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und nach dein im k. Münzcabinet itt München befind-
lichen Exemplar). In der Thal eine seltene Entwicklungs-
fähigkeit bei einem schon in den höheren Jahren stehenden
Künstler! Läßt die plakettform und einzelne Motive des
Arrangements, sowie die Art der Schrift den Ein
fluß der modernen pariser Medailleure, eines
Roty und Ehaplain, nicht verkennen, so ist
die eigentlich plastische Arbeit von eigener,
tüchtiger Art. Ein strenger Formensinn,
der allen Werth aus exacte und klare
Zeichnung legt, knappe und präcise Form-
gebung zeichnen das Porträt aus. Dabei
ist die Auffassung von einer Schlichtheit
und Sachlichkeit, die dem einfachen Wesen
des genialen Gelehrten vortrefflich entspricht,
wobei doch die Großartigkeit seiner Anschauung
und die Energie des Gedankens in der pracht-
voll ausgearbeiteten Stirne zu voller Geltung
gebracht ist. Die Rückseite kann man als Muster
eines übersichtlichen Arrangements hinstellen,
wenn man auch der Idealfigur eine weniger repräsentative
Pallung und ihre Beziehung zum Inhalt intimer aus-
gedrückt wünschen möchte.
Anton Scharff wirkt fast ausschließlich als Medailleur
und entwickelt auf seinem Gebiete eine äußerst fruchtbare
und vielseitige Thätigkeit. Seine Kunst bedeutete gleich
nach den ersten tastenden Versuchen einen entschiedenen
Bruch mit der Vergangenheit. Das bekannte be-
wegliche Naturell des Wieners, feine lebhafte
Neigung zu flotter Eleganz, die im Kunstleben
dieser Stadt seit jeher in Form von chikein Ar-
rangement und spielender, aber decorativ wirk-
samer Fertigkeit ihren Erfolg hatte, kam durch
ihn in der Kleinplastik zum Durchbruch. Durch
Reisen mit der Kunst des Auslands, vor allein
mit der modernen französischen Sculptur wohl
vertraut, ist er in Wien neben seinem zu
früh verstorbenen Freunde Tilgner der
lebendigste Vertreter der neueren male-
rischen Richtung in der Bildhauerei.
Müheloseren Erfolg als dem
Bildhauer hat das malerische An-
schauungsvermögen ihm, dem Me-
dailleur, verschafft. Scharff ist als
Mensch wie als Künstler eine reich
und glücklich begabte Natur. Thätige
Freunde und opferbereite Gönner haben
ihm nie gemangelt. Sein Talent, das
mit feinem Geschmack in engem Bunde
steht, enttäuscht den Besteller niemals und
wird besonders da geschätzt, wo angenehme
Auffassung und gefällige Pallung die
Pauptforderungen an die Porträtkunst
sind. Diesen glücklichen Eigenschaften
verdankt Scharff vor allein seine Beliebtheit bei den pösen.
Man kann ihn den Angeli der Medailleure nennen. Der
österreichische Kaiser, der russische, englische und württem-
bergische Pos, die Fürsten von Serbien, Rumänien und
Bulgarien sind Auftraggeber von ihm. Besondere Gunst
hat ihm unser Prinzregent zugewandt, dessen Brustbild er
J6. Medaille zum Jubiläum
des Walzerkönigs Strauß, von
A. Scharff,
k. Münzcabinet München.
\7 u. (8. Medaillen von Franz Pawlick,
k. Münzcabinet München.
nach der Natur rnodelliren durfte und das auf zwei
Medaillen in verschiedener Fassung erschienen ist.
