556
Das Buch für Alle.
Wt 21.
einem. Fuße auf den anderen trat. Indessen brauste
der Zug heran, und aus einem der Abteile sprang ein
junger Mann mit gleichen Füßen auf den Bahnsteig.
„Karl!"
„Vater! Lieber Vater!"
Die Landleute, die dein Zuge nun bedächtig ent-
stiegen, sahen sich die leiden-
schaftlich bewegte Gruppe, die der
Vater mit dem so lange entbehr-
ten Sohn bildete, verwundert und
ein wenig mißbilligend an. Der
Bauer hält auf würdevolle Ge-
lassenheit und liebt es nicht,
wenn sich Gemütsbewegung zu
stark nach außen kundgiebt, am
wenigsten vor den Leuten.
„Die goldenen Herzen san
halt kuriose Leut'!" meinte ein
weißhaariges Bäuerlein kopf-
schüttelnd.
Die beiden Huber ließen ein-
ander endlich aus den Armen.
Der Vater trat einen Schritt
zurück, neigte den Kopf zur
Seite und beüugelte ordentlich
verliebt den Sohn, der in seinem
braunen Lodenanzuge so vornehm
aussah, wie ein Prinz auf einem
Jagdausfluge.
„Gut is 's dir 'gangen in
die Jahr, Karl, und g'sund bist,
man sieht's. Herrgott, wird si'
die Mutter freuen!"
Der Doktor lächelte froh. „Is
's nit mit'kommen, 's Mutterl?
Dann müssen wir aber machen,
daß wir Heimkommen, heim zur
Mutter! Vater, hast du eine
Ahnung, wie mir ums Herz ist?
Juchzen möcht' ich vor Freud! —
Hast ein'n Wagen mit für meine
Koffer, Vater?"
Ein Bauernwagen war zur
Stelle. Karl ließ sein Gepäck
hinaufschafsen, machte noch in aller
Eile die Bekanntschaft des Sta-
tionsvorstehers und trat dann
Arm in Arm mit seinem Vater
die Wanderung nach dem eine
halbe Stunde von der Station
entfernten Dorfe Waldbrugg an,
wo der alte Huber als Lehrer
wirkte.
Während die beiden unter
dem Schatten der die Chaussee
Knsäumenden Obstbüume dahin-
schritten, und der Sohn von sei-
ner Reise erzählte, ging dem
Vater die Vermutung, die der
Stationsbeamte darüber geäußert
hatte, daß Karl nicht nach Paris
gefahren war, immerzu im Kopfe
herum. Wieder und wieder schielte
er seinen Sohn von der Seite
her an, als wolle er dein jungen
Manne seine Herzensgeheimnisse
aus dem sonngebräunten Gesichte
lesen. Endlich konnte er nicht
mehr an sich halten.
„Karl, is 's auch g'wiß wahr,
daß dir nix an der Komtesse
liegt? Schau, weil du halt
durchaus nit hast mitfahren wollen
nach Paris."
Der Sohn sah den alten Herrn
erst mit großen Augen verwun-
dert an. Dann huschte ein humo-
ristisches Lächeln über sein Gesicht.
„Vater, Vater, die Idee ist nicht
auf deinem Mist gewachsen! Ge-
stehe nur, du hast von der Ge-
schichte mit der Komtesse gere-
det, und —"
Der alte Herr kraute sich ver-
legen hinter dem linken Ohr.
„Jesses, ja! Du hast ja nit
woll'n, daß von der G'schicht da
bei uns g'red't wird, aber jetzt
hab' ich's doch dem Stationsches erzählt, wie ich mit ihm
von dir g'red't hab', während dem, daß ich auf deinen Zug
gewartet hab'. In meiner Aufregung hab' ich ganz
vergessen — "
„Na, es macht nichts," lachte der Sohn. „Jetzt,
wo die Geschichte so lang her ist, schadet's nichts mehr.
Und er hat dich auf diesen Gedanken 'bracht, nicht wahr?"
„Ja," gestand der Vater ein wenig kleinlaut.
„Unglaublich! Ein Mann, ein Staatsbeamter, und
solche Einfall'! — Was aber deine Frage angeht, Vater,
so könnte ich gewiß nicht sagen, daß mir an unserer
Gisela nichts liegt. Im Gegenteil, sehr gern hab' ich
sie, nur nit auf die Art, daß ich deswegen nit ruhig
nach Paris hätt' mitfahren können. Weißt, Vater, die
Mollendorfs sind freilich ein deutsches Geschlecht, die
jetzige Gräfin aber ist eine Slockmagparin, und die
einen Stromer, der wohl auf einem der Feldwege an
sie herangekommen war. Der Mann war schon bejahrt,
davon gaben die grauen Bartstoppeln auf seinem un-
rasierten Gesichte Zeugnis. Sein in Wachstuch ge-
schnürtes Reisebündel war schmal, sein Anzug arg mit-
genommen. aus seinen Schuhen guckten die Zehen.
