138
Heft 5.
Das Bu ch s ü r A l l e.
Jas Z'olarschiff „Matador", den Kanlönrqer Katen verlassend. (S. 139)
Lecombe geriet in maßlose Erregung, Dillon blieb
die Antworten nicht schuldig, ein heftiges Wort gab
das andere, und der Erfolg war, daß die Angelegen-
heit vor die Chefs des Hauses gebracht wurde, und
Dillon feine sofortige Entlassung erhielt.
Marion, die mit steigendem Entsetzen Ohrenzeugin
der Scene gewesen war, begriff den eigentlichen Grund
des Streites sofort. Sie hatte die Empfindung, als
müsse sie aufspringen und ihrem geliebten Charles zu
Hilfe eilen, als müsse sie dem ränkesüchtigen Lecombe
die Maske vom Gesicht reißen. Aber im nächsten
Augenblick wurde sie sich dessen bewußt, daß ein Ein-
greifen ihrerseits die Lage nur verschlimmern könne.
Wenn auch sie ihre Stellung verlöre, was dann? Was
würde ihre Mutter sagen? Das alte Elend, die alten
Sorgen würden wieder von neuem beginnen. Nein,
es ging nicht, sie mußte schweigen.
Dillon hatte gehofft, daß es ihm nicht schwer wer-
den würde, in Paris eine gute Stellung wiederzusin-
den, aber er sah bald, daß dies ein Irrtum war, ob-
wohl er es nicht an Eifer fehlen ließ. Mehrmals
hatte er sich schon am Ziele gewähnt, man hatte auf
seine von so günstigen Zeugnissen unterstützte Bewerbung
geantwortet, hatte seine persönliche Vorstellung ver-
langt, hatte ihn freundlich empfangen, so daß er den
Eindruck gewann, diesmal müsse es ihm glücken. Aber-
regelmäßig waren ihm dann nach einigen Tagen seine
Papiere mit einer kurzen, mehr als kühlen Bemerkung,
daß man auf seine Dienste verzichte, zurückgegeben
worden.
Charles Dillon war von diesen Mißerfolgen tief
niedergeschlagen und wurde es noch mehr, als ihm
eines Abends Marion bei ihrem gewohnten täglichen
Zusammentreffen mitteilte, daß ihre Mutter Kenntnis
von ihrem Verhältnis zu Charles erhalten und mit
aller Strenge den sofortigen Abbruch dieser Beziehungen
verlangt habe.
Als Dillon an diesem Abend nach einem herz-
zerreißenden Abschied von Marion in seine Wohnung
zurückkehrte, war es nur ein schwacher Trost für ihn,
daß er wiederum eine auf seine Bewerbung eingegan-
gene Aufforderung vorfand, sich am nächsten Tage in
einem Bureau persönlich vorzustellen. Diesmal schien
es wirklich, als ob ihm das Glück hold sei. Der Ge-
schäftsinhaber, ein alter freundlicher Herr, erkundigte
sich eingehend nach seinen Fähigkeiten und seiner
früheren Beschäftigung und schien von der gegebenen
Auskunft durchaus befriedigt.
„Nun," meinte er schließlich, „ich werde noch einige
Auskunft über Sie einziehen, Herr Dillon. Fällt sie
günstig aus, woran ich nicht zweifle, so werden nur-
einig werden. Kommen Sie übermorgen früh acht Uhr
wieder vor, um sich endgültigen Bescheid zu holen."
Neue Hoffnung zog in Dillons Herz ein. Dies-
mal mußte es ihm glücken. Er konnte kaum die
Stunde der Entscheidung erwarten. Mit dem Glocken-
schlage fand er sich in dein Bureau ein und stand gleich
darauf vor dem Prinzipal. Aber der alte Mann trug
heute im Aeußeren eine eisige Kühle zur Schau und
eisig klang es auch, als er, Charles kaum eines Blickes
würdigend, sagte: „Ich bedaure, Sie bemüht zu haben,
mein Herr. Für Leute Ihres Schlages ist in meinem
Geschäfte kein Platz."
Dillon taumelte zurück, als ob er einen Stoß vor
den Kopf erhalten hätte. „Wie soll ich das verstehen?"
keuchte er mühsam hervor. „Leute meines Schlages?
Was soll das heißen?"
„Sollten Sie sich das nicht selbst sagen können?"
