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598

Das Buch für Alla

M 23.

Ehrenpforte geschmückte Hauptthor füllt der Blick ans die
dahinter liegenden Baracken, welche selbstverständlich auf das
zweckmäßigste eingerichtet find. —
Sehr häufig ist in neuester Zeit der Name der Gattin


des Geueralkomniandauten der burischeit Streitkräfte, der
Frau Botha, erwähnt worden, wenn von Friedens-
Verhandlungen zwischen England und den Buren die Rede
war. Während Milner sich nach England begab, um eine
Einigung zwischen den auseinandergehenden Anschauungen
Chamberlains und Kitcheners, das heißt eine Uebeteinstim-
mung zwischen den politischen und militärischen Gesichts-
punkten herbeizuführen, wurde
gemeldet, daß Frau Botha
sich nach Europa aufgemacht
habe, um zunächst Aufträge
ihres Gatten an die Mitglie-
der der Vurengesandtschaft
Fischer und Wolmarans zu
überbringen und sodann den
Präsidenten Krüger aufzu-
suchen. Frau Louis Botha
ist eine stattliche Erschei-
nung; gleich den meisten süd-
afrikanischen Farmerfrauen
ist sie eine vortreffliche Rei-
terin und versteht auch die
Büchse ausgezeichnet zu hand-
haben. —
Eine Sühnekapelle
für Kaise r M aximilia n
von Mexiko wurde bei Que-
re t a r o errichtet und kürzlich
feierlich eingeweiht. Sie er-
hebt sich auf dem Cerro de las Campanas, an jener Stelle,
wo der unglückliche Monarch mit seinen Generalen Miramon
und Mejia am 19. Juni 1867 erschossen wurde. Der Platz
wird noch genau bezeichnet durch drei viereckige, behauene
Steinblöcke, die mit Marmorplatten belegt sind, welche in

Goldbuchstaben die Namen tragen. Die Sühnekapelle ist
nach dem Plaue des Architekten Max v. Mitzel in gotisch-roma-
nischem Stile aus rötlich-grauem Sandstein errichtet. Der
Jnnenraum faßt gegen 60 Personen und wird durch zwei
Seitenfenster aus rotem Glase erhellt. —
Am 15. Mai erfolgte die feierliche Eröffnung der Aus-
stellung der K ü n st l e r k o l o n i e in D a r m stadt st,Do -
kument deutscher Kunst") auf der Mathildenhöhe in Gegenwart
des großherzoglichen Paares- der Prinzen und Prinzessinnen
Ludwig und Franz Jo-
seph von Battenberg und
einer großen Zahl gela-
dener Gäste. Den.Ein-
gang zur Ausstel-
lung bilden zwei Pylo-
nen, die ein großes „Be-
lum" tragen. Die Er-
öffnungsfeier leitete ein
Festspiel von Georg Fuchs
und Hofkapellmeister de
Haar, betitelt „Das Zei-
chen", ein, dann fand ein
Rundgang durch die Aus-
stellung statt. Sie um-
faßt die besonderen Aus-
slellungsbauten und die
festen Bauten. Jene sind
das Hauptrestaurant, das
Haus der Blumen, das
Spielhaus und das Ge-
bäude für Flächenkunst;
diese das Ernst Ludwig-
Halls (das Arbeitshaus
der Künstler) und die
sieben Häuser Olbrich,
Christiansen, Glückert,
Habich, Behrens, Deiters
und Keller. All das Fest-
esseil im Hauptrestaurant
schloß sich die Eröffnungs-
vorstellung im Spiel-
hause. —
Wegen der gänzlichen
Unzuverläßlichkeit und
Unzulänglichkeit der tür-
kischen Posteinrichtungen haben fast alle europäischen Staaten
in Konstantinopel und in den wichtigsten
Hasenplätzen der Türkei eigeile Postämter
eingerichtet. Scholl wiederholt hat die Hohe
Pforte Versuche gemacht, den europäischen
Postdienst in der Türkei abzuschaffen, aber
stets vergeblich. Kürzlich ist es bei einem
erneuten Versuche dieser Art zu einem
P o st ko n f l i k t e zwischen der Pforte und
den Mächten gekommen, der zeitweilig
einen ziemlich ernsten Charakter annahm.
Die türkische Negierung ließ die in Kon-
stantinopel einlaufende europäische Post
beschlagnahmen und durchsuchen. Dann
richtete sie an die Botschafter eine Note,
worin die Direktoren der fremden Posten
beschuldigt wurden, den Schmuggel zu
begünstigen und die türkischen Zollein-
nahmen zu schädigen. Diese beleidigende
"Note weigerten sich die Vertreter der frem-
den Mächte anzunehmen; sie lehnten es
ab, mit der Pforte in dieser Sache in
einen Schriftwechsel einzutreten und be-
harrteil auf der Forderung einer Genugthuung gegenüber dell
fremden Postämtern. Die bulgarischen Beamten an der bul-
garisch-türkischen Grenze wurden angewiesen, die aus Europa
anlangenden Postsendungen den türkischen Beamten nicht zu
übergeben und die Post selbst nach Konstantinopel zu bringen.

