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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0188

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V. Die Verallgemeinerung persönlicher Themen (1880—1887)

entstehen die später noch häufig überarbeiteten Gemälde Drei Jünglinge in einem
Orangenhain, Das Lob der Bescheidenheit, Das Goldene Zeitalter I und II sowie
die ersten Fassungen der Triptychen Die Hesperiden und Das Urteil des Paris.
Mit diesen Bildern beabsichtigte Marees, der sich gegen eine Ausstellung der
Römischen Landschaft I entschieden gewehrt und in den Jahren nach Fertigstel-
lung der Fresken sein Atelier selbst für Fiedler und Böcklin streng verschlossen
gehalten hatte, nun an die Öffentlichkeit zu treten. Demzufolge tragen die Figuren
zumeist keine porträthaften Züge mehr. Der Grad der Verschlüsselung autobiogra-
phischer Motive in den >Hesperidenbildern< hängt offensichtlich mit dem für sie
jeweils intendierten Publikum zusammen.6 Zu unterscheiden ist zwischen priva-
ten, eingeschränkt öffentlichen und für öffentliche Ausstellungen geschaffenen
Werken: Die >Sündenfall-Zeichnung< MG 231 (Abb. 22) und das Blatt MG 350
(Abb. 25), das Marees Böcklin geschenkt hat, sind Beispiele für >private< Bildfin-
dungen, die er entweder — wie im Fall der erstgenannten Zeichnung — in seinem
Atelier verschloss oder lediglich seinen engsten Freunden zeigte. Gemälde wie die
Lebensalter und wohl auch die Drei Männer' waren dagegen an eine begrenzte
Öffentlichkeit — in San Francesco sowie in Fiedlers Privaträumen — gerichtet. Die
genannten späten Gemälde schließlich, insbesondere die großformatigen Tripty-
chen, sind für das >allgemeine< Kunstpublikum — und die Nachwelt — bestimmt.
Im Mai 1880 nennt Marees als »Ziel« seiner »Laufbahn [...], etwas für die Öf-
fentlichkeit darstellen zu können«8. Um diese Zeit plant er, dieses Anliegen kon-
kret zu verwirklichen, indem er gemeinsam mit seinen Schülern ein umfangreiches
Ensemble von Bildern malen möchte, um es der »Öffentlichkeit und dem Markte«
zu »überantworten«.9 Er bittet Fiedler für dieses nicht ausgeführte Projekt, das er
innerhalb eines Jahres abschließen möchte, um umfangreiche finanzielle Unter-
Entwürfe verfertigt und alle anderen Vorbereitungen getroffen« (an den Bruder Georg,
27. September 1880, Meier-Graefe 1909-1910, Bd. 111, S. 217). Aus dem Brief vom 26. De-
zember desselben Jahres an Fiedler geht hervor, dass Marees damals bei den »allgemein
bekannten Gegenständen« noch an Sujets der klassischen Ikonographie wie >Loth und seine
Töchter« und >Raub der Sabinerinnen« dachte (Meier-Graefe 1909-1910, Bd. III, S. 218).
6 Dass Marees selbst zwischen privaten und öffentlichen Bildern unterschied, hat erstmals
Domm 1989, S. 33, festgestellt.
7 Siehe in der vorliegenden Arbeit VI.2.
8 An Fiedler. 10. Mai 1880; Meier-Graefe 1909-1910, Bd. III, S. 206. Vgl. unter anderem auch
die Briefe v. 28.4.1880 an Fiedler; 10. Mai 1880 an den Bruder Georg; 21. Juni 1880 an Fied-
ler; 26. Dezember 1880 an denselben; sowie Fiedlers Nachruf (Fiedler 1991 [1889], Bd. I,
S. 262). Am 11. Dezember 1879 schreibt er an seinen Mäzen: »Ich kann keinen anderen Weg
erkennen, um der Malerei eine Existenzberechtigung zu erlangen, als dass wieder einmal ein
nach vielen Seiten befriedigendes und in Folge dessen ein nahezu allgemeine Theilnahme er-
regendes Werk geschaffen werde« (Meier-Graefe 1909-1910, Bd. III, S. 197). Zum modernen
>Ausstellungskünstler<: Bätschmann 1997.
9 Brief vom 21. Juni 1880 an Fiedler (Meier-Graefe 1909-1910, Bd. III, S. 212), vgl. a. weitere
Briefe an Fiedler vom Sommer 1880.
10 Domm 1987b, S. 344, stellt fest, dass die monatliche Rente, die Fiedler für Marees ausgesetzt
hatte, dem Gehalt eines Regierungsrates entsprach und zitiert eine Bemerkung Richard
Hamanns: »Bei Hans von Marees bildet sich eines der seltsamsten Verhältnisse zwischen Mäcen

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