Der junge Mann zwang sich trotz des spöttischen
Tones dieser Frage zur Nuhe. „Mein Herr," sagte
er, „ich habe bereits mehrfach bei meinen Bewerbungen
bemerkt, daß irgend ein mir Unbekanntes hindernd in
den Weg tritt. Ich bin mir bewußt, niemals die ge-
ringste Unehrenhaftigkeit begangen zu haben, und muß
deshalb nnnehmen, daß von böswilliger Seite gegen
mich intriguiert wird. Sie sind neulich so freundlich
und wohlwollend gegen mich gewesen, Haben Sie jetzt
wenigstens die Barmherzigkeit, mir zu sagen, was
diesen Umschwung in Ihrer Stimmung erzeugt hat."
In Dillons Mienen stand eine so ehrliche Ver-
zweiflung geschrieben, daß der alte Herr eine Regung
des Mitleids nicht unterdrücken konnte. Er nahm ein
Schriftstück von seinem Pult und reichte es schweigend
dein jungen Manne. Charles überflog es. Es wor-
ein Schreiben der Firma Fournier L Compagnie, von
Lecombes Hand verfaßt und nur zwei Zeilen ent-
haltend: „Auf Ihre den Herrn Charles Dillon be-
treffende Ailfrage bedauern wir, die Antwort verweigern
zu müssen."
Dillon war wie betäubt. Er wußte, das war die
Auskunft, die nach geschäftlicher Gepflogenheit erteilt zu
werden pflegt, wenn sich der, auf den sich die Anfrage
bezieht, Unredlichkeiten hat zu Schulden kommen lassen.
Er starrte den alten Herrn wie geistesabwesend an,
er fühlte, wie ihn: das Blut nach dem Gehirn strömte.
Dann schrie er: „Also das ist der Grund, weshalb
mir alle Thüren verschlossen bleiben!
Nicht genug, daß man mich meiner
Stellung grundlos beraubt hat, auch
den ehrlichen Namen will mir dieser
Schurke von Lecombe abschneiden!
Und ich bin wehrlos solcher Nieder-
tracht preisgegeben, denn der klang-
volle Name der Firma Fournier gilt
mehr als meine Beteuerungen. Aber
nein, wir rechnen ab!"
Und ohne Gruß stürzte er wie ein
Rasender aus dem Zimmer.
Er vermochte noch keinen klaren
Gedanken zu fassen, nur das eine
stand sofort bei ihm fest: züchtigen
wollte er diesen Buben, mochte für
ihn selbst daraus entstehen, was da
wollte.
Er hatte instinktiv den Weg nach
dem Boulevard des Batignolles ein-
geschlagen, als ihm plötzlich einfiel,
daß ja heute der Erste fei, der Tag,
an welchem Lecombe regelmäßig zur
Bank zu gehen pflegte, um dort das
Geld für die fälligen Zahlungen ab-
zuheben. Sofort stand bei ihm fest,
daß er dort seinen Feind stellen, dort
Rache an ihm nehmen müsse, und
eine Sekunde später eilte er der
Bank zu.
3.
In der Bank von Frankreich
herrschte auch heute, wie an jedem
Monatsersten, reges Leben. Hunderte
von Menschen wogten in den weiten
Räumen hin und her. An den Zahl-
schaltern kam und ging es, und auch
an dem Schalter des Herrn Constant
stand in eifrigem Gespräch mit dem
Bankbeamten ein vornehm gekleideter
Herr, der Baron Bougival.
Er war ein häufiger Gast auf der
Bank geworden, der fast täglich er-
schien, bald Geld erhob, bald solches
brachte. And es hatte sich in der
Folge eine gewisse freundschaftliche
Vertraulichkeit zwischen ihm und Con-
stant entwickelt.
Der Baron hatte soeben fast den gesamten Rest
seines Guthabens erhoben, wobei er dein Bankbeamten
mitteilte, daß er auf längere Zeit zu verreisen beab-
sichtige.
„Und wie ist's, mein lieber Constant" — der Bank-
beamte war von dieser Herablassung des aristokratischen
Freundes ganz gerührt — „führt Ihre sommerliche
Urlaubsreife Sie nicht einmal durch die Champagne?
Da müssen Sie mich selbstverständlich auf meinem
Gute besuchen. Ich würde mich glücklich schützen, Sie
zum Dank für Ihre stete Freundlichkeit auf einige
Tage als Gast beherbergen zu dürfen."
