Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
*

26 +

/

wir auf der folgenden Seite (Nr. 58) abbilden. Der
Anlaß zu seiner Herstellung — nicht eben ein poetischer —
war die Jubelfeier eines Pariser Polizeibeamten, und wie
geistreich-liebenswürdig hat der Aünstler seine Ausgabe
gelöst. Was könnte diese seine Idealgestalt, die, vor einem
init Akten bedeckten Bureautisch sitzend, von ihrer nächtlichen
Arbeit ausblickt und das aufmerksame Auge durch das
geöffnete Fenster über die schlafende Stadt schweifen läßt,
anders bedeuten als die Wachsamkeit, und wie könnte
inan die Pflichttreue des
Gefeierten lebensvoller
zur Anschauung bringen.

Auch aus den: Ge-
biete der Münzstempel-
schneidekunst hat sich
Roty mehrfach bethätigt.

In einem Entwurf zu
einer Münze der Repu-
blik paiti steht er noch
in den Fußstapsen seines
Vorgängers Oudine,
dessen bekannten, in an-
tikisirendem Geschmack
gehaltenen Idealkops
der Aepubli^ue fran-
gaise von (87( er da-
gegen mit einem Ent-
wurf zu der Medaille
gelegentlich eines fran-
zösischen Schützenfestes,
einem behelinten
Mädchenkops von lieb-
lichster Iugendsrische,
weit übertras (Tas. st, b
und sO, d). Soeben geht
durch die Zeitungen die
Nachricht, daß derselbe
Aünstler neuerdings
einen glücklichen Versuch
gemacht hat, das fran-
zösische Münzwesen in
künstlerische Bahnen zu
lenken, indem er das
Modell zu den neuen
Fünffrancs-Stücken ge-
liefert hat. Ferner rührt
das (00-Francs-Stück
des Fürstenthums Mo-
naco, (Tas. (0, e) das
unter den wenig künstlerischen aus diesem Gebiete zum
allerbesten gehört, von seiner pand her. Das Flachrelief
der Münze ließ den Aünstler allen Werth aus seine
Zeichnung legen, in der er Meister ist.

Belgien.

Frankreich nahe verwandt aus säst allen Gebieten
der modernen Aunst stellt sich Belgien dar, doch hat in
der Bildhauerkunst die Brüsseler Schule, wie sie von Van
der Stappen, Dillens, Paul Maurice, Du Bois so hervor-
ragend vertreten wird, einen ausgeprägt einheitlichen Zug.

X

Es ist eine Art von plastischem Impressionismus, der sie
beherrscht, eine merkmürdige Vorliebe für verschwimmende
Formen, die, wie mit blinzelnden Augen gesehen, nebulös
und Verblasen in ein Spiel von unbestimmten Lichtern
ausgelöst erscheinen. Ein wahrer porror vor anatomi-
schem Alarlegen des Organismus wohnt dieser Richtung
inne. Auch in der Medaille macht sich diese Tendenz
bemerkbar. Das interessante, hochkünstlerische Stück, das
dcr ausgezeichnete Dillens zu Ehren von Godefroy, eines

um die pebung der
Brüsseler Aunstschreiner-
arbeiten hochverdienten
Mannes, entworfen hat,
mag als charakteristi-
sches Beispiel dafür
stehen (siehe Abb. -(st
und 50). Die ungemein
breite, flüssige Formge-
bung wirkt als ob sie
ursprünglich aus den
matten Glanz einer El-
fenbeinschnitzerei berech-
net gewesen wäre. And
in der That waren die
Modelle ursprünglich in
dieser Masse hergestellt.
Es bedurfte natürlich
einer besonderenBehand-
lung der Bronce, um den
Eindruck des Originals
wenigstens annähernd
wieder zu erreichen.
Soweit dieAbbildung ein
Urtheil zuläßt, ist dies
in überraschender Weise
gelungen. Das Porträt
der Vorderseite wirkt in
jeder Beziehung künstle-
risch vornehm. Was
das figürliche Motiv des
Reverses betrifft, so ist
es ein Beispiel von den
michelangelesken An-
wandlungen, wie sie in
der Brüsseler Bild-
hauerei jetzt an der
Tagesordnung sind.

Neben diesem Werk
eines berühmten Aünst-
lers sei aus einen jüngeren, bis jetzt in Deutschland wenig be-
kannten Medailleur, Fernand Dubois, hingewiesen. Seinen
ersten Erfolg hatte dieser Aünstler, nachdem er im Atelier
van der Stappen's sich die Aunst des Gravirens angeeignet
hatte, gelegentlich einer Toncurrenz im Jahre (887. Seit-
dem wurde er vielfach, besonders von der belgischen numis-
matischen Gesellschaft mit Aufträgen versehen; auch die
(Nr. 5( u. 52) abgebildete Denkmünze zum 50jähr.Bestehen
dieser Gesellschaft mit den Porträts von Lelewel und
Ehalon, zweier hervorragender Münzsorscher, ist sein Werk.
Es ist eine Arbeit, die von einer virtuosen Leichtigkeit

X
 
Annotationen