anzeichen des nahenden Nordwest be-
merkbar machten, doch mit seiner Trabakel aus in der Hoff-
nung, vor vollem Ausbruch des Sturmes noch seinen Be-
stimmungsort Gargnano zu erreichen. Aber der Sturm erfaßte
ihn mitten auf dem See, und eine gewaltige Wasserhose zer
trümmerte das Fahrzeug, stürzte es um und zog es in die
Tiefe. Sie wälzte sich dann noch bis'zum Ufer von Gargnano
fort und zerstörte ein dort stehendes steinernes Haus. Der-
gleichen Vorkommnisse sind glücklicherweise selten, und jahre-
lang hört man oft auf den: Gardasee von keinem Unfall. Lustig
gleiten die Schiffe mit geblähten Segeln über die blauen
Wogen und in seinen! unteren Teile, wo er sich mächtig
ausbreitet, gewährt er fast den Eindruck einer Bucht
des Adriatischen Meeres, mit dem er in vorgeschichtlichen
Zeiten jedenfalls auch zusammengehangen hat.
Schön bitten!
(Siche -c>S Bild nuf Seite 127.)
^n den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts
konnte gegen die Genremalerei nicht ganz ohne Berech-
tigung der Borwurf erhoben werden, daß sie allzu sehr be-
strebt sei, vorwiegend immer wieder harmlose, liebliche und
anmutige Vorgänge darzustellen. Als dann in der Litteratur
der Naturalismus eine Zeitlang vorherrschend wurde, wie
ja das Schrifttum stets auf die malerische Darstellung ein-
wirkt, verfielen viele Genremaler in das entgegengesetzte Ex-
trem und schilderten nun mit einem wahrhaft grausamen
Realismus nichts als Unglücks- und Blutseenen, Not, Krank-
heit, Elend und Wahnsinn. Von dieser Verirrung und ein-
seitigen Auffassung Et man glücklicherweise bald zurück-
gekommen, und es fehlt in der Gegenwart nicht mehr an
Malern, die sich dessen erinnern, daß die Kunst dazu da sein
soll, um das lyenschliche Herz zu erfreuen. Zu dieser Auf-
fassung bekennt sich auch W. Oliver, der Maler des von uns
auf S. 127 iu Holzschuitt wiedergegebenen Bildes. Sein
Gegenstand ist der denkbar anspruchsloseste und macht in
seiner Selbstverständlichkeit jegliche Erklärung überflüssig. In
eineni von Laubgrün überschatteten Gartenplätzchen nehmen
zwei junge Damen den Fünfuhrthee ein. Die an dem Tisch-
chen sitzende Tochter des Hauses will der Freundin, die sich
erhoben hat, um den aromatisch duftenden Trank einzu-
schenken, das neueste Kunststück ihres gelehrigen Hundes vor-
führen. Bibbp bekommt ein Stück Zucker auf die Schnauze
gelegt, dann muß er damit „Schön bitten!" und darf erst
auf einen zustimmenden Wink der Gebieterin den Leckerbissen
herunterfallen -lassen und verzehren. Das Ganze ist ein
heiteres, sonniges Lebensbild, in dem alles unschuldsvolle
Freude am Dasein aushaucht.
Aus Teheran.