Als nun am folgenden Tage der europäische Postzug in Kon-
stantinopel einlief, den die türkischen Beamten wiederum be-
schlagnahmen wollten, wurde er von dem österreichischen und
dem deutschen Postdirektor am Bahnhofe erwartet, die sofort
Besitz voll den Sendungen ergriffen. Am Quai von
Stnmb ul erfolgte dann die Verladung der vor den
Tür keil geborgenen Postsäcke nach Anweisung der
Direktoren der fremden Postell in einen Dampfer, der. sie
nach Galata, dem Sitze der ausländischen Postämter, brachte.

Durch die Abstattung der verlangten Entschuldigungen seitens
der türkischen Regierung und die Zusicherung, daß die frem-
den Postanstalten in Zukunft ungestört funktionieren könnten,
wurde dann der Konflikt beseitigt. —
Am 5. Juni find es fünfundsiebzig Jahre, daß der
Komponist des „Freischütz", Karl Maria v. Weber, fern
voil der Heimat und den Seinen, in London aus dein Leben
schied. Er war am 18. Dezember 1786 zu Eutin in Holstein
geboren und zeigte schon früh bedeutende Begabung zur
Musik, erhielt aber, da sein Vater Schauspieldirektor war
und häufig seinen Wohnsitz wechselte, nur unregelmäßigen
Unterricht. Auch nahm die Musik keineswegs seine volle
Neigung in Anspruch, s
eifrigste mit der eben
von Seneselder er-
fundenen Lithogra-
phie, zu deren Ver-
besserung er durch ein
von ihm erfundenes
Verfahren bedeutend
beizutragen hoffte
Diese Hoffnung er-
füllte sich jedoch nicht,
das Mechanische der
Lithographie wurde
ihm bald zuwider,
und nuil ivarf er sich
mit aller Kraft auf
die Tonkunst, indem
! er seine Erstlingsoper,
j „Das Waldmädchen"
komponierte, die
! zuerst in Chemnitz,
dann in Freiberg in
, Sachsen zur Aufführung
Ruhm brachte. Auch sein zweites Werk „Peter Schmoll und
seine Nachbarn" schlug nicht ein. Weber setzte nnnmehr seine
Studien in Wien fort, war dann an verschiedenen Orten
Kapellmeister, machte Kunstreisen als Klaviervirtuose, trat
auch mit neuen Kompositionen für Theater und Klavier
hervor und führte ein ruheloses Wanderleben, das erst sein
Ende fand, als er zur Gründung der deutschen Oper nach
Dresden berufen wurde. Anfangs 1817 ließ er sich in Dres-
den nieder, und nun begann die glänzendste Periode seines
künstlerischen Schaffens. 1818 gelangte seine „Jubelouvertüre"
zur ersten Aufführung, am 14. März 1818 ging „Preeiosa"
und nm 18. Juni desselben Jahres sein Meisterwerk „Der
Freischütz" erstmals in Seene. Am 25. Oktober 1823 folgte
die für Wien komponierte „Eurpanthe" und am 12. April 1826
„Oberon" in London. Weber war von Jugend an schwächlich
und zart; er hatte die Lungentuberkulose und fühlte sich be-
reits sehr leidend, reiste aber dennoch zum Einstudieren sei-
nes letzten Werkes nach der englischen Hauptstadt. Das dor-
tige Klima wirkte jedoch sehr nachteilig auf ihn ein; seine Kräfte
nahmen mit reißender Schnelligkeit ab, und an: 5. Juni 1826
schloß der hervorragendste Repräsentant der deutschen roman-
tischen Oper für immer die müden Augen. Karl Maria
v Weber zählt zu den Lieblingstondichtern unseres Volkes.
Er hat nicht nur auf dein Gebiete der dramatischen und der
Orchcstermusik, deren NuSdrucksfähigkeit er bedeutend zu
steigern wußte, sondern auch auf dem des Liedes und der
Klavierkomposition Werke von hohem und bleibendem Werte
geschaffen.



Lühnekapelle zum Gedächtnis Kaiser Maximilians
von Mexiko bei OZueretaro.


Verladung der vor den Liirken geborgenen jdostsäcke am Tnai von 5tambul.


Karl Maria v. Weber.
kam, ihm aber weder Geld noch

Eingang zur Ausstellung der Künstlerkolonie in Darinstadt. Nach einer Photographie von Christian tzcrlist. l-ofphotograph in Worms.
 
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