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kamenten bedeutend größere Gaben verordnen. Das
Eisen muß daher in den Eisenwässern in einer Form
und Verbindung vorhanden sein, die für die Aufnahme
und Verwendung im Körper besonders günstig sind.
Aehnlich verhält es sich mit anderen in den Mineral-
wässern vorkommenden Stoffen.
Aus diesem Grunde werden die Mineralwässer zu-
gleich dann die größten Erfolge hervorbringen, wenn sie
möglichst unverändert, das heißt unmittelbar am Brunnen
getrunken werden. Denn wenn auch eine Reihe von
Mineralwassern, ohne darunter in ihrer Zusammensetzung
wesentlich zu leiden, in Krügen und Flaschen versandt
werden können, so daß man sie im eigenen Heim mit
bestem Nutzen trinken kann, so werden sie in vorzüglich-
ster Beschaffenheit doch nur unmittelbar der Quelle ent-
nommen. Ein anderer Teil der Mineralwässer erfährt
sogar bei der Füllung in Gefäße und ihrem kürzeren
oder längeren Verweilen darin nachweislich wichtige
Veränderungen. Es sei hier als Beispiel wieder ein
Eisenwasser angeführt. Wenn die kohlensauren Eisen-
wässer einige Zeit auf Krügen lagern, so entweicht die
Kohlensäure allmählich und es wird einfach-kohlensaures
Eisen gebildet, das ungelöst zu Boden fällt. Je älter
die Füllung ist, desto mehr schreitet die Fällung von in
der überstehenden Flüssigkeit unlöslichen Eisenverbindun-
gen fort, die sich als ein brauner Bodensatz kenntlich
machen. Schütteln die Kranken das ausgefällte Eisen
nicht auf, so erhalten sie daher unter Umständen völlig
eisenfreies Wasser. Wenn sie aber den braunen Eisen-
satz durch Schütteln im Wasser verteilen, so nehmen sie
zwar in jedem Glase ebensoviel Eisen zu sich, wie am
Brunnen selbst, aber das Eisen befindet sich jetzt in
einer ganz anderen Form und Verteilung, ähnelt den
Eisenmedikamenten und wirkt jetzt nicht, weil seine Menge
für diese Art der Darreichung zu gering ist. Wer eine
Kur mit solchen, leicht zur Zersetzung und Veränderung
neigenden Mineralwässern ins Auge faßt, wird daher am
besten thun, wenn er die Brunnen an Ort und Stelle trinkt.
Damit wird er sich außerdem noch bedeutende Vor-
teile verschaffen, die den größeren Kostenaufwand, der
mit einer Kur an der Heilquelle verbunden ist, mehr
als ausgleichen. Denn mit dem Trinken des betreffenden
Mineralwassers allein ist es nicht gethan, wie ja an
den Kurorten keineswegs bloß darauf gehalten wird,
daß überhaupt Brunnen getrunken wird, sondern
vielmehr auf Grund langer, bewährter Erfahrungen
das volle Gewicht darauf gelegt wird, daß das Mineral-
wasser nach einem wohlüberlegten Plan getrunken und
die ganze Lebensführung mit der Brunnenkur zur Hebung
ihres Erfolges in Uebereinstimmung gebracht wird.
In welch eingehender Weise der Kurgebrauch eines
Mineralwassers geregelt wird, mag mit wenigen Worten
gezeigt werden. Zunächst sieht man stets darauf, daß
die Hauptmenge des Mineralwassers — zwei bis vier
Becher mit einem Inhalt von je 200 Kubikcentimeter
— früh am Morgen nüchtern getrunken wird. So-
lange der Magen noch leer ist, findet nämlich die Auf-
saugung des Mineralwassers und seiner wirksamen Be-
standteile am sichersten statt, ohne mit der Nahrungs-
aufnahme und der Verdauung in Widerstreit zu geraten.
Daran schließt sich dann ein behaglicher Spaziergang,
der den Zweck hat, durch die damit verbundene Bewe-
gung das Blut und die aus den Mineralwässern auf-
genommenen Stoffe schnell durch den ganzen Körper zu
treiben. Nach Beendigung des Spazierganges wird das
Frühstück verzehrt. Zwischen diesem und dem späteren
Mittagsmahl darf dann nichts Wesentliches mehr ge-
nossen werden. Nun ist es dem Kranken erlaubt, ein
halbes Stündchen zu ruhen. Dann aber ist ein aber-
maliger Spaziergang vorgeschrieben, der mit dem Trinken
eines neuen Bechers abgeschlossen wird. Hat der Kranke
einige Zeit darauf seinen Thee oder Kaffee zu sich ge-
nommen, so läßt man ihm bis zum Abendbrot freies
Spiel. Gewöhnlich werden auch diese Stunden mit
Spaziergängen und Ausflügen verbracht. Um sieben
Uhr wird endlich das Abendessen verzehrt.
