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8^. Zierleiste „Gedankeuspäbne". (Aus den „Fliegenden Blättern", Oerlag von Braun und Schneider, München.)

HoW Hsttler.

Von Dr. Philipp ITT. Halm.

bfeits vom Getriebe
unserer Kunstmetro-
polen, in ländlicher
Zurückgezogenheit in
einem kleinen Vrte
im Elsaß lebt seit
Jahren ein deutscher
Künstler von echtem
Schrot und Korn,
unbekümmert um der
Parteien Streit, ein
Feind aller Kunst-
politik, ein Freund
ehrlicher, ernster Ar-
gs. Aus „Boos, Geschichte der rheinischen öffsen Name den

Städtecultur"; Initial zu dem Abschnitt besten im Reiche der
über den rheinischen Städtebund. Kunst zuzuzählen ist:

Joseph Sattler.
Joseph Sattler wurde am (6. Juli (867 als der
Sohn eines Glas- und Decorationsmalers in Schroben-
hausen sOberbayern) geboren. Als er etwa acht Jahre
alt war, zogen seine Eltern nach Landshut, das mit
seinen „herrlichen alten Däusern, Straßen, Kirchen, der
Trausnitz und der Residenz" einen tiefen Eindruck auf
sein enrpsängliches Gemüth machte, um so mehr als
des Künstlers Vater mit „einem ausgezeichneten Instinkte
für das Gute" ihn das Sehen lehrte. Nachdem Sattler
vier Jahre lang die Realschule besucht hatte, trat er
in die Lehre bei seinem Vater, um zunächst „Fenster,
Thüren rc. anzustreichen." Für einen, der „immer zeichnen
wollte", wie Sattler selbst schreibt, war das eine harte
Zeit, und als ihn nun gar sein Vater einmal nach
München brachte, um ihm die Aluseen zu zeigen, da stand
es fest bei ihm: „Ich will nach München." „Nichtsanders
als Maler." Mit (5 Jahren endlich erfüllte sich fein
Mansch. Er kam nach München. Zur Prüfung an der
Kunstgewerbeschule zugelassen, „fiel er richtig durch". Da
nahm sich des jungen, talentvollen Menschen peinz f)e:m,
der leider so früh Verstorbene, an, unter dessen vortreff-
licher Leitung Sattler rasche Fortschritte machte. Gleich

ehrend für Lehrer und Schüler lesen sich Sattler's Morte:
„Niemals habe ich einen so feinfühlenden Lehrer und
Menschen zugleich angetroffen. Man liebte ihn und hatte
Respect vor ihm. Das war ein wirklicher Lehrer!" Bald
daraus trat Sattler in die Akademie. Den Antikensaal, der
ihn: nicht besonders zusagte, betrat er auch nicht allzuoft, viel-
mehr schloß er sich der größten Lehrmeisterin, der Natur,
an und besuchte daneben fleißig das Kupferstichcabinet,
wo seine Verehrung für die alten Meister, und namentlich
auch für Rudolph Seitz und M. Diez, immer mehr wuchs.
Seitz hatte er schon früher in Landshut kennen gelernt.
„Als er fein Mandgemälde im Rathhaussaal ausführte,"
erzählt Sattler, „strich ich in der Nähe ein Blechdach an —
das machte mich ganz traurig. Ich brauchte lange bei
dieser Anstreicherei; denn ich guckte durch's Fenster dem
Meister Seitz zu." Er scharrte die hinausgekehrten Farben-
reste desselben zusammen und malte dann zu Pause selbst
Tempera. Menu man Seitz den Lehrer Sattler's nennt,
so ist dies ideal aufzufassen. „Er war mein geheimer,
stiller Führer —■ das ist doch auch ein Lehrer!" schreibt
Sattler. — An der Akademie war unser Künstler noch
Schüler von Prof, packl, der Sattler bat, „seinen Beruf
aufzustecken, da er es nie zu etwas brächte". Als er dann
die Akademie verlassen mußte, besuchte er den Tomponir-
verein von Prof. Liezenmayer und später die Privatschule
von Bang, einem Schüler G. Max', den: er sehr gute Fort-
schritte verdankte. Als Sattler nachnmls wieder in die
Akademie eintrat, wurde er Schüler von Raupp und Gysis,
welch' letzteren unser Meister noch jetzt als einen „der fein-
fühlendsten Künstler mit einem noblen Geschmack" verehrt.
Da schreckte den Strebsamen, Fleißigen plötzlich der Mahn-
ruf „Geld". Mit allem Eifer, mit Selbstverleugnung seines
besseren Könnens machte sich Sattler an's Verdienen. Mie
hart muß es seinem Geiste, seiner pand gefallen sein,
„Lederriemen für Maschinen-Preiscourante" oder Aehn-
liches zu zeichnen, wo Todteutänze, Pest- und Lholera-
fcenen sich auf das Papier drängen wollten. Da halsen
zuerst die „Fliegenden Blätter", die schon manchem jungen
Talent als Nährboden gedient hatten, indem sie Zeich-
nungen, „schlechte Mitze" von ihn: annahmen. Die Leisten

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