Constant ivar ordentlich böse, daß gerade in diesem
Augenblick der rotblonde Kopf des Kassierers Lecombe
vor dem Schalter auftauchte. Baron Bougival hatte
dem Ankömmling höflich Platz gemacht, und der Bank-
beamte beeilte sich, den Störenfried so schnell als mög-
lich abzufertigen, in der Besorgnis, der Baron könnte
sonst fortgehen, ohne die Antwort auf die so verlockende
Einladung abzuwarten.
Die Tauffndfrankennoten wirbelten aus der geübten
Hand Constants nur so auf den Zahltisch.
„Also vierhunderttausend Franken , wie immer.
Nicht wahr, Herr Lecombe?"
„Wie "immer, Herr Constant. Ich danke Ihnen."
Der Kassierer schien etwas heiser zu sein, während er,
das Geld einstreichend und den Check überreichend,
dies sagte. Constant konnte nur einen flüchtigen Blick
auf den Check werfen, da in demselben Augenblick der
Baron Bougival ihm die Hand zum Abschied reichte
und seine Einladung wiederholte.
Lecombe hatte inzwischen die Banknoten in die
Tasche gesteckt, und wandte sich jetzt wieder dem Aus-
gange zu, als plötzlich Dillon auf der Bildfläche erschien.
Lecombe sehen und auf ihn zustürzen war eins.
„Bube! Elender Schuft!" schrie Dillon. „Ich
will dich lehren, ehrliche Leute um ihren guten Ruf
zu bringen." Er packte mit der Linken den Knebel-
bart des Verhaßten, während er mit der anderen Hand
dessen Gesicht rechts und links mit Ohrfeigen bearbeitete.
Aber mitten im Schlage sanken dem jungen Manne
mit einemmal die Arme wie gelähmt am Leibe her-
unter. Der Knebelbart Lecombes war in Dillons linker
Hand geblieben und den kräftigen Ohrfeigen war nicht
nur der Ciffinderhut des Kassierers, sondern auch fein
üppiges rotes Haar zum Opfer gefallen. Entsetzt starrte
Charles in ein ihm völlig unbekanntes bartloses Ge-
sicht mit kurzgeschorenem Haar.
Heft 5.
Das Bu ch s ü r A l l e.
Jas Z'olarschiff „Matador", den Kanlönrqer Katen verlassend. (S. 139)
Lecombe geriet in maßlose Erregung, Dillon blieb
die Antworten nicht schuldig, ein heftiges Wort gab
das andere, und der Erfolg war, daß die Angelegen-
heit vor die Chefs des Hauses gebracht wurde, und
Dillon feine sofortige Entlassung erhielt.
Marion, die mit steigendem Entsetzen Ohrenzeugin
der Scene gewesen war, begriff den eigentlichen Grund
des Streites sofort. Sie hatte die Empfindung, als
müsse sie aufspringen und ihrem geliebten Charles zu
Hilfe eilen, als müsse sie dem ränkesüchtigen Lecombe
die Maske vom Gesicht reißen. Aber im nächsten
Augenblick wurde sie sich dessen bewußt, daß ein Ein-
greifen ihrerseits die Lage nur verschlimmern könne.
Wenn auch sie ihre Stellung verlöre, was dann? Was
würde ihre Mutter sagen? Das alte Elend, die alten
Sorgen würden wieder von neuem beginnen. Nein,
es ging nicht, sie mußte schweigen.
Dillon hatte gehofft, daß es ihm nicht schwer wer-
den würde, in Paris eine gute Stellung wiederzusin-
den, aber er sah bald, daß dies ein Irrtum war, ob-
wohl er es nicht an Eifer fehlen ließ. Mehrmals
hatte er sich schon am Ziele gewähnt, man hatte auf
seine von so günstigen Zeugnissen unterstützte Bewerbung
geantwortet, hatte seine persönliche Vorstellung ver-
langt, hatte ihn freundlich empfangen, so daß er den
Eindruck gewann, diesmal müsse es ihm glücken. Aber-
regelmäßig waren ihm dann nach einigen Tagen seine
Papiere mit einer kurzen, mehr als kühlen Bemerkung,
daß man auf seine Dienste verzichte, zurückgegeben
worden.