Schon diese Einteilung bedingt eine heilsame Rege-
lung der Lebensweise. Das frühe Aufstehen zieht die
Einnahme des Frühstücks zur rechten Zeit nach sich,
zwischen dem und dem Mittagsessen dann auch ein aus-
reichender Abstand liegt. Die vielfache Bewegung bringt
eine wohlthätige Ermüdung mit sich, die ganz von selbst
zu einem frühen Aufsuchen des Bettes auffordert und
die so wenig zuträgliche Geselligkeit des späten Abends
ausschließt. Damit ist zugleich ein erquickender Schlaf
gewährleistet.
Aber hiermit nicht genug. Es wird nicht nur, wie
gezeigt, die zeitliche Aufnahme der Nahrung bestimmt,
sondern ebenso auch ihre Zusammensetzung und Bereitung.
Gerade auf eine zweckmäßige Regelung der Diät wird
bei den Mineralwasserkuren der größte Nachdruck gelegt.
Denn eine ganze Reihe von Krankheiten macht eine ganz
besondere Ernährungsweise nötig, die zwar bei den ein-
zelnen Leiden verschieden ist, aber doch das Gemeinsame
hat, daß alles Schädliche vermieden wird und nur die-
jenigen Speisen und Getränke erlaubt werden, die nach
praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Unter-
suchungen dem Körper zur Bekämpfung der Krankheit
Das Buch für Alle.
dienlich sind. Die Vorschriften für die verschiedenen
Diätformen sind oft ziemlich verwickelt und erstrecken sich
zuweilen sogar auf die Gewichtsmengen, die für die
einzelnen Speisen und Mahlzeiten anzusetzen sind.
In den Kurorten wird nun dem Kranken die Be-
folgung der ihm zuträglichen Diät nicht unwesentlich er-
leichtert. In den Heilanstalten, den Pensionen und selbst
in den Gasthöfen und größeren Restaurants ist die
Speisekarte auf die Art der hauptsächlich in Betracht
kommenden Kranken sozusagen von vornherein zuge-
schnitten. Jedenfalls nimmt man in den öffentlichen
Lokalen auf die Ernährungsgrundsätze der Speisegäste,
da man durch die alljährliche Wiederkehr gleichartiger
Kranker im allgemeinen mit den betreffenden Diät-
vorschriften vertraut ist, genau Rücksicht. Mitunter wird
ein Kranker Nahrungsmittel, die seiner Diät zuwider-
laufen, auch wenn er sie ausdrücklich fordert, gar nicht
erlangen können, da man auf derartige Wünsche nicht
eingerichtet ist. Die gewissenhafte Einhaltung der Diät
wird übrigens dem Kranken noch durch einen anderen
Umstand erleichtert. Der Kranke verkehrt in den Kur-
orten fast nur mit Personen, die dasselbe Leiden haben
wie er und die sich daher der gleichen Lebensweise unter-
werfen müssen. Er gerät dadurch viel weniger in Ver-
suchung, Verstöße zu begehen, und kommt zugleich auch
viel rascher über etwaige Unbequemlichkeiten hinweg, da
auch hier das alte Sprichwort gilt: Geteiltes Leid,
halbes Leid. Einen wesentlichen Vorteil hat schließlich
ein Kranker, der in einem Kurort längere Zeit eine
strenge Diät befolgt, dadurch, daß er auch in Zukunft
weiß, was er zu lassen hat und was ihm erlaubt ist.
Er wird also, wenn er den Kurort wieder verlassen hat
_M 23.
und zu seinem Beruf zurückgekehrt rst, einem abermaligen
Auftreten seiner Krankheit viel besser entgegenarbeiten
und vorbeugen können.
Es mag wohl scheinen, daß sich alle diese Maßnahmen,
die Trinkkur, die Verteilung von Bewegung und Ruhe,
sowie die Regelung der Diät an der Hand eines tüchti-
gen Arztes ebensogut zu Hause als in einem Kurort
nusführen lassen. In einer Reihe von Fällen kann
dieses zutreffen und hier wird dann auch im eigenen
Heim die Mineralwasserkur befriedigenden Nutzen stiften.
