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Der Barock

(um 1630 bis 1780).

Der Charakter der Bildwerke des Gio. da Bologna sowie ver-
schiedener seiner Zeitgenossen und Nachfolger entspricht in
höherem Grade den Gesetzen der Plastik, als es bei den meisten
übrigen Bildhauern der vorgeschrittenen Hochrenaissance der Fall
ist. Die Schönheit der einzelnen Figur oder Gruppe an sich, durch
den Reiz ihrer Konturen, glückliche Bewegung, schöne Körper-
bildung und vollendete Durchbildung war das vornehmste Stre-
ben dieser Künstler; freilich eine Schönheit, die weniger auf
treue Wiedergabe der Natur als auf das Wohlgefällige, sinnlich
Reizende der Erscheinung ausging. Alle diese Bildwerke, selbst
die Reliefs (die schwächste Seite dieser Künstler), wirken daher
für sich allein, auch ohne Rücksicht auf die Architektur, mit
der sie zum Teil verbunden waren. In dieser Richtung ent-
wickelte sich aber die italienische Plastik nicht weiter. Vielmehr
wurde derselbe Geist, der die Architektur Italiens schon seit dem
Anfange des XVII. Jahrh. beherrschte, nun auch in der Plastik
lebendig und kam durch einen auf diesem Gebiete hochbegabten
Künstler, durch Bernini, rasch zu unumschränkter Herrschaft. Das
malerische Prinzip ist das bestimmende Gesetz des Barocks, auch
für die Plastik. Nicht mehr die abgeschlossene Wirkung des
Bildwerks an sich, sondern die malerische Zusammenwirkung des-
selben mit der Architektur und gelegentlich auch mit der Land-
schaft wird von dem Künstler in so rücksichtsloser Weise an-
gestrebt, dafs das einzelne Bildwerk, aus seinem Zusammenhange
herausgelöst, meist als Karikatur erscheint. Diese unplastische
Auffassung der Skulptur ist aber nicht etwa die Folge und be-
wirkt auch keineswegs ein Zurücktreten der plastischen Thätig-
keit in Italien: vielmehr ist die Zahl der Bildhauer, unter denen
hochbegabte, eine sehr grofse, und Umfang ihrer Werke und
Pracht des Materials sind so aufserordentliche, dafs keine andere
Zeit, selbst die Blüte gotischer Kirchenplastik, darin mit dem
Barock wetteifern kann.

In bewufstem Gegensatze zur Hochrenaissance und seiner
manieristischen Ausartung erstrebt die Barockplastik wieder eine
 
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