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Publikation aus der Haud eines fachmännischen Farben-
theoretikers in Aussicht stellt. Erst dann wird man in:
Stande sein, voll und ganz das wohlabgewogene Eolorit
so manchen Blattes, das feine farbige Empfinden unseres
Meisters zu verstehen. Am fühlbarsten zeigt sich der
Mangel eines kurzen begleitenden Textes bei den Schematen
der Farbentonscalen. Die Mög-
lichkeit, in die Theorie tiefer ein-
dringen zu können, ließe uns den
praktischen Beispielen gerechter
entgegentreten. Sattler überschätzte
— der Künstler wird diesen ge-
linden Vorwurf verzeihen —
entschieden das Auffassungsver-
mögen des großen Publikums
wie seiner nächsten Gemeinde.

Ihm selbst steht — das sehen
wir deutlich — „seine Harmonie"
klar vor Augen, sie klingt ihm
vertraut, uns aber läßt selbst das
liebevollste Studium, die innigste
Vertiefung in die Gedankenfülle
noch zu viel der Rätsel. Nicht
mit Unrecht darf inan die Tafeln,
welche die Theorie praktisch-bild-
lich zu erläutern suchen, mit den
einzelnen Sätzen einer Symphonie
vergleichen, durch welche ein Grundgedanke sich zieht. Auf
dem ersten Blatte, das wir hier im verkleinerten Maaßstabe
wiedergeben, führt uns Sattler, sich anlehnend an ein zeit-
genössisches Relief, das Bild des großen Florentiner Quattro-
centisten Leone Battista Alberti vor. Nicht besser konnte der
Meister die Reihe der Blätter beginnen, denn wir erblicken
in Alberti die universellste Persönlichkeit des (5. Jahr-
hunderts; ich erinnere nur, um von dem ausführenden
Architekten ganz abzusehen, an seine wissenschaftliche Be-
deutung, die ihn: sein hochwichtiges Merk »de re aedifi-
catoria« erwarb, an feine Stellung zur Dichtkunst und
Malerei und an den tüchtigen Organisten Alberti, der
ohne Lehrer Musik erlernte und pflegte und hohes Lob
bei den Musikverständigen seiner Zeit fand. In Alberti's
Persönlichkeit verflossen die schönen Künste so eng in ein-
ander, wie bei wenigen der großen Meister des Quattro-
cento und Einquecento und der große Florentiner inußte

Sattler in gewissen: Sinne als Vorbild erscheinen. Die
übrigen Blätter entbehren jeden historischen Hintergrundes;
es sind frei erfundene Stimmungsbilder von einfacher
markanter Zeichnung und äußerst feiner Farbenwirkung,
die uns unwillkürlich mit festen: Nachdruck das Geständ-
niß abfordern, daß in Sattler der Maler, der Farben-
künstler, ebensolche Anerkennung
verdient wie der Zeichner.

Wer die gesammelten Recen-
sionen und Kritiken über Sattlers
Merke in dem Kataloge von I.
A. Stargardt, der vor Kurzen:
erschien, als diese Zeilen schon
im Druck waren, durchblättert,
muß staunen, wie fast jede Be-
sprechung einen anderen, neuen,
bedeutsamen Zug in Sattlers
Wesen und Merken enthüllt; wie
vielen — oder besser gesagt —
wie wenigen Künstlern unserer
Zeit erwuchs solch vielseitiges
Lob! ? Wie rückhaltlos erkennt
auch das Ausland die Verdienste
unseres Meisters an!

Verhältnißmäßig spät kam
Sattler zu einer eingehenden Wür-
digung in Deutschland. Frankreich
erwies ihn: die erste Ehrung mit der mention honorable im
Salon, und in England fand er in Charles Hiatt einen be-
geisterten Fürsprecher, der nicht ansteht, seine Exlibris über
jene Anning Bell's oder Sherborn's zu setzen und in mancher
Beziehung es für angezeigt hält, daß englische Zeichner bei ihn:
in die Schule gingen. Freuen wir uns solcher Anerkennung
deutscher Kunst und bleiben wir selbst nicht damit zurück!

Zur Zeit ist Sattler mit den Illustrationen zun: zweiten
Band der „Rheinischen Städtecultur" und n:it einen: Alpha-
bet beschäftigt, das er mit Max Liebermann herausgeben
wird. Sattler „zeichnet die Initialen und Liebermann
schmückt sie". Mit größtem Interesse dürfen wir den künf-
tigen Schöpfungen Sattler's entgegen sehen; denn er will
nicht auf den reich erworbenen Lorbeeren ruhen, sondern
sucht ohn' Unterlaß sich neue zu erwerben. Sein ernstes,
ehrliches Schaffen muß sie ihm gewähren, und der Lorbeer,
der ihm grünt, grünt auch der deutschen Kunst.

;os. Bücherzeichen.

(Aus Sattler und Warn ecke a. a. ©,; f. Abb. 83.)

:09. Zierleiste zum Jahresbericht des „Deutschen Aunstvereins". („Durcheinander", ^;.)

Unsere Kunstbeilagen dieser Nummer sTgfel 17 SO)

enthalten ausschließlich Zeichnungen von Joseph Sattler. Taf. Umschlagzeichnung zum „Bauernkrieg" ist im Text auf Seite 42, — Taf. xg/xy,
Flugblatt „Lin' feste Burg" aus Seite -f3 besprochen. Tas. 20 enthält einen im „Pan" (Mai ^895) zuerst erschienenen Lhristuskopf; derselbe
begleitet dasselbe Gedicht von Detlev von Liliencron, welchem die unter Abb. c,8 wiedergegebene Kopfleiste vorangedruckt ist.

Hierzu „Kunstgewerbliche Rundschau" Nr. 5.

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verantw. Red.: Prof. £. ©melitt. — sierausgegeben vom Bayer. Kunstgewerbe-Verein. — Druck und Verlag von R. Dldenbourg, München.
 
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