In einer großen Anzahl von Fällen dagegen wird der
Kranke, sei es wegen der gesellschaftlichen Verpflichtun-
gen, sei es wegen der unvermeidlichen häuslichen Stö-
rungen und Ablenkungen, sei es endlich, weil die ganzen
Verhältnisse nicht dazu geeignet sind, durchaus nicht die
Möglichkeit haben, dort ganz sich und seiner Kur zu
leben. Stets aber wird bei einer Mineralwasserkur im
Hause das ,eine fehlen, was zu einem Erfolge wirksam
beiträgt: die Luftveränderung mit ihren günstigen Ein-
flüssen auf Körper und Geist.
Wer sich zu einer Mineralwasserkur an einem Kur-
ort entschließt, sollte die Zeit, die er darauf verwenden
will, nicht auf das knappste bemessen. Die ungefähre
Länge wird zwar der Arzt zu bestimmen haben, aber
es giebt doch auch einen gewissen Spielraum, bei dem
der Wille des Kranken mitspricht. Eine allzu kurze
Kur. wird zwar meist einige Besserung, schwerlich aber
vollständige Genesung mit sich bringen. Wird dagegen
die Kur den ärztlichen Erfahrungen gemäß lange genug
ausgedehnt, dann darf der Kranke auch die größtmögliche
Befreiung von seinen Leiden erwarten, so daß er arbeits-
fähig und zukunftsfreudig zu den Seinen zurückkehrt.
Der Eisenbahnbetrieb irr Gegenwart und Zukunft.
Ven Ulr. Myers.
IV. EiseubaNnunIätte.
n jedem Augenblick sind allein auf den Eisen-
bahnen Deutschlands Hunderte von Zügen
unterwegs, die zum Teil mit beängstigender
Geschwindigkeit fahren; Tausende von Loko-
motiven stehen unter Dampf und sind in Thätigkeit,
Zchntausende von Angestellten der Eisenbahnen wirken
in den verschiedensten Dienstzweigcn und Hunderttausende
von Passagieren sind unterwegs.
Wenn man bedenkt, mit welcher Geschwindigkeit die
Züge fahren, welchen Gefahren ein Zug ausgesetzt ist,
sei es durch Zusammenstoß, Entgleisung oder durch Bruch
von Schienen oder Radreifen, wenn man überlegt, welchen
Fährlichkeiten ein solcher rasch fahrender Zug bei Ueber-
gängen, in Bahnhöfen, in Kurven, Steigungen, Tunnels,
auf Brücken und Viadukten ausgesetzt ist, so muß man
sich wirklich wundern, daß so wenig Eisenbahn-
unfälle zu verzeichnen sind. Da alle menschlichen
Dinge unvollkommen sind, da selbst die trefflichsten tech-
nischen Einrichtungen, ebenso wie Menschenwille und
Menschenkraft zeitweise versagen, müßte inan eigentlich
täglich einen oder mehrere Unfälle beim Eisenbahn-
betriebe zu verzeichnen haben.
Das ist, Gott sei Dank, nicht der Fall.
Hin und wieder allerdings wird die Öffentlichkeit
aufgeschreckt durch die Nachricht von irgend einer Kata-
strophe, die einen Personenzug betraf und bei welcher
so und so viele Menschenleben verloren gingen rind eine
noch größere Anzahl von Menschenleben durch Ver-
wundungen gefährdet wurde. Dann erhebt sich ein all-
gemeines Klagen über die Gefährlichkeit des Eisenbahn-
fahrens rind über die Unsicherheit des Betriebes. Eine
Menge Menschen, darunter sonst recht verständige Leute,
werden von einer ganz überflüssigen Angst befallen, wenn
sie von einem solchen Eisenbahnunfall hören, und lassen
sich vielleicht sogar bestimmen, geplante Reisen aufzu-
geben. Wenn es aber nicht anders geht, und sie eine
Reise wirklich unternehmen, dann kommen sie aus der
Angst während der ganzen Fahrt nicht heraus, und
haben sie diese glücklich überstanden, sind sie gesund und
heil an Ort und Stelle gekommen oder wieder nach
ihrer Heimat zurückgekehrt, dann glauben sie eine der
schlimmsten und gefährlichsten Perioden ihres Lebens
hinter sich zu haben.
