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industriellen, andererseits sein bürgerliches Gewerbe, die
Brauerei, die durch das Zusammenwirken der Chemie
niit der Agricultur allegorisirt ist. Die künstlerische Aus-
führung des durch Schenkung in das k. Münzcabinet
gelangten Exemplars ist die denkbar subtilste. Während
Thaplain in seinen früheren Werken, wie z. B. in dem
prächtigen Stück, das als Prämie für die pflege von Aindern
entworfen wurde, und eine kräftige Bäuerin mit einem
Säugling an der Brust, ein anderes Aind mit dem Löffel
fütternd darstellt, zu realistischer Derbheit neigt, bemerkt man
in den Jugendarbeiten Roty's eine Neigung zum Zierlichen
und Ueberzierlichen. Die durch Freundschaft nahe verbun-
denen Aünstler scheinen sich
inzwischen künstlerisch ge-
nähert, in schönem Wett-
streit sich gegenseitig ge-
steigert zu haben. Noch
ist Thaplain's Muse die
strengere, sie ist männlicher
und gemessener, als das
zarte und schmiegsame
Frauenideal, das Roch liebt.

Aber man wird dort die
Anmuth ebenso wenig
missen, wie hier die Ein-
fachheit. Man möchte die
Figuren des älteren Aünst-

sich auch wohl „so" zu Stande zu bringen. Aber die Be-
trachtung von Roch's Werk wird ihm den Unterschied in
der künstlerischen Qualität fühlbar machen. Unsere Illu-
strationen können nur eine kleine Auslese aus dem Reich-
thum von Roch's Schaffen geben. Aus den auf unserer
Tafel fO abgebildeten Stücken lernen wir ihn als porträ-
tisten kennen, dem besonders das Alter gut gelingt; aber
auch der naive Vorwitz des halbwüchsigen Ana den, der
Scharfsinn des Gelehrten, die gelassene Ueberlegenheit des
Weltmannes sind ihm gleich geläufig. Die Abbildungen auf
Tafel st veranschaulichen sein Tompositionstalent, den Reich
thum seiner Phantasie und die Weite seines Darstellungs-
kreises , wenn auch nicht
die ganze Fülle seiner Mo-
tive und die ganze Scala
seiner Empfindungen. Eine
seltene Universalität des
Aönnens, die sich im Figür-
lichen, wie iin Landschaft-
lichen mit eleganter Sicher-
heit bewegt. Idealfiguren
in wallenden Schleiern, die
schlichte Erscheinung im
Bürgerkleid, die " nackte
Menschengestalt in der
perbheit der Zugend und
in reifer Fülle, gegenständ-

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52.

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53.

5;—55. Medaillen und Plaketten von Fernand Dnbois. (Nach einem Lichtdruck in den „Blättern für Münzfreunde".)

(5\ u. 52. Medaille auf das 50jäbr. Bestehen der numismatischen Gesellschaft in Belgien; 53. Medaille auf Graf Maurin de Nabuys; 54 u. 55. Plakette auf die Photographie.)

lers in ihrer edlen Ruhe mit den Malereien auf den feinsten
attischen Lekchthen vergleichen, während Roty's Aunst etwas
von dem graziösen Geist der hellenistischen Terrakotten hat.
Auch wenn man iin Skizzenbuch seines großen Landsmannes
puvis de Thavanne's blättert, mögen manche Züge an Rotys
Wesen und Auffassung erinnern. Und dennoch wird Niemand
den Beiden, weder Thaplain, itoch Roty eigenes Empfinden
absprechen wolleit. Man vergleicht sie wohl miteinander
uild mit anderen, aber nur, um sich ihrer feineren Eigen-
art desto mehr bewußt zu werden. Es ist eben das strenge,
unermüdliche Studium der großen Natur, das aus diesen
kleinen Aunstwerken zu uns redet. Wohl inag es Manchem
kleitilich und umständlich scheinen, für so kleine Figuren sich
des lebendeil Modells zu bedienen, runde pilfsfiguren her-
zustellen und die Draperie an wirklichen Tostümen zu stu-
direil. Eine nette Decoration des kleinen Feldes traut er

liche Arrangements mit feingezeichneter Schrift zusammen-
gestellt: überall vollendete Ailmuth und natürliche Motive.
Landschaftliche Hintergründe, die Welt der Berge und das
weite Meer, trauliche Interieurs, die Gelehrtenstube oder
die Werkstatt des Aünstlers — all das ist geschaut und
bis in das Detail voll Natur. Nur wer so das Leben
kennt, darf hoffen, selbst der allegorisch erdachten Gestalt
lebendigen Atem einzuhauchen, nur er darf das Wagniß
unternehmen, die Allegorie in irdische Sphäre zu rücken,
die Idealfigur mit dem Bildniß des Zeitgenossen zusammen-
zustellen, so wie es auf dem reizvollen Stück (Abb. ^8) ge-
glückt ist. Einer besonderen Erklärung bedürfen die Me-
daillen Roty's nicht, denn das ist ja einer ihrer Pauptvorzüge,
daß sie, ohne verstandesmäßig zu fein, verständlich zu dem
Beschauer reden, ihren Sinn unmittelbar verkünden. Als ein
köstliches Beispiel sei aus die Plakette hingewiesen, welche
 
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