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98. Kopfleiste zu einem Gedicht von Detlef von Liliencron; ans der Ulliistzeitschrift „Pan". („Durcheinander", 32.)

der Menschheit fallen können: die Pest, die Cholera und
den Typhus. Mit immer neuer Phantasie erzählt er uns
von dem schauerlichen Tanz des Todes, der schließlich
seinen letzteti Sprung inacht, um sich nieder zu stürzen
und als ein Alles zerschmetterndes Meteor seinen eigenen
Schädel tu Trümmer zu schlagen. Nicht ohne eine ge-
waltige Erschütterung, nicht ohne tiefes Schaudern wird
man den „Todtentanz" durchblättern, aber man wird auch
nicht ohne ein Gefühl der Versöhnung das letzte herrliche
Blatt, wie der erlösende Tod Christum mit dem Lorbeer-
kranze krönt, aus der pand legen.

Wenden wir uns von den düsteren Blättern zun:
Pumoristen Sattler. In fast allen Werken tritt des Künst-
lers pumor zu Tage, freilich oft in engster Verbindung
mit der Satire, deren
Geißel er am ausge-
lassensten iin „Inter-
nationalen Kunstkrieg"
schwingt. “Kaum zu-
treffender lassen sich die
streitenden Parteien und
ihre Ideen verbildlichen,
wie es Sattler bietet,
wenn er uns die Peer-
führer der „Alten" und
„Neuen", die Lager, den
Ausmarsch, die Schlacht
und den Einzug der „bei-
den siegreichen" Gegner
schildert. So konnte nur
einer, der über dem
Getriebe der Parteien
steht, die Schwächen und
Eigenheiten derselben er-
kennen. Auch das Kunst-
gewerbe und das Dilet-
tantenthum wird mit
einem Geißelhieb be-
dacht — ob nicht auch
die Erinnerung an des
Künstlers Lehramt in
Straßburg hereinspielt? — kurzum, lustig schwirrt die
Geißel. "Konnte bei dem vorliegenden Thema leicht eine
bessere Verkörperung von Shakcsspeare's Worten gegeben
werden: „Wen's juckt, der kratze sich!" Doch auch ohne
Begleitung der Satire weiß Sattler zu scherzen. Wie köst-
lich ist das Blatt aus den Elsässer Bilderbogen, wo er
uns in einer lustigen, weintrunkenen Schaar die Wirkung
des guten f 893 er schildert; wie launig führt er uns

die Perstellung von Wiegendrucken (Incunabeln) — die
Typen sind an muldenförmigen Wiegen befestigt, die darin
sitzende Drucker im Schaukeln abdrucken — in der Cantate-
Festzeitung der Buchhändler von sZsta vor! Am schönsten
sprudelt wohl aber der pumor aus der „Quelle". Wie
prächtig ist das Blatt der hl. Familie mit den pobel-
spähnen des „Monogrammisten g"! Gut die pälfte des
Blattes nehmen die Spähne ein, die der hl. Joseph schon
zusammengehobelt hat. Maria mit dem Kinde kommt in
die Werkstatt, um den: Fleißigen ein warmes Süpplein zu
bringen. Ein echt deutscher Gedanke in echt deutschem
Gewände, ein Blatt, das an die Innigkeit verwandter
Scenen bei Dürer erinnert. Ausgelassener entfaltet sich
der pumor in der „Vision" und in einem Sendbrief an

Geheimrath Friedrich
Warnecke, worin er in
kecken, flotten Tusch-
zeichnungen klagt, daß
er den Termin zur
Uebersiedelung nach Ber-
lin nicht einhalten könne,
da sein „Todtentanz",
die Ausmalung eines
Weinkellers, seine „Ex-
libris" ihn noch zurück-
hielten, und wie er
sich derschlimmen Folgen
dieser Unpünktlichkeit
wohl bewußt sei. Doch
Warnecke verzieh; das
beweist das Lob, das
er als einer der besten
Exlibriskenner in dem
Vorworte zu Sattler's
„Deutscher Kleinkunst
in Bücherzeichen" den:
Künstler zollt.

Zu diesen „Meister-
werken", wie sie War-
necke nennt, wenden wir
uns jetzt.

In seinen „Exlibris" offenbart Sattler eine unbeschränkte
Vielseitigkeit, die ihn als den ersten Meister dieser Klein-
kunst erscheinen läßt. Kaum ein zweiter Künstler, sei es
der älteren oder neueren Zeit, war für diesen Zweig der
zeichnenden Kunst so vielfach thätig als Sattler. Aber
noch in einer weiteren Beziehung gebührt ihm ein Ehren-
platz in der Geschichte der Büchermarken. Sattler begnügt
sich zun:eist nicht mit dem älteren Brauch, das Wappen

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