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Hen ii Illustrierte Famitien-Deitung. Mn, iWi.


dein

„Sie wird mit ihrer Ausstattung, mit ihrer Toi-
lette noch zu thun haben. Du mußt ihr Zeit lassen.
Ihr seid ja noch nicht einmal einen Monat verlobt."
„Braucht's auch nicht. Wozu die dummen Faxen?"

Irveiundzwernzigstes KcrpiteL.
„Gehst du aus, Rodolfo?" fragte die Marchesa,
als sie sah, daß ihr Sohn Hut und Handschuhe nahm.
„Ja, natürlich!" erwiderte er gereizt. „Warum
soll ich denn nicht ausgehen? Was soll ich denn hier?
Glaubst du, die Via Giulia sei ein Paradies?"
„Ich frage ja nur," entschuldigte sie sich.
„Auch das ist überflüssig. Du weißt doch, daß ich
meinen Angelegenheiten nachgehen muß, wenn nicht
alles ins Stocken kommen soll."
„Gehst du nach dem Palazzo Righetti?"
Er beachtete diese Frage nicht, sondern fuhr polternd,
wie um sich selbst Ruhe zu verschaffen, fort: „Diese
unglückselige Heirat! Ich wollte, sie wäre schon vor-
über. Diese ewigen Ausflüchte und Redensarten, dieses
Warten und Ausweichen, wo es doch nur eine Mög-
lichkeit, ein Ende giebt."
„Meinst du Giovanna?"
„Wen sonst?"

und , . ..
Wolkenmassen kamen von Südwesten her über die
Stadt gezogen, mit Regen drohend, und die Luft war
dumpf, schwer und schwül.

Der Untersuchungsrichter.
Boman oon H. o. Heldrungen.
(loriseffnng und Schluff.)

DamA ging er davon und warf die Thür heftig
ins Schloß. Indessen war es nicht seine Heirat mit
Giovanna, die den Marchesino jetzt so in Anspruch
nahm. Daß diese früher oder später kommen mußte,
war für ihn eine ausgemachte Sache, beunruhigte ihn
also nur wenig. Aber der Monaco trat in letzterer
Zeit in einer Bedrohlichkeit und Unersättlichkeit gegen
ihn auf, die ihn um seine Besinnung bringen konnte.
Er hatte ihm natürlich die dreihundert Lire, die an
der ersten Zahlung noch fehlten, schon längst, gleich
am folgenden Tag nach seiner ersten Unterredung ge-
geben, aber das schien den Appetit des Stelzfußes in
einer ungeheuerlichen Weise geweckt zu haben. Schon
ein paar Tage später war er unversehens aus dein
Dunkel des Vicolo del Mascherone hervorgetnucht, hatte
sich an den Marchese herangedrängt und in seiner
frechen, unverschämten Art Geld verlangt.
„Was sind die paar Kröten?" hatte er ihm cpnisch
zugerufen. „Glauben Sie, ich wüßte nicht, was ein
Millionär ist und was er leisten kann? Ich will's
Ihnen schon noch zeigen!"
Weniger die Worte, als vielmehr die ver-
ächtliche Art und Weise, wie der Monaco ihn
behandelte, empörten Rodolfo am meisten.
Wenn er früher aus Aengstlichkeit vor dem
äußersten Entschluß zurückgeschreckt war und be-
absichtigt hatte, es mit dem Monaco einige
Monate zu versuchen, so sah er jetzt ein, daß
das eine völlige Unmöglichkeit war, wenn er
nicht wollte, daß ihn der alte Bursche aussog
wie ein Vampyr. Je mehr er gab, um so mehr
wollte jener haben. Er konnte schon jetzt nicht
genug für ihn herbeischaffen. Wie sollte das
später werden? Dazu kam noch das Gehässige,
Gemeine und Widerliche, das in dem Vor-
gehen des Alten gegen ihn lag, so daß Rodolfo
in seiner fürchterlich reizbaren Verfassung zuletzt
nichts anderes übrig blieb, als dein Aeußersten
fest ins Auge zu sehen. „Er oder ich!" Das
war die einzige Lösung, und da diese früher
oder später doch kommen mußte, so wollte sie
der Marchesino herbeisühren, solange er noch
Herr der Lage war.
Es mochte etwa zehn Uhr abends oder wenig
darüber sein, als der Marchesino, der einen
leichten, eleganten Ueberrock umgehängt hatte,
die Via Giulia verließ. Er ging aber nicht in
der Richtung nach dein Palazzo Righetti, son-
dern hielt sich immer am Tiber und schritt auf
den. neuen Quai entlang, bis er nach einiger
Zeit an die Garibaldibrücke kam. Diese ganze
Gegend lag still, einsam, nur von wenig Gas-
laternen erhellt, deren Licht obendrein durch
einen dicken und feuchten Südwind in ewig
flackernder Bewegung erhalten wurde.
Es stand ein Gewitter am Himmel, was
in Nom um diese Zeit keine Seltenheit ist.
Hin und wieder flammte der ganze Himmel im
Welten der Stadt auf, die Gegend am Gianicolo
in Trastevere blitzartig erleuchtend. Dicke, dunkle

