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Sommer, Gustav; Otte, Heinrich
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 9): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Eckartsberga — Halle a. d. S.: Otto Hendel, 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.41968#0046
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Kreis Eckartsberga.

17. Jahrh. unter Widerspruch der Gemeinde von einem Herrn von Görmar er-
richtet wurde, weil man aus seinem Betstuhl den Prediger nicht sehen konnte,
was Rechtsstreitigkeiten zur Folge hatte. — Auf früher in Gorsleben ansässige
Adelsfamilien deuten die an einem herrschaftlichen Stuhle angebrachten Wappen
der von Trebra, Görmar, Bendeleben und Dachröden. — An der Chorwand ist der
frühere reichgeschnitzte Altarschrein befestigt, der als mittlere Hauptdarstellung die
Kreuzabnahme mit der von Johannes und Magdalena gehaltenen in Ohnmacht sinken-
den Maria enthält Besonders zierlich ist der als gothische Kirchenhalie mit Rippen-
gewölbe und 5 reichen Maasswerkfenstern dargestellte Hintergrund behandelt. Auf
den Seiten stehen links S. Barbara und ein Heiliger mit Buch und Lamm (Johannes
der Täufer?), rechts S. Georg und ein Heiliger mit nur einem Fuss. Die beiden
Flügel enthalten je drei Figuren: links Elisabeth, Bonifatius und Gereon, rechts
Magdalena, Paulus und Petrus. Sämmtliche Figuren stehen unter sehr schönen
Baldachinen. — Die oben angeführte Beschreibung der Kirche von dem damaligen
Ortspfarrer Schulze erwähnt noch Reste von biblischen Glasmalereien mit der
Jahreszahl 1449 in den Chorfenstern und ein Porträt des in Gorsleben geborenen
Chronologen und Musikers Sethus Calvisius (f 1615 alsCantor an der Thomasschule
zu Leipzig).
In dem mit der Jahreszahl 1591 bezeiclmeten Glockenstuhle auf demThurme
hängen drei von Gebr. Ulrich in Apolda gegossene Glocken von 1,05 0,85 und
0,67m Durchmesser, die beiden grösseren von 1782, die kleinere von 1804.
An der Mauer des südlich, östlich und westlich durch Wirthschaftsgebäude
dreier Rittergüter abgeschlossenen Kirchhofes findet sich in Stein gehauen ein
grosses Wappen derer von Görmar mit der Jahreszahl 1568; neben demselben ein
noch grösseres Relief,vom Jahre 1698, welches stark stilisirt den Tod darstellt in
seiner Menschen mähenden Thätigkeit.
2) Eine dicht an dem Lossaarme der Unstrut belegen und dem Täufer Johannes
(beiläufig auch dem Schutzheiligen des Klosters Oldisleben) gewidmet gewesene
Kirche, welche wegen der häufigen Ueberschwemmungen verlassen worden sein
soll und allmählich in Verfall gerieth. Sie diente zuletzt als Steinbruch, und gegen-
wärtig ist nur noch eine kaum zu verfolgende Grundmauer derselben zu sehen.
(Herren-) Gosserstedt.
Pfarrkirchdorf mit Rittergut, 6 Km. westnordwestlich von Eckartsberga, am
Fusse der Finne, 699 Einwohner. Es heisst im Fuldaer Zehntregister Gotherestat
und findet sich zu Anfang des 13. Jahrh. Gotzcherstet geschrieben (Rein 2,121.
Nr.41'a). Ein Herdegenus de Gozirstete kommt 1208 als Zeuge in einer Portenser
Urkunde vor (Corssen, Pforte S. 337), ein Ekehardus de Gozerstete in einem
Heusdorfer Kaufbriefe von 1250 (Rein, a. a. 0. S. 137 Nr. 51), und ein Gothardus
Marschalcus de Goserstede 1319 (ebd. S. 197). Eine Ermigard Marschall von
Gosserstedt lebte 1328 —1338 als Nonne in dem Benedictinerkloster zu Heusdorf
(ebd. S. 66). Eie Familie von Marschall war bis 1715 im Besitz des Rittergutes,
welches seit 1730 den Freiherren von Münchhausen gehört. Der Name Herren-
Gosserstedt scheint sich gebildet zu haben, um das Sitzgut von dem dazu ge-
hörigen Vorwerke Hohen-Gosserstedt zu unterscheiden.
 
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