Das Kranzelrennrn in Weitensfeld (Gurklffal). V
„So ein alter Mann und noch auf der Walze!"
sagte der Lehrer mitleidig. „Und Sie sind wohl was
Besseres g'wesen, nit? Sie schau'n so aus."
„Ich war früher Buchhalter, Herr."
Der alte Huber schüttelte betrübt das Haupt und
fuhr eilends mit der Rechten in die Hosentasche. Gleich
daraus wandte er sich errötend an seinen Sohn. „Hast
du ein bissel Kleingeld?" Halblaut fügte er hinzu: „Die
Mutter hat mich auf Wochengeld gesetzt, weil ich alles
verschenken thät', und das is schon weg, das Wochengeld."
Gisela hat von der Mutter schwarze Haar' und dunkle
Augen. Das Mädel aber, das mir so recht ins Herz
hineinwachsen könnt', das müßte wohl blonde Haare
haben und blaue Augen und mit einem Wort, Vater,
mein Fall wär' eher ein Gretchen."
Der alte Herr atmete tief auf. „Gott sei Dank!
Der dicke Plauscher hat mir's Herz ordentlich schwer
g'macht mit —"
„Dürst' ein armer Reisender die Herren bitten?"
Die beiden Huber sahen sich um und gewahrten
M 21.
Das Buch für Alle. 557
alte Mann soll auch was davon haben, daß er uns in
einer solchen Glücksstund' über den Weg g'laufen ist.
— Wieder daheim, Vater! Ich kann mir nit helfen —
Jghuhuhu!"
Der Doktor der Philosophie juchzte über die Felder,
wie ein vom Tanze heimwärts schwankender Bauern-
bursch, und der alte Lehrer-
mächte ein Gesicht dazu, als hörte
er die lieben Engel singen.
2.
Sie hatten jetzt das Dorf er-
reicht. Die breite, sich lang hin-
ziehende ländliche Straße lag
menschenleer und verödet in der
Sonnenglut. Alles, was sich nur
Halbwegs regen konnte, war ja
auf den Wiesen zur Heumahd.
Karl ivar das gerade recht so.
Da wurde er von niemand auf-
gehalten auf seinem Wege zur
Mutter.
Diese trat dem Heimkehren-
den schon im Hausflur entgegen.
„Karl! Mein lieber, lieber
Bub' — daß ich dich da hab',
wieder einmal!"
„Mutterl! Meine liebe, gute
Mutter!"
Vater Huber räusperte sich,
drückte die Hausthür hinter sich
zu und zwängte sich an Frau
und Sohn vorbei nach der Thür
zur Wohnstube. Dort stand eine
Kanne weißen Grinzinger Weins
auf dem Tisch und daneben drei
Spitzgläser.
Die füllte der alte Herr be-
dächtig aus der Kanne. Dann
rief er aus der Thür: „Jetzt
kommt- einnml daherein zum
Willkommentruni! Tef du reRt
glückliche Zeiten in der Heimat
verleben mögest, mein Sohn!"
Die Mutter, eine große Frau
mit starkem braunem Haar und
energischem, nicht unschönem Ge-
sicht, führte ihren -^ohn an der
Hand ins Zimmer, so sorglich,
als wäre der junge Herr plötzlich
wieder ein kleiner Junge gewor-
den, der mit seinen ungeschickten
Beinchen auf der Schwelle stol-
pern könne. Die beiden stellten
sich zur Rechten und zur Linken
des Hausvaters auf, griffen nach
den Gläsern und ließen sie an-
einander klingen.
„Vater - Mutter! Auf euer
Wohl!"
„Auf dein Glück in der Hei-
mat, lieber Junge!"
Tie Gläser waren eben ge-
leert, als es leise an die Thüre
klopfte. Auf das „Herein!" des
Hausherrn erschien in der Thür-
spalte das graustoppelige Gesicht
des alten Kunden von vorhin.
„Sie entschuldigen schon,
liebe Frau, die Herren waren
so gütig —"
Frau Huber sah ihren Mann
und ihren Sohn an und schüttelte
lächelnd den Kopf.
