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Grotesken des Nordens! Me bezeichnend ist trotz den
reichen Guirlanden, der Fülle von Blumen, Edelsteinen
und Figuren doch der Sinn für regelrechte Schönheit der
Form ausgesprochen; das Ganze baut sich planmäßig auf,
sowohl in dein einfachen Randornament (Abb. 80), als
in den: reichen Rahmen (Taf. e)> Allenthalben herrscht
der Sinn für strenge Symmetrie oder wenigstens für sorgfältige
Responsion selbst bis in die einzelnen Bewegungen der
Putten, dem die freiere, entschieden auch hier phantasie-
reichere, Run st des Nordens so gern aus dem Wege geht.
Weit mehr als Sinibaldi schließen sich an die Archi-
tektur der Frührenaissance die originellen Randverzie-
rungen in des Lucanus Auszügen aus den Decaden des
Blondus an, die (d-f Johannes von Parma in Lastellnuovo
schrieb und die also wahrscheinlich der oberitalienischen
Gruppe zugehören. Aber nicht in der Weise geschieht
dies hier, daß wir ein Nachwirken architektonischen Or-
namentes im gemalten sehen, sondern vor allem dadurch,
daß der Künstler um die beiden wohlgelungenen Titel
blätter (das zweite Taf. sch ,) eine einfache, jedoch trefflich
verstandene Architektur als Rahmen aufbaut. Auch sie
zeigt, namentlich im Gegensatz zu verwandten nordischen
Arbeiten, jenen dem Italiener eigenen Blick aus das
Ganze und wirkt, weil groß gedacht, trotz des kleinen
Maßstabes entschieden groß; man betrachte nur den Unter-
bau, die Pfeiler, das Gesims, besonders auch die Basen
der Stangen, an denen die Inschrifttasel mit den: Beginn
des Textes befestigt ist. Das Ganze zeigt den Sinn des
Italieners für einfache, schöne Formen. Das feine Orna-
ment der Pfeiler und des Gesimses aber läßt den der
Frührenaissance, ganz besonders auch der Oberitaliens,
eigenthümlichen Sinn für zierliche Decoration erkennen,
der sich in seiner leicht beweglichen Art auch höchst liebens-
würdig und mannigfaltig in dem anmuthigen Spiel der
Formen der zahlreichen, graciösen -Randleisten dieses
Buches (Abb. 80) ausspricht.
Unsere kunstgewerblichen <I)usterblMer.
Taf. ;3. Französische und niederländische Buch-
malereien. Aus der zweiten ffälfte des Jahrhunderts. (Un-
gefähr 3A der wirkt. Größe.)
; (oben links). Aus einem französischen Gebetbuch in der
Münchener Staatsbibliothek, Tod. lat. ;0 092.
2 (oben rechts), 3 und Ans einen: niederländischen Gebet-
buch im bayerischen Nationalmuseum.
Taf. Niederländische nn d italienische Buch-
malereien. Aus der zweiten ffälfte des ;s. Jahrhunderts. (Un-
gefähr der wirkt. Größe.)
; (Mitte) Titelblatt aus den Dekaden des Blondus vom Jahre
IW (Münchener Staatsbibl. Tod. lat. ;;32<0;
2 (links) Kreuzigung aus dem Gebetbuch Albrechts IV., von
Antonio Sinibaldi in Florenz (;<(85) gemalt (Münchener Staatsbibl.
Lod. lat. 23639);
3. Kalenderbild ans einem niederländischen Gebetbuch (Münch.
Staatsbibl., Tim. W.
Taf. ;s. ff än ge lampe. Entwurf von Architekt Theodor
Fischer in München.
Taf. Urkundenkassette aus geschnittenem iirti)'
polychrom irtem Leder. Nach einem Entwurf von Prof. Bela
Benczur, Budapest, ausgesührt von Alois Müller, München.
(Ungefähr der wirkl. Größe.)
Diese Tassette dient zur Aufbewahrung der Ehrenbürgerrechts-
Urkunde der Stadt Kafchau (Ungarn) für deren Bischof. Die Vorder-
seite zeigt in der Mitte das Stadtwappen, begleitet doii Inschriften in
ungarischer Sprache; die Rückseite enthält das bischöfliche Wappen,
während die Schmalseiten einerseits mit der Tiara, andererseits mit
dem Kreuze geschmückt sind. Die vergoldeten Beschläge wurden von
F.ffarrach u. Sohn, k. bayr. ffofsilberarbeiter und Tiseleur ausgeführt.
hierzu „Kunstgewerbliche Rundschau" Ar. 4.
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verantw. Red.: Prof. L. Ginelin. — fferausgegeben vom Bauer. Irunstgewerbe-Verein. — Druck und Verlag von A. Gldenbourg, München.
