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Von Dr. A. Brüning.
ohl die bedeutsamste und folgenschwerste
Errungenschaft unseres Jahrhunderts ist
der gewaltige Fortschritt, den das künst-
liche Licht von der trüben Gellampe
und qualmenden Aerze bis zur blenden-
den Bogenlampe im Laufe von einigen
Jahrzehnten geinacht hat. Ihm verdanken wir vielleicht
mehr als allen anderen Erfindungen und Schöpfungen
unserer Tage vor Allem auch das geistige Licht, das sich
jetzt in breiten Strömen über alle Masten der Bevölkerung
ergießt. So eindringlich prägt sich diese neue Errungen-
schaft dem Eharakter unserer Zeit auf, daß vielleicht
kommende Geschlechter von der Gegenwart als dem Zeit-
alter des Lichtes reden werden. Mit dieser Entwickelung
des künstlich geschaffenen Lichtes, bei der die verschiedensten
Beleuchtungsarten in rascher Folge sich überholten, konnte
die Entwickelung der Aunstformen, die an ein ruhiges,
stetes, erst langsam reifendes Wachsthum gebunden ist,
nicht gleichen Schritt halten. Während die früheren Jahr-
hunderte im Gegensatz zu der ärmlichen Lichtquelle eine
reiche Fülle von Aunstformen schufen, ist unsere Zeit noch
arm an Neubildungen; um zunächst den dringendsten Be-
darf zu decken, entleiht man der Vergangenheit ihren Form-
besitz. Aber das moderne Licht, vor Allem das elektrische,
läßt sich nicht mehr an die alten Formen bannen, gebieterisch
erheischt es Bildungen, die seinen andersartigen Eigen-
schaften und Bedingungen gerecht werden. Und schon regen
sich auch überall die Aeime neuen Lebens, wenn auch noch
überwuchert von dem Unkraut der überkommenen Formen.
Befinden wir uns doch mitten in einem Werdeproceß, in
dem Altes und Neues sich noch verträglich einander ge-
fallen lasten müssen.
X_
Zu den bemerkenswerthesten Versuchen, die Vorzüge
des elektrischen Lichtes vor anderen Beleuchtungsarten zu
verwerthen und auszunutzen, gehört die Eingliederung der
Glühlampen in die Decoration von Wand und Decke, wie
sie besonders in amerikanischen Wohnräumen vielfach mit
großem Geschick und Erfolg in's Werk gesetzt ist. Ist
doch das elektrische Licht, ebenso wie das Gaslicht, in Folge
seiner Zuleitungen mehr
an Decke und Wand ge-
bannt, als Aerze und
Gellampe. Diese Ein-
fügung des Lichtgeräths
in die Wand- und Decken-
decoration und feine
zweckgemäße Verthei-
lung und künstlerisch
wirksame Anordnung ist
eine Aunst, die vielleicht
in der Zukunft noch
weiter sich entwickeln
wird, die aber auch schon
in der Vergangenheit
geübt worden ist. Denn
wenn auch die Einschließung der elektrischen Glühbirnen
in die Decke eine nur dieser Beleuchtungsart mögliche
Neuerung ist, so lassen sich doch schon auch aus früherer
Zeit erfolgreiche Versuche, den Wandleuchter in organischen
Zusaminenhang mit den: übrigen Schmuck der Wand zu
bringen, Nachweisen.
Den Wandleuchter kannte, ebenso wie den Aronleuchter,
das Alterthum kaum. Tandelaber und Gellampe herrschten
fast ausschließlich im Reiche der Beleuchtung. Auch im
Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-vereins München.
46. Iahrg. 1897. Heft 2. (Bg. \.)
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Von Dr. A. Brüning.
ohl die bedeutsamste und folgenschwerste
Errungenschaft unseres Jahrhunderts ist
der gewaltige Fortschritt, den das künst-
liche Licht von der trüben Gellampe
und qualmenden Aerze bis zur blenden-
den Bogenlampe im Laufe von einigen
Jahrzehnten geinacht hat. Ihm verdanken wir vielleicht
mehr als allen anderen Erfindungen und Schöpfungen
unserer Tage vor Allem auch das geistige Licht, das sich
jetzt in breiten Strömen über alle Masten der Bevölkerung
ergießt. So eindringlich prägt sich diese neue Errungen-
schaft dem Eharakter unserer Zeit auf, daß vielleicht
kommende Geschlechter von der Gegenwart als dem Zeit-
alter des Lichtes reden werden. Mit dieser Entwickelung
des künstlich geschaffenen Lichtes, bei der die verschiedensten
Beleuchtungsarten in rascher Folge sich überholten, konnte
die Entwickelung der Aunstformen, die an ein ruhiges,
stetes, erst langsam reifendes Wachsthum gebunden ist,
nicht gleichen Schritt halten. Während die früheren Jahr-
hunderte im Gegensatz zu der ärmlichen Lichtquelle eine
reiche Fülle von Aunstformen schufen, ist unsere Zeit noch
arm an Neubildungen; um zunächst den dringendsten Be-
darf zu decken, entleiht man der Vergangenheit ihren Form-
besitz. Aber das moderne Licht, vor Allem das elektrische,
läßt sich nicht mehr an die alten Formen bannen, gebieterisch
erheischt es Bildungen, die seinen andersartigen Eigen-
schaften und Bedingungen gerecht werden. Und schon regen
sich auch überall die Aeime neuen Lebens, wenn auch noch
überwuchert von dem Unkraut der überkommenen Formen.
Befinden wir uns doch mitten in einem Werdeproceß, in
dem Altes und Neues sich noch verträglich einander ge-
fallen lasten müssen.
X_
Zu den bemerkenswerthesten Versuchen, die Vorzüge
des elektrischen Lichtes vor anderen Beleuchtungsarten zu
verwerthen und auszunutzen, gehört die Eingliederung der
Glühlampen in die Decoration von Wand und Decke, wie
sie besonders in amerikanischen Wohnräumen vielfach mit
großem Geschick und Erfolg in's Werk gesetzt ist. Ist
doch das elektrische Licht, ebenso wie das Gaslicht, in Folge
seiner Zuleitungen mehr
an Decke und Wand ge-
bannt, als Aerze und
Gellampe. Diese Ein-
fügung des Lichtgeräths
in die Wand- und Decken-
decoration und feine
zweckgemäße Verthei-
lung und künstlerisch
wirksame Anordnung ist
eine Aunst, die vielleicht
in der Zukunft noch
weiter sich entwickeln
wird, die aber auch schon
in der Vergangenheit
geübt worden ist. Denn
wenn auch die Einschließung der elektrischen Glühbirnen
in die Decke eine nur dieser Beleuchtungsart mögliche
Neuerung ist, so lassen sich doch schon auch aus früherer
Zeit erfolgreiche Versuche, den Wandleuchter in organischen
Zusaminenhang mit den: übrigen Schmuck der Wand zu
bringen, Nachweisen.
Den Wandleuchter kannte, ebenso wie den Aronleuchter,
das Alterthum kaum. Tandelaber und Gellampe herrschten
fast ausschließlich im Reiche der Beleuchtung. Auch im
Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-vereins München.
46. Iahrg. 1897. Heft 2. (Bg. \.)
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