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86. Der rothe Igel. (Aus „Jos. Sattler, Bilder aus dem Bauernkriege"; „Durcheinander", 79.)
„Gedankensplitter und Gedankenspäne" zeichnete Sattler für
die gleiche Zeitung erst vor wenigen Jahren. Die freie Zeit,
die ihm die nur nach Brod gehende Kunst noch übrig ließ,
verwerthete der junge Künstler für seine Ideen. „Nichts
als Todtentänze, Pest, Cholera" spuckten in seinem Kopf.
Er illustrirte die geheimnißvoll düsteren Phantasiestücke
des Gdgar Allait Poe. Die Bekanntschaft mit Permann
Lingg, dessen Bluse nrit ähnlicher Borliebe wie jene
Sattlers grausigen Stoffen, Todtenscenen, „dem schwarzen
Tod", sich zuwandte und nrit Ibsen, dessen „Gespenster"
und »Peer Gynt« Sattler „außerordentlich begeisterten",
mußte auf den sensiblen Geist belebend und anregend
wirken und ihn zu ähnlichen Problemen spornen. Um
aber etwas vollständig auszusühren, dazu fehlten die
Mittel. In: Jahre (889/90 erlaubte die Anstellung bei
einer Sportzeitung eine theilweise Ver-
wirklichung seiner Pläne. Damals ent-
standen die ersten Entwürfe für den
fliegenden Bilderbogen „Die Quelle" und
Skizzen für den „Bauernkrieg". Neben-
her beschäftigte sich Sattler unter An-
leitung von Peter Palm mit Radiren.
Nachdem er dann als Lehrer-
unter ungünstigen Verhält-
nissen ein Semester an der
Straßburger Kunstgewerbe-
schule zugebracht hatte, ließ
er auf eigene Kosten die
satyrische Zeitschrift „Die
Quelle" erscheinen, die aber
nach zwölf Nummern wieder
einging. Bald darauf er-
schien das erste größere Merk,
„Bilder aus der Zeit des
Bauernkrieges", das Meister
Seitz gewidmet war. Die
Originale davon im Verein
mit einigen Exlibris er-
warben in: Pariser Salon (Gllamps ck'BIysees) dem
jungen Künstler die wohlverdiente Mention honorable.
Die französische Zeitschrift »La Plüme« behandelte ihn
sehr aufmunternd. Aufträge verschiedenster Art stellten
sich ein. Es entstanden die „Exlibris" und der „Moderne
Todtentanz", die wiederum in Paris großen Beifall
erzielten — eine französische Kritik nannte den „Todten-
tanz" das eigenartigste Ding im Salon — und dann
im Jahre (89^ und (895 bei Sattler's „prächtigem Ver-
leger", I. A. Stargardt in Berlin, erschienen. Aufträge
aus Berlin und eine von Erfolg gekrönte Ausstellung
seiner phantasiesprühenden, technisch wie inhaltlich ab-
wechselungsreichen Schöpfungen in: dortigen Kunstgewerbe-
museum veranlaßten ihn, nach Berlin zu gehen, wo
er den historischen Eyclus „Die Wiedertäufer" und den
„Kunstkrieg", eine treffliche Satyrs, ausführte. Nebenher
liefen kleinere Arbeiten für die Zeitschrift „Pan". Nach
einen: Jahr aber riß er sich, von unbezwinglicher
Sehnsucht nach „Buhe zur Arbeit" erfaßt, von Berlin
wieder los und kehrte nach Straßburg
zurück. Es entstand die „parmonie",
ein Werk, das Sattler schon viele Jahre
in sich herumgetragen hatte, ein außer-
gewöhnliches, tiefdurchdachtes und für
sein Farbenempfindei: und -Fühlen
hochbedeutsames Werk, das aber wenig
und zun: Theil mißverstan-
den wurde. Das letzte, was
uns Sattler's Muse gab,
waren die Illustrationen zu
„Boos, Geschichte der rheini-
schen Städtecultur", lebens-
volle Tulturbilder, die eine
selten beobachtete Vertiefung
in den zu behandelnden Stoff
bekunden. Sattler's Verleger,
1.2t. Stargardt, gebührt noch
das Verdienst, daß er in
richtiger Werthschätzung des
Künstlers einen Sammelband
„Durcheinander" von allen
möglichen Illustrationen, Ex-
libris, Vignetten, die da und dort erschienen und zerstreut
waren, publizirte. Als ein stattliches Opus liegen Sattler's
Werke vor uns. Kaum 50 Jahre zählt der Künstler;
dennoch steht fein Ruhm schon fest begründet, und sein
87. Schlußrngnette aus „Jos. Sattler, die Wiedertäufer".
(„Durcheinander", 60.)
