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332

D n S B u ch f ü r A l l e.

heft 13.

Ans dem im Reuen königl. O^perntheater zn Berlin stattgcfnndenen loohenzollernfestfpiel: Der Große Kurfürst in Königsberg.


meinsam verwandeln den ursprünglichen Rückstoß des Rohres
nach den: Abfeuern auf dem langen Nücklaufwege in einen
verhältnismäßig geringen Druck, den die durch den Sporn
am Boden gestützte Lafette aufiängt. Sobald das Rohr aber
in seiner rückwärtigsten Stellung angelangt ist, wird es von
den zusammengedrückten Spi-
ralfedern, die sich nun wieder
auszudehnen trachten, in seine
ursprüngliche Stellung vor-
geschoben. Dabei dient die
abermals vor den Bremskolben
strömende Flüssigkeit als Re-
gulator, ein allzu rasches Vor-
schnellen des Rohres und da-
mit störende Erschütterungeir
und Verschiebungen verhin-
dernd. Aufsatz und Visier-
korn sitzen, vom Rohr völlig
getrennt, auf der linken Seite
der Oberlafette, so daß der
gleichfalls auf dieser Seite
fitzende Richtkanonier gleich
nach Abgabedes Schusses, ohne
erst das Zurückgleiten und
Vorbringen des Rohres abzu-
warten, die Richtung Nachsehen
und nötigenfalls berichtigen
kann. Das Wiederladen er-
folgt unabhängig vom Richtet:
schon während der Vorbewe-
gung des Rohres. Die Uetzer-
legenheit dieses Geschützsystems
gegenüber allen anderen äußert
sich vornehmlich in einem ge-
ringen Gesamtgewicht (auf-
geprotzt: 1580 Kilogramm)
und in der gewaltigen Feuer-
schnelligkeit, die bis zu 20
Schüssen in der Minute ge-
steigert werden kann. Berichte
über ausgedehntere Versuche
damit in der Schweiz und
in Norwegen lassen erkennen,
daß auch die Proben bezüg-
lich der Kriegstüchtigkeit sehr befriedigend ausgefallen sind. —
Das untere Bild auf S. 341 versetzt 'uns höchst an-
schaulich in die Pekinger Schreckenszeit zurück, welche
die in den dortigen Gesandtschaften Eingeschlossenen auszu-
halten hatten, indem es uns nach einer an Ort und Stelle
aufgenommenen Photographie jene Scenerie am Tage nach
einem Straßenkampfe vorführt. — Inzwischen haben
die Straßen Pekings zum größten Teil bereits wieder ihr
gewöhnliches Aussehen angenommen. Der Oberbefehlshaber,
Graf Waldersee, hat mehrfach Paraden über die ver-
bündeten Truppen abgenommen. So zum Beispiel hielt
er am ersten Weihnachtstag in Peking eine große Truppen-
schau ab, die vom Generalmajor v. Trotha kommandiert
wurde. Alle Kontingente nahmen daran Teil außer den

Franzosen und Engländern. Der Vorbeimarsch gelang vor-
züglich. Zuerst kamen die Deutschen, dann die Russen,
Italiener, Amerikaner und Oesterreicher. Die fremden Offi-
ziere verfolgten mit besonderem Interesse die Unterschiede
im Vorbeimarsch der verschiedenen Truppenteile, insbesondere

der Fetdbatterien, die mit berittenen Maultieren bespannt
waren. Die italienischen Bersaglieri kamen im Laufschritt
vorbei. Nm Neujahrstage wohnte Graf Waldersee der Parade
der britischen Truppen bei und erwies ihnen eine besondere
Aufmerksamkeit, indem er das Hoch auf die Königin aus-
brachte. Auch die anderen Nationen hatten Vertreter entsandt,
mit Ausnahme der Franzosen. —
Die Festlichkeiten in Berlin zur Zweijahrhundertfeier des
Königreichs Preußen nahmen nut dem volkstümlichen histori-
schen Festspiel „Hohenzoller n" i m N euen königli ch e n
Operntheater (Kroll) ihren Anfang. Der Verfasser dieser
patriotischen Gelegenheitsdichtung, Axel Delmar, hat darin
geschickt zehn Bilder aus der preußischen Geschichte, welche
das allmähliche Einporsteigen dieses Staatswesens anschaulich

machen sollen, aneinander gereiht. Als Darsteller waren
nur Dilettanten aus den verschiedensten Gesellschaftskreisen
Berlins thätig, und die Reinerträge wurden hilfsbedürftigen
Kriegsiicvaliden zugewiesen. Die erstell Bilder des Festspiels
aus grauer Vorzeit blieben ohne tieferen Eindruck auf die
Zuschauer; es ist ja auch er-
klärlich genug, das; so fernlie-
gende Vorgänge nicht mehr
auf ein Verständnis rechnen
können, das lebhafte Anteil-
nahme oder sogar Begeisterung
hervorzurufen vermag. Publi-
kum wie Darsteller wurden
erst wärmer, als mall bei den
Perioden der preußischen Ge-
schichte anlangte, die allge-
meiner bekannt sind. Sehr
wirkungsvoll war die Seene,
welche den Großen Kur-
fürsten in Kölligs berg
zeigte, wo ihm das Volk
huldigt, und dann, wie er
die französischen Refugies in
Potsdam empfing. Der Bei-
fall steigerte sich bis zum
Schluffe bei den bewegten
Masfenbildern aus der Schlacht
bei Leutheil, aus den Tagen
der Befreiungskriege und aus
der Schlacht bei Sedan. „Mit
dieser Großthat deutscher
Waffen schloß das patriotische
Dichtwerk," berichtet der
„Berliner Lokal-Anzeiger".
„Der glückliche Gedanke, der
Bevölkerung der Neichshaupt-
ftadt und dem preußischen
Volke bei der Zweijahrhundert-
feier unseres Königreiches diese
Darbietung zu bringen, ist dem
Vorsitzenden und Schatzmeister
des Komitees, dem Kommer-
zienrat Bernhard Loeser, zu
danken, durch dessen Opferfrcu-
digkeit die ganze Feier möglich wurde. Wenn mail bedenkt,
daß die Vorstellung von 400 Herren und Damen ausgeführt
wurde, die nur aus Liebe zur Sache bewegt wurden, so ge-
bührt allen Beteiligten das höchste Lob. Die Eingabe an die
Sache selbst entschädigt für die kleinen Mängel, die das Auge
des Kundigen bemerkte, und Herr Oberregisseur Frey, der
die Jnscenierung besorgte, »lag keine kleine Arbeit gehabt
haben. Die Berliner Jugendwehr, die Freiwillige Sanitäts-
kolonne, der Kriegersängerbluld, der Männerchor „Gesellig-
keit" Hatteil sich ebenfalls in den Dienst der Sache gesteNt.
Ferdinand Hummel hat das Preußenlied komponiert, welches
vom Krieger-Sängerbund unter Leitung seines Dirigenten
Bachmeyer in trefflicher Weise gesungen wurde."


Rückkehr des Grafen v. waldersee von einer jdarade der verbündeten Gruppen in China.
 
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