Die beigegebene Tafel 3 mit einer kleinen Auswahl
uach Abgüssen seiner Arbeiten veranschaulicht seine Kunst
besser als viele Worte. Rasches Auffaffungs-
vermögen, inehr ein leichtes Festhalten des
physiognomischen Ausdrucks als genau ein-
dringeudes, zeichnerisches Studium spricht
aus seiner Porträtkunst. Die Ausführung
vermeidet lieber den Anschein der Pedan-
terie als den der Flüchtigkeit; überall
aber wirkt sie mühelos und flott. Be-
sondere Reize entfaltet ihrem fein-maleri-
schen Tharakter gemäß die Scharff'sche
Kunst in der Wiedergabe der Structur der
paut. Während noch in der früh entstandenen
Medaille auf Ritter vou Tunner das Gesicht
mit unlebendiger Glätte gegeben ist, und nur
die leichtere Behandlung der paare den zu-
künftigen Scharff ahnen läßt, hat er in seinen
späteren Bildnissen durchweg eine überaus pikante, man
kann sagen, stofflich wirkende Mache erreicht, ein Geschick,
das naturgemäß bei Darstellung älterer Personen besonders
zur Geltung kommt. So steht z. B. auf der zum 25jährigen
Regierungsjubiläum der Königin von England gefertigten
Riedaille, mit der Scharff aus einer internationalen Con-
currenz als Sieger hervorging, die ältere Auffassung
der Monarchin weit über ihrem daneben dargestellten
Iugendbildnis. Besonders charakteristisch für
seine auf Lichtwirkungen berechnete Technik ist
seine Behandlung des Auges. Wir weisen da-
für auf das Porträt des Professors Schönn hin
(Abb. f5). Alle Sorgfalt ist hier auf die Um-
gebung des Auges verwandt, der Augapfel selbst
ganz unbestimmt gelassen und in Schatten ge-
taucht, was dem Blick eine gewisse ausdrucks-
volle Tiefe verleiht. Ein großer Teil der
frisch-lebendigen Wirkung bei Scharff-
schen Medaillen beruht darauf, daß
die besondere, pikante Technik des
Modellirens in Wachs noch im Guß
resp. in der Prägung möglichst er-
halten ist. Man glaubt noch im
Metall das zarte Betupfen mit dem
Finger zu bemerken, das der Ober-
fläche des Wachsmodells den öligen
Glanz benimmt und ihm belebende
Zartheit gibt. Als Muster dieser freien,
künstlerischen Behandlungsmanier heben
wir neben der erwähnten Schönn'fchen
Medaille diejenigen auf F. A. Flückiger
sTaf. 5), Cardinal Mihaiovic und R. Alt
hervor. Die Abbildung Nr. s5 veranschau-
licht die zwanglose Art, mit der Scharff den
Ramn zu disponiren versteht und die Schrift eben da, wo sich
Raum bietet, in geschmackvollen Lettern anordnet. Größeren
Spielraum für die Phantasie und sein Lompositionstalent
bietet dem Steinpelschneider die Rückseite der Medaille. Zu
oft freilich ist er beschränkt durch die Wünsche der Besteller, die
nicht immer gerade geschmackvoll sind, und nicht immer ist die
X
und nach dein im k. Münzcabinet itt München befind-
lichen Exemplar). In der Thal eine seltene Entwicklungs-
fähigkeit bei einem schon in den höheren Jahren stehenden
Künstler! Läßt die plakettform und einzelne Motive des
Arrangements, sowie die Art der Schrift den Ein
fluß der modernen pariser Medailleure, eines
Roty und Ehaplain, nicht verkennen, so ist
die eigentlich plastische Arbeit von eigener,
tüchtiger Art. Ein strenger Formensinn,
der allen Werth aus exacte und klare
Zeichnung legt, knappe und präcise Form-
gebung zeichnen das Porträt aus. Dabei
ist die Auffassung von einer Schlichtheit
und Sachlichkeit, die dem einfachen Wesen
des genialen Gelehrten vortrefflich entspricht,
wobei doch die Großartigkeit seiner Anschauung
und die Energie des Gedankens in der pracht-
voll ausgearbeiteten Stirne zu voller Geltung
gebracht ist. Die Rückseite kann man als Muster
eines übersichtlichen Arrangements hinstellen,
wenn man auch der Idealfigur eine weniger repräsentative
Pallung und ihre Beziehung zum Inhalt intimer aus-
gedrückt wünschen möchte.
Anton Scharff wirkt fast ausschließlich als Medailleur
und entwickelt auf seinem Gebiete eine äußerst fruchtbare
und vielseitige Thätigkeit. Seine Kunst bedeutete gleich
nach den ersten tastenden Versuchen einen entschiedenen
Bruch mit der Vergangenheit. Das bekannte be-
wegliche Naturell des Wieners, feine lebhafte
Neigung zu flotter Eleganz, die im Kunstleben
dieser Stadt seit jeher in Form von chikein Ar-
rangement und spielender, aber decorativ wirk-
samer Fertigkeit ihren Erfolg hatte, kam durch
ihn in der Kleinplastik zum Durchbruch. Durch
Reisen mit der Kunst des Auslands, vor allein
mit der modernen französischen Sculptur wohl
vertraut, ist er in Wien neben seinem zu
früh verstorbenen Freunde Tilgner der
lebendigste Vertreter der neueren male-
rischen Richtung in der Bildhauerei.
