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Terez Gerszi

UBER EINIGE PROBLEME DES FRANKENTHALER
KUNSTLERKREISES

Im Zusammenhang mit der Frankenthaler Schule blieben — trotz der verschiedenen wert-
vollen Publikationen der letzten Jahre — noch immer viele ungelóste Probleme.1 Nur kurz
mochte ich darauf hinweisen, dass Coninxloo's Anfange in seiner Antwerpener Zeit fur uns
noch problematisch sind ; auch die ihm zugeschriebenen Zeichnungen sind recht fraglich, be-
sonders deshalb, weil bei ihnen die Art der Zeichnung recht vcrschieden ist. Wir kennen die
kiinstlerische Situation in. Frankenthal vor seinem Aufenthalt dort nicht ; auch von der Tatigkeit
der dort mit ihm gemeinsam arbeitenden Meister konnen wir uns nur auf Grund archivalischer
Angaben ein Bild machen. Von den zahlreichen existierenden Zeichnungskopien wissen wir —
mit wenigen Ausnahmen — nicht, wer sie und wo geschaffen hat, auch kennen wir die kiinstle-
rische Situation, die sich dort nach Conixloo's Fortgang nach Amsterdam — 1595 — entwickelte
nicht genau.2

Antworten auf diese Fragen waren umso wichtiger, da immer klarer wird, dass die Ausstrahlung
der Kunst des Frankenthaler Kreises und Coninxloo's zeitlich und raumlich sehr ausgedehnt
war. Tatsachlich hat er fur ein halbes Jahrhundert die Antwerpener und auch die Amsterdamer
Landschaftsmalerei beeinflusst, ausserdem reichte diese Einwirkung durch die in Deutschland
schaffenden flamischen Emigranten liber Frankfurt bis nach Prag. Auch besteht ohne Zweifel
fur die Entfaltung der hollandischen Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts ihre Bedeutung :
Hercules Seghers war Schiller von Coninxloo ; er war Ausgangspunkt fur Vinckeboons, der
mit seinen in die Landschaft gesetzten Genrebildern kunstlerische Vorbedingungen fur die
Kompositionen von Buytewech und Esaias van de Velde schuf.

Die bisher liickenhafte Kenntnis der Frankenthaler Kunst wurde durch neue Materialpubli-
kationen verbessert. In diesem Zusammenhang mochte ich unveróffentlichte Zeichnungen
von drei Frankenthaler Meistern vorfuhren, die bis zu einem gewissen Grade unsere bisherige
Vorstellung von diesem Kiinstlerkreis andern. Hierbei mache ich Sie auch auf solche Kennzeichen
aufmerksam, mit denen sich die bisherige Fachforschung nicht befasst hat, namlich auf das
Interesse dieses Kiinstlerkreises fur das Topographische.

Die fraheste Budapester Zeichnungsfolge ist ein spatmanieristisch.es Werk mit phantastischen
Landschaftsmotiven, kulissenartigen Kompositionslosungen, dekorativ geformten Baumen—
das Ganze in einem kalligraphisch-ornamentalen Zeichnungstil (Abb. 1.) ;3 umso interessanter
ist, dass sich selbst in diesen phantastisch wirkenden Kompositionen ein gewisses topographi-
sches Interesse offenbart, auf das wir spater noch zuruckkommen werden. Trotz ihrem aus-
serordentlich charakteristischen Stil gelang es nicht, diese friiher Coninxloo zugeschriebenen
Zeichnungen mit einem bekannten Meister in Zusammenhang zu bringen. Das Rijksprenten-
kabinett in Amsterdam besitzt ein auf Grund seines gefalschten Monogrammes friiher Vinckeboons
zugeschriebene Blatt, auf dem Recto mit einer Waldlandschaft (Abb. 2), auf dem Verso mit
einem Stadtteil (Abb. 3) ; dieses Blatt kann auch von dem Meister des Budapester Skizzenbuches

1. W. Wegner, ,,Zeichnungen von Gillis van Coninxloo und seiner Nachfolger", Oud Holland, LXXXII, 1967, 203 ff; G.T.
Faggin, La pittura ad Anversa ncl Cinąuecenlo, Firenze, 1968, 76—77; H.G. Franz, Niederldndische Landschaftsmalerei
im Zeitalter des Manierismus, Graz, 1969, 217 ff.

2. K. Goossens, David Yinckboons, Antwerpen-Den Haag, 1954, 96 ff.

3. T. Gerszi, Nelherlandish Draieings in the Budapest Museum. Sixteenth-Century Drawings, Amsterdam, 1971, Cat. no. 148—161
(153 verso = Abb. 1).

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