„Nit bös sein, Mutterl!"
lachte Karl. „Schau, ich hab'
mich so g'freut, wieder zu dir
zu kommen, und wenn ich mich
freu', dann muß ich irgend wem
was zulieb' thun. Da hat uns
der Himmel den Alten da in den
Weg g'schickt, folglich soll er es
sein, dem's zu gute kommt, daß
ich so glücklich bin heute. Der
Vater schenkt ihm ein paar Schuh',
ich ein'n alten Anzug, und ein
Glas Wein soll er auch haben.,,
A- HkllK lnnes der Gläser mit dem goldfarbigen
Wein aus der Kanne, Mck evff die Thürschwelle und
reichte den Trunk dem Bettler.
„Da, trinken S' aus auf unser Wohl und vm Mem
auf "das Ihrige. Daß das Leben auf der Walze bald
ein Ende haben möge!"
Der Fremde hob das Glas. „Auf Ihr Wohl,
Herr," sagte er mit bewegter Stimme, „und auf das
Wohl Ihrer Eltern. Wenn es mehr solche Leut' m der
Welt gäbe, wär' das Leben schöner, als es ist, auch für
^riginalskiM von Oitomar Pinsker. (S. 555)
hin. Wenn ein Regen kommt — wissen S' was, mein
Lieber, kommen S' nachher zu mir. I' bin der Schul-
lehrer in dem Dorf da unten. Sie finden leicht hin,
vorn: Schulhaus steht eine große Linde. Ich werd'
sehen, ob sich nicht ein paar alte Stiefel finden für Sie.
Aber warten S' ein bissel, bevor S' uns nachgehen.
Die Bauern reden ohnedem schon davon, daß ich ihnen
die armen Reiknden ins T-.f zieh'."
Der Bvaler dankte durch eine Verneigung, die
ebenso wie sein Gesicht verriet, daß der Mann von
Und dann giebt's wirklich sehr viel G'sindgf Noer
bring' 's halt nicht übers Herz, wenn mich einer an-
spricht, zu sagen: Mach, daß d'iveiterkommst." Manch-
mal hab' ich mir's fest vorgenovkmen, aber es geht
halt nit."
Karl lächelte. „Ich kenn' d^. Mir geht's g'rad so.
Wenn der Mann von vorhch kommt, wird die Mutter
uns alle zwei ausschimpfen können. Ich werd' nämlich
gleich den einen Koffer a^machen, wo ich ein'n alten
i dlmna dxin dkl Ann Wegschenken reif ist. Der
Das Buch für Alle.
Wt 21.
einem. Fuße auf den anderen trat. Indessen brauste
der Zug heran, und aus einem der Abteile sprang ein
junger Mann mit gleichen Füßen auf den Bahnsteig.
„Karl!"
„Vater! Lieber Vater!"
Die Landleute, die dein Zuge nun bedächtig ent-
stiegen, sahen sich die leiden-
schaftlich bewegte Gruppe, die der
Vater mit dem so lange entbehr-
ten Sohn bildete, verwundert und
ein wenig mißbilligend an. Der
Bauer hält auf würdevolle Ge-
lassenheit und liebt es nicht,
wenn sich Gemütsbewegung zu
stark nach außen kundgiebt, am
wenigsten vor den Leuten.
„Die goldenen Herzen san
halt kuriose Leut'!" meinte ein
weißhaariges Bäuerlein kopf-
schüttelnd.
Die beiden Huber ließen ein-
ander endlich aus den Armen.
Der Vater trat einen Schritt
zurück, neigte den Kopf zur
Seite und beüugelte ordentlich
verliebt den Sohn, der in seinem
braunen Lodenanzuge so vornehm
aussah, wie ein Prinz auf einem
Jagdausfluge.
„Gut is 's dir 'gangen in
die Jahr, Karl, und g'sund bist,
man sieht's. Herrgott, wird si'
die Mutter freuen!"
Der Doktor lächelte froh. „Is
's nit mit'kommen, 's Mutterl?
Dann müssen wir aber machen,
daß wir Heimkommen, heim zur
Mutter! Vater, hast du eine
Ahnung, wie mir ums Herz ist?
Juchzen möcht' ich vor Freud! —
Hast ein'n Wagen mit für meine
Koffer, Vater?"
Ein Bauernwagen war zur
Stelle. Karl ließ sein Gepäck
hinaufschafsen, machte noch in aller
Eile die Bekanntschaft des Sta-
tionsvorstehers und trat dann
Arm in Arm mit seinem Vater
die Wanderung nach dem eine
halbe Stunde von der Station
entfernten Dorfe Waldbrugg an,
wo der alte Huber als Lehrer
wirkte.
