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Heft io Illustrierte Familien-Zeitung. Zahrg. 1901.


Der Untersuch uugsrichter.
Nom-ttt von H. v. Hekdrultgelt.
(Uvrksrhniig.)

omm!" sagte der Rfarchese de Rossi leise zum Monaco.
In demselben Augenblick trat seine Mutter ins
Zimmer und blieb erstaunt auf der Schwelle stehen.
„Wer ist denn das, Nodolfo?" fragte sie ver-
wundert.
„Es ist ein Hausarmer aus dem Palazzo Ri-
ghetti," antwortete der Marchese rasch. „Giovanna hat mich ge-
beten, für ihn eilt passendes Unterkommen zu besorgen, da es
doch nicht mehr länger angeht, daß der arme Alte am Hausthor
seinen Soldo erbettelt —"
„Der arme Alte, Frau Marchesa " begann der Monaco.
„Komm, komm!" unterbrach ihn der Marchesino hastig.
„Gehen Sie nur mit meinem Sohn, Alterchen," redete die
Frau Marchesa dein Monaco gutmütig und tröstlich zu, „er wird
schon für eilt passendes Unterkommen für Sie sorgen."
Der Monaco ging mit dem Marchesino fort. Draußen auf der
Straße angekommen, schlug aber der Ton der Unterhaltung wie-
der um.
„Also kurz und bündig: wo ist das Geld?" herrschte der Monaco
den Marchese grob und befehlerisch an.
„Hier sind zunächst siebenhundert Lire. Mehr habe ich jetzt
nicht," antwortete jener und zog seine Brieftasche.
„Tausend müssen es sein, mein Sohlt. Du weißt —"
„Ja doch. Du sollst den Rest morgen abend erhalten. Ich
kann doch jetzt auch noch nicht so, wie ich will. Ich muß noch
sehr acht geben. Bin ich dann später erst verheiratet, so wird das
schon anders. Jetzt aber —"
„Also her damit, wozu die vielen Worte?" warf der Monaco
kurz hin und riß dem jungen Mann die Banknoten aus der Hand.
„Den Nest will ich dir bis morgen borgen. Man soll nicht sagen,
daß ich in Geschäftssachen nicht nobel bin. Ich werde dir nicht
einmal Zinsen berechnen. Bekomme ich aber das Geld morgen nicht,
so mußt du für jeden Tag zehn Lire Zinsen bezahlen. Hörst dn?"
„Jawohl. Wohin soll ich dir die dreihundert Lire bringen?"
fragte der Marchese.
Der andere sah ihn mißtrauisch an.
„Ich wünsche nicht, daß du wieder in meine Wohnung kommst.
Meine Mutter darf natürlich von der ganzen Sache nichts wissen,"
fügte der Marchese erklärend hinzu.
Der Monaco lachte ihn verächtlich an. „Sorge du nur für das
Geld," antwortete er scharf und drohend, „und laß mich für das
übrige sorgen. Verstanden?"
Damit ließ der alte Bettler den Marchese aus der Straße stehen
und humpelte durch eine schmale, schmutzige Seitenstraße der
Via Giulia nach dem Tiber zu, wo mächtige Steinblöcke, Schutt
und Sandhaufen Herumlagen. Die dort an den Quaibauten be-
schäftigten Arbeiter hatten den Platz schon verlassen.
Der Marchese ließ ihn laufen, ohne sich besonders darum zu
kümmern, wohin er seine Schritte richtete. Er war froh, daß er
ihn los war. Freilich würde es nicht lange dauern, bis er wieder-
aus irgend einem Winkel hervorstelzte, um sein Geld zu holen.
Ueberhaupt konnte — nein mußte das mit der Zeit ein Ver-
hältnis geben, das ihn, wenn er es noch nicht war, sicher wahn-
sinnig machen mußte. Auf die Versicherungen des alten Gauners



Eingekauft.
Nach einem Gemälde von P. Felgentreff. (S. 265)
 
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