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Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33,1): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.41156#0171
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V. Königshof und Kloster St. Wiperti.

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der Königshof selbst, sondern die ganze alte Siedlung Quedlinburg gemeint, wie schon
in der ältesten Urkunde von 922 mit villa. Diese scheint schon vorher eine Kirche
gehabt zu haben, weil sie sonst wohl nicht St. Jakobi genannt worden wäre. Uralte
Architekturformen der Krypta (s.u.) würden dazu stimmen. Der Übergang auf die
Ludolfinger, die dann als Besitzer erscheinen, ist uns nicht näher bekannt. Daß
Herzog Otto, König Heinrichs I. Vater, 901 Laienabt von Hersfeid wurde, kann zu
dieser Erwerbung geführt haben1)- Aber ein Kloster war mit der Kirche St. Jakobi
auch jetzt noch nicht verbunden. Dies ist erst 936 von der Königin Mathilde, die
es 927 bzw. 929 als Witwengut erhalten hatte, gegründet worden (nach Annalista
Saxo und Annal. Magdeb.). Wenn die Gründung früher dem Bischof Haymo von
Halberstadt zugeschrieben wurde, so wird zur Bildung dieser Überlieferung das
alte Besitzverhältnis zu Hersfeid geführt haben, dem ja auch die Einsetzung von
Klerikern zur Besorgung der Jakobikirche zugeschrieben werden kann, die 936
zuerst erwähnt werden (Q. UB. 3), aber wegen des Ausdrucks: „quidquid clericis
in eodem loco domino servientibus prius concessimus“ vorher schon vorhanden
gewesen sein müssen. 961 wird der Königshof mit seinem ganzen in der Graf-
schaft des Grafen Friturich gelegenen Wirtschaftsgebiete von der Königinmutter,
der es als Witwengut gehörte, geschenkt, wobei die Anzahl der Mönche auf
wenigstens zwölf bestimmt wird, und 964 verleiht König Otto II. den Kanonikern
„in suburbio castelli Quidelingoburg“ das Recht der freien Abtswahl. 1148
wurden die Benediktiner durch Prämonstratenser ersetzt, die die Äbtissin Beatrix
einführte. Wo jene untergebracht wurden, erfahren wir nicht. Die Umwandlung
wird von Norbert, dem Erzbischöfe von Magdeburg, veranlaßt sein, der mit allen
Mitteln die Ausbreitung des von ihm gegründeten Ordens betrieb; auch hier
werden Unregelmäßigkeiten im Leben der bisherigen Mönche den Anlaß dazu
gegeben haben. Papst Eusebius bestätigte die neue Ordnung und Papst Alexander
empfahl sie ausdrücklich 1179. Daß 1163 der Name St. Wigberti zum ersten Male
urkundlich auftritt, ist auffällig, aber wohl nur Zufall.
Das Vermögen des Klosters wuchs rasch und ist schon nach dem ihre
Bestätigung enthaltenden „diploma“ 1179 (bei Kettner, Antiqu. Quedl., S. 190) sehr
bedeutend. Es besitzt demnach außer dem Kloster selbst und seiner Kirche die
Parochie außerhalb der Stadtmauer, die Kirche St. Gertrudis, die Kapelle auf dem
Kapellenberg, 16 Hufen in Quedlinburg mit dem Zehnten der ganzen Stadt,
3 Mühlen, 6 Hufen unterhalb der Stadtmauer, den Brühl, den Weinberg in der
Altstadt, den Zehnten von dem Weinberge außerhalb der Stadt neben St. Ägidien
und in der Umgegend, 55 Hufen in den Fluren der umliegenden Dörfer.
Dieser Reichtum verführte zur Üppigkeit, und vor 1277 muß es um die
Klosterzucht sehr schlimm bestellt gewesen sein. Denn die Äbtissin Bertradis
weist die Mönche an, sich im Chor, Schlafsaal und Refektorium würdig und still
zu verhalten, Einladungen Fremder und Trinkereien zu vermeiden, keine an-
rüchigen Orte zu besuchen, wie Brühl und Kapellenberg, auch keine Bäder
außerhalb zu benutzen und das Würfelspiel zu unterlassen, vor allem keine
liederlichen Frauenzimmer „intra clausuras curiae et claustrum“ zu dulden. Das
alles unter Androhung der Absetzung. Der zunehmende Reichtum hatte auch
bauliche Verbesserungen möglich gemacht. Schon 1265 wurden Neubauten und

9 Grosse, HZS. 48, 8.
 
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