Ist diese Furcht berechtigt, ist das Eisenbahnfähren
wirklich so gefährlich? Und ferner: sind Eisenbahn-
unfälle überhaupt jemals zu vermeiden?
Auf beide Fragen muß mit einen: entschiedenen
„Nein!" geantwortet werden.
Es mag im ersten Augenblick ganz unglaublich klingen,
wenn der Leser aus Grund einwandfreier statistischer
Ermittelungen erfährt, daß er mehr gefährdet ist, wenn
er spazieren geht oder aus der Landstraße im Wagen
fährt, als wenn er die Eisenbahn benutzt. Um so un-
glaublicher wird ihm das erscheinen, wenn er an die !
alljährlich veröffentlichten Zahlen der vorgekommenen
Unglücke und Betriebsunfälle denkt. Um ihm aber den
Beweis für die Richtigkeit der von uns aufgestellten
Ansicht zu liefern, wollen wir zunächst einmal die ameri-
kanischen Eisenbahnunfälle vornehmen, welche durch ihre
Häufigkeit bei weitem die Zahl der in Deutschland vor-
kommenden übertreffen. In den Vereinigten Staaten
von Nordamerika werden alljährlich an sechstausend Per-
sonen durchschnittlich durch den Eisenbahnverkehr getötet,
ganz abgesehen von der riesigen Zahl von Verwundeten.
Eine derartige Verlustliste haben die gesamten deutschen
Eisenbahnen nicht in zehn Jahren aufzuweisen. Und
doch ist im Verhältnis das Eisenbahnfähren auch in
Amerika ebensowenig gefährlich wie in Europa. Wenn
nur uns aber mit diesen amerikanischen Niesenziffern
des Unglücks beschäftigen, wenn wir diese untersuchen
und prüfen, dann wird der europäische Leser sich sagen
müssen, daß er bei Reisen in der eigenen Heimat erst
recht nichts zu befürchten hat und daß Aengstlichkeit bei
ihm ebensowenig angebracht ist, wie bei einem Menschen,
der gezwungen ist, über die Straße zu gehen.
Lassen wir Zahlen sprechen. Trotzdem in Amerika,
wie bereits erwähnt, sechstausend Menschen jährlich durch
den Eisenbahnverkehr zu Grunde gehen und ungefähr
sechsunddreißigtausend Menschen mehr oder weniger
schwere Verletzungen erleiden, müßte jeder Amerikaner,
um sicher zu sein", daß er verunglücke, dreihundert-
vierzehn Jahre ununterbrochen Tag und
Nacht Eisenbahnfähren. Erst dann hätte er nach der
Statistik „Anspruch" darauf, einmal zu verunglücken,
und zwar nicht einmal tödlich. Von der außerordentlich
hohen Ziffer der Eisenbahntoten Amerikas entfallen auf
Passagiere in: ganzen 222, das heißt 3 Hs Prozent aller
Getöteten. Die anderen Personen sind Eisenbahnan-
gestellte, und zwar 1700 unter der Zahl von 6000.
Die anderen Leute waren Personen, die weder Passa-
giere, noch Eisenbahnangestellte waren und die indirekt
durch die Eisenbahn ihr Leben verloren. Dieses Ver-
hältnis der Verunglückten, dieser Prozentsatz von Passa-
gieren und Angestellten und sogenannten Unbeteiligten
ergiebt sich nicht nur für Amerika, sondern auch für
jeden anderen Kulturstaat der Welt, gilt auch für Deutsch-
land. Von den mehr als 36,000 Verwundeten in Amerika
waren nur 7^ Prozent Passagiere. Man sieht, wie
gering auch hier die Zahl der wirklich mit der Eisen-
bahn als Fahrgäste beförderten verunglückten Personen
im Vergleich zu den anderen Verunglückten ist.
Wenn wir andere verkehrsstatistische Zahlen heran-
ziehen, so ergiebt sich bei einem Vergleich als un-
umstößlich wahr, daß das Fahren mit Straßenbahn-
wagen, in der'Droschke, in: Omnibus, m der Kutsche,
ja selbst das Gehen auf der Straße weit gefährlicher-
ist, als das Fahren mit der Eisenbahn, wenigstens so
weit es sich um Passagiere handelt
Fragen wir, wie es kommt, daß so viele Eisenbahn-
kamenten bedeutend größere Gaben verordnen. Das
Eisen muß daher in den Eisenwässern in einer Form
und Verbindung vorhanden sein, die für die Aufnahme
und Verwendung im Körper besonders günstig sind.