?>er verstorbene Schah von Persien Nassr ed-din hat zwei-
mal seine Residenz Teheran verlassen, um die Länder
des Westens zu besuchen, wo er als besondere erotische Merk-
würdigkeit angestaunt wurde, und sein Sohn und Nachfolger,
Mussaffer ed-din, der jetzige Schah, ist bekanntlich auch in
dieser Hinsicht in seine Fußstapfen getreten. Er hat unter
anderen! auch die Pariser Weltausstellung mit seiner Gegen-
wart beglückt und zur Freude aller Kaufleute ungeheure Ein-
käufe aller möglichen Luxuswarcn gemacht, um nach seiner
Rückkehr seinen Palast in Teheran damit aus-
zuschmücken. Wir wollen heute an der Hand un-
serer beistehenden Bilder dem Herrscher Irans dort
einen kleinen Gegenbesuch machen. Die persische
Haupt- und Residenzstadt Teheran liegt auf einer
baumlosen Hochebene südlich vom Elburzgebirge
Obwohl sie sich in den letzten zwanzig Jahren sehr
verschöllt hat, denn Nassr ed-din hat sie mit allen
Mitteln eines erleuchteten orientalischen Despoten
zu europäisieren gesucht, die engen Quartiere mit
ihren niedrigen Lehmhäusern von breiten Straßen
durchbrechen lassen, Promenaden angelegt, Gas-
beleuchtung eingeführt u. s. w, so macht sie doch
noch immer einen ziemlich eintönigen Eindruck,
und ihre Hauptsehenswürdigkeit, eigentlich ihre
einzige, ist die Residenz des Schahs, eine Stadt für
sich, die mit ihren Gärten, Plätzen, Teichen, Ka-
sernen, dem Zeughaus, der Militärschule, dein
Arsenal, den Gefängnissen und anderen öffent-
lichen Gebäuden den vielten Teil des gesamten
Umfanges von Teheran einnimmt. Der gesamte
Komplex ist von einer Mauer umgebeu, durch die
ein prächtiges Hauptthor (siehe die Skizze rechts)
für den Schah und sein Gefolge den Eingang
bildet, während eine Anzahl kleinerer Thore den
niedrigeren Sterblichen zur Benutzung dienen. In-
nerhalb dieser „königlichen Stadt" bildet wieder
der Palast des Schahs (siehe die Skizze oben links)
einen besonderen geheiligten Bezirk. Er ist, wie alle per-
sischen Paläste, außen mit blumenreichen, glitzernden Ka-
schanis oder Fayenzen bedeckt und macht einen höchst präch-
tigen, in der That an die Märchenpaläste aus Tausend
und eins Nacht erinnernden Eindruck. Der moderne persische
Architekturstil hat hier seine Vollendung erreicht, und das
wahrhaft blendende Innere entspricht dem Aeußeren. Es
offenbart sich hier trotz all dem darin aufgestapelten euro-
päischen Tand die echt asiatische Geschmacksrichtung. Die
weiten Zimmer, Säle und Galerien sind vom Kamin bis
zu den Decken hinauf mit dem wundervollsten Blumenwerk
und Stalaktitenornamenten, mit einen! blendenden Reichtum
von Spiegelglasfacetten geschmückt, tue des Abends im Glanze
der zahlreichen Glaskronleuchter wie Diamanten blitzen. Am
großartigsten ist die Wirkung des Audienzsaales (siehe die
untere Skizze). Wunderlich berühren nur die modernen
europäischen Stühle, Tische, Sofas, Statuen, Bilder, Gobe-
lins und Kunstgegenstände aller Art, die seit der ersten
Europareise Nassr ed-dins den Palast füllen und seine
Galerien und Säle zu einer Art Museum machen.
Mder vom OperationsMe des Lurengenerols
De Wct.
(Siehe da? Bild auf Seite 130.)
"^N den letzten Tagen des August 1900 fanden neue schwere
Kämpfe der Engländer mit den Buren statt, die sich unter
dem Oberbefehl Louis Bothas zwischen Belfast und Macha-
dodorp vereinigt hatten. Sechs Tage lang ward hart ge-
rungen, schließlich aber mußten dis Buren doch vor-
der Uebermacht der Engländer den Rückzug antreteu, doch
haben auch diese schwere Verluste erlitten. Lord Roberts hat
nach der Schlacht die Annexion Transvaals durch England
verkündigt. Sie steht freilich vorderhand nur auf dem Papier
und wird wohl noch mit weiteren Strömen Blutes besiegelt
werden müssen. In dem von den Buren seit der Besetzung
