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Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33,1): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.41156#0102
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IV a. Baugeschichte.

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mittelste Pfeiler des Halbkreisbogens ein Pfeiler von größerer Breite als die
übrigen. Nur hat die Betgruft 8 (nicht 6) Nischen. Der (Stein-?) Sarg des
Königs kehrte dem Altar des hl Petrus, der vor dem breiteren Mittelpfeiler
gestanden haben muß, das Fußende zu. Dieser Anlage fehlte zuerst jeder Schmuck;
nur ein rohprofilierter Sockel umzog, wie noch heute, die Gruft, die als offen zu
denken ist.
Zu dieser Annahme nötigt auch die Stelle in der vita Beatae Mathildis, wo
es heißt, daß die Königin beim Sepulchrum des Königs geweint habe: super
quod caput inclinans. Später muß die Gruft eine Decke, wohl aus Holz, erhalten
haben; die südliche Erweiterung mit ihrer jetzt durch den Stein r geschlossenen
(Licht-?)Öffnung wäre sonst schwer zu erklären. — Über die den Gottesdienst
versehenden Geistlichen erfahren wir nichts, aber es ist eine ansprechende
Vermutung1), daß die seit lange schon vorhandenen Geistlichen der Kirche
St. Jacobi auf dem Königshofe mit dieser Pflicht betraut wurden, auf welche sich
auch in der Stiftungsurkunde des Stiftes vom 13. September 936 die Worte be-
ziehen werden: et quicqnid clericis in eodem loco domino servientibus prius
concessum habuimüs. In die Kirche hielten nun die Nonnen ihren Einzug; für
sie mußte eine Empore im Westen erbaut werden2), die noch erhalten ist. Sie
ist auf dem. Grundriß leicht zu erkennen. (Abb. 16.)
Die Pfeiler und Säulen mit ihren eigenartigen Kapitellen und Kämpfern
sowie die Stichkappengewölbe gehören diesem alten Bau an und bilden die erste
Veränderung der Kirche von 935. Der rekonstruierte Grundriß weist eine so
überraschende Ähnlichkeit mit den Einhartbasiliken von Steinbach und Seligen-
stadt auf, daß eine von ihnen (wohl die letztere, da sie genau die gleiche Mittel-
schiffbreite [9,35 m] hat) das Muster der Heinrichskirche abgegeben haben muß3).
Der tiefe Schacht unter dem Königsgrabe kann nicht vor der Beisetzung
des Königs geteuft sein, weil man den Sarg darin auf eine Balkenlage hätte
setzen und den Schacht so wieder verschließen müssen. Erst als der Sarg des
Königs hinausgeschafft worden war (worüber unten), kann der Schacht angelegt
sein. Daß seine nördliche Seite scharf neben der südlichen Wand der Tumba
niedergeht, kann man vielleicht als Grund dafür anführen, daß der Schacht erst
einige Zeit nach der Beisetzung der Königin (968) angelegt ist. Denn auch der
Sarg des Königs kann erst nach Errichtung der Zwischenwand und nach Aus-
führung der Stuckornamente (etwa 1021) hinausgeschafft sein. Das unsymmetrische
und auch eine ungeschickte Hand verratende Stück des nördlichen Teiles des
Mittelbogens weisen darauf hin. — Vom Erweiterungsbau 997 ist die Grabanlage
unberührt geblieben. Als dann die Äbtissin Machthild 999 starb, ward ihre
Gruft westlich so angelegt, daß ihre Ostseite dicht an die Westwand der Königs-
gruft stieß, mit der sie verbunden war, nur daß der Sarg der Äbtissin von

9 von Große, HZS. 48.
2) Nach P. J. Meiers richtiger Deutung.
3) Hases Wiederherstellungsversuch (Ztsch. des Architekten- und Ingenieurvereins zu
Hannover XIX) ist völlig verfehlt; P. J. Meiers Annahme einer dorfkirchenähnlichen Anlage
von ihm selbst zurückgenommen.
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