Während die beiden unter
dem Schatten der die Chaussee
Knsäumenden Obstbüume dahin-
schritten, und der Sohn von sei-
ner Reise erzählte, ging dem
Vater die Vermutung, die der
Stationsbeamte darüber geäußert
hatte, daß Karl nicht nach Paris
gefahren war, immerzu im Kopfe
herum. Wieder und wieder schielte
er seinen Sohn von der Seite
her an, als wolle er dein jungen
Manne seine Herzensgeheimnisse
aus dem sonngebräunten Gesichte
lesen. Endlich konnte er nicht
mehr an sich halten.
„Karl, is 's auch g'wiß wahr,
daß dir nix an der Komtesse
liegt? Schau, weil du halt
durchaus nit hast mitfahren wollen
nach Paris."
Der Sohn sah den alten Herrn
erst mit großen Augen verwun-
dert an. Dann huschte ein humo-
ristisches Lächeln über sein Gesicht.
„Vater, Vater, die Idee ist nicht
auf deinem Mist gewachsen! Ge-
stehe nur, du hast von der Ge-
schichte mit der Komtesse gere-
det, und —"
Der alte Herr kraute sich ver-
legen hinter dem linken Ohr.
„Jesses, ja! Du hast ja nit
woll'n, daß von der G'schicht da
bei uns g'red't wird, aber jetzt
hab' ich's doch dem Stationsches erzählt, wie ich mit ihm
von dir g'red't hab', während dem, daß ich auf deinen Zug
gewartet hab'. In meiner Aufregung hab' ich ganz
vergessen — "
„Na, es macht nichts," lachte der Sohn. „Jetzt,
wo die Geschichte so lang her ist, schadet's nichts mehr.
Und er hat dich auf diesen Gedanken 'bracht, nicht wahr?"
„Ja," gestand der Vater ein wenig kleinlaut.
„Unglaublich! Ein Mann, ein Staatsbeamter, und
solche Einfall'! — Was aber deine Frage angeht, Vater,
so könnte ich gewiß nicht sagen, daß mir an unserer
Gisela nichts liegt. Im Gegenteil, sehr gern hab' ich
sie, nur nit auf die Art, daß ich deswegen nit ruhig
nach Paris hätt' mitfahren können. Weißt, Vater, die
Mollendorfs sind freilich ein deutsches Geschlecht, die
jetzige Gräfin aber ist eine Slockmagparin, und die
einen Stromer, der wohl auf einem der Feldwege an
sie herangekommen war. Der Mann war schon bejahrt,
davon gaben die grauen Bartstoppeln auf seinem un-
rasierten Gesichte Zeugnis. Sein in Wachstuch ge-
schnürtes Reisebündel war schmal, sein Anzug arg mit-
genommen. aus seinen Schuhen guckten die Zehen.
Das Kranzelrennrn in Weitensfeld (Gurklffal). V
„So ein alter Mann und noch auf der Walze!"
sagte der Lehrer mitleidig. „Und Sie sind wohl was
Besseres g'wesen, nit? Sie schau'n so aus."
„Ich war früher Buchhalter, Herr."
Der alte Huber schüttelte betrübt das Haupt und
fuhr eilends mit der Rechten in die Hosentasche. Gleich
daraus wandte er sich errötend an seinen Sohn. „Hast
du ein bissel Kleingeld?" Halblaut fügte er hinzu: „Die
Mutter hat mich auf Wochengeld gesetzt, weil ich alles
verschenken thät', und das is schon weg, das Wochengeld."
Gisela hat von der Mutter schwarze Haar' und dunkle
Augen. Das Mädel aber, das mir so recht ins Herz
hineinwachsen könnt', das müßte wohl blonde Haare
haben und blaue Augen und mit einem Wort, Vater,
mein Fall wär' eher ein Gretchen."
Der alte Herr atmete tief auf. „Gott sei Dank!
Der dicke Plauscher hat mir's Herz ordentlich schwer
g'macht mit —"
„Dürst' ein armer Reisender die Herren bitten?"
Die beiden Huber sahen sich um und gewahrten
M 21.
Das Buch für Alle. 557
alte Mann soll auch was davon haben, daß er uns in
einer solchen Glücksstund' über den Weg g'laufen ist.
— Wieder daheim, Vater! Ich kann mir nit helfen —
Jghuhuhu!"
Der Doktor der Philosophie juchzte über die Felder,
wie ein vom Tanze heimwärts schwankender Bauern-
bursch, und der alte Lehrer-
mächte ein Gesicht dazu, als hörte
er die lieben Engel singen.
2.
Sie hatten jetzt das Dorf er-
reicht. Die breite, sich lang hin-
ziehende ländliche Straße lag
menschenleer und verödet in der
Sonnenglut. Alles, was sich nur
Halbwegs regen konnte, war ja
auf den Wiesen zur Heumahd.
