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Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33,1): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.41156#0147
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IV b. Ausstattung.

Der Außenrand besteht aus einem schmalen mit Wellenornament geschmückten
Streifen und einem breiteren Inschriftbande mit folgender Inschrift: + IRIiACAPSA
AD HOROR6 BEATI SeRVATII FACTA 6 RECORDITV CORP ET LIGN DNICV
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De SPINA • DORSI • S • S\ATII - CT INFVLA - DC CASVLA DC SARCOPHAGO • IN
S • PET - RELIQVE - S CORVI | QVOl NOlA CIRCVSQ1RIPTA SVNT(=In hac
capsa ad honorem heati Servatii facta est reconditum corpus et lignum dominicum
et de veste S. Marie Matris domini et Johannis baptistae et femu[r] et de spina
dorsi S. Servatii et infula. de casula de sarcophago in S. Petr, et reliquie S. corvi
quorum nomina circumscripta sunt; deutsch: in diesem Schrein, der zur Ehren
des heiligen Servatius gefertigt ist, ist geborgen der Leib und das Holz des Herrn
und vom Kleide der heiligen Maria, der Mutter des Herrn, und des Johannes des
Täufers und ein Schenkel und vom Rückgrat des heiligen Servatius und eine
Inf ul, von der Kasel, vom Sarkophag in SP. et Reliquien des heiligen Corvus,
deren Namen herumgeschrieben sind).
Die Zeichnung der Architekturformen wie der Brustbilder der Heiligen ist
vortrefflich.
So schließt diese Arbeit würdig das Ganze ab. Die Datierung ist dabei
besonders willkommen, obgleich sie sich nur auf die neuen Teile bezieht. Die
Äbtissin Agnes regierte als II. ihres Namens 1184 — 1203; die Pröpstin (pp = prae-
positae) Oderadis wird sonst nicht erwähnt.
Die sonstige Zeitbestimmung ist schwierig. Die Anklänge an antike Formen
sind gering, doch immerhin vorhanden; so die nur mit dem Mantel, der den größten
Teil des Körpers freiläßt, bekleideten Figuren der Zwillinge und des Wasser-
mannes; auch vielleicht die Säulenkapitelle, die aber auch romanisch sein können.
Der Stützenwechsel legt sächsischen Ursprung nahe. Creutz setzt das Werk in
das 10. Jahrhundert; vgl. Bode, Die Plastik. Dazu stimmt wohl auch die voll-
ständige Symmetrie und Harmonie des ganzen Kästchens, die auf ein Werk aus
einem Guß schließen lassen1). Die Goldschmiedearbeit ist aber z. T. durch die
Inschrift des Bodens sicher datiert (s. o.)2). — Herstellungsort vielleicht Prüm
(nach Th. Hampe im Reallexikon der german. Altertumsurkunde II, S. 297).
Der unermeßliche Wert dieses Reliquienschreins ist seit je erkannt worden.
In einem Verzeichnis des 17. Jahrhunderts wird es auf fast eine Tonne Goldes
geschätzt.
III. Reliquienschrein (Tragaltar?) aus Holz, mit vergoldetem Silberblech
überzogen, 36,8 cm lang, 23 cm breit, 16,2 cm hoch. (Tafel 14 und 15.) Die vier
Wände stoßen in abgestumpften Ecken zusammen, vor die sich Dreiviertelsäulen

r) Eine ganz ähnliche Arbeit teils in München, teils in Berlin setzt Semrau in die
Zeit Heinrichs II. (nach Semrau a. a. 0.).
-) Vgl. Max Creutz, Rheinische Goldschmiedeschulen des X. und XI. Jahrhunderts (in
Z. f. christl. Kunst 1908, Heft 7). Jean J. Marquet de Vasselot im Coffret reliquiaire du
Tresor de Quedl. Paris 1900.
 
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