Charles Dillon war von diesen Mißerfolgen tief
niedergeschlagen und wurde es noch mehr, als ihm
eines Abends Marion bei ihrem gewohnten täglichen
Zusammentreffen mitteilte, daß ihre Mutter Kenntnis
von ihrem Verhältnis zu Charles erhalten und mit
aller Strenge den sofortigen Abbruch dieser Beziehungen
verlangt habe.
Als Dillon an diesem Abend nach einem herz-
zerreißenden Abschied von Marion in seine Wohnung
zurückkehrte, war es nur ein schwacher Trost für ihn,
daß er wiederum eine auf seine Bewerbung eingegan-
gene Aufforderung vorfand, sich am nächsten Tage in
einem Bureau persönlich vorzustellen. Diesmal schien
es wirklich, als ob ihm das Glück hold sei. Der Ge-
schäftsinhaber, ein alter freundlicher Herr, erkundigte
sich eingehend nach seinen Fähigkeiten und seiner
früheren Beschäftigung und schien von der gegebenen
Auskunft durchaus befriedigt.
„Nun," meinte er schließlich, „ich werde noch einige
Auskunft über Sie einziehen, Herr Dillon. Fällt sie
günstig aus, woran ich nicht zweifle, so werden nur-
einig werden. Kommen Sie übermorgen früh acht Uhr
wieder vor, um sich endgültigen Bescheid zu holen."
Neue Hoffnung zog in Dillons Herz ein. Dies-
mal mußte es ihm glücken. Er konnte kaum die
Stunde der Entscheidung erwarten. Mit dem Glocken-
schlage fand er sich in dein Bureau ein und stand gleich
darauf vor dem Prinzipal. Aber der alte Mann trug
heute im Aeußeren eine eisige Kühle zur Schau und
eisig klang es auch, als er, Charles kaum eines Blickes
würdigend, sagte: „Ich bedaure, Sie bemüht zu haben,
mein Herr. Für Leute Ihres Schlages ist in meinem
Geschäfte kein Platz."
Dillon taumelte zurück, als ob er einen Stoß vor
den Kopf erhalten hätte. „Wie soll ich das verstehen?"
keuchte er mühsam hervor. „Leute meines Schlages?
Was soll das heißen?"
„Sollten Sie sich das nicht selbst sagen können?"
Der junge Mann zwang sich trotz des spöttischen
Tones dieser Frage zur Nuhe. „Mein Herr," sagte
er, „ich habe bereits mehrfach bei meinen Bewerbungen
bemerkt, daß irgend ein mir Unbekanntes hindernd in
den Weg tritt. Ich bin mir bewußt, niemals die ge-
ringste Unehrenhaftigkeit begangen zu haben, und muß
deshalb nnnehmen, daß von böswilliger Seite gegen
mich intriguiert wird. Sie sind neulich so freundlich
und wohlwollend gegen mich gewesen, Haben Sie jetzt
wenigstens die Barmherzigkeit, mir zu sagen, was
diesen Umschwung in Ihrer Stimmung erzeugt hat."
In Dillons Mienen stand eine so ehrliche Ver-
zweiflung geschrieben, daß der alte Herr eine Regung
des Mitleids nicht unterdrücken konnte. Er nahm ein
Schriftstück von seinem Pult und reichte es schweigend
dein jungen Manne. Charles überflog es. Es wor-
ein Schreiben der Firma Fournier L Compagnie, von
Lecombes Hand verfaßt und nur zwei Zeilen ent-
haltend: „Auf Ihre den Herrn Charles Dillon be-
treffende Ailfrage bedauern wir, die Antwort verweigern
zu müssen."
Dillon war wie betäubt. Er wußte, das war die
Auskunft, die nach geschäftlicher Gepflogenheit erteilt zu
werden pflegt, wenn sich der, auf den sich die Anfrage
bezieht, Unredlichkeiten hat zu Schulden kommen lassen.
Er starrte den alten Herrn wie geistesabwesend an,
er fühlte, wie ihn: das Blut nach dem Gehirn strömte.
Dann schrie er: „Also das ist der Grund, weshalb
mir alle Thüren verschlossen bleiben!
Nicht genug, daß man mich meiner
Stellung grundlos beraubt hat, auch
den ehrlichen Namen will mir dieser
Schurke von Lecombe abschneiden!
Und ich bin wehrlos solcher Nieder-
tracht preisgegeben, denn der klang-
volle Name der Firma Fournier gilt
mehr als meine Beteuerungen. Aber
nein, wir rechnen ab!"
