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waltung ihren, wenn auch baulich nicht mehr über-
prüfbaren Platz hatte („Amt" 1349, ,,Kanzley",
14331281), und schließlich auch Produktionsaktivitäten
angesiedelt waren (Brauhaus 1441). Es muß jedoch
davor gewarnt werden, diese spätmittelalterlichen
Zustände einfach auf das 13. oder gar 12. Jahrhun-
dert zurückzuprojizieren; alle ausgewerteten Anhalt-
spunkte historischer und archäologischer Art machen
klar, daß wir über den Bestand und die Funktionen
der Burg vor dem mittleren 14. Jahrhundert nahezu
nichts wissen, so daß die in der Literatur vollkommene
gängige Apostrophierung als ,,Askanische Burg"
durchaus irreführend ist.

Wenden wir uns der direkten Umgebung dieser Burg
zu, die durch den um ein Mehrfaches größeren Zita-
dellenbau des 16. Jahrhunderts ebenfalls vollständig
umgestaltet wurde, so wären hier zunächst die natür-
lichen Voraussetzungen zu klären. Hinweise für die
Führung des Havelarms südwestlich der Kernburg
bieten Bohrungsauswertungen, die mit dem Schleu-
senbau zusammenhängen und zumindest auf eine ge-
gen Norden ausgreifende Bucht westlich der Kernburg
deuten1291, sodaß die Kernburg und insbesondere der
Juliusturm1301 in exponierter Lage auf der Spitze einer
Halbinsel anzunehmen sind; zugleich mag jene Bucht
der Grund für das oben schon vermutete Ausweichen
der Straße bis zur Toranlage an der Nordwestecke der
./Vorburg" gewesen sein. Eine Nachricht von 143113"
Qibt den Bewohnern des „Kiez" (vgl. unten) für ihre
..treuen Dienste, die sie dem Schlosse Spandow ge-
than u. thun sollten", das grosse und das kleine
.,Rohr Bruch gegen und über dem Schloß", d. h. also
zwei mit Schilf bewachsene Sumpfgebiete, die von der
Stadt aus „gegen", d. h. westlich, und „über", d. h.
wohl nördlich der Burg lagen. Das große Rohrbruch
dürfte wohl in der erwähnten Bucht zu identifizieren
sein, während im Nordosten der Burg durch zwei von
A. Ludewig freigelegte Uferbefestigungen1321 sowie

durch von W. Gehrke festgestellte Setzungserschei-
nungen im Bereich des „Hauses 6"1331 eine relativ
komplizierte Situation mit möglicherweise mehreren
Flußarmen erschließbar wird, die im einzelnen höch-
stens noch durch Grabungen geklärt werden könnte.
Die Darstellung der Flußarme, Inseln und Sumpfgebie-
te dieses Bereichs in Abb. 9 muß zunächst als Arbeits-
hypothese verstanden werden.

Kurz einzugehen bleibt noch auf die Lage des 1319
zuerst erwähnten „Kiez"1341. Es handelt sich dabei um
eine aus 25 Häusern bestehende (13751351) Ansied-
lung nahe der Burg (1375), deren als „Wenden" be-
zeichnete (1395, 14091361), d. h. slawische Bewohner
mehrfach als Fischer bezeichnet werden (1375,
1395), aber auch den Schloßbewohnern Dienste lei-
sten (1431131). Es wird in der Literatur oft angenom-
men, diese Dienstsiedlung habe im Südwesten außer-
halb der heutigen Zitadelle gelegen, was offenbar auf
eine Beschriftung des PLanes „Extra moenia" von
1728137' zurückgeht. Diese These ist jedoch aus meh-
reren Gründen völlig unwahrscheinlich. Zunächst
liegt die angegebene Stelle in sumpfigen, häufig über-
schwemmten Wiesen, zudem durch den ehemaligen
Havelarm südwestlich der Kernburg von der Burg ge-
trennt und nur kompliziert erreichbar. Ferner wäre die
Verlegung der „Kiezes" beim Beginn des Zitadellen-
baues 15601381 bei einer Lage außerhalb des Zitadel-
lenbereiches schwer verständlich. Es bleiben im we-
sentlichen zwei Stellen von einiger Wahrscheinlichkeit:
einerseits die oben schon angesprochene Lage west-
lich der Burg an der Straße nach Berlin (Abb. 7). Daß
es dort, als eine Art Vorstadt vor dem Mühlentor, vor
der Errichtung der Zitadelle Bebauung gegeben hat,
wird durch jenes Gebäude vor der Westkurtine der Zi-
tadelle verdeutlicht, das der wohl 1578 entstandene
sog. „Lynarplan"139' darstellt. Dabei handelt es sich
wohl kaum um einen Torbau, wie es Ludewig an-
nahm, sondern aufgrund der Grundrißdisposition

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