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er auch der Ausführung der Stuckaturen, in-
dem er persönlich deren Modellirung über-
wachte; — eigenhändig zeichnete er die Lartons
zu den Zierschmiedearbeiten in Aussührungs-
größe; — die decorativen Fresken im Schwur-
gerichts- und iin Festsaal sind nicht allein
nach seinen Skizzen componirt, sondern zum
Theil von seiner chand gemalt.

Den thatsächlichen und den künstlerischen
Mittelpunkt der ganzen Bauanlage bildet die
Tentralhalle (vgl. damit die Abb.
bis sowie Taf. 30), in der sich der Ver-
kehr concentrirt: hier öffnen sich die Längs-
corridore einerseits nach den Vorplätzen, an-
dererseits nach der Tentralhalle, — hier be-
ginnen in der Mitte der beiden Langseiten
die Haupttreppen, — hier liegen in unmittel-
barer Nähe die Haupträume des ganzen Baues
(Schwurgerichtssaal, Festsaal sowie Bibliothek)
— und hier sind decoratio die größten Wir-
kungen erzielt und erreicht worden. So wenig
auch die eigentliche Malerei zur Ausstattung
der Tentralhalle beigetragen, so sehr beherrscht
doch die Farbe den ganzen Raum. Bunter
Marmor von rothgelber und gelbgrauer
Farbe, wie er an der unteren Wand und den
Säulen zur Anwendung kam, gibt den kräf-
tigsten Ton an; es folgen dann die helleren
Marmore der Gewände, Wangen, Archivolten,

lebensgroße Ainderfiguren mit verschiedenen
Abzeichen der Rechtspflege (nach Thiersch's
Zeichnungen modellirt von Gottl. Wilhelm,
ausgeführt von H. 5eitz, Nachfolger).

Für die decorative Run ft bietet indessen
aus schon genannten Gründen das Innere
des Baues weit mehr Interesse. Der Löwen-
antheil ist freilich auch hier der Plastik zuge-
fallen, selbst wenn mau die zahlreichen und
tüchtigen Steinmetzarbeiten hier außer Betracht
läßt; aber auch an Werken der Malerei wie
an Schrein- und Schmiedewerken sind hervor-
ragend tüchtige Arbeiten zu verzeichnen. Iin
Gegensatz zu dem sonst an Bauten solchen
Umsangs üblichen Verfahren, bei welchem der
Architekt für die decorativen Einzelheiten nur
kleine Skizzen anfertigt und deren Ausführung
dann seinen Hilfskräften überläßt, liegt hier
der Fall vor, daß der Baumeister neben der
Erledigung der umfangreichen rein technischen
Arbeiten nicht allein noch Lust und Liebe,
sondern auch Zeit und Araft erübrigt hat, nur
der kunstgewerblichen Ausstattung seine volle
Eingebung zuzuwenden. Die Skizzen zu den
Stuckaturen und zu anderen Mrnamenten, von
denen einige Topien diese Zeilen begleiten, sind
nur ein kleiner Beweis für die Sorgfalt, die
Thiersch gerade dein künstlerischen Detail zu-
gewandt hat. Gleiche Aufmerksamkeit widmete

und Trexpenconsolen in der Zentralhalle (vgl. Abb. ;n2).

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Zeitschrift des bayer. Runstgewerbe-vereins München.

46. Iahrg. *897. Heft 8. (Bg. 2.)
 
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