von Pretoria durch die Engländer geführten kleinen Kriege
ist am meisten Ge-
neral Christian De
Wet (vergl. Heft 4)
in den Vordergrund
getreten, von dem
ein englisches Blatt
mit unverhohlener
Bewunderung
schrieb--. „Immer De
Wet! Der Mond geht
auf, und die Leucht-
signale verkünden:
„Nehmt euch in acht:
De Wet ist im Walde
und kommt nach New-
castle!" Die Sonne
geht auf, und der
Heliograph meldet:
„Seid sehr vorsichtig,
denn De Wet ist in
Bethlehem und mag
versuchen, die zwei
in Ladysmith zurück-
gelassenen Bataillone
aufzuhalten." Im
Dämmerschein wird
mitFlaggendas Sig-
nal gegeben: „De
Wet ist mit sieben
Kommandos über
den Cundyclcugh-
Pnß gezogen und
rückt gegen General
Dartnell nach Dun-
dee vor." Aber
Rundle, Hunter und
Methuen jagen ihn. Drei Monate la'ng hat er den ersteren
in Schach gehalten. 30,000 Mann warten an der Grenze
Natals auf ihn. Er ist auf Verbindungslinien „niedergefegt"
und hält mit anscheinend 7000 Mann alles in Atem." — Bald
im Oranjefreistaat, bald im Trnnsvaalgebiet erschien er mit
seiner Neiterschar, hier eine Bahnlinie, eine Telegraphenlinie
zerstörend, dort eins Truppenabteilung, eine marschierende
Kolonne überfallend, übermächtigen Gegnern immer aus-
weichend und sich der Verfolgung entziehend. Derartige Ope-
rationen De Wets wurden allerdings auch wesentlich be-
günstigt durch die Art des Geländes, von dem unser Bild
auf S. 130, das vier Ansichten aus den Bergen nördlich
von Pretoria vorführt, eine äußerst anschauliche Vorstellung
giebt. Die große, den Oranjefreistaat und den südlichen und
östlichen Teil von Transvaal umfassende Hochebene fällt von
Johannisburg allmählich über Pretoria nach Norden und über
Rustenburg nach Nordwest zum Buschfeld ab. Das letztere
beginnt wenige Meilen nördlich von Pretoria; im Osten er-
streckt es sich aus den südlichen Bezirken Transvaals nach
Norden weit über Ermelo hinaus, um ziemlich unmittelbar
im Bezirke von Barberton abzufallen. Auf jener Hochebene
erheben sich im Norden von Pretoria mehrere Bergreihen, so
die Magaliesberge mit ihren verschiedenen Neks oder Pässen,
von denen Horns-Nec (Skizze 3) durch die Engländer unter
Paget mit vieler Mühe ungangbar gemacht wurde, um sich
gegen einen Ueberfall De Wets aus jener Richtung zu schützen.
Commando-Nek (Skizze 4) hielt Baden-Powell mit seinen
Truppen besetzt, als ihn De Wet zur Uebergabe auffordern
Das zur Residenz des Schahs führende Kanptthor.
ließ, was jedoch nur eine Kriegslist des Burenführers war,
um über die Stärke der Engländer Genaueres erkunden zu
können. Die sogenannten Pyramiden in den weiter nördlich
sich hinziehenden Zwartbergen (Skizze 1) wurden von De Wet
am 20. August passiert, wobei er den englischen 7. Dragonern
eine Niederlage beibrachte. Südöstlich von den Zwartbergen
liegt an der von Belfast nach Lydenburg führenden Eisen-
bahn bei den beiden Stationen Waterval Boven und Waterval
Onder die Niederlassung Waterval (Skizze 2), bei der sich das
Lager der kriegsgefangenen Engländer befand, welche die Buren
neuerdings freigegeben haben, weil sie keine Truppen zu ihrer
Bewachung und keine Nahrungsmittel mehr für sie übrig
hatten. Es ist im Interesse der Buren zu beklagen, daß De
Wet erst gegen die Neige des Krieges ein höheres Kommando
erhalten hat _
Die Arrdieuzhali'e im Rakast zu Teheran.
Das Buch für Alle.
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von den ersten Tagesstunden bis um neun tthr^ vormittags
stets der Nordwind", der Vonto pmosu.no oder Sover, frisch
über den See fegt. Dann sctzt nach einer Pause von etwa
Mei Stunden um elf tlhr der Südwind, die Ora, ein und
bläst bis zum Abend. Nur bei schlechtem Wetter erfährt diese
Ordnung eine Störung, und in den eigentlichen Wintermonaten
Der F'akast des Schahs von Irrsten in Heheran.