Müheloseren Erfolg als dem
Bildhauer hat das malerische An-
schauungsvermögen ihm, dem Me-
dailleur, verschafft. Scharff ist als
Mensch wie als Künstler eine reich
und glücklich begabte Natur. Thätige
Freunde und opferbereite Gönner haben
ihm nie gemangelt. Sein Talent, das
mit feinem Geschmack in engem Bunde
steht, enttäuscht den Besteller niemals und
wird besonders da geschätzt, wo angenehme
Auffassung und gefällige Pallung die
Pauptforderungen an die Porträtkunst
sind. Diesen glücklichen Eigenschaften
verdankt Scharff vor allein seine Beliebtheit bei den pösen.
Man kann ihn den Angeli der Medailleure nennen. Der
österreichische Kaiser, der russische, englische und württem-
bergische Pos, die Fürsten von Serbien, Rumänien und
Bulgarien sind Auftraggeber von ihm. Besondere Gunst
hat ihm unser Prinzregent zugewandt, dessen Brustbild er
J6. Medaille zum Jubiläum
des Walzerkönigs Strauß, von
A. Scharff,
k. Münzcabinet München.
\7 u. (8. Medaillen von Franz Pawlick,
k. Münzcabinet München.
nach der Natur rnodelliren durfte und das auf zwei
Medaillen in verschiedener Fassung erschienen ist.
Die beigegebene Tafel 3 mit einer kleinen Auswahl
uach Abgüssen seiner Arbeiten veranschaulicht seine Kunst
besser als viele Worte. Rasches Auffaffungs-
vermögen, inehr ein leichtes Festhalten des
physiognomischen Ausdrucks als genau ein-
dringeudes, zeichnerisches Studium spricht
aus seiner Porträtkunst. Die Ausführung
vermeidet lieber den Anschein der Pedan-
terie als den der Flüchtigkeit; überall
aber wirkt sie mühelos und flott. Be-
sondere Reize entfaltet ihrem fein-maleri-
schen Tharakter gemäß die Scharff'sche
Kunst in der Wiedergabe der Structur der
paut. Während noch in der früh entstandenen
Medaille auf Ritter vou Tunner das Gesicht
mit unlebendiger Glätte gegeben ist, und nur
die leichtere Behandlung der paare den zu-
künftigen Scharff ahnen läßt, hat er in seinen
späteren Bildnissen durchweg eine überaus pikante, man
kann sagen, stofflich wirkende Mache erreicht, ein Geschick,
das naturgemäß bei Darstellung älterer Personen besonders
zur Geltung kommt. So steht z. B. auf der zum 25jährigen
Regierungsjubiläum der Königin von England gefertigten
Riedaille, mit der Scharff aus einer internationalen Con-
currenz als Sieger hervorging, die ältere Auffassung
der Monarchin weit über ihrem daneben dargestellten
Iugendbildnis. Besonders charakteristisch für
seine auf Lichtwirkungen berechnete Technik ist
seine Behandlung des Auges. Wir weisen da-
für auf das Porträt des Professors Schönn hin
(Abb. f5). Alle Sorgfalt ist hier auf die Um-
gebung des Auges verwandt, der Augapfel selbst
ganz unbestimmt gelassen und in Schatten ge-
taucht, was dem Blick eine gewisse ausdrucks-
volle Tiefe verleiht. Ein großer Teil der
frisch-lebendigen Wirkung bei Scharff-
schen Medaillen beruht darauf, daß
die besondere, pikante Technik des
Modellirens in Wachs noch im Guß
resp. in der Prägung möglichst er-
halten ist. Man glaubt noch im
Metall das zarte Betupfen mit dem
Finger zu bemerken, das der Ober-
fläche des Wachsmodells den öligen
Glanz benimmt und ihm belebende
Zartheit gibt. Als Muster dieser freien,
künstlerischen Behandlungsmanier heben
wir neben der erwähnten Schönn'fchen
Medaille diejenigen auf F. A. Flückiger
sTaf. 5), Cardinal Mihaiovic und R. Alt
hervor. Die Abbildung Nr. s5 veranschau-
licht die zwanglose Art, mit der Scharff den
Ramn zu disponiren versteht und die Schrift eben da, wo sich
Raum bietet, in geschmackvollen Lettern anordnet. Größeren
Spielraum für die Phantasie und sein Lompositionstalent
bietet dem Steinpelschneider die Rückseite der Medaille. Zu
oft freilich ist er beschränkt durch die Wünsche der Besteller, die
nicht immer gerade geschmackvoll sind, und nicht immer ist die
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