un, Herr Kollege," wandte sich dann
Pisani an den Cavaliere Benlivoglio,
„was sagen Sie nun zu dem Fall?"
„Ich gratuliere Ihnen von ganzem
Herzen zu Ihrem Erfolg," antwortete
I_dieser wehmütig seufzend. „Tas war
ja eine förmliche Generalbeichte, die der alte Gauner
ablegte. Wollte Gott, ich wäre auch schon so weit.
Aber bei meinem Untersuchungsgefangenen ziehen ein
paar fette Bissen auf der Krankenstation nicht."
„Und für Ihre Untersuchung haben Sie aus
Verhör nichts herausgehört?" fragte Pisani ver-
wundert.
„Was soll ich denn herausgehört haben?"
entgegnete Bentivoglio erstaunt.
In dem Augenblick, als Pisani seine Aus-
einandersetzung beginnen wollte, wurden die
Herren gestört durch einen Polizisten, der hastig
eintrat.
„Herr Untersuchungsrichter Pisani?" fragte
er rasch.
„Was giebt's, Francesco?" antwortete dieser,
sich umwendend.
„Der Geheimpolizist Don Luciano wünscht
Sie in einer dringenden Angelegenheit zu
sprechen."
„Sofort. Ich komme, ^ckäio, Signor Ca-
valiere," sagte Pisani und schritt bei diesen
Worten auch schon eilig und erwartungsvoll
zur Thür hinaus.
„Wir sprechen noch von dieser Sache," rief
ihm Bentivoglio nach, erhielt aber schon keine
Antwort mehr darauf. Aergerlich klappte er
seine Akten zu und machte sich nunmehr zum
Fortgehen bereit. Was sollte er denn noch
hier? Er war seiner Ansicht nach fertig und
gleichwohl ärgerte er sich darüber, daß er nichts
mehr zu thun wußte. Dieser Pisani wußte
immerfort etwas zu thun. Fortwährend war
sein Gehirn in Tüchtigkeit, sein Spürsinn, seine
Kombinationsgabe unterwegs. Bei Bentivoglio
regte sich nichts. Sein Grübeln, wenn er je
einmal grübelte, bezog sich lediglich auf das
Thema: Wie werde ich Commendatore? Alles
andere reizte ihn nicht. Ob der oder jener
schuld war an dem oder jenem Verbrechen, war
ihm gleichgültig. Er wußte ja wohl, daß er
als Staatsanwalt seinen Beruf verfehlt hatte,
aber daß das auch andere zu merken anfingen,
war ihm fatal. Auf diese Weise wurde er nicht
Commendatore, wurde nie ins Ministerium berufen.
Deshalb war Bentivoglio sehr verstimmt und ärgerlich,
als er sein Bureau verließ.
 
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