bleibt die Ora fast gänzlich aus. Die kleinen Segelschiffe,
die neben den Dampfern noch immer den Frachtverkehr auf
dem See besorgen, und die der Oesterreicher nach ihrer Take-
lung „Trabakel" nennt, richten sich genau nach den herrschen-
den Winden und wissen sie zu allen Zeiten geschickt zu be-
nützen. Nur wenn der Nordwest sich meldet, stockt alle Schiss
fahrt, selbst die Dampfer laufen dann nicht aus, und der
See ist für einige Tage wie ausgestorben. Denn der Nord-
west, der Tramonte, von den Bewohnern Nivas Ballino ge-
nannt, ist ein ungefüger, gefährlicher Geselle. Als sogenannter
Fallwind stürzt er aus den umgebenden Hochthälern über die
steilen Felswände direkt auf den Gardasee herab, wühlt ihn
bis in seine Tiefen auf und tobt ost drei bis vier Tage lang
mit rasender Wut. Es bilden sich dann zuweilen auch Wasser-
hosen, die über den See hinschreiten und alles vernichten,
was ihnen in den Weg kommt. Unser Bild auf S. 126
zeigt den Untergang eines Segelschiffes auf dem Gardasee
durch eine solche Wasserhose. Der allzu kühne Schiffer lief,
obwohl sich bereits die Anzeichen des nahenden Nordwest be-
merkbar machten, doch mit seiner Trabakel aus in der Hoff-
nung, vor vollem Ausbruch des Sturmes noch seinen Be-
stimmungsort Gargnano zu erreichen. Aber der Sturm erfaßte
ihn mitten auf dem See, und eine gewaltige Wasserhose zer
trümmerte das Fahrzeug, stürzte es um und zog es in die
Tiefe. Sie wälzte sich dann noch bis'zum Ufer von Gargnano
fort und zerstörte ein dort stehendes steinernes Haus. Der-
gleichen Vorkommnisse sind glücklicherweise selten, und jahre-
lang hört man oft auf den: Gardasee von keinem Unfall. Lustig
gleiten die Schiffe mit geblähten Segeln über die blauen
Wogen und in seinen! unteren Teile, wo er sich mächtig
ausbreitet, gewährt er fast den Eindruck einer Bucht
des Adriatischen Meeres, mit dem er in vorgeschichtlichen
Zeiten jedenfalls auch zusammengehangen hat.
Schön bitten!
(Siche -c>S Bild nuf Seite 127.)
^n den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts
konnte gegen die Genremalerei nicht ganz ohne Berech-
tigung der Borwurf erhoben werden, daß sie allzu sehr be-
strebt sei, vorwiegend immer wieder harmlose, liebliche und
anmutige Vorgänge darzustellen. Als dann in der Litteratur
der Naturalismus eine Zeitlang vorherrschend wurde, wie
ja das Schrifttum stets auf die malerische Darstellung ein-
wirkt, verfielen viele Genremaler in das entgegengesetzte Ex-
trem und schilderten nun mit einem wahrhaft grausamen
Realismus nichts als Unglücks- und Blutseenen, Not, Krank-
heit, Elend und Wahnsinn. Von dieser Verirrung und ein-
seitigen Auffassung Et man glücklicherweise bald zurück-
gekommen, und es fehlt in der Gegenwart nicht mehr an
Malern, die sich dessen erinnern, daß die Kunst dazu da sein
soll, um das lyenschliche Herz zu erfreuen. Zu dieser Auf-
fassung bekennt sich auch W. Oliver, der Maler des von uns
auf S. 127 iu Holzschuitt wiedergegebenen Bildes. Sein
Gegenstand ist der denkbar anspruchsloseste und macht in
seiner Selbstverständlichkeit jegliche Erklärung überflüssig. In
eineni von Laubgrün überschatteten Gartenplätzchen nehmen
zwei junge Damen den Fünfuhrthee ein. Die an dem Tisch-
chen sitzende Tochter des Hauses will der Freundin, die sich
erhoben hat, um den aromatisch duftenden Trank einzu-
schenken, das neueste Kunststück ihres gelehrigen Hundes vor-
führen. Bibbp bekommt ein Stück Zucker auf die Schnauze
gelegt, dann muß er damit „Schön bitten!" und darf erst
auf einen zustimmenden Wink der Gebieterin den Leckerbissen
herunterfallen -lassen und verzehren. Das Ganze ist ein
heiteres, sonniges Lebensbild, in dem alles unschuldsvolle
Freude am Dasein aushaucht.
Aus Teheran.