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Grotesken des Nordens! Me bezeichnend ist trotz den
reichen Guirlanden, der Fülle von Blumen, Edelsteinen
und Figuren doch der Sinn für regelrechte Schönheit der
Form ausgesprochen; das Ganze baut sich planmäßig auf,
sowohl in dein einfachen Randornament (Abb. 80), als
in den: reichen Rahmen (Taf. e)> Allenthalben herrscht
der Sinn für strenge Symmetrie oder wenigstens für sorgfältige
Responsion selbst bis in die einzelnen Bewegungen der
Putten, dem die freiere, entschieden auch hier phantasie-
reichere, Run st des Nordens so gern aus dem Wege geht.
Weit mehr als Sinibaldi schließen sich an die Archi-
tektur der Frührenaissance die originellen Randverzie-
rungen in des Lucanus Auszügen aus den Decaden des
Blondus an, die (d-f Johannes von Parma in Lastellnuovo
schrieb und die also wahrscheinlich der oberitalienischen
Gruppe zugehören. Aber nicht in der Weise geschieht
dies hier, daß wir ein Nachwirken architektonischen Or-
namentes im gemalten sehen, sondern vor allem dadurch,
daß der Künstler um die beiden wohlgelungenen Titel
blätter (das zweite Taf. sch ,) eine einfache, jedoch trefflich
verstandene Architektur als Rahmen aufbaut. Auch sie
zeigt, namentlich im Gegensatz zu verwandten nordischen
Arbeiten, jenen dem Italiener eigenen Blick aus das
Ganze und wirkt, weil groß gedacht, trotz des kleinen
Maßstabes entschieden groß; man betrachte nur den Unter-
bau, die Pfeiler, das Gesims, besonders auch die Basen
der Stangen, an denen die Inschrifttasel mit den: Beginn
des Textes befestigt ist. Das Ganze zeigt den Sinn des
Italieners für einfache, schöne Formen. Das feine Orna-
ment der Pfeiler und des Gesimses aber läßt den der
Frührenaissance, ganz besonders auch der Oberitaliens,
eigenthümlichen Sinn für zierliche Decoration erkennen,
der sich in seiner leicht beweglichen Art auch höchst liebens-
würdig und mannigfaltig in dem anmuthigen Spiel der
Formen der zahlreichen, graciösen -Randleisten dieses
Buches (Abb. 80) ausspricht.
Unsere kunstgewerblichen <I)usterblMer.
Taf. ;3. Französische und niederländische Buch-
malereien. Aus der zweiten ffälfte des Jahrhunderts. (Un-
gefähr 3A der wirkt. Größe.)
; (oben links). Aus einem französischen Gebetbuch in der
Münchener Staatsbibliothek, Tod. lat. ;0 092.
2 (oben rechts), 3 und Ans einen: niederländischen Gebet-
buch im bayerischen Nationalmuseum.
Taf. Niederländische nn d italienische Buch-
malereien. Aus der zweiten ffälfte des ;s. Jahrhunderts. (Un-
gefähr der wirkt. Größe.)
; (Mitte) Titelblatt aus den Dekaden des Blondus vom Jahre
IW (Münchener Staatsbibl. Tod. lat. ;;32<0;
2 (links) Kreuzigung aus dem Gebetbuch Albrechts IV., von
Antonio Sinibaldi in Florenz (;<(85) gemalt (Münchener Staatsbibl.
Lod. lat. 23639);
3. Kalenderbild ans einem niederländischen Gebetbuch (Münch.
Staatsbibl., Tim. W.
Taf. ;s. ff än ge lampe. Entwurf von Architekt Theodor
Fischer in München.
Taf. Urkundenkassette aus geschnittenem iirti)'
polychrom irtem Leder. Nach einem Entwurf von Prof. Bela
Benczur, Budapest, ausgesührt von Alois Müller, München.
(Ungefähr der wirkl. Größe.)
Diese Tassette dient zur Aufbewahrung der Ehrenbürgerrechts-
Urkunde der Stadt Kafchau (Ungarn) für deren Bischof. Die Vorder-
seite zeigt in der Mitte das Stadtwappen, begleitet doii Inschriften in
ungarischer Sprache; die Rückseite enthält das bischöfliche Wappen,
während die Schmalseiten einerseits mit der Tiara, andererseits mit
dem Kreuze geschmückt sind. Die vergoldeten Beschläge wurden von
F.ffarrach u. Sohn, k. bayr. ffofsilberarbeiter und Tiseleur ausgeführt.
hierzu „Kunstgewerbliche Rundschau" Ar. 4.
X
verantw. Red.: Prof. L. Ginelin. — fferausgegeben vom Bauer. Irunstgewerbe-Verein. — Druck und Verlag von A. Gldenbourg, München.