Karl ivar das gerade recht so.
Da wurde er von niemand auf-
gehalten auf seinem Wege zur
Mutter.
Diese trat dem Heimkehren-
den schon im Hausflur entgegen.
„Karl! Mein lieber, lieber
Bub' — daß ich dich da hab',
wieder einmal!"
„Mutterl! Meine liebe, gute
Mutter!"
Vater Huber räusperte sich,
drückte die Hausthür hinter sich
zu und zwängte sich an Frau
und Sohn vorbei nach der Thür
zur Wohnstube. Dort stand eine
Kanne weißen Grinzinger Weins
auf dem Tisch und daneben drei
Spitzgläser.
Die füllte der alte Herr be-
dächtig aus der Kanne. Dann
rief er aus der Thür: „Jetzt
kommt- einnml daherein zum
Willkommentruni! Tef du reRt
glückliche Zeiten in der Heimat
verleben mögest, mein Sohn!"
Die Mutter, eine große Frau
mit starkem braunem Haar und
energischem, nicht unschönem Ge-
sicht, führte ihren -^ohn an der
Hand ins Zimmer, so sorglich,
als wäre der junge Herr plötzlich
wieder ein kleiner Junge gewor-
den, der mit seinen ungeschickten
Beinchen auf der Schwelle stol-
pern könne. Die beiden stellten
sich zur Rechten und zur Linken
des Hausvaters auf, griffen nach
den Gläsern und ließen sie an-
einander klingen.
„Vater - Mutter! Auf euer
Wohl!"
„Auf dein Glück in der Hei-
mat, lieber Junge!"
Tie Gläser waren eben ge-
leert, als es leise an die Thüre
klopfte. Auf das „Herein!" des
Hausherrn erschien in der Thür-
spalte das graustoppelige Gesicht
des alten Kunden von vorhin.
„Sie entschuldigen schon,
liebe Frau, die Herren waren
so gütig —"
Frau Huber sah ihren Mann
und ihren Sohn an und schüttelte
lächelnd den Kopf.
„Nit bös sein, Mutterl!"
lachte Karl. „Schau, ich hab'
mich so g'freut, wieder zu dir
zu kommen, und wenn ich mich
freu', dann muß ich irgend wem
was zulieb' thun. Da hat uns
der Himmel den Alten da in den
Weg g'schickt, folglich soll er es
sein, dem's zu gute kommt, daß
ich so glücklich bin heute. Der
Vater schenkt ihm ein paar Schuh',
ich ein'n alten Anzug, und ein
Glas Wein soll er auch haben.,,
A- HkllK lnnes der Gläser mit dem goldfarbigen
Wein aus der Kanne, Mck evff die Thürschwelle und
reichte den Trunk dem Bettler.
„Da, trinken S' aus auf unser Wohl und vm Mem
auf "das Ihrige. Daß das Leben auf der Walze bald
ein Ende haben möge!"
Der Fremde hob das Glas. „Auf Ihr Wohl,
Herr," sagte er mit bewegter Stimme, „und auf das
Wohl Ihrer Eltern. Wenn es mehr solche Leut' m der
Welt gäbe, wär' das Leben schöner, als es ist, auch für
^riginalskiM von Oitomar Pinsker. (S. 555)
hin. Wenn ein Regen kommt — wissen S' was, mein
Lieber, kommen S' nachher zu mir. I' bin der Schul-
lehrer in dem Dorf da unten. Sie finden leicht hin,
vorn: Schulhaus steht eine große Linde. Ich werd'
sehen, ob sich nicht ein paar alte Stiefel finden für Sie.
Aber warten S' ein bissel, bevor S' uns nachgehen.
Die Bauern reden ohnedem schon davon, daß ich ihnen
die armen Reiknden ins T-.f zieh'."
Der Bvaler dankte durch eine Verneigung, die
ebenso wie sein Gesicht verriet, daß der Mann von
Und dann giebt's wirklich sehr viel G'sindgf Noer
bring' 's halt nicht übers Herz, wenn mich einer an-
spricht, zu sagen: Mach, daß d'iveiterkommst." Manch-
mal hab' ich mir's fest vorgenovkmen, aber es geht
halt nit."
Karl lächelte. „Ich kenn' d^. Mir geht's g'rad so.
Wenn der Mann von vorhch kommt, wird die Mutter
uns alle zwei ausschimpfen können. Ich werd' nämlich
gleich den einen Koffer a^machen, wo ich ein'n alten
i dlmna dxin dkl Ann Wegschenken reif ist. Der