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Das Buch für Alle


Heft 4

Die Stadtbefestigung von Hofuf im Innern Arabiens. Sie ist ganz aus Lehm gebaut


sind nur seine Küsten bekannt. — Den Grund hierfür bildet die elementare
Unzugänglichkeit seines Innern für den Forscher, der mit den nötigen
wissenschaftlichen Apparaten versehen ist. Er gilt für alle als Spion oder,
wenn er mit seinen Instrumenten umgeht, als Zauberer. Er schwebt be-
ständig in Lebensgefahr. Er trifft überall auf die unübersteiglichen Hinder-
nisse des religiösen Fanatismus. Gibt es doch ganze Provinzen, die für
„heilig" gelten und für Andersgläubige bei Todesstrafe unbetretbar sind.
So die Provinzen von Mekka und Medina, der fanatische Dschüf und das
abgesperrte Assir. Trotzdem gab es kühne Forscher genug, die allein, auf
eigene Gefahr und in arabischer Verkleidung in die Nebel des lockenden

und feindseligen Landes ein-
drangen. Nicht alle kehrten zu-
rück. Unter diesen Forschern
aus allen LändernEuropas gab
es merkwürdig viele Deutsche,
von denen nur Burchhardt,
Euting, v. Maltzahn, v. Wrede,
v. Nolde, Huber genannt seien.
Ihnen ist es als ernsten Wissen-
schaftlern gelungen, schon gegen
Ende d es vorigen Jahrhund erts
einige Zipfel des Schleiers zu
lüften.
So wissen wir von den end-
losen Steinwüsten und Step-
pen, die über den Körper des
Landes gleichwie Totentücher
gebreitet sind und die von den:
seit d er Kindh eit an Entb ehrun-
gen gewöhnten Eingeborenen
nun auf dem Delüh dem edlen
Rennkamel, zu durchqueren
sind. Wir vernahmen von ein-
samen, starren Gebirgen, in
denen hebräische, sabäische, na-
batäische, früharabische Fels-
inschriften und -gemälde von
längst erloschenem Menschen-
tum erzählen, wo leere Höhlen-
wohnungen und Stauwerke
über einer verwehten Kultur
schweigen und Trümmer selt-
samer Bergheiligtümer einer
für alle Ewigkeiten in Vergessenheit geratenen Anbetungsart nachträumen.
Wir erfuhren von ziellosen Steppenländereien, deren harter Dornkräuter-
bewuchs es den Nomaden doch ermöglicht, ihre ungeheuerlichen Kamelherden
aufzuziehen, und von den Meeren aus rieselndem Sand, deren erstarrter
Wellenschlag sich nur im Wirbeln der Wüstenstürme auflöst und über denen
jahraus, jahrein die einlullende Musik des Aneinanderklingens der Quarz-
körner liegt, die vom Mantelsaume des nimmermüden Monsuns beim
Wandern mitgerissen werden. Wohl gibt es in jenen Einsamkeiten auch See-
becken, die von fern kühl und anmutvoll locken. Aber sie sind unwirtlich, denn
ihr Wasser ist salzhaltig. Nur die Wadis, die zur Regenzeit wasserführenden
Täler, sind es, die den Men-
schen die Ansiedlung ermög-
lichen. Stauwerke, Brunn en-
und Zisternenanlagen, die im
Grunde dieser Täler allerorten
seit alters errichtet sind, sorgen
dafür, daß eine reiche Frucht-
barkeit dauernd sprießen kann.
Nicht brennende Hitze und
jähe Kälte, die sich hier oft über
Tag und Nacht hin die Hand
reichen, sondern Trockenheit
und verhältnismäßige Feuch-
tigkeit sind in diesem Lande von
Einfluß auf Tier- und Pflan-
zenleben. In den Landschaften,
dienichtumwasserreicheWadis
liegen, hängt alles von der
Reichhaltigkeit der Winterregen
ab, und der Erfolg der Boden-
kultur ist dem Zufall ausgelie-
fert. Schon hieraus geht her-
vor, wie arm dieses ungeheuer
gestreckte Land an Menschen
sein muß, die noch dazu be-
dürfnislos und an Entbehrun-
gen gewöhnt sind.
In jenen häufig von wilden
Gebirgen umgebenen Tälern
der Entlegenheit finden sich die
von allen Wegen der Welt ver-
gessenen Ortschaften mit den
Palästen jener Fürsten, deren


Die Wüstenstadt Taj im Innern Arabiens. (Phot. Burchhardt)
 
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