Aehnlich verhält es sich mit anderen in den Mineral-
wässern vorkommenden Stoffen.
Aus diesem Grunde werden die Mineralwässer zu-
gleich dann die größten Erfolge hervorbringen, wenn sie
möglichst unverändert, das heißt unmittelbar am Brunnen
getrunken werden. Denn wenn auch eine Reihe von
Mineralwassern, ohne darunter in ihrer Zusammensetzung
wesentlich zu leiden, in Krügen und Flaschen versandt
werden können, so daß man sie im eigenen Heim mit
bestem Nutzen trinken kann, so werden sie in vorzüglich-
ster Beschaffenheit doch nur unmittelbar der Quelle ent-
nommen. Ein anderer Teil der Mineralwässer erfährt
sogar bei der Füllung in Gefäße und ihrem kürzeren
oder längeren Verweilen darin nachweislich wichtige
Veränderungen. Es sei hier als Beispiel wieder ein
Eisenwasser angeführt. Wenn die kohlensauren Eisen-
wässer einige Zeit auf Krügen lagern, so entweicht die
Kohlensäure allmählich und es wird einfach-kohlensaures
Eisen gebildet, das ungelöst zu Boden fällt. Je älter
die Füllung ist, desto mehr schreitet die Fällung von in
der überstehenden Flüssigkeit unlöslichen Eisenverbindun-
gen fort, die sich als ein brauner Bodensatz kenntlich
machen. Schütteln die Kranken das ausgefällte Eisen
nicht auf, so erhalten sie daher unter Umständen völlig
eisenfreies Wasser. Wenn sie aber den braunen Eisen-
satz durch Schütteln im Wasser verteilen, so nehmen sie
zwar in jedem Glase ebensoviel Eisen zu sich, wie am
Brunnen selbst, aber das Eisen befindet sich jetzt in
einer ganz anderen Form und Verteilung, ähnelt den
Eisenmedikamenten und wirkt jetzt nicht, weil seine Menge
für diese Art der Darreichung zu gering ist. Wer eine
Kur mit solchen, leicht zur Zersetzung und Veränderung
neigenden Mineralwässern ins Auge faßt, wird daher am
besten thun, wenn er die Brunnen an Ort und Stelle trinkt.
Damit wird er sich außerdem noch bedeutende Vor-
teile verschaffen, die den größeren Kostenaufwand, der
mit einer Kur an der Heilquelle verbunden ist, mehr
als ausgleichen. Denn mit dem Trinken des betreffenden
Mineralwassers allein ist es nicht gethan, wie ja an
den Kurorten keineswegs bloß darauf gehalten wird,
daß überhaupt Brunnen getrunken wird, sondern
vielmehr auf Grund langer, bewährter Erfahrungen
das volle Gewicht darauf gelegt wird, daß das Mineral-
wasser nach einem wohlüberlegten Plan getrunken und
die ganze Lebensführung mit der Brunnenkur zur Hebung
ihres Erfolges in Uebereinstimmung gebracht wird.
In welch eingehender Weise der Kurgebrauch eines
Mineralwassers geregelt wird, mag mit wenigen Worten
gezeigt werden. Zunächst sieht man stets darauf, daß
die Hauptmenge des Mineralwassers — zwei bis vier
Becher mit einem Inhalt von je 200 Kubikcentimeter
— früh am Morgen nüchtern getrunken wird. So-
lange der Magen noch leer ist, findet nämlich die Auf-
saugung des Mineralwassers und seiner wirksamen Be-
standteile am sichersten statt, ohne mit der Nahrungs-
aufnahme und der Verdauung in Widerstreit zu geraten.
Daran schließt sich dann ein behaglicher Spaziergang,
der den Zweck hat, durch die damit verbundene Bewe-
gung das Blut und die aus den Mineralwässern auf-
genommenen Stoffe schnell durch den ganzen Körper zu
treiben. Nach Beendigung des Spazierganges wird das
Frühstück verzehrt. Zwischen diesem und dem späteren
Mittagsmahl darf dann nichts Wesentliches mehr ge-
nossen werden. Nun ist es dem Kranken erlaubt, ein
halbes Stündchen zu ruhen. Dann aber ist ein aber-
maliger Spaziergang vorgeschrieben, der mit dem Trinken
eines neuen Bechers abgeschlossen wird. Hat der Kranke
einige Zeit darauf seinen Thee oder Kaffee zu sich ge-
nommen, so läßt man ihm bis zum Abendbrot freies
Spiel. Gewöhnlich werden auch diese Stunden mit
Spaziergängen und Ausflügen verbracht. Um sieben
Uhr wird endlich das Abendessen verzehrt.
