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vornan von örause^vetter


(7. Fortsetzung)

itty hattenichtHildesruhigeJnnerlichkeit, die auch Schweres
zu dulden und in sich zu überwinden wußte, und nicht Leo
Lawells feurig-freudige Arbeitskraft, die jede Aufgabe spie-
lend erfüllte und sich, mit ihr vollauf beschäftigt, bereits nach einer
neuen umsah. In ihr war bei aller scheinbaren Gemessenheit und
Kälte ihres Wesens etwas innerlich Aufbegehrendes, ein still und
stetig glimmender Herd, der nur entfacht zu werden brauchte, um
hell aufzulodern. Sie fand sich nicht wie Hilde mit den Verhältnissen
wie mit etwas Gegebenem, nicht zu Änderndem ab. Sie wußte
sie auch nicht mit leichter Hand zu meistern, wie Leo Lawell, der
große Lebenskünstler. Und auch der lächelnde Humor war ihr
nicht gegeben, mit dem Hilde Will Tornow abtat als etwas, das
der Aufregung und Nervenverschwendung nicht wert war. An
ihr nagte das alles und tat ihr weh.
Oft, das konnte sie nicht leugnen, überkam sie das starke Ver-
langen, die Großeltern möchten bald wieder heimkehren, daß
sie an ihnen eine Stütze hätte und, wie in besseren Tagen, alles,
was die Wirtschaft be¬
traf, mit dem Großva¬
ter besprechen könnte.
Aber ihnen zu schrei¬
ben, daß sie ihrer, be¬
sonders des Gro߬
vaters, bedürfte, dazu
war sie zu stolz und
selbständig.Dann blieb
sie lieber in der Ein¬
samkeit und Abge?
schlossenheit.
Polternde Schritte
von schweren Stiefeln
und Holzpantoffeln,
die über den holperi¬
gen Fahrdamm drau¬
ßen klapperten, ent¬
rissen sie ihren Ge¬
danken. Es war bereits
das zweitemal, daß sie
das Geräusch vernom¬
men hatte, und als sie
jetzt das Fenster öff¬
nete, sah sie wiederum
einen größeren Trupp
Leute, sich laut und
lebhaft unterhaltend,
nach Hause kommen.
Es war ihr unbe¬
greiflich, denn Mittag
war doch noch lange
nicht, und der Regen
war nicht so stark, daß
er einen Abbau der
dringenden Arbeiten
hätte rechtfertigen
können.
Siewollte ebenläu¬
ten, den Inspektor zu
sich entbieten, da ließ
er sich bei ihr melden

Es war Brentauer, den sie mit Will Tornows Hilfe ein-
gestellt hatte, ein tüchtiger Mensch, in seinem Verhalten zu den
Leuten vielleicht ein wenig streng und scharf, aber bei aller Be-
stimmtheit ruhig und besonnen.
„Die Leute erklärten schon heute morgen," antwortete er auf
ihre erstaunte Frage, „daß sie die schwere Arbeit in den Kar-
toffeln nicht mehr mitmachen würden, wenn sie nicht besser be-
zahlt würden. Sie waren den ganzen Vormittag über verdrossen,
und als ich eben anordnete, daß wenigstens die eine fast fertige
Miete noch vor der Mittagspause zugedeckt würde, weigerten sie
sich und legten die Arbeit nieder."
„Das sieht ihnen ähnlich!" sagte Kitty, und ihr Antlitz erglühte
im Zorn, „gerade jetzt, wo die Arbeit brennt! Sehen Sie nach, was
zu machen ist!" brach sie dann kurz ab. „Aber seien Sie auch nicht
zu nachgiebig, denn damit erreichen wir nur das Gegenteil." —
Das Mädchen meldete Pfarrer Martin.
„Ich hatte heute vormittag in der Gemeinde zu tun", führte
sich dieser ein, nach-
dem der Inspektor ge-
gangen war, „und
wollte bei dieser Ge-
legenheit einen kurzen
Besuch machen."
Er nahm den Stuhl
ihr gegenüber vor dem
alten Schreibtisch und
fuhr fort: „Sie haben
sich bisher ja wohl
wenig oder vielmehr
gar nicht an den Ver-
anstaltungen b eteiligt,
die ich durch Lichtbil-
der- und andere Vor-
trägeinmeinemKirch-
spiel kürzlich einge-
führt habe."
„Sie liegen nicht in
meiner Art."
„Die anderen Be-
sitzer, auch Herr Tor-
now, haben ihnen
große Teilnahme ent-
gegengebracht."
„Er hat eben eine
andere Art."
Ihre Antworten
waren kurz und we-
nig ermutigend. Den
Pfarrer beirrten sie
nicht.
„Wir hielten vor
wenigen Wochen solch
einen Ab end bei H errn
Tornow in Teschen-
dorf ab, der den Leu-
tenvielFreudemachte.
Nach dem Grundsätze,
den Ort der Veran-
staltung jedesmal zu


Umkränzt mit Laub / Nach einer künstlerischen Aufnahme von Paul Bromberger
 
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