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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0015

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Vorwort

Hans von Marees wurde 1837 in der preußischen Rheinprovinz geboren. Wie die
befreundeten »Deutsch-Römer« Arnold Böcklin und Anselm Feuerbach hat er einen
großen Teil seines Werkes in Italien geschaffen, wo er 1887 nahezu unbekannt
starb. Die kunstgeschichtliche Einschätzung seiner Gemälde und Zeichnungen ist
vom Gegensatz zweier Deutungen geprägt. Nach der bis heute weithin akzeptierten
Auffassung der älteren Forschung hat Marees eine radikale Verabsolutierung der
Form betrieben, die auf die ungegenständliche Kunst des 20. Jahrhunderts voraus-
weise. Das Sujet sei dabei bloßer Vorwand der formalen Gestaltung (I.l.).1
Ein zweiter, jüngerer Zugang hebt das Interesse des Malers am »Gegenstand«
hervor: an einer neuartig konzipierten gegenständlichen Darstellung und an der
Veranschaulichung autobiographischer »Gegenstände« im Rahmen einer privaten
Ikonographie, die im vorliegenden Buch erstmals umfassend erschlossen wird.
In dieser Perspektive erscheint Marees — im Unterschied zu den zeitgenössischen
französischen Impressionisten und zu »Malern des modernen Lebens« wie Edouard
Manet — als rückwärtsgewandt, der Antike und der italienischen Renaissance ver-
pflichtet (I.2.).
Der formalästhetische wie auch der inhaltsbezogene Ansatz bieten wichtige und
in sich schlüssige Beiträge zum Verständnis seiner Gemälde. Für sich allein genom-
men werden sie jedoch weder der Komplexität dieser Bildfindungen noch ihrer
ambivalenten historischen Stellung gerecht, denn sie berücksichtigen jeweils offen-
kundige Gestaltungsmerkmale der Werke und zentrale Aussagen der Quellen nicht.
Die formalistische Deutung kann sich auf Äußerungen zweier langjähriger
Freunde berufen: auf Schriften und Briefe des Kunsttheoretikers und Mäzens
Conrad Fiedler sowie des Bildhauers Adolf von Hildebrand. Beider Kunsttheorien
sind von Gesprächen mit dem Maler maßgeblich geprägt. Sie sind jedoch keines-
wegs mit Marees’ nur partiell rekonstruierbaren Kunstauffassungen identisch.2
Ein rein formalästhetischer Zugang lässt sich weder mit den überlieferten Äuße-
rungen von Marees noch mit den semantisch vielschichtigen Themen seiner Werke
vereinbaren. Der inhaltlich ausgerichtete Ansatz wiederum vernachlässigt sein
1 Diese Deutung bestimmt die Einschätzung des Malers außerhalb der Spezialliteratur bis heute.
So schreibt Thomas Nipperdey in seinem Standardwerk Deutsche Geschichte 1866—1918, Ma-
rees sei »es um die Selbstgesetzlichkeit der Kunst, um die Wendung von der Wirklichkeit — den
Geschichten und Illustrationen — zur Form, zur Bildstruktur, architektonisch-elementar, vom
Was zum Wie« gegangen (Nipperdey 1998, Bd. I, S. 701).
2 Zum Verhältnis der Kunsttheorie Fiedlers zu den Intentionen von Marees vgl. Konnerth 1909,
Faensen 1965, Decker 1967, Boehm 1987, Boehm in Fiedler 1991 (1971), S. LXXXIff., de Rosa
2000, S. 41 — 64, Lichtenstern 2005 sowie in der vorliegenden Arbeit 1.3.1. Übereinstimmungen
zwischen gestalterischen Prinzipien bei Marees und ästhetischen Kategorien Hildebrands hat
Imdahl herausgearbeitet (ders. 1963, S. 174ff.). Zu Beziehungen zwischen den Kunstkonzeptio-
nen von Marees und Hildebrand siehe weiterhin Decker 1967, Bock 1988, S. 17-31, sowie Esche-
Braunfels 1987 und dies. 1993.

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