Schon diese Einteilung bedingt eine heilsame Rege-
lung der Lebensweise. Das frühe Aufstehen zieht die
Einnahme des Frühstücks zur rechten Zeit nach sich,
zwischen dem und dem Mittagsessen dann auch ein aus-
reichender Abstand liegt. Die vielfache Bewegung bringt
eine wohlthätige Ermüdung mit sich, die ganz von selbst
zu einem frühen Aufsuchen des Bettes auffordert und
die so wenig zuträgliche Geselligkeit des späten Abends
ausschließt. Damit ist zugleich ein erquickender Schlaf
gewährleistet.
Aber hiermit nicht genug. Es wird nicht nur, wie
gezeigt, die zeitliche Aufnahme der Nahrung bestimmt,
sondern ebenso auch ihre Zusammensetzung und Bereitung.
Gerade auf eine zweckmäßige Regelung der Diät wird
bei den Mineralwasserkuren der größte Nachdruck gelegt.
Denn eine ganze Reihe von Krankheiten macht eine ganz
besondere Ernährungsweise nötig, die zwar bei den ein-
zelnen Leiden verschieden ist, aber doch das Gemeinsame
hat, daß alles Schädliche vermieden wird und nur die-
jenigen Speisen und Getränke erlaubt werden, die nach
praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Unter-
suchungen dem Körper zur Bekämpfung der Krankheit
Das Buch für Alle.
dienlich sind. Die Vorschriften für die verschiedenen
Diätformen sind oft ziemlich verwickelt und erstrecken sich
zuweilen sogar auf die Gewichtsmengen, die für die
einzelnen Speisen und Mahlzeiten anzusetzen sind.
In den Kurorten wird nun dem Kranken die Be-
folgung der ihm zuträglichen Diät nicht unwesentlich er-
leichtert. In den Heilanstalten, den Pensionen und selbst
in den Gasthöfen und größeren Restaurants ist die
Speisekarte auf die Art der hauptsächlich in Betracht
kommenden Kranken sozusagen von vornherein zuge-
schnitten. Jedenfalls nimmt man in den öffentlichen
Lokalen auf die Ernährungsgrundsätze der Speisegäste,
da man durch die alljährliche Wiederkehr gleichartiger
Kranker im allgemeinen mit den betreffenden Diät-
vorschriften vertraut ist, genau Rücksicht. Mitunter wird
ein Kranker Nahrungsmittel, die seiner Diät zuwider-
laufen, auch wenn er sie ausdrücklich fordert, gar nicht
erlangen können, da man auf derartige Wünsche nicht
eingerichtet ist. Die gewissenhafte Einhaltung der Diät
wird übrigens dem Kranken noch durch einen anderen
Umstand erleichtert. Der Kranke verkehrt in den Kur-
orten fast nur mit Personen, die dasselbe Leiden haben
wie er und die sich daher der gleichen Lebensweise unter-
werfen müssen. Er gerät dadurch viel weniger in Ver-
suchung, Verstöße zu begehen, und kommt zugleich auch
viel rascher über etwaige Unbequemlichkeiten hinweg, da
auch hier das alte Sprichwort gilt: Geteiltes Leid,
halbes Leid. Einen wesentlichen Vorteil hat schließlich
ein Kranker, der in einem Kurort längere Zeit eine
strenge Diät befolgt, dadurch, daß er auch in Zukunft
weiß, was er zu lassen hat und was ihm erlaubt ist.
Er wird also, wenn er den Kurort wieder verlassen hat
_M 23.
und zu seinem Beruf zurückgekehrt rst, einem abermaligen
Auftreten seiner Krankheit viel besser entgegenarbeiten
und vorbeugen können.
Es mag wohl scheinen, daß sich alle diese Maßnahmen,
die Trinkkur, die Verteilung von Bewegung und Ruhe,
sowie die Regelung der Diät an der Hand eines tüchti-
gen Arztes ebensogut zu Hause als in einem Kurort
nusführen lassen. In einer Reihe von Fällen kann
dieses zutreffen und hier wird dann auch im eigenen
Heim die Mineralwasserkur befriedigenden Nutzen stiften.