?>er verstorbene Schah von Persien Nassr ed-din hat zwei-
mal seine Residenz Teheran verlassen, um die Länder
des Westens zu besuchen, wo er als besondere erotische Merk-
würdigkeit angestaunt wurde, und sein Sohn und Nachfolger,
Mussaffer ed-din, der jetzige Schah, ist bekanntlich auch in
dieser Hinsicht in seine Fußstapfen getreten. Er hat unter
anderen! auch die Pariser Weltausstellung mit seiner Gegen-
wart beglückt und zur Freude aller Kaufleute ungeheure Ein-
käufe aller möglichen Luxuswarcn gemacht, um nach seiner
Rückkehr seinen Palast in Teheran damit aus-
zuschmücken. Wir wollen heute an der Hand un-
serer beistehenden Bilder dem Herrscher Irans dort
einen kleinen Gegenbesuch machen. Die persische
Haupt- und Residenzstadt Teheran liegt auf einer
baumlosen Hochebene südlich vom Elburzgebirge
Obwohl sie sich in den letzten zwanzig Jahren sehr
verschöllt hat, denn Nassr ed-din hat sie mit allen
Mitteln eines erleuchteten orientalischen Despoten
zu europäisieren gesucht, die engen Quartiere mit
ihren niedrigen Lehmhäusern von breiten Straßen
durchbrechen lassen, Promenaden angelegt, Gas-
beleuchtung eingeführt u. s. w, so macht sie doch
noch immer einen ziemlich eintönigen Eindruck,
und ihre Hauptsehenswürdigkeit, eigentlich ihre
einzige, ist die Residenz des Schahs, eine Stadt für
sich, die mit ihren Gärten, Plätzen, Teichen, Ka-
sernen, dem Zeughaus, der Militärschule, dein
Arsenal, den Gefängnissen und anderen öffent-
lichen Gebäuden den vielten Teil des gesamten
Umfanges von Teheran einnimmt. Der gesamte
Komplex ist von einer Mauer umgebeu, durch die
ein prächtiges Hauptthor (siehe die Skizze rechts)
für den Schah und sein Gefolge den Eingang
bildet, während eine Anzahl kleinerer Thore den
niedrigeren Sterblichen zur Benutzung dienen. In-
nerhalb dieser „königlichen Stadt" bildet wieder
der Palast des Schahs (siehe die Skizze oben links)
einen besonderen geheiligten Bezirk. Er ist, wie alle per-
sischen Paläste, außen mit blumenreichen, glitzernden Ka-
schanis oder Fayenzen bedeckt und macht einen höchst präch-
tigen, in der That an die Märchenpaläste aus Tausend
und eins Nacht erinnernden Eindruck. Der moderne persische
Architekturstil hat hier seine Vollendung erreicht, und das
wahrhaft blendende Innere entspricht dem Aeußeren. Es
offenbart sich hier trotz all dem darin aufgestapelten euro-
päischen Tand die echt asiatische Geschmacksrichtung. Die
weiten Zimmer, Säle und Galerien sind vom Kamin bis
zu den Decken hinauf mit dem wundervollsten Blumenwerk
und Stalaktitenornamenten, mit einen! blendenden Reichtum
von Spiegelglasfacetten geschmückt, tue des Abends im Glanze
der zahlreichen Glaskronleuchter wie Diamanten blitzen. Am
großartigsten ist die Wirkung des Audienzsaales (siehe die
untere Skizze). Wunderlich berühren nur die modernen
europäischen Stühle, Tische, Sofas, Statuen, Bilder, Gobe-
lins und Kunstgegenstände aller Art, die seit der ersten
Europareise Nassr ed-dins den Palast füllen und seine
Galerien und Säle zu einer Art Museum machen.
Mder vom OperationsMe des Lurengenerols
De Wct.
(Siehe da? Bild auf Seite 130.)
"^N den letzten Tagen des August 1900 fanden neue schwere
Kämpfe der Engländer mit den Buren statt, die sich unter
dem Oberbefehl Louis Bothas zwischen Belfast und Macha-
dodorp vereinigt hatten. Sechs Tage lang ward hart ge-
rungen, schließlich aber mußten dis Buren doch vor-
der Uebermacht der Engländer den Rückzug antreteu, doch
haben auch diese schwere Verluste erlitten. Lord Roberts hat
nach der Schlacht die Annexion Transvaals durch England
verkündigt. Sie steht freilich vorderhand nur auf dem Papier
und wird wohl noch mit weiteren Strömen Blutes besiegelt
werden müssen. In dem von den Buren seit der Besetzung
von Pretoria durch die Engländer geführten kleinen Kriege
ist am meisten Ge-
neral Christian De
Wet (vergl. Heft 4)
in den Vordergrund
getreten, von dem
ein englisches Blatt
mit unverhohlener
Bewunderung
schrieb--. „Immer De
Wet! Der Mond geht
auf, und die Leucht-
signale verkünden:
„Nehmt euch in acht:
De Wet ist im Walde
und kommt nach New-
castle!" Die Sonne
geht auf, und der
Heliograph meldet:
„Seid sehr vorsichtig,
denn De Wet ist in
Bethlehem und mag
versuchen, die zwei
in Ladysmith zurück-
gelassenen Bataillone
aufzuhalten." Im
Dämmerschein wird
mitFlaggendas Sig-
nal gegeben: „De
Wet ist mit sieben
Kommandos über
den Cundyclcugh-
Pnß gezogen und
rückt gegen General
Dartnell nach Dun-
dee vor." Aber
Rundle, Hunter und
Methuen jagen ihn. Drei Monate la'ng hat er den ersteren
in Schach gehalten. 30,000 Mann warten an der Grenze
Natals auf ihn. Er ist auf Verbindungslinien „niedergefegt"
und hält mit anscheinend 7000 Mann alles in Atem." — Bald
im Oranjefreistaat, bald im Trnnsvaalgebiet erschien er mit
seiner Neiterschar, hier eine Bahnlinie, eine Telegraphenlinie
zerstörend, dort eins Truppenabteilung, eine marschierende
Kolonne überfallend, übermächtigen Gegnern immer aus-
weichend und sich der Verfolgung entziehend. Derartige Ope-
rationen De Wets wurden allerdings auch wesentlich be-
günstigt durch die Art des Geländes, von dem unser Bild
auf S. 130, das vier Ansichten aus den Bergen nördlich
von Pretoria vorführt, eine äußerst anschauliche Vorstellung
giebt. Die große, den Oranjefreistaat und den südlichen und
östlichen Teil von Transvaal umfassende Hochebene fällt von
Johannisburg allmählich über Pretoria nach Norden und über
Rustenburg nach Nordwest zum Buschfeld ab. Das letztere
beginnt wenige Meilen nördlich von Pretoria; im Osten er-
streckt es sich aus den südlichen Bezirken Transvaals nach
Norden weit über Ermelo hinaus, um ziemlich unmittelbar
im Bezirke von Barberton abzufallen. Auf jener Hochebene
erheben sich im Norden von Pretoria mehrere Bergreihen, so
die Magaliesberge mit ihren verschiedenen Neks oder Pässen,
von denen Horns-Nec (Skizze 3) durch die Engländer unter
Paget mit vieler Mühe ungangbar gemacht wurde, um sich
gegen einen Ueberfall De Wets aus jener Richtung zu schützen.
Commando-Nek (Skizze 4) hielt Baden-Powell mit seinen
Truppen besetzt, als ihn De Wet zur Uebergabe auffordern
Das zur Residenz des Schahs führende Kanptthor.
ließ, was jedoch nur eine Kriegslist des Burenführers war,
um über die Stärke der Engländer Genaueres erkunden zu
können. Die sogenannten Pyramiden in den weiter nördlich
sich hinziehenden Zwartbergen (Skizze 1) wurden von De Wet
am 20. August passiert, wobei er den englischen 7. Dragonern
eine Niederlage beibrachte. Südöstlich von den Zwartbergen
liegt an der von Belfast nach Lydenburg führenden Eisen-
bahn bei den beiden Stationen Waterval Boven und Waterval
Onder die Niederlassung Waterval (Skizze 2), bei der sich das
Lager der kriegsgefangenen Engländer befand, welche die Buren
neuerdings freigegeben haben, weil sie keine Truppen zu ihrer
Bewachung und keine Nahrungsmittel mehr für sie übrig
hatten. Es ist im Interesse der Buren zu beklagen, daß De
Wet erst gegen die Neige des Krieges ein höheres Kommando
erhalten hat _
Die Arrdieuzhali'e im Rakast zu Teheran.