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86. Der rothe Igel. (Aus „Jos. Sattler, Bilder aus dem Bauernkriege"; „Durcheinander", 79.)
„Gedankensplitter und Gedankenspäne" zeichnete Sattler für
die gleiche Zeitung erst vor wenigen Jahren. Die freie Zeit,
die ihm die nur nach Brod gehende Kunst noch übrig ließ,
verwerthete der junge Künstler für seine Ideen. „Nichts
als Todtentänze, Pest, Cholera" spuckten in seinem Kopf.
Er illustrirte die geheimnißvoll düsteren Phantasiestücke
des Gdgar Allait Poe. Die Bekanntschaft mit Permann
Lingg, dessen Bluse nrit ähnlicher Borliebe wie jene
Sattlers grausigen Stoffen, Todtenscenen, „dem schwarzen
Tod", sich zuwandte und nrit Ibsen, dessen „Gespenster"
und »Peer Gynt« Sattler „außerordentlich begeisterten",
mußte auf den sensiblen Geist belebend und anregend
wirken und ihn zu ähnlichen Problemen spornen. Um
aber etwas vollständig auszusühren, dazu fehlten die
Mittel. In: Jahre (889/90 erlaubte die Anstellung bei
einer Sportzeitung eine theilweise Ver-
wirklichung seiner Pläne. Damals ent-
standen die ersten Entwürfe für den
fliegenden Bilderbogen „Die Quelle" und
Skizzen für den „Bauernkrieg". Neben-
her beschäftigte sich Sattler unter An-
leitung von Peter Palm mit Radiren.
Nachdem er dann als Lehrer-
unter ungünstigen Verhält-
nissen ein Semester an der
Straßburger Kunstgewerbe-
schule zugebracht hatte, ließ
er auf eigene Kosten die
satyrische Zeitschrift „Die
Quelle" erscheinen, die aber
nach zwölf Nummern wieder
einging. Bald darauf er-
schien das erste größere Merk,
„Bilder aus der Zeit des
Bauernkrieges", das Meister
Seitz gewidmet war. Die
Originale davon im Verein
mit einigen Exlibris er-
warben in: Pariser Salon (Gllamps ck'BIysees) dem
jungen Künstler die wohlverdiente Mention honorable.
Die französische Zeitschrift »La Plüme« behandelte ihn
sehr aufmunternd. Aufträge verschiedenster Art stellten
sich ein. Es entstanden die „Exlibris" und der „Moderne
Todtentanz", die wiederum in Paris großen Beifall
erzielten — eine französische Kritik nannte den „Todten-
tanz" das eigenartigste Ding im Salon — und dann
im Jahre (89^ und (895 bei Sattler's „prächtigem Ver-
leger", I. A. Stargardt in Berlin, erschienen. Aufträge
aus Berlin und eine von Erfolg gekrönte Ausstellung
seiner phantasiesprühenden, technisch wie inhaltlich ab-
wechselungsreichen Schöpfungen in: dortigen Kunstgewerbe-
museum veranlaßten ihn, nach Berlin zu gehen, wo
er den historischen Eyclus „Die Wiedertäufer" und den
„Kunstkrieg", eine treffliche Satyrs, ausführte. Nebenher
liefen kleinere Arbeiten für die Zeitschrift „Pan". Nach
einen: Jahr aber riß er sich, von unbezwinglicher
Sehnsucht nach „Buhe zur Arbeit" erfaßt, von Berlin
wieder los und kehrte nach Straßburg
zurück. Es entstand die „parmonie",
ein Werk, das Sattler schon viele Jahre
in sich herumgetragen hatte, ein außer-
gewöhnliches, tiefdurchdachtes und für
sein Farbenempfindei: und -Fühlen
hochbedeutsames Werk, das aber wenig
und zun: Theil mißverstan-
den wurde. Das letzte, was
uns Sattler's Muse gab,
waren die Illustrationen zu
„Boos, Geschichte der rheini-
schen Städtecultur", lebens-
volle Tulturbilder, die eine
selten beobachtete Vertiefung
in den zu behandelnden Stoff
bekunden. Sattler's Verleger,
1.2t. Stargardt, gebührt noch
das Verdienst, daß er in
richtiger Werthschätzung des
Künstlers einen Sammelband
„Durcheinander" von allen
möglichen Illustrationen, Ex-
libris, Vignetten, die da und dort erschienen und zerstreut
waren, publizirte. Als ein stattliches Opus liegen Sattler's
Werke vor uns. Kaum 50 Jahre zählt der Künstler;
dennoch steht fein Ruhm schon fest begründet, und sein
87. Schlußrngnette aus „Jos. Sattler, die Wiedertäufer".
(„Durcheinander", 60.)
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