In einer großen Anzahl von Fällen dagegen wird der
Kranke, sei es wegen der gesellschaftlichen Verpflichtun-
gen, sei es wegen der unvermeidlichen häuslichen Stö-
rungen und Ablenkungen, sei es endlich, weil die ganzen
Verhältnisse nicht dazu geeignet sind, durchaus nicht die
Möglichkeit haben, dort ganz sich und seiner Kur zu
leben. Stets aber wird bei einer Mineralwasserkur im
Hause das ,eine fehlen, was zu einem Erfolge wirksam
beiträgt: die Luftveränderung mit ihren günstigen Ein-
flüssen auf Körper und Geist.
Wer sich zu einer Mineralwasserkur an einem Kur-
ort entschließt, sollte die Zeit, die er darauf verwenden
will, nicht auf das knappste bemessen. Die ungefähre
Länge wird zwar der Arzt zu bestimmen haben, aber
es giebt doch auch einen gewissen Spielraum, bei dem
der Wille des Kranken mitspricht. Eine allzu kurze
Kur. wird zwar meist einige Besserung, schwerlich aber
vollständige Genesung mit sich bringen. Wird dagegen
die Kur den ärztlichen Erfahrungen gemäß lange genug
ausgedehnt, dann darf der Kranke auch die größtmögliche
Befreiung von seinen Leiden erwarten, so daß er arbeits-
fähig und zukunftsfreudig zu den Seinen zurückkehrt.
Der Eisenbahnbetrieb irr Gegenwart und Zukunft.
Ven Ulr. Myers.
IV. EiseubaNnunIätte.
n jedem Augenblick sind allein auf den Eisen-
bahnen Deutschlands Hunderte von Zügen
unterwegs, die zum Teil mit beängstigender
Geschwindigkeit fahren; Tausende von Loko-
motiven stehen unter Dampf und sind in Thätigkeit,
Zchntausende von Angestellten der Eisenbahnen wirken
in den verschiedensten Dienstzweigcn und Hunderttausende
von Passagieren sind unterwegs.
Wenn man bedenkt, mit welcher Geschwindigkeit die
Züge fahren, welchen Gefahren ein Zug ausgesetzt ist,
sei es durch Zusammenstoß, Entgleisung oder durch Bruch
von Schienen oder Radreifen, wenn man überlegt, welchen
Fährlichkeiten ein solcher rasch fahrender Zug bei Ueber-
gängen, in Bahnhöfen, in Kurven, Steigungen, Tunnels,
auf Brücken und Viadukten ausgesetzt ist, so muß man
sich wirklich wundern, daß so wenig Eisenbahn-
unfälle zu verzeichnen sind. Da alle menschlichen
Dinge unvollkommen sind, da selbst die trefflichsten tech-
nischen Einrichtungen, ebenso wie Menschenwille und
Menschenkraft zeitweise versagen, müßte inan eigentlich
täglich einen oder mehrere Unfälle beim Eisenbahn-
betriebe zu verzeichnen haben.
Das ist, Gott sei Dank, nicht der Fall.
Hin und wieder allerdings wird die Öffentlichkeit
aufgeschreckt durch die Nachricht von irgend einer Kata-
strophe, die einen Personenzug betraf und bei welcher
so und so viele Menschenleben verloren gingen rind eine
noch größere Anzahl von Menschenleben durch Ver-
wundungen gefährdet wurde. Dann erhebt sich ein all-
gemeines Klagen über die Gefährlichkeit des Eisenbahn-
fahrens rind über die Unsicherheit des Betriebes. Eine
Menge Menschen, darunter sonst recht verständige Leute,
werden von einer ganz überflüssigen Angst befallen, wenn
sie von einem solchen Eisenbahnunfall hören, und lassen
sich vielleicht sogar bestimmen, geplante Reisen aufzu-
geben. Wenn es aber nicht anders geht, und sie eine
Reise wirklich unternehmen, dann kommen sie aus der
Angst während der ganzen Fahrt nicht heraus, und
haben sie diese glücklich überstanden, sind sie gesund und
heil an Ort und Stelle gekommen oder wieder nach
ihrer Heimat zurückgekehrt, dann glauben sie eine der
schlimmsten und gefährlichsten Perioden ihres Lebens
hinter sich zu haben.
Ist diese Furcht berechtigt, ist das Eisenbahnfähren
wirklich so gefährlich? Und ferner: sind Eisenbahn-
unfälle überhaupt jemals zu vermeiden?
Auf beide Fragen muß mit einen: entschiedenen
„Nein!" geantwortet werden.
Es mag im ersten Augenblick ganz unglaublich klingen,
wenn der Leser aus Grund einwandfreier statistischer
Ermittelungen erfährt, daß er mehr gefährdet ist, wenn
er spazieren geht oder aus der Landstraße im Wagen
fährt, als wenn er die Eisenbahn benutzt. Um so un-
glaublicher wird ihm das erscheinen, wenn er an die !
alljährlich veröffentlichten Zahlen der vorgekommenen
Unglücke und Betriebsunfälle denkt. Um ihm aber den
Beweis für die Richtigkeit der von uns aufgestellten
Ansicht zu liefern, wollen wir zunächst einmal die ameri-
kanischen Eisenbahnunfälle vornehmen, welche durch ihre
Häufigkeit bei weitem die Zahl der in Deutschland vor-
kommenden übertreffen. In den Vereinigten Staaten
von Nordamerika werden alljährlich an sechstausend Per-
sonen durchschnittlich durch den Eisenbahnverkehr getötet,
ganz abgesehen von der riesigen Zahl von Verwundeten.
Eine derartige Verlustliste haben die gesamten deutschen
Eisenbahnen nicht in zehn Jahren aufzuweisen. Und
doch ist im Verhältnis das Eisenbahnfähren auch in
Amerika ebensowenig gefährlich wie in Europa. Wenn
nur uns aber mit diesen amerikanischen Niesenziffern
des Unglücks beschäftigen, wenn wir diese untersuchen
und prüfen, dann wird der europäische Leser sich sagen
müssen, daß er bei Reisen in der eigenen Heimat erst
recht nichts zu befürchten hat und daß Aengstlichkeit bei
ihm ebensowenig angebracht ist, wie bei einem Menschen,
der gezwungen ist, über die Straße zu gehen.
Lassen wir Zahlen sprechen. Trotzdem in Amerika,
wie bereits erwähnt, sechstausend Menschen jährlich durch
den Eisenbahnverkehr zu Grunde gehen und ungefähr
sechsunddreißigtausend Menschen mehr oder weniger
schwere Verletzungen erleiden, müßte jeder Amerikaner,
um sicher zu sein", daß er verunglücke, dreihundert-
vierzehn Jahre ununterbrochen Tag und
Nacht Eisenbahnfähren. Erst dann hätte er nach der
Statistik „Anspruch" darauf, einmal zu verunglücken,
und zwar nicht einmal tödlich. Von der außerordentlich
hohen Ziffer der Eisenbahntoten Amerikas entfallen auf
Passagiere in: ganzen 222, das heißt 3 Hs Prozent aller
Getöteten. Die anderen Personen sind Eisenbahnan-
gestellte, und zwar 1700 unter der Zahl von 6000.
Die anderen Leute waren Personen, die weder Passa-
giere, noch Eisenbahnangestellte waren und die indirekt
durch die Eisenbahn ihr Leben verloren. Dieses Ver-
hältnis der Verunglückten, dieser Prozentsatz von Passa-
gieren und Angestellten und sogenannten Unbeteiligten
ergiebt sich nicht nur für Amerika, sondern auch für
jeden anderen Kulturstaat der Welt, gilt auch für Deutsch-
land. Von den mehr als 36,000 Verwundeten in Amerika
waren nur 7^ Prozent Passagiere. Man sieht, wie
gering auch hier die Zahl der wirklich mit der Eisen-
bahn als Fahrgäste beförderten verunglückten Personen
im Vergleich zu den anderen Verunglückten ist.
Wenn wir andere verkehrsstatistische Zahlen heran-
ziehen, so ergiebt sich bei einem Vergleich als un-
umstößlich wahr, daß das Fahren mit Straßenbahn-
wagen, in der'Droschke, in: Omnibus, m der Kutsche,
ja selbst das Gehen auf der Straße weit gefährlicher-
ist, als das Fahren mit der Eisenbahn, wenigstens so
weit es sich um Passagiere handelt
Fragen wir, wie es kommt, daß so viele Eisenbahn-