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Ueber sie hinweg Rattert das dunkelblaue Gewand der vor ihr etwas tiefer
sitzenden Gerechtigkeit, welche durch die Wage in ihrer Rechten kennt-
lich ist, auf deren Schooss sich jedoch ein weisser Adler niedergelassen
hat, dessen Anwesenheit an dieser Stelle sich schwer erklären Hesse, wenn
man nicht in derselben eine Schmeichelei für die Stadt Frankfurt erkennen
will, deren Wohlhabenheit zugleich durch Trauben und andere Früchte,
die unter den Fängen des Adlers hervorrollen, gekennzeichnet wird. Diese
ganze respektable Gesellschaft wird noch durch die etwas mehr links
sitzende Figur der Stärke vergrössert, die mit der Rechten ihr Schwert
erhebt, mit der Linken einen Löwen am Bande hält.
Links von den oberen Figuren dieser Mittelgruppe stürzen auf
dunkeln Wolken drei halbnackte Weibergestalten hinab, von welchen
eine hässliche Alte mit einer Maske in der Hand die Heuchelei darstellt,
eine andere, die sie an den Haaren zerrt, den Zorn, während eilte dritte
kopflings hinabstürzende mit einer Schlinge in der Hand als Arglist
zu deuten ist. Letztere hebt sich dunkel von einer ganz weissen Wolke
ab, die von rechts wiederum durch grosse, rund geformte Wolkenmassen
überschnitten wird, über welche das grüne Gewand eines halbnackten,
üppigen Weibes flattert, der Wollust, die jammernd nach oben blickt,
während ihr vom Rücken gesehener unbekleideter Genosse kopflings hinab-
stürzt, die dunkeln Wolkenmassen umklammernd, die fast wie Felsen auf
der Basis des Bildes zu ruhen scheinen. Wer sich aber die Mühe gegeben
hat, die ganze unliebsame Gesellschaft so prompt nach der Basis des
Bildes hin hinabzubefördern, darüber bleibt uns der Künstler die Antwort
schuldig, denn von den in olympischer Ruhe über ihnen thronenden
tugendhaften Damen gehen keinerlei Handgreiflichkeiten sichtbarer Art
gegen sie aus.
Der Abschluss des Bildes ist ringsum durch ein in Bogen und Winkeln
in dasselbe eingreifendes, perspektivisch gemaltes Barockgesimse in grauer
und röthlicher Marmornachahmung bewirkt. In den vier stumpf abge-
schnittenen Ecken sitzen, perspektivisch verkürzt gehalten, die Figuren
der vier Welttheile: Europa, wiederum mit einer Schmeichelei für Frank-
furt, das Römermodell in der Hand tragend, Asien hält ein kostbares,
goldenes Gefäss mit Spezereien, Afrika ist durch eine Negerin, Amerika
durch eine Indianerin vertreten. Um aber ja nichts von den üblichen
Allegorien aufzugeben, sind auch noch die vier Jahreszeiten, die hier
kaum besondere Geschäfte zu besorgen haben dürften, in die allgemeine
Dekorierung einbezogen. Sie sitzen als Kinderfiguren gebildet auf vor-
springend gemalten Kapitellen in dem unter dem Gesimse hinlaufenden
Fries: der Winter in Pelz gehüllt, das Frühjahr nimmt den Pelz ab, der
Sommer trägt ein Aehrenbündel, der Herbst schneidet mit einer Sichel
herabhängende Früchte von den Zweigen. Ausserdem ist noch in der
Mitte der Nordseite in Sepiaton Aeneas als guter Sohn dargestellt, wie er
seinen Vater aus dem brennenden Troja trägt, und die aufopfernde Tochter,
Ueber sie hinweg Rattert das dunkelblaue Gewand der vor ihr etwas tiefer
sitzenden Gerechtigkeit, welche durch die Wage in ihrer Rechten kennt-
lich ist, auf deren Schooss sich jedoch ein weisser Adler niedergelassen
hat, dessen Anwesenheit an dieser Stelle sich schwer erklären Hesse, wenn
man nicht in derselben eine Schmeichelei für die Stadt Frankfurt erkennen
will, deren Wohlhabenheit zugleich durch Trauben und andere Früchte,
die unter den Fängen des Adlers hervorrollen, gekennzeichnet wird. Diese
ganze respektable Gesellschaft wird noch durch die etwas mehr links
sitzende Figur der Stärke vergrössert, die mit der Rechten ihr Schwert
erhebt, mit der Linken einen Löwen am Bande hält.
Links von den oberen Figuren dieser Mittelgruppe stürzen auf
dunkeln Wolken drei halbnackte Weibergestalten hinab, von welchen
eine hässliche Alte mit einer Maske in der Hand die Heuchelei darstellt,
eine andere, die sie an den Haaren zerrt, den Zorn, während eilte dritte
kopflings hinabstürzende mit einer Schlinge in der Hand als Arglist
zu deuten ist. Letztere hebt sich dunkel von einer ganz weissen Wolke
ab, die von rechts wiederum durch grosse, rund geformte Wolkenmassen
überschnitten wird, über welche das grüne Gewand eines halbnackten,
üppigen Weibes flattert, der Wollust, die jammernd nach oben blickt,
während ihr vom Rücken gesehener unbekleideter Genosse kopflings hinab-
stürzt, die dunkeln Wolkenmassen umklammernd, die fast wie Felsen auf
der Basis des Bildes zu ruhen scheinen. Wer sich aber die Mühe gegeben
hat, die ganze unliebsame Gesellschaft so prompt nach der Basis des
Bildes hin hinabzubefördern, darüber bleibt uns der Künstler die Antwort
schuldig, denn von den in olympischer Ruhe über ihnen thronenden
tugendhaften Damen gehen keinerlei Handgreiflichkeiten sichtbarer Art
gegen sie aus.
Der Abschluss des Bildes ist ringsum durch ein in Bogen und Winkeln
in dasselbe eingreifendes, perspektivisch gemaltes Barockgesimse in grauer
und röthlicher Marmornachahmung bewirkt. In den vier stumpf abge-
schnittenen Ecken sitzen, perspektivisch verkürzt gehalten, die Figuren
der vier Welttheile: Europa, wiederum mit einer Schmeichelei für Frank-
furt, das Römermodell in der Hand tragend, Asien hält ein kostbares,
goldenes Gefäss mit Spezereien, Afrika ist durch eine Negerin, Amerika
durch eine Indianerin vertreten. Um aber ja nichts von den üblichen
Allegorien aufzugeben, sind auch noch die vier Jahreszeiten, die hier
kaum besondere Geschäfte zu besorgen haben dürften, in die allgemeine
Dekorierung einbezogen. Sie sitzen als Kinderfiguren gebildet auf vor-
springend gemalten Kapitellen in dem unter dem Gesimse hinlaufenden
Fries: der Winter in Pelz gehüllt, das Frühjahr nimmt den Pelz ab, der
Sommer trägt ein Aehrenbündel, der Herbst schneidet mit einer Sichel
herabhängende Früchte von den Zweigen. Ausserdem ist noch in der
Mitte der Nordseite in Sepiaton Aeneas als guter Sohn dargestellt, wie er
seinen Vater aus dem brennenden Troja trägt, und die aufopfernde Tochter,