Und ohne Gruß stürzte er wie ein
Rasender aus dem Zimmer.
Er vermochte noch keinen klaren
Gedanken zu fassen, nur das eine
stand sofort bei ihm fest: züchtigen
wollte er diesen Buben, mochte für
ihn selbst daraus entstehen, was da
wollte.
Er hatte instinktiv den Weg nach
dem Boulevard des Batignolles ein-
geschlagen, als ihm plötzlich einfiel,
daß ja heute der Erste fei, der Tag,
an welchem Lecombe regelmäßig zur
Bank zu gehen pflegte, um dort das
Geld für die fälligen Zahlungen ab-
zuheben. Sofort stand bei ihm fest,
daß er dort seinen Feind stellen, dort
Rache an ihm nehmen müsse, und
eine Sekunde später eilte er der
Bank zu.
3.
In der Bank von Frankreich
herrschte auch heute, wie an jedem
Monatsersten, reges Leben. Hunderte
von Menschen wogten in den weiten
Räumen hin und her. An den Zahl-
schaltern kam und ging es, und auch
an dem Schalter des Herrn Constant
stand in eifrigem Gespräch mit dem
Bankbeamten ein vornehm gekleideter
Herr, der Baron Bougival.
Er war ein häufiger Gast auf der
Bank geworden, der fast täglich er-
schien, bald Geld erhob, bald solches
brachte. And es hatte sich in der
Folge eine gewisse freundschaftliche
Vertraulichkeit zwischen ihm und Con-
stant entwickelt.
Der Baron hatte soeben fast den gesamten Rest
seines Guthabens erhoben, wobei er dein Bankbeamten
mitteilte, daß er auf längere Zeit zu verreisen beab-
sichtige.
„Und wie ist's, mein lieber Constant" — der Bank-
beamte war von dieser Herablassung des aristokratischen
Freundes ganz gerührt — „führt Ihre sommerliche
Urlaubsreife Sie nicht einmal durch die Champagne?
Da müssen Sie mich selbstverständlich auf meinem
Gute besuchen. Ich würde mich glücklich schützen, Sie
zum Dank für Ihre stete Freundlichkeit auf einige
Tage als Gast beherbergen zu dürfen."
Constant ivar ordentlich böse, daß gerade in diesem
Augenblick der rotblonde Kopf des Kassierers Lecombe
vor dem Schalter auftauchte. Baron Bougival hatte
dem Ankömmling höflich Platz gemacht, und der Bank-
beamte beeilte sich, den Störenfried so schnell als mög-
lich abzufertigen, in der Besorgnis, der Baron könnte
sonst fortgehen, ohne die Antwort auf die so verlockende
Einladung abzuwarten.
Die Tauffndfrankennoten wirbelten aus der geübten
Hand Constants nur so auf den Zahltisch.
„Also vierhunderttausend Franken , wie immer.
Nicht wahr, Herr Lecombe?"
„Wie "immer, Herr Constant. Ich danke Ihnen."
Der Kassierer schien etwas heiser zu sein, während er,
das Geld einstreichend und den Check überreichend,
dies sagte. Constant konnte nur einen flüchtigen Blick
auf den Check werfen, da in demselben Augenblick der
Baron Bougival ihm die Hand zum Abschied reichte
und seine Einladung wiederholte.
Lecombe hatte inzwischen die Banknoten in die
Tasche gesteckt, und wandte sich jetzt wieder dem Aus-
gange zu, als plötzlich Dillon auf der Bildfläche erschien.
Lecombe sehen und auf ihn zustürzen war eins.
„Bube! Elender Schuft!" schrie Dillon. „Ich
will dich lehren, ehrliche Leute um ihren guten Ruf
zu bringen." Er packte mit der Linken den Knebel-
bart des Verhaßten, während er mit der anderen Hand
dessen Gesicht rechts und links mit Ohrfeigen bearbeitete.
Aber mitten im Schlage sanken dem jungen Manne
mit einemmal die Arme wie gelähmt am Leibe her-
unter. Der Knebelbart Lecombes war in Dillons linker
Hand geblieben und den kräftigen Ohrfeigen war nicht
nur der Ciffinderhut des Kassierers, sondern auch fein
üppiges rotes Haar zum Opfer gefallen. Entsetzt starrte
Charles in ein ihm völlig unbekanntes bartloses Ge-
sicht mit kurzgeschorenem Haar.