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sind auch ahnlich. Mirou konten die so volkstiimlich gewordenen Kompositionen ebenso beein-
druckt haben wie Goltzius oder Claes Jan Visscher. Die bei der Entfaltung des realistischen
Landschaftbildes mitwirkenden Meister suchten naturlich fiir ihre Bestrebungen Vorbilder ;
aus dieser einfachen, niederlandische Motive darstellenden, und objektive Anschauung zeigenden
klaren Komposition schopften sie ihre Inspiration.

In den Zeichnungen von Mirou beziehungsweise den Radierungen von Merian nach ihnen,
findet man auch die beiden hauptsachlichen Kompositionstypen, wie in der bereits erwahnten
alteren Radierungsfolge : der Aufbau parallel zum Bildrand — und diagónale Komposition
(Abb. 13—14).31

Im Zusammenhang hiermit muss bemerkt werden, dass dieser klare, einfache Aufbau nur
fiir diese Folgę von Mirou und fiir einige ahnlich topographische Gemalde bezeichnend ist ;
dagegen kommt in seinen idealen Landschaftskompositionen die von ConinxIoos Sehema aus-
gehende manieristische Konstruktionsweise zur Geltung, so zum Beispiel auf den vier Kom-
positionen, von denen Merian um 1620 Radierungen anfertigte3S oder auf der Budapester Zeich-
nung mit Berglandschaft (Abb. 15).33 Diese Werke hangen mit dem Uberschaulandschafts-Typus
Coninxloos aus seiner Frankenthaler Periode zusammen sind aber dereń unruhigere, uniiber-
sichtlichere Varianten durch ihre vielartigen, nebeneinander geordneten kulissenartigen Motive.
So hat sich also auch Mirou den kiinstlerischen Ergebnissen der spateren Periode Coninxloos
nicht angeschlossen wie Schoubrock, der besonders die aus phantastischen Motiven konstruierten,
auf kulissenartigen, unnatflrlichem Glanz-und Farbeffekt aufgebauten Gemalde liebte.

Dieser Abstecher sollte nur illustrieren, dass in Frankenthal nicht nur in dieser Periode,
sondern auch in der Wirkungszeit eines einzelnen Meisters eine gewisse Zweiheit zur Geltung
gelangt : parallel mit manieristischen Phantasiekompositionen schuf er gleichzeitig auch natur-
getreue, ubersichtliche Darstellungen. Diese Erscheinung war iibrigens bei den um die Jahr-
hundertwende wirkenden manieristischen Landschaftsmalern recht allgemein. Merkwiirdiger-
weise hat sich aber die Fachliteratur nicht mit dieser Frage beschaftigt. Und doch ware zum
Beispiel unser Gesamtbild von Frederik van Valkenborch nicht vollstandig, wenn wir nur seine
charakteristisch manieristischen Landschaftsbilder und -Zeichnungen in Betracht zogea
und die nach 1590 am Donaulauf und in Alpengegenden entstandenen topographisch getreuen
Landschafts-und Stadtedarstellungen ausser acht liessen.34 Ebenso darf man bei Pieter Stevens
neben seinen Phantasielandschaften nicht seine Ansichten von Prag zeigende Zeichnungsfolge
in der Sammlung Lugt vergessen.35

Zu Mirous's Zeichnungen zuriickkehrend, miissen wir feststellen, dass diese nicht dem von
Coninxloo — Jan Brueghel — Vinckeboons vertretenen Zeichenstil angehbren, sondern eher
sich der stilisierenden, dekorativen Richtung anschliessen, der auch die Zeichnungen des Meisters
des Budapester Skizzenbuches angehbren (Abb. 16).36 Bezeichnend ist fiir ihn der stilisierte
Baumschlag, sowie die dekorativen Parallelen und die Wellen und Zickzacklinien zur Weg-
markierung.

Einen entfernteren Abglanz der stilisierenden, dekorativen Richtung sieht man in der dritten,
zeitlich sp&testen Zeichnungsfolge mit Darstellung von Stadtansichten beziehungsweise Gebaude-

31. Die Brcmer Zeichnung (Abb. 13) ist eine seitenverkehrte Vorzeichnung zur Radierung Merians (Wiithrich, Nr 441), Kunst-
halle, Breraen, Inv. Nr 54/17 ais L. de Vaddcr: Auch hiermit danke ich der Direktion der Kunsthalle fiir die Zusendung
des Fotos; Abb. 14 = T. Gerszi, op, cii., Cat. no. 194 recto.

32. Wuthrich, Nr 583—586.

33. Gerszi, op. ci(., Cat. no. 200.

34. Gerszi, op. cii., Cat. no. 266—270.

35. Paris, Sammlung von Lugt, Inv. Nr J.5002.

36. Gerszi, op. cif., Cat. no. 195 recto.

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