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Die wenigen Künstler, welche man neben Gerard Honthorst noch als Vertreter derselben Richtung
der holländischen Kunst namhaft macht, pssegen regelmässig Nachfolger desselben genannt zu werden.
Für einige derselben gilt das wohl mit gutem Rechte; so meines Erachtens für Jan van Bylaert, J. G. van
Bronchorst und H. van Aldewereld. Von letzterem besitzt die Schweriner Galerie das einzige bekannte
Gemälde in einer öffentlichen Sammlung, eine „Lockere Gesellschaft von fünf Personen in Lebensgrösse,
bezeichnet :


„Der verlorene Sohn bei den Buhlerinnen" war die Bezeichnung des Inventarverzeichnisses von
Proseh; die „fünf Sinne" heisst das Bild im neuesten Verzeichnisse. Beide Benennungen treffen die
Absicht des Künstlers besser als die Bezeichnung des Katalogs; denn auch im siebzehnten Jahrhundert
pssegten derartige rein sittenbildliche Schilderungen dieser Art noch meist unter dem Aushängeschilde
eines biblischen, historischen oder allegorischen Motivs zu gehen. Eine genaue Betrachtung der
Beschäftigung der einzelnen Figuren bestätigt die neueste Benennung; in der Art ihrer Zusammen-
stellung zu einem „Gesellschaftsstücke" trifft auch die Angabe des Inventarverzeichnisses das Motiv
des Bildes.
Aldewereld gibt sich in diesem Bilde als einer der geringeren Künstler dieser Richtung zu erkennen;
er steht dem Jan Bylaert am nächsten. Weder besitzt seine Färbung besonderen Reiz, noch entschädigt
kräftige Modellirung oder malerische und energische Behandlung für die nüchterne Composition und die
widerliche Auffassung der Figuren.
Von Aldewereld's Werken ist uns sehr wenig bekannt. Eine Reihe alter Stiche nach seinen Bildern
lehrt ihn als mäßigen Bildnissmaler kennen, gleichfalls in der Richtung der Honthorst. Über sein
Leben fehlt uns bisher jede Nachricht. Doch dürfen wir wohl annehmen, dass er, wie fast alle Künstler
dieser Richtung, in Utrecht ansässig war.
Dass Aldewereld ein Schüler oder Nachfolger des Gerard Honthorst war, ist nach seinem Alter
und nach dem Charakter seiner Gemälde wenigstens möglich und vielleicht selbst wahrscheinlich. Mit
Unrecht werden aber die meisten anderen Maler des großen Sittenbildes, wenn ich sie im Gegensatze
gegen die späteren Kleinmeister so nennen darf, zu Nachfolgern von Honthorst gemacht: die Baburen,
Terbrugghen, J. G. van Bronchhorst, Caesar van Everdingen, J. van Lys u. s. f. Verschiedene derselben
haben dem Gerard Honthorst gegenüber ihre stark ausgeprägte Eigenart und sind diesem Künstler, mit
dem sie obenein etwa gleichalterig sind, entsehieden überlegen. Wenn man überhaupt eine Einwirkung
des Einen auf die Anderen annehmen will, so wäre gerade Honthorst als der empfangende, nicht
als der gebende Künstler zu bezeichnen. Einen bestimmenden Einssuß für die gemeinsame Richtung
mögen diese Künstler übrigens schon in der Schule des Abraham Bloemart, bei dem verschiedene mit
Honthorst in der Lehre zusammen waren, erhalten haben.
Dies gilt ganz besonders von Hendrick Terbrugghen, welcher 1587, mehrere Jahre vor Gerard
Honthorst, in Deventer geboren wurde, wie dieser in Utrecht Schüler des A. Bloemaert war, vor ihm
nach Italien ging und von dort schon sechs oder sieben Jahre früher als Honthorst, im Herbst 1614 nach
Utrecht zurückkehrte. Sein früher Tod (er starb zu Utrecht am 1. November 1629) erklärt die beschränkte
 
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