Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/

4- 78 4"

charakteristische Ausprägung des Aeußeren betont. Das
Charakteristische interessirt, ist fördernd in Bezug auf die
Erfassung der Form selbst, bedeutsam für das Wesen des
Einzelnen, wie auch der Gattung, zu der es gehört. Es

ist nicht erforderlich, daß
das Eharakteristifche un-
ter den Begriff des rein
Schönen fällt, es bildet
gleichsam ein Schönes
für sich. Es verkehrt
dadurch sogar oft den
EindruckdesUlißfälligen
und päßlichen. Die Bull-
dogge mit dem vorge-
schobenen Unterkiefer,
den vorstehenden Zähnen
u. s. w. ist häßlich, aber
der Aenner ist von dem
charakteristischen Uopf
entzückt. Wir verlangen
überall Eharakteristisches (Raffe, Stil) ganz besonders aber
beim Sport und was damit zusammenhängt. DieGebrauchs-
werkzeuge beim Sport sind inr allgenreinen elegant und
praktisch, aber nüchtern, eine natürliche Folge der unab-
wendbaren Einseitigkeit und des Bestrebens, in einem
Fache das pöchste zu leisten, was jede, irgend entbehrliche
Decoration ausschließt. Der künstlerischen Thätigkeit sind
dann vorzugsweise Vorbehalten die An-
fertigung von Ehrenpreisen, Tafelauf-
sätzen, Abzeichen und Schmucksachen aus
Uletall, die Ausstattung graphischer
Arbeiten über Sport und die Perstellung
von Ausstattungsstücken für die Wohnung
der Sportsmen. Vereinzelt wird auch
das Aeußere von sportlichen Zwecken
gewidmeten Gebäuden mit sinngemäßem
Schmuck versehen. Damit ist das Gebiet
der vorliegenden Betrachtung in großen
Zügen gekennzeichnet.

Der älteste und heute noch am
weitesten verbreitete Sport ist die Jagd.

Ursprünglich ein ernährender Beruf,
wurde sie schon in der frühesten Zeit
auch zum Vergnügen betrieben und be-
sonders von unseren kriegerischen Vor-
fahren hoch geschätzt — „denn die Jagd
ist ein Gleichniß der Schlachten". Dies
gilt vor Allem von der Jagd mit der
Waffe; die Petz- oder Parforcejagd ge-
hört dem Reitsport an. Der Jäger sucht
das ihm gegenüberstehende Tier zu er-
ringen mit List und Gewalt; sein Sieges-
preis ist das erlegte Wild, speciell die
Waffen (Geweih, pörner, Arallen und
Zähne) oder Schmucktheile (Federn,

Paarbüschel) desselben. Daher kennt die
Jagd keine Wettkämpfe und keine Preise,
außer dem schlichten „Eichenbruch". Die
Erscheinung des Jägers soll, vom künst-
lerischen Standpunkte aus betrachtet,

X_

\

etwas Frisches, Schneidiges, Ariegerifches, auch Listiges
zeigen; fein Auge ist hell, hat „Iägerblick", den scharfen
Blick in die Ferne, der an den der Raubvögel erinnert.

Eine rechte und charakteristische Iägererscheinung, auch in
der Uleidung, ist der
heutige Gebirgsjäger.

Zu jeder Iagdübung
gehört als unerläßliche
Beigabe derpund; sein
Typus durchläuft die
ganze Scala voin komi-
schen Dachshund bis zum
mächtigen Pirschhund;
ornamental brauchbar
ist er nicht, so wenig
wie irgend ein anderes,
mit demSport in engerem
Zufanrmenhange stehen-
des Tier; höchstens kann
derUopfalsUledaillons-

füllung verwendet werden. Aesthetisch bedeutsame und darum
künstlerisch brauchbare Iagdtiere sind die Raubvögel, mit
dem Hellen, alles beherrschenden Blick und den gewaltigen
Fittichen, — der Eber mit dem mächtig entwickelten Uiefer
und Nacken —, der Pirsch, welcher sowohl als der Be-
gleiter der Diana, wie des hl. pubertus auftritt. Auch der
Pirschschädel ist ein eminent brauchbares Decorationsmotiv.

Iagdgeräthe sind im Allgemeinen
mehr praktisch und brauchbar, als schön.
Ornamental zu verwenden sind sie nur
in der Zusammenstellung zu Trophäen.

Zu Kunstwerken an sich sind nur die
alten,elfenbeingeschnitzten Pulverbehälter,
die Griffe von Pirschfängern und die
Klinge des Schweisspießes (mit Eber-
köpfen geschmückt) ausgebildet worden.

Im klebrigen beschränkt sich die Deco-
ration meist auf eingravirte Ornamente
oder Iagddarstellungen. Dazu bietet die
Jagdtasche noch Gelegenheit zu künst-
lerischer Posamentier- und Lederarbeit.

Außer den genannten sind noch bezeich-
nende und bekannte Iagdgeräthschaften
das Rufhorn und die verschiedenen
Schußwaffen, der Bogen, die Armbrust
und das Feuergewehr. Der moderne
Iagdbetrieb hat sich gegen frühere Zeiten
mannigfaltige Einschränkungen gefallen
lassen müssen. Es wäre jedoch unge-
rechtfertigt, die bildende Kunst darunter
leiden zu lasten. Unbenommen möge
es ihr bleiben, die Jagd in den ger-
manischen Urwäldern darzustellen oder
die Pirschjagd des Ulittelalters, hoch zu
Roß und die Falkenbeize der Renaissance
für moderne Zwecke zu verwenden. Oder
sie sehe sich unr in fernen Landen. Noch
kämpft der Araber mit den: Löwen und
der Gemsjäger klimmt seiner Beute nach.

Und wenn wir auch an die „wild^ Jagd"

,68. Jagdschmuck von Lmil
B l a ch i a n, München.

:?o. Rehkrone mit geschnitztem Kopf
(Gabelgrisf); aus dem Hamburger
Museum sür Kunst und Gewerbe.
Norddeutsche Arbeit; ; 8. Jahrhundert.
Länge 9 cm.

Zeichnung von f}. Haase, Hamburg.

169- Jagdschmuck von Emil
B